Titel: Neuerungen auf dem Gebiete des Bauwesens.
Fundstelle: Band 298, Jahrgang 1895, S. 236
Download: XML
Neuerungen auf dem Gebiete des Bauwesens. (Fortsetzung des Berichtes S. 203 d. Bd.) Mit Abbildungen. Neuerungen auf dem Gebiete des Bauwesens. 2) Sicherung gegen Feuerschäden. a) Säulen und Stützen. In den Verhandlungen des Architekten- und Ingenieurvereins sprach in der Sitzung vom 22. Februar 1895 Weyrich über das in der Ueberschrift angegebene Thema. Wir entnehmen den bemerkenswerthen Mittheilungen nach der Deutschen Bauzeitung das Nachstehende: „Im Wesentlichen sind es Speicher, Lager und gewerblichen Zwecken dienende Gebäude, auch solche für gemischte Benutzungsart, mit Geschäftsräumen in den unteren, Comptoiren und Wohnungen in den oberen Geschossen, welche bei den bezüglichen Sicherungsmaassregeln in Frage kommen. Lediglich Wohnzwecken dienende Gebäude werden in Deutschland selten in Eisenconstruction ausgeführt. Das früher für die Gebäude der genannten Art verwendete Holz als Baumaterial für den inneren Ausbau hatte allmählich dem Eisen weichen müssen. Das letztere gestattete eine weitere Stützen Stellung bei stärkerer Belastung der Böden, die Baukosten waren geringer, namentlich dem Eichenholze gegenüber, und ausserdem glaubte man den Vortheil einer feuersicheren Constructionsweise gegenüber dem Holzbau eingetauscht zu haben. Nun kam der Rückschlag. Die grossen Speicherbrände wiesen darauf hin, dass Eisen nicht feuersicher sei. Mit Schrecken sah man die Eisenspeicher wie Kartenhäuser zusammensinken. Man machte die erstaunliche Erfahrung, dass Holz trotz aller Brennbarkeit feuersicherer sei als Eisen. Brandfälle, die sich in Holzspeichern hätten localisiren lassen, führten zu Totalschäden, weil die dem Feuer ausgesetzten Stützen erweichten, tragunfähig wurden, und nun stürzten die Waaren der oberhalb befindlichen Böden herab, wurden beschädigt und zerstört. Auch die Löscharbeiten waren schwieriger, da die Feuerwehr Bedenken trug, Räume zu betreten, in deren Trümmern sie jeden Augenblick begraben werden konnte, da es an irgend welchen warnenden Anzeichen des nahenden Zusammenbruchs gänzlich mangelte. Wandte man sich nun auch vielfach zum Holzbau zurück, so war man doch der Meinung, dass Mittel und Wege aufzusuchen seien, wie man die Eisenconstructionen gegen die Einwirkung des Feuers schützen könne. Die Frage wurde ihrer Bedeutung gemäss in weiten Kreisen erörtert; durch praktische Versuche suchte man der Lösung der Frage näher zu kommen und geeignete Materialien für Umhüllung von Eisenconstructionen ausfindig zu machen, um dieselben so gegen den Zutritt von Wärme zu schützen. Als die hervorragendsten Leistungen auf diesem letzteren Gebiete sind unzweifelhaft die in Hamburg ausgeführten Versuche zu bezeichnen. Die gleichzeitig in Berlin unter Leitung der Feuerwehr ausgeführten Versuche verfolgten weniger den Zweck, Wärme isolirende Umhüllungsmaterialien für Eisenconstructionen ausfindig zu machen, als vielmehr ganz allgemein Baumaterialien auf ihre Feuersicherheit zu prüfen. (Vgl. den ausführlichen Bericht 1893 288 * 270.) In Bezug auf die vorliegende Frage zieht der Vortragende aus den Berliner Versuchen als Gesammtergebniss, dass ungeschützte schweisseiserne Stützen eine sehr geringe Widerstandsfähigkeit gegen Feuer besitzen und ihre Tragfähigkeit verlieren, sobald eine Temperatur von 600° C. erreicht wird, dass aber passende Ummantelungen die Feuersicherheit erheblich erhöhen. Am längsten hat Korkstein auf Xylolith mit Blechmantel die Stütze tragfähig erhalten und zwar 3 Stunden 56 Minuten lang; dann folgt 4 cm Moniermantel mit 2 Stunden 26 Minuten. Zwar schützte der Asbestcementmantel etwas länger als Monier, das Constructionsmaterial wurde aber vollständig zerstört und bot gegen Anspritzen keinen Widerstand. Asbestcement ist aus diesem Grunde auszuscheiden und nur Monier und Korkstein bleiben als die geeignetsten Ummantelungsmaterialien bestehen. Der Vortragende erwähnt, dass auch in Kopenhagen Versuche mit gewöhnlichen gusseisernen Wasserrohren von 90 mm äusserem Durchmesser und 3 mm Wandstärke gemacht wurden, wobei man das Rohr mit 4 cm Korkstein umhüllte und dann eine Umwickelung von weitmaschigem Drahtgeflecht, mit Cementmörtel überputzt, herstellte. Die Versuche sind so günstig ausgefallen, dass der Bau dreier Speicher nach diesem System beschlossen worden sein soll. Zur Vorsicht sind indess schon an mehreren Stellen Eisenconstructionen ummantelt worden, so z.B. bei den Speichern am Triester Hafen und den Berliner Packhofsbauten mit Monierconstruction, ferner bei dem neuerbauten Speicher der Oelfabrik in Rothenburgsort (von der noch die Rede sein wird). Es ist selbstverständlich nöthig, nicht nur die Stützen, sondern auch die Decken feuersicher zu machen, um den Uebertritt des Feuers von einem Geschoss in das andere zu verhindern. Bei den Ummantelungen wurde es nicht für nöthig gehalten, dieselben abnehmbar zu construiren, da dies die Construction schwieriger, unsicherer und theurer macht. Beim Oelspeicher z.B. betrug die Erhöhung der Baukosten durch die feste Ummantelung nur etwa 5 Proc., die Ersparniss am Versicherungsbetrage brauchte in diesem Falle nur etwa 1000 M. jährlich zu betragen, um die Ummantelung rentabel zu machen. Nach dem jetzigen Stand der Frage stehen also Monier und Korkstein in Concurrenz. An und für sich wird Monier dem Ingenieur sympathischer sein. Es ist ein Material, in dem sich besser construiren lässt, es ist unverbrennlich und man kennt es genau. Die Fabrikation des Korksteins ist mehr oder weniger Geheimniss und die Controlirung der Güte des Materials schwieriger. Dagegen ist der Korkstein in hohem Maasse unempfindlich gegen Stoss, isolirt besser – etwa im Verhältniss 3 : 2 – und ist so leicht, dass eine Mehrbelastung des Baues kaum eintritt. Die Frage ist nun die, ob man sich mit den bisherigen Ergebnissen begnügen, oder nach etwas Besserem suchen soll, – nach einer Construction, die nicht 3 oder 4 Stunden im Brandfall vorhält, sondern von längerer, vielleicht unbegrenzter Dauer ist. Zunächst liegt kein Grund mehr vor, das Gusseisen von der Verwendung zu Stützen auszuschliessen, da der kreisrunde Querschnitt – der beste gegen Ausknickung – auch bequem zur Ummantelung ist. Einen weiteren Vortheil würde aber das Gusseisen bieten, wenn man die ganze Frage dahin auffasste, ob es nicht möglich wäre, Einrichtungen zu treffen, um die eingedrungene Hitze weiter zu leiten, d.h. sie wieder abzuführen. Bei Verwendung der hohlen gusseisernen Stützen würde es ein doppeltes Mittel geben, um die Fortleitung der Wärme zu befördern, einmal die Vergrösserung der inneren Oberfläche der Stützen durch vortretende Rippen, dann durch Schaffung einer entsprechenden Ventilation in den hohlen Säulen, etwa durch Anlegung unterirdischer Luftschächte von entsprechend grossem Querschnitt, um die erforderliche Luftmenge zuzuführen. Zum Schluss sei noch auf ein der Berücksichtigung werthes Ummantelungsmaterial, nämlich Infusorienerde, eingehüllt in Asbest, aufmerksam gemacht. Beide Stoffe lassen sich bequem zu handlichen Tafeln oder Matratzen zusammenarbeiten. Die ganze Frage ist demnach noch nicht zum Abschluss gekommen, und eine Fortsetzung der Versuche bezeichnet der Vortragende als wünschenswerth.“ In der nun folgenden Besprechung wurde erwähnt, dass einem Versuche mit nicht ummantelten eisernen Stützen, die in 17 Minuten ihre Widerstandsfähigkeit verloren, zwei Versuche entgegenständen, bei denen bessere Ergebnisse (36 bezieh. 40 Minuten) erzielt wurden. Eisen sei für den modernen Constructeur nicht zu entbehren und nur die Frage sei zu stellen, ob der Ingenieur seine Construction so anlegen dürfe, dass ihr nicht überall und jederzeit beizukommen sei. Es müsse die Revisionsfähigkeit für so stark belastete Constructionen wie die der Hamburger Freihafenspeicher aufs entschiedenste gewahrt bleiben. Wolle man also die Construction ummanteln, so müsse diese Ummantelung nicht fest, sondern abnehmbar eingerichtet werden, dadurch werde aber die Bausumme so gross, dass die Kaufleute solche Speicher weder bauen noch miethen könnten, ausserdem setzen die Assecuradeure, trotz der technischen Verbesserungen, die Prämien doch nicht herunter. Bei der Frage der Abnehmbarkeit der Ummantelung waren indess die Meinungen verschieden. Da die Waaren, die in einem Speicher lagern, oft Werthe von 4 bis 5 Millionen Mark erreichen, so ist, wie der Vortragende zum Schluss bemerkte, eine möglichst widerstandsfähige Bauart zu benutzen, und sind die einzelnen Abtheilungen möglichst massig in Grösse zu halten, um so das Ausbrennen eines Raumes, ohne die anderen in Mitleidenschaft zu ziehen und einen Totalschaden herbeizuführen, zu ermöglichen. Im Anschluss an die vorstehend auszüglich wiedergegebene Verhandlung enthält Nr. 46 der Bauzeitung eine Mittheilung des Hamburger Architekten E. Hoppmann über den Feuerschutz der Eisenconstruction im Lagerhause der Oelfabrik zu Rothenburgsort bei Hamburg. „Es dürfte die Leser um so mehr interessiren, etwas Näheres über diese Anordnungen zu erfahren, als die Verwendung von Korksteinplatten als Feuerschutzmittel für Eisenconstructionen hierbei zum ersten Male in grösserem Maasstabe durchgeführt worden ist. Die Wahl einer Korksteinumhüllung statt einer Umhüllung mit Monierconstruction wurde in dem genannten Falle hauptsächlich deshalb getroffen, weil eine solche nicht nur ebenso grosse Sicherheit gewährt und ebenso bequem anzubringen ist wie diese, sondern dabei auch wesentlich leichter ist, eine wesentliche Vermehrung der Belastung des Baugrundes, welche unter den vorliegenden besonderen Verhältnissen des Baues vermieden werden musste, also nicht herbeiführt. Denn während Monierconstructionen ein specifisches Gewicht von 2000 haben, beträgt dasjenige der von Grünzweig und Hartmann in Ludwigshafen hergestellten Korkplatten nur 260. Sowohl die gusseisernen Säulen, welche in acht Geschossen genau über einander stehen, wie die zu beiden Seiten derselben liegenden Walzeisenunterzüge sind mittels 3,5 cm starken Korkplatten mit 1 cm Luftschicht umkleidet, mit verzinktem Draht und Drahtgewebe umspannt, nach vorgängiger provisorischer Befestigung unter einander mit langen Formstiften und hierüber 1 cm stark mit Cementputz versehen. Dieser letzte ist nochmals 1 bis 2 m hoch mit in Cement vergossenem Eisenblech gegen Abstossen durch Transportkarren u.s.w. geschützt, während der Cementputz selbst die Korkplatten gegen Beschädigungen, vor allem aber im Feuer gegen die Stichflamme zu schützen bestimmt ist. Nach dieser Ausführungsweise ist in Kopenhagen am 24. November 1894 ein Brand versuch für die dortige Freihafen-Lagerhausgesellschaft gemacht worden, aus welchem die gusseiserne Säule, wozu ein nur 4 mm starkes Wasserrohr benutzt worden war, nach 4stündiger Branddauer und darauf folgendem Ablöschen aus 2 m Entfernung ohne jegliche Deformation hervorgegangen ist, während der Cementputz stark gerissen und die Korkplatten etwa 1 cm tief verkohlt waren. (Es möge hier gleich bemerkt werden, dass diese Korkplatten auch noch im verkohlten Zustande stark isoliren, wenn sie auch der Gefahr der Vernichtung leichter preisgegeben sind; daher ist der Cementputz nothwendig.) Da von einem absoluten Feuerschutze für Eisen nicht die Rede sein kann, so ist das vorbenannte Ergebniss als ein sehr günstiges zu bezeichnen, um so mehr, als ein solcher Feuerschutz doch immer nur den Zweck haben kann, der Feuerwehr eine gesicherte und dadurch energischere Thätigkeit zu bieten und hierdurch die grössere Möglichkeit der Erhaltung des Gebäudes zu gewährleisten, während die grösseren Brandschäden der letzten Jahre an Bauten mit ungeschützter Eisenconstruction mit vollständiger Zerstörung der letzten endeten. In der Oelfabrik zu Rothenburgsort sind zum weiteren Feuerschutz noch die in den Brandmauern der einzelnen Lagerhausabtheilungen erforderlichen Verbindungsthüren aus gestemmtem Eichenholz mit allseitiger vernieteter Eisenpanzerung, doppeltem Falz und selbsthätig schliessend hergestellt worden, ebenso die Thüren nach den massiven Treppenhäusern. Um einem ausbrechenden Feuer möglichst wenig Nahrung zuzuführen, sind sämmtliche Balken des Lagerhauses aus I-Eisen und, wie die Unterzüge, sowohl an den Verbindungsstellen als im Mauerauflager derart hergestellt, dass sie sich 6 bis 8 cm an jedem Ende dehnen können, ehe eine Deformation des Eisens und der Mauern eintritt. Die 5 cm starken Holzfussböden sind mittels Hakenschrauben an den Trägerflanschen befestigt, so dass auch hier eine Dehnung des Eisens stattfinden kann, ohne Defecte hervorzurufen. Es möge hier noch bemerkt werden, dass zum Vermauern der einzelnen Platten der grösseren Elasticität wegen Kalkmörtel verwendet worden ist. Die Kosten einer derartigen Umhüllung stellen sich je nach dem Umfang der Arbeiten auf 5 bis 6 M. für 1 qm.“ Bei den hohen, neuerdings in Amerika häufiger aufgeführten Wohnhäusern, kam es nicht nur darauf an, die Gebäude in genügender Festigkeit zu errichten, sondern es war auch eine insbesondere wegen der bedeutenden Bauhöhe wichtige Bedingung zu erfüllen, nämlich die, das Gebäude feuersicher herzustellen.Vgl. 1893 288 191. Diese Bedingung drängte sich in den Vordergrund, nachdem ein noch im Bau begriffenes derartiges Gebäude das Opfer eines grossartigen Brandes geworden war. Es handelte sich nunmehr, wie Stahl und Eisen vom 15. März 1894 ausführt, um die Frage, „welche Säule wird bei einem Brande am längsten Widerstand leisten? Von der gusseisernen wurde behauptet, man müsse sie ganz erheblichen Hitzegraden aussetzen, wenn sie ihre Form verändern und zusammenbrechen solle. Schmiedeeisen und Stahl dagegen würden sich leichter im Feuer biegen, die gebogene Säule könne natürlich die Lasten nicht mehr tragen und müsse bald nachgeben. Man fand in der That bei mehreren Bränden gusseiserne Säulen, welche so grosse Hitze ausgehalten hatten, dass sie an einzelnen Stellen geschmolzen waren und sich dadurch wohl verkürzt hatten, aber nicht zusammengebrochen waren. Einen grossen Nachtheil hatte die gusseiserne Säule aber der schmiedeeisernen gegenüber: man konnte nicht daran nieten, sondern musste alle Verbindungen mit Schraubbolzen machen, wodurch die Festigkeit eine weit geringere war. Auch liessen sich aus diesem Grunde bei gusseisernen Säulen während des Baues keine Aenderungen des Projects mehr ausführen, während dies bei schmiedeeisernen und stählernen meistens noch möglich war. Als man daher anfing, die eisernen Säulen mit einem Mantel aus feuersicherem Material zu umgeben, der noch einen Luftraum zwischen sich und der Säule liess und so die Feuersicherheit beträchtlich erhöhte, ergab die Praxis bald, dass gusseiserne Säulen nur für nicht sehr hohe Häuser am Platze seien und zwar hauptsächlich da, wo es auf schnelle und billige Herstellung ankäme, für die ganz hohen Gebäude indessen nur Schmiedeeisen oder Stahl genommen werden dürfe. Nachdem man sich über das am besten anzuwendende Material klar geworden war, entstand die Frage nach der zweckmässigsten Querschnittsform, welche bei der gusseisernen Säule unschwer dahin entschieden werden konnte, dass der ringförmige Querschnitt der allein richtige sei.“ (Wir haben über diese Constructionen bereits 1894 292 * 279 eingehend berichtet und erinnern hier nur noch an die aus Walzeisen nach Textabbildung Bd. 298, S. 238 nebenstehenden Elementen zusammengesetzten Säulenquerschnitte.) Excentrische Belastungen müssen möglichst vermieden werden; es sind daher die Belastungen möglichst gleichmässig zur Achse der Tragsäule zu vertheilen. Die Querverbindungen machen gewöhnlich keine Schwierigkeit, sie gewähren Anschlüsse nach zwei, oft auch nach vier Richtungen. Nachdem man die Erfahrung gemacht hat, dass keine Säule auf die Dauer dem Feuer widerstehen kann, hat man schon seit längerer Zeit angefangen, die Säulen mit einem Mantel von feuerfesten Steinen zu umgeben, um die Hitze möglichst von dem Eisen abzuhalten. Dieser Mantel wird naturgemäss am besten rund hergestellt, und derjenige Säulenquerschnitt ist der geeignetste, welcher die Anbringung der Ummantelung gestattet, ohne dass die Säule einen zu grossen Durchmesser erhält und dann nicht nur unschön aussieht, sondern auch viel Raum einnimmt. (Fortsetzung folgt.)