Titel: Wasserwerksanlage in Hameln und Hildesheim.
Autor: Sch.
Fundstelle: Band 298, Jahrgang 1895, S. 239
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Wasserwerksanlage in Hameln und Hildesheim. Wasserwerksanlage in Hameln und Hildesheim. Von der Firma Gebr. Körting zu Körtingsdorf bei Hannover ist die Wasserwerksanlage in Hameln ausgeführt und im Frühjahr 1895 dem Betrieb übergeben worden; über dieselbe stehen uns folgende Angaben zu Gebote: Die Anlage arbeitet mit zwei Gasmaschinen von je 25 , welche zwei liegende Doppelplungerpumpen, Girard-System, mittels Riemen antreiben. Die bei der Abnahme vorgenommenen Versuche zur Feststellung der Leistung ergaben interessante Resultate. Es war eine Leistung von 290000 mk für 1 cbm vorgeschrieben, d. i. für 1 (gleich 270000 mk) 0,93 cbm Gas. Die Pumpen sind construirt für eine stündliche Leistung von 63,6 cbm bei 57,3 m Druckhöhe. Bei den Messungen hat Motor 1 für eine Förderung von   65,34 cbm auf 55,3 m Höhe 10,3 cbm 2 Förderung von   66,66 cbm auf 55,8 m Höhe 10,84 cbm Gas gebraucht. Bei einer Probe beider Maschinen zusammen wurden gefördert: 131,01 cbm Wasser auf 62,3 m Höhe mit 22,34 cbm Gas. Es ergibt das für: Versuch mit Motor 1 für 1 cbm Gas 350000 mk 2 1 cbm 343000 mk beiden 1 cbm 365000 mk Die letztere Leistung ist deshalb etwas höher, weil dabei die Maschinen schon gut betriebswarm waren. Während man also für eine mit der Pumpe geleistete Pferdestärkenstunde gleich 270000 mk 0,93 cbm Gas gewährleistet hatte, ist nach den Abnahmeversuchen mit 0,79 bezieh. 0,74 cbm Gas diese Leistung schon erreicht worden. Diese Zahlen sind als sehr beachtenswerthe zu bezeichnen und zwar um so mehr, als bei einer Anlage der ältesten deutschen Gasmotorenfabrik mit einer 50pferdigen Maschine, die bislang die günstigsten Ergebnisse lieferte, unseres Wissens nur ungefähr 330000 mk mit 1 cbm Gas erzielt werden. Bei dieser Gelegenheit ist es von Interesse, vergleichende Zahlen aufzustellen über die Betriebskosten des mit Dampfbetrieb versehenen Wasserwerkes Hildesheim gegenüber dem nicht zur Ausführung gekommenen Gasmaschinenbetriebe. Beim Betriebe dieser Anlage hat sich herausgestellt, dass mit 1 k Kohle 2 k Wasser auf 40 m Höhe gefördert werden können. Es werden also mit 1 k Kohle geleistet: 80000 mk. Die Anlage ist mit zwei Stück 40pferdigen Dampfmaschinen, versehen mit den besten und neuesten Einrichtungen und mit Condensation ausgerüstet, und man durfte von derselben also ein verhältnissmässig günstiges Resultat erwarten. Da jedoch bei derartigen Anlagen, z.B. im Winter, die Pumpen oft nur wenige Stunden des Tages zu arbeiten brauchen, so ergibt die für das Anheizen nöthige Brennmaterialmenge ein verhältnissmässig ungünstiges Endresultat. Weiter wird der Brennmaterial verbrauch dadurch ein ungünstiger, dass die Dampfkessel nicht immer rationell zu arbeiten Gelegenheit haben. Wegen der zeitweise kurzen Arbeitsdauer ist man nämlich geneigt, die Maschinen langsamer laufen zu lassen, als wie dem günstigsten Nutzeffect entspricht. Die Rostflächen sind dann zu gross und es wird demnach zur Verbrennung auf den Rosten unverhältnissmässig viel Luft zugeführt, die natürlich das Endergebniss ungünstig beeinflusst. Man darf aber annehmen, dass für eine mittlere Stadt ein Wasserwerk mit Dampfbetrieb kaum bessere Zahlen zu liefern vermag, als dies in Hildesheim der Fall ist, und sind dieselben deshalb zu einem Vergleiche zwischen Wasserwerken mit Gas- und solchen mit Dampfbetrieb wohl geeignet. Da die Verhältnisse für einen 40pferdigen Gasmotor nur günstiger liegen können, als oben beim Wasserwerk Hameln für die 25pferdigen Motoren gefunden wurden, so ergibt sich, dass die Leistung von 4,5 k Kohle (360000 : 80000 = 4,5) derjenigen von 1 cbm Gas entspricht. Da die Kohlen in Hildesheim 1,65 M. für 100 k, die 4,5 k also nahezu 8 Pf. kosten, so müsste sich die Stadt für 1 cbm Gas 8 Pf. berechnen, wenn die Betriebskosten für beide Anlagen gleich sein sollten. In der That sind die Stadtgemeinden meistens in der Lage, sich das Gas zu nur 6 Pf. Selbstkosten zu berechnen, woraus sich schon eine wesentliche Ueberlegenheit des Gasmotorenbetriebes für Wasserwerke gegenüber dem Dampfbetriebe ergibt. Hierzu kommt nun noch, dass bei Dampfbetrieb zur Wartung zwei Mann nöthig sind, während man bei Gasmotorenbetrieb unbedingt mit einem Mann auskommt, wodurch wiederum jährlich etwa 1200 M. zu sparen sind. Weiter würde sich die Hildesheimer Anlage für Gasbetrieb um ein Beträchtliches billiger gestellt haben, als die Anlage für Dampfbetrieb. Gebr. Körting folgern nicht mit Unrecht aus diesen Zahlen, dass städtische Gemeinden mittlerer und kleinerer Grösse nichts Besseres thun können, als eine vernünftig durchgebildete Gasmaschinen anläge für Wasserwerke zu errichten, sofern dieselbe nicht gar so weit von der Stadt zu liegen kommt, so dass etwa die Gaszuführung Schwierigkeiten bieten möchte. In solchen Fällen aber würde bei kleinen Anlagen Benzin, bei grösseren Kraftgas in Frage kommen. Mit beiden Betrieben würde man durchweg billiger wegkommen als mit Dampf. Sch.