Titel: Betriebseinrichtung amerikanischer Eisenbahnen.
Fundstelle: Band 298, Jahrgang 1895, S. 12
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Betriebseinrichtung amerikanischer Eisenbahnen. Mit Abbildungen. Betriebseinrichtung amerikanischer Eisenbahnen. Ueber verschiedene Betriebseinrichtungen der amerikanischen Eisenbahnen enthält The Engineer vom 15. März 1895 S. 215 einen aus der Feder eines englischen Eisenbahningenieurs stammenden Bericht, welchem wir Nachstehendes entnehmen: Die Signalmittel, gleichwie die Signalformen, welche auf den Eisenbahnen der Vereinigten Staaten in Verwendung stehen, sind, von der einfachen Handfahne angefangen, bis zum vollkommensten automatischen Blocksignal hinauf, äusserst zahlreich und mannigfaltig; auf den meisten Bahnen erfolgt jedoch die Zugsdeckung noch nach dem Zeitsystem. Die Leitung des Zugsverkehres liegt ausschliesslich in den Händen der Zugführer und im erweiterten Sinne in jenen der Betriebsführer (Traindespatcher), und zwar obliegt den ersteren die Sorge für alle Dienst- und Sicherungsangelegenheiten beim Zuge selbst, während den letzteren die Verfügung über die gesammten Zugsbewegungen, insbesondere also auch die Feststellung von Kreuzungen und Vorfahrten innerhalb einer zumeist sehr ausgedehnten Bahnstrecke zusteht. Der Traindespatcher ertheilt diese Weisungen von seiner Domicilstation aus mit Hilfe des elektrischen Telegraphen, und dieselben werden seitens der mit Telegraphen versehenen Bahnstationen, in welchen die Züge halten, dem Zugführer schriftlich übermittelt, sowie auch dem Locomotivführer abschriftlich bekannt gegeben. Hat ein Zug einen Signalposten passirt, so zeigt der Bahnwärter während fünf Minuten oder auf Strecken mit sehr regem Verkehr durch drei Minuten eine rothe Fahne oder rothes Licht, und nach Ablauf dieser Frist ebenso viele Minuten hindurch eine grüne Fahne oder grünes Licht in jene Richtung, aus welcher der Zug eingetroffen ist. Dieses Zugdeckungssystem genügt bekanntlich, so lange keine Irrthümer vorkommen, und dasselbe darf insbesondere für jene eingleisigen Eisenbahnlinien, welche nur schwach bewohntes Land durchschneiden und auf welchen die Stationen in beträchtlichen Entfernungen von einander liegen, als völlig hinreichend gelten. Auf vielen Hauptstrecken findet übrigens streckenweise auch das Blocksystem Anwendung, wobei allerdings die verschiedensten Formen vorkommen. So sind beispielsweise für die ständigen Signale sowohl Wendescheiben als Schilder- oder Flügelsignale gleich häufig in Benutzung; allem Anscheine steht jedoch den letzteren trotz ihrer Schattenseite, d.h. trotzdem sie bei Schneewetter durch die Niederschläge stark belastet oder wohl auch hinsichtlich ihrer Deutlichkeit leicht beeinträchtigt werden, für künftighin die grösste Verallgemeinerung in Aussicht. In der Regel sind die Signalflügel zur rechten Seite des Mastes angebracht und an der Vorderfläche roth, an der Rückseite gelb angestrichen. Während der Dunkelheit gilt im Allgemeinen wie überall das rothe Licht für Gefahr (Halt), grünes Licht für Vorsicht (Langsam) und weisses für Alles in Ordnung (Freie Fahrt); ausserdem wird aber auch nicht selten bei Blocksignaleinrichtungen das grüne Licht für den Signalbegriff Freie Fahrt angewendet. Auf den weniger wichtigen Strecken, insbesondere in den Landdistricten, werden alle diese Signale in der Regel nur mit der Hand gestellt; in nächst grösseren Städten, auf bedeutenden Bahnhöfen und verkehrsreichen Knotenpunkten kommen jedoch vielfach elektrische, pneumatische oder auch elektro-pneumatische Signale vor. Bei den letzteren (vgl. D. p. J. 1893 290 * 278) liegen längs den Gleisen Rohrleitungen, von welchen zu jedem Signale und zu jeder Weiche ein engeres Nebenrohr abzweigt, das die von einer Compressionsmaschine erzeugte Pressluft zu einem Cylinder führt, dessen Kolben mit der Signal- oder Weichenstange in Verbindung gebracht ist. Der Eintritt der verdichteten Luft in den Cylinder, sowie das Entweichen derselben aus dem Cylinder bewirkt die verschiedenen Signal- oder Weichenstellungen und geschieht durch ein besonderes Ventil, welchem von einem beliebigen Stellorte aus auf elektrischem Wege die erforderliche Lage ertheilt werden kann. Bei centralisirten Signal- und Weichenanlagen ist die Einrichtung getroffen, dass die jeweilige Lage jedes Ventils, d.h. die jeweilige Stellung jedes Signals und jeder Weiche, im Stellwerksthurm controlirt werden kann. Hier sitzt der dienstthuende Stellwerkswärter in einem Armstuhl vor einem Tische, auf welchem die sämmtlichen Umschalterhebel und Stromschliesser handlich in systematischer Reihenfolge angebracht sind, und ihm gegenüber befindet sich an der Thurmwand eine grosse deutliche Zeichnung der Gleisanlage des Bahnhofes mit Miniatursignalen und Weichen, deren Lage mit jener der Originale stetig übereinstimmt, weil die ersteren alle Bewegungen wiederholen, welche der Stellwerkswärter durch seine Contactgebungen an den Signalen und Weichen bewerkstelligt. Die verschiedenen Contacte sind unter einander in die angemessene Abhängigkeit gebracht und können so angeordnet sein, dass eine einzige Umlegung eines Umschalterhebels genügt, um sämmtliche Signale einer bestimmten Fahrstrasse in die Fahrtstellung zu bringen, vorausgesetzt, dass die betheiligten Weichen alle richtig stehen. Der einfahrende Zug deckt sich selbst, indem er die automatische Rückstellung jedes Einfahrtsignals bewirkt, sobald er dasselbe passirt hat (vgl. D. p. J. 1893 290 * 280 und 1894 294 * 208). Auf dem Bahnhofe nächst der Stewart Avenue in Chicago befindet sich eine elektrisch-pneumatische Centralsignal- und Weichenstellanlage, welche eine der complicirtesten der Vereinigten Staaten sein dürfte und 37 einfache Weichen, 22 Doppel weichen, sowie 84 Ein- und Ausfahrtsignale umfasst. Man schätzt, dass diese mit Hilfe von 84 Contacthebeln von einem Thurme aus gelenkte Anordnung nach den in England üblichen Systemen mindestens 240 besondere Stellhebel erfordern würde. Während der Dunkelheit sind die vorgedachten Signale durch elektrische Glühlampen von je 16 Normalkerzen Lichtstärke erleuchtet. Auf dem Buffalo-Bahnhofe werden die Ein- und Ausfahrtsignale ohne Beihilfe von Elektricität lediglich durch comprimirte Luft gestellt und controlirt. Im Centralstellwerke sind daselbst anstatt der Contacthebel Ventilhähne vorhanden, mit deren Hilfe Luft von 10 at Druck zur Umstellung der Signale und Weichen entsendet werden kann. Viele Bahnen Amerikas benutzen rein elektrische Signale, darunter z.B. die Illinois-Centraleisenbahn auf den von Chicago ausgehenden Strecken das bekannte Hall'sche automatische Blocksignal (vgl. D. p. J. 1891 281 * 86). Als Signalmittel dienen auf Säulen angebrachte, auf der dem Zuge entgegengerichteten Wand scheibenförmig ausgeschnittene, flache Blechtrommeln (Fig. 1), in welchen sich der elektrische Apparat befindet, der den verglasten Ausschnitt roth abblendet oder frei lässt. Die zum Abblenden dienenden, im Gehäuseinneren befindlichen Scheiben sind kleiner als die Fensteröffnung, so dass bei vorgeschobener Scheibe sich um dieselbe ein ringförmiger Rand zeigt, der die Scheibe selber um so deutlicher sichtbar macht. An dem mit jedem Blocksignal (Homesignal) verbundenen Vorsignal (Distanzsignal) ist die rothe Blendscheibe durch eine grüne Scheibe mit weissem Kreuz ersetzt. Die Hall'schen Scheibensignale sind allerdings weitaus nicht so deutlich, als Flügelsignale, sie haben aber unleugbar das Gute, dass sie vor äusseren Beschädigungen und dem üblen Einflüsse des Schnees besser geschützt sind, als die letztgenannten Signalvorrichtungen. Textabbildung Bd. 298, S. 13 Fig. 1.Signale der Illinois-Centraleisenbahn. Mitunter sind Flügelsignale in Verwendung, bei welchen die Zeichengebung bei Tag und Nacht gleich bleibt, indem der mit Spiegelrippen versehene Signalarm bei Nacht durch eine Laterne so beleuchtet wird, dass seine Lage ebenso deutlich wahrnehmbar ist, wie bei Tag (vgl. D. p. J. 1892 287 * 130). Sehr häufig befindet sich an den Stationseinfahrten nur ein einflügeliges Signal, mit dem also lediglich Frei oder Halt gegeben werden kann; die Fahrstrasse aber, welche dem Zuge freigemacht wurde, wird dem letzteren durch eine hochgezogene Scheibe bekannt gegeben, auf welcher die betreffende Gleisnummer angeschrieben steht. Als besondere Neuigkeit darf die auf der elektrischen Ausstellung in Chicago zuerst ausgeführte Blocksignaleinrichtung der Rowell-Potter Safety Stop Company (vgl. D. p. J. 1894 292 * 62) gelten, welche, so lange als eine Blockstrecke besetzt ist und das Flügelsignal auf Halt steht, in entsprechender Entfernung vom letzteren eine Hemmschiene aufs Gleis legt und einen Hebel verschiebt, wodurch ein sich der besetzten Strecke nähernder Zug automatisch angehalten und die Pressluftbremse desselben in Thätigkeit versetzt wird. Die Handlaternen für die Zugspersonale sind in der Regel kugelförmig und mit einer so weiten Tragöse versehen, dass der Besitzer seinen Arm durchschieben kann. Dreifarbige Lampen, wie sie in England verwendet werden, scheinen in Amerika äusserst selten oder gar nie vorzukommen. Die Verschiebsignale werden bei Nacht lediglich mit gewöhnlichen weiss leuchtenden Handlaternen ertheilt, und zwar bedeutet beispielsweise das quergeschwungene Licht Halt, während das senkrecht auf und nieder bewegte Licht das Signal Vorwärts ausdrückt. Zur Bezeichnung der Bestimmung der Züge dienen verschiedenfarbige Fahnen oder bei Nacht ebensolche Laternen, welche seitlich an der Locomotive angebracht werden, und in ähnlicher Weise ist am letzten Wagen das Zugschlussignal dargestellt. Zur Deckung der auf Haltepunkten oder zufolge aussergewohnlicher Ereignisse auf offener Strecke stehenbleibender Züge gegen nachfahrende Züge werden in entsprechender Entfernung Knallkapseln an den Bahnschienen befestigt oder Fusees gelegt. Letztere sind den sogen. Leuchtkerzen ähnliche Feuerwerkskörper, welche mit Hilfe eines daran befestigten Stabes in den Bahnkörper eingesteckt und sodann angezündet werden; sie brennen einige Minuten lang mit intensivem Lichte auch bei Regen, Schnee und Sturmwind. Bei der New Yorker Hochbahn geschieht die Bezeichnung der Bestimmungsstationen (Richtung) der Züge durch die Farbe einer Scheibe, welche auf dem Dache des Führerstandes der Zugslocomotive ausgesteckt ist, und in jeder Station befindet sich zur Belehrung der Reisenden eine Aufschrifttafel, welche die den verschiedenen Zugsrichtungen entsprechenden Farben bekannt gibt. Als ein besonders wichtiges, mannigfach und häufig benutztes Signalmittel tritt in den Vereinigten Staaten die Dampfpfeife und die Locomotivglocke auf, sei es als Abfahrts- oder als Annäherungssignal, sei es als Warnungssignal bei Strassen- und Bahnübersetzungen oder als Hilfesignal im Zuge für die Reisenden wie für das Zugspersonal. Auch ist es allgemeiner Gebrauch, dass auf Doppelbahnen die Züge das rechtsseitige Gleis befahren und nach links ausweichen. Um den Bremsern, welche sich bei Güterzügen zur Handhabung der Bremsen auf den Wagendächern aufhalten müssen, die Annäherung an gefährliche Bahnobjecte – z.B. an eine Ueberbrückung oder an einen Tunnel – anzuzeigen, hängt in angemessener Entfernung davor, quer über die Bahn, ein an zwei hohen Stangen befestigtes Seil oder Draht, an dem ziemlich dicht neben einander, wie die Zähne eines Kammes, starke Schnüre senkrecht herabhängen, die beim Vorbeifahren der Züge an die Zugbegleiter schlagen und dieselben auf diese Weise vor der nahen Gefahr warnen. Auf den einspurigen Strecken der Pennsylvania-Bahn sowie vieler anderer Bahnen sind zur Erleichterung der Durchführungen von Zugskreuzungen und Vorfahrten an einzelnen Gleispunkten zwischen den Stationen Ausweichen eingeschaltet, wie es Fig. 2 zeigt, und ähnliche unterlegte Ausweichen nach der in Fig. 3 ersichtlich gemachten Anordnung finden sich zur Bewerkstelligung des Verfahrens auch auf den doppelgleisigen Strecken. Textabbildung Bd. 298, S. 13 Fig. 2. Zugskreuzungen der Pennsylvania-Bahn.Fig. 3. Signalbude. a Seitengleis für die Züge aus A. b Seitengleis für die Züge aus B. Bekannt ist es, dass das Rangiren der Züge auf den amerikanischen Bahnen fast ausschliesslich unter Anwendung von sogen. Verschubstangen geschieht; um diese Stangen aufzunehmen, sind die Güterwagen an ihren Ecken gewöhnlich schon mit eigenen Haken versehen. Beim Verschieben bewegt sich die Locomotive auf einem freien Gleise, neben demjenigen, auf welchem sich die zu verschiebenden Wagen befinden, und die erstere wirkt auf die letzteren lediglich durch Vermittelung der Verschubstange ein, welche von dem zwischen den beiden Gleisen laufenden Verschieber gehalten wird. Eine andere Art des Verschiebens, welche einem englischen Beobachter gleichfalls gewagt erscheint, steht auf den grossen Bahnhöfen der Ausgangsstationen im Gebrauche, wo die leeren Züge von einer Nachschubmaschine zum Perron gestellt werden, indem die Locomotive die Wagen einfach abstösst und die letzteren allein in das betreffende Gleis auf ihren Standort rollen, während die erstere hinterher in ein Seitengleis abfährt. Ueber die in Amerika übliche Behandlung des Reisegepäckes ist bereits so oft berichtet worden, dass hier nur mehr erübrigt, hinsichtlich der Fahrbilletbehandlung auf ein paar Eigenthümlichkeiten von besonderer Bequemlichkeit und Einfachheit zurückzukommen. Die Fahrbillets der Reisenden werden erst während der Fahrt nachgesehen und abgenommen, und jeder Passagier, der seine Karte richtig abgegeben hat, wird dafür vom Conducteur mit einem bunten Pappstreifen – gewöhnlich am Hutbande – gekennzeichnet. Auf den Stadtbahnen, wo das Fahrgeld in der Regel für jede Fahrt ohne Unterschied 5 Cents (18,5 Pfg.) beträgt, wird das Billet, gleich nachdem es gelöst ist, von dem Reisenden in einen Glaskasten geworfen und dort automatisch entwerthet. Der Bahnkörper der laufenden Strecke kann zumeist als recht dürftig, und jener der südlichen und westlichen Bahnen geradezu als schlecht bezeichnet werden, was hier jedoch weniger Belang hat, als anderweitig, weil die Construction der Fahrzeuge, nämlich die Anwendung weit von einander angebrachter, sehr elastischer Drehgestelle, es zulässt, dass sich dieselben dem Schienenwege gewissermaassen anpassen, demzufolge die Wagen selbst auf mangelhaften Gleisen ziemlich sanft laufen. Die Schienen sind stets breitbasig (Breitfuss- oder Vignoles-Schienen) und auf hölzernen Querschwellen festgenagelt; Stuhlschienen werden nirgends verwendet. Die Weichen sind fast überall einfach aus zugerichteten Schienenstücken hergestellt und können kaum als vollkommen angenommen werden, allein sie haben den Vortheil, nicht so leicht von Schnee und Eis verlegt zu werden, wie vollkommenere Systeme. In Betreff des Oberbaues sind jedoch die östlichen Bahnen, und darunter an erster Stelle die Pennsylvania-Eisenbahn, wesentlich besser eingerichtet, da dieselben 60 Fuss (18,3 m) lange, 37,32 k per Meter schwere Stahlschienen anwenden und die Schwellen in ein gutes, gleichmässig hergestelltes Kiesbett verlegen. Den normalen Querschnitt des Schienenbettes der New Yorker Centraleisenbahn zeigt die nebenstehende Fig. 4. Textabbildung Bd. 298, S. 14 Fig. 4.Schienenbett der New Yorker Centraleisenbahn. a 15,2 cm grober Steinwurf; b 30,4 cm Kiesschotter Bei der Pennsylvania-Eisenbahn steht zu dem Zwecke, um auf der offenen Strecke während der Fahrt Schienen abladen zu können, eine äusserst einfache Vorrichtung im Gebrauche. Drei ungleich lange, eiserne Bügel a, b und c (Fig. 5) werden am Rande der Seitenwand des betreffenden Schienenwagens eingehängt; sodann werden die Schienen durch Arbeiter einzelweise vom Wagen gehoben und auf die drei Bügel gelegt, welche eine Art schiefe Ebene bilden, auf der die Schiene zur Erde gleitet. Das Niedergleiten wird noch dadurch erleichtert, dass an den beiden tieferliegenden Bügeln b und c jener Arm, auf den die Schiene zu liegen kommt, als Rolle angeordnet ist. Eiserner Oberbau kommt in Amerika augenscheinlich deshalb nirgends vor, weil noch Ueberfluss an Holz vorhanden und letzteres also verhältnissmässig billig ist. Zum Verführen von Kies zur Streckenbeschotterung dienen in der Regel Trichterwagen, deren Abfallöffnungen sich leicht und genau nach dem örtlichen Bedarfe reguliren lassen. Das Ausschütten des Schotters geschieht natürlich während der Fahrt, und häufig ist am Gestelle des letzten Wagens des Kieszuges ein nach abwärts reichender Pflug angebracht, welcher das von den vorausgehenden Wagen hinterlegte Beschotterungsmaterial gleich vertheilt und ebnet. Die höhere oder niedrigere Lage dieses Pfluges, durch welche die Höhe der Beschotterung bestimmt wird, kann mit Hilfe einer Schraubenspindel geregelt werden, deren Kurbel vom Plateau des Wagens aus zu handhaben ist. Eine andere gebräuchliche Art der Kiesabladung besteht darin, dass der Schotter auf ganz flachen, wandlosen Wagen verladen ist; am Entladungsorte wird mittels eines Drahtseiles und einer Winde ein breiter, hölzerner Pflug in der Richtung der Längsachse des Wagens am Wagenboden von einer Stirnkante zur anderen gezogen und hierdurch der Schotter vom Wagen heruntergeschoben, wobei ein gewisser Theil rechts und links auf die Strecke gelangt, während die Hauptmasse zwischen den beiden Schienensträngen niederfällt. Textabbildung Bd. 298, S. 14 Fig. 5.Schienenabladevorrichtung der Pennsylvania-Eisenbahn. Sehr wenig kann von dem Aeusseren und der Ausstattung der gewöhnlichen, im offenen Lande vorhandenen Eisenbahnstationen berichtet werden. Eine hölzerne Hütte als Unterkunft für die Reisenden und zur Aufbewahrung der Frachten ist in der Regel alles, was sich an Baulichkeiten vorfindet. Selbst auf grösseren solchen Bahnhöfen ist für beide Zugsrichtungen lediglich ein einziger in der Schienenhöhe angebrachter hölzerner Bahnsteig vorhanden, und sind die Stationsgebäude von ausgesuchtester Einfachheit und Unzulänglichkeit. Ganz ausserordentlich grossartig erweisen sich dagegen zumeist die Hauptstationen bedeutender Städte. Eine der bemerkenswerthesten Anlagen dieser Art ist beispielsweise die Station Broad street der Pennsylvania-Eisenbahn in Philadelphia mit einer Bahnsteighalle von 182,87 m Länge und 91,44 m Spannweite, in welcher 16 Gleise neben einander liegen. Als ein anderes Beispiel, das sich überdem durch die besondere Pracht seines Aeusseren auszeichnet, kann auch der in der soeben genannten Stadt befindliche Bahnhof Readings-Market bezeichnet werden; derselbe besitzt eine Bahnsteighalle von 198,72 m Länge und von 76,80 m Spannweite. Eine der längsten Bahnsteighallen dürfte die Station Grand Centraldepot in New York aufweisen, welche 12 Abgangs- und 7 Ankunftsgleise überspannt und ungefähr 300 Züge täglich aufnimmt. Die Kunst, ganze Eisenbahnzüge mit möglichst geringen Verzögerungen und ohne Umständlichkeiten über brückenlose Gewässer zu leiten, ist in Amerika hochentwickelt, und eines der hervorragendsten Beispiele dafür bietet die im Zuge der Baltimore- und Ohio-Eisenbahn liegende Dampffähre nächst Baltimore.Diese Dampffähre hat ihre seinerzeitige Wichtigkeit eingebüsst, seit im heurigen Frühjahre die Baltimore- und Ohio-Eisenbahn eine neue Strecke eröffnet hat, welche zwei Meilen westlich vor Baltimore abzweigt, den nördlichen Theil dieser Stadt unterfährt und in der Station Camden wieder in die Hauptbahn einlenkt. Die letztere kommt von dem im Süden von Baltimore liegenden Hauptbahnhofe, welcher früher nur durch Vermittelung der obengenannten Fähre erreicht werden konnte. Besonders interessant ist die neue Verbindungslinie bekanntlich durch den Umstand, dass daselbst der Eisenbahnbetrieb allerdings im Allgemeinen mittels Dampflocomotiven abgewickelt wird, während in einer 2,54 km langen Theilstrecke davon, nämlich in dem sogen. Howard-Tunnel, die Personenzüge ausschliesslich durch elektrische Locomotiven, und die Güterzüge zugleich durch elektrische und Dampflocomotiven befördert werden. An der Spitze dieser Güterzüge befindet sich zwar eine Dampflocomotive, allein dieselbe bleibt unthätig, und den grössten Theil der Tunnelstrecke geschieht die Bewegung des Zuges lediglich durch eine elektrische Nachschiebemaschine; erst kurz vor der gegen Camden liegenden Tunnelmündung erhöhl sich die bis dahin bestandene Steigung von 8‰ auf 14‰ und von da an hat auch die Dampflocomotive in Thätigkeit zu treten, so dass also über die grosse Steigung weg der Zug durch Dampf gezogen und durch Elektricität geschoben wird. Das Schiff, welches hier die Eisenbahnzüge über den 1,2 km breiten Patopsco-Fluss bringt, hat doppelte Steuer und auf Deck, der ganzen Länge nach, vier Eisenbahngleise, auf welche die zu überführenden Locomotiven und Wagen vertheilt werden. Damit beim Landen der Fähre die Schiffsgleise mit den Gleisen des Ufers, welche die Fortsetzungen der ersteren bilden sollen, in gleiche Linie gelangen, wird das Schiff beim Anlaufen in eine aus starken Bäumen hergestellte, mit Ketten am Ufer befestigte, gabelförmige, schwimmende Führung eingelenkt und auf diese Art zwangsweise genau in die passende Lage gebracht. Um das Anprallen zu sänftigen und die am Schiffe befindlichen Eisenbahnfahrzeuge vor gefährlichen Erschütterungen zu schützen, sind an jedem Schienenstrange des Schiffes sehr wirksame hydraulische Puffer angebracht, die sich heben und senken lassen.