Titel: Neuerungen in der Technik der Glasindustrie.
Autor: Weeren
Fundstelle: Band 299, Jahrgang 1896, S. 108
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Neuerungen in der Technik der Glasindustrie. Von Dr. Weeren in Charlottenburg. (Fortsetzung des Berichtes S. 12 d. Bd.) Mit Abbildungen. Neuerungen in der Technik der Glasindustrie. Pressform für Glasgefässe mit Thermometer von Georg Hörning in Berlin. Um in bequemer Weise die Temperatur von in Glasgefässen befindlicher Flüssigkeit abzulesen, beispielsweise von Bier in Biergläsern, ordnet Hörning in der Gefässwand ein Thermometer an. Zur Erzeugung derartiger Glasgefässe bedient er sich der in Fig. 24 abgebildeten Form, die aus dem Bodenstück a, den beiden aufklappbaren Seitenhälften b und e und dem Pressstempel d besteht. Neu an derselben ist die Anordnung des aus der Erweiterung e herausragenden, sich schwach verjüngenden Stiftes f, welcher, vom Bodenstück a ausgehend, zwischen Formenhälfte b und Presstempel d hineinragt. Eine derartige Form liefert Glasgefässe von der durch Fig. 25 veranschaulichten Gestalt. Das in der Gefässwandung erzeugte Loch g nimmt ein Thermometer auf; die Erweiterung h ist für einen Verschlusstöpsel bestimmt. (D. R. P. Kl. 32 Nr. 75519.) Textabbildung Bd. 299, S. 108 Pressform von Hörning. Presse zur Herstellung gläserner Siphonköpfe von Henry Louis Phillips in London. Bei der Herstellung von gläsernen Siphonköpfen, von denen Fig. 26 einen Querschnitt zeigt, ist es von Wichtigkeit, sämmtliche Oeffnungen möglichst schnell bezieh. gleichzeitig zu erzeugen. Die Presse erfüllt diese Bedingung und vollzieht die Bewegung der Pressstempel durchaus selbsthätig. Die Pressform J (Fig. 27) nebst den Presstempeln A, H, N und O ist auf einem Schlitten D, der in einer längeren Führung C bewegt werden kann, befestigt. Die zwei aufklappbaren Hälften sind um ein Scharnier K drehbar. Textabbildung Bd. 299, S. 109 Presse zur Herstellung gläserner Siphonköpfe von Phillips. Die Bildung des Hohlraumes sowie des Gewindes des Siphonkopfes erfolgt durch den Kern H, dessen Vor- und Rückwärtsbewegung des Gewindes wegen eine Drehbewegung sein muss, begrenzt durch den Flansch G. Der Kern H, der sowohl mit seinem Gewinde in der Grundplatte E der Form, als auch in einem an dem Schlitten D befestigten Arm W gelagert ist, läuft nach unten in eine Spindel aus und trägt hier das konische Zahnrad P. Letzteres sitzt auf der Spindel H nur lose auf, kann sich mithin in senkrechter Richtung beliebig verschieben, während es andererseits durch eine Nuth nebst Längskeil seine Drehbewegung auf die Spindel H überträgt, die sich hierbei in die Form I entweder ein- oder ausschraubt. Seine Drehbewegung empfängt das Rad P durch das Zahnrad Q, welches sich mit dem Zahnrade R um den am Schlitten D befestigten Dorn S zu drehen vermag und beim Vor- oder Rückwärtsschieben desselben in der Schlittenführung C auf der stationären Zahnstange T sich abwälzt. Durch ähnliche Mittel wird auch der die Ausflussöffnung des Siphonkopfes erzeugende Kern N bewegt, mit dem Unterschiede, dass derselbe sich hierbei lediglich vor- oder rückwärts schiebt. Der Kern N ist sowohl in der Grundplatte E, als auch in dem an dieser befestigten Lager Z gelagert. Zwischen beiden Lagern sitzt auf dem an seinem unteren Ende mit Gewinde versehenen Kern N ein mit Innengewinde ausgestattetes Zahnrad a. Dasselbe steht mit dem Zahnrad c in Eingriff, und dieses wiederum wird in ähnlicher Weise wie das Zahnrad Q durch Zahnrad d und Zahnstange e in Drehung versetzt. An der Drehung wird der Kern N dadurch gehindert, dass er in das Muffenlager X hindurchgeführt ist. Dieses hat einen Längsschlitz Y, in dem sich ein seitlicher Ansatz des Kernes N führt. Der die dritte Oeffnung des Siphonkopfes bildende Kern O wird in anderer Weise bethätigt. Das äussere Ende desselben ist mit Hilfe eines kurzen Gelenkes f mit dem oberen Ende eines Hebels g verbunden, welcher bei h zwischen zwei Lagerböcken i drehbar angebracht ist. Das untere Ende des Hebels g ist mit einer kräftigen Feder j ausgestattet, deren freies Ende sich gegen den Schlitten D legt und das Bestreben hat, den Kern O beständig in die Form I hinein zu drücken. Der Schlittenführung C entlang erstreckt sich eine Leiste k, gegen welche sich der Hebel g legt und hierdurch für gewöhnlich eine solche Stellung erhält, dass der Kern O entgegen dem Drucke der Feder j aus der Form I herausgezogen ist (punktirte Stellung in Fig. 27). An einer bestimmten Stelle besitzt die Leiste h einen Einschnitt n, in welchen der Hebel g durch die Feder j beim Vorschieben des Schlittens D in seiner Führung C hinein gedrückt wird, wodurch gleichzeitig der Kern O sich in die Form I hinein bewegt. Durch dieses Vorschnellen des Hebels g wird ferner der Schlitten D in seiner weiteren Bewegung aufgehalten. Diese Einrichtung ist für einen sicheren Arbeitsgang der Presse von grossem Vortheil, wie der Betrieb derselben zeigt, der in folgender Weise vor sich zu gehen hat. Die Schlittenführung C wird auf einem Tisch angeordnet, an dessen einem Ende eine Glaspresse beliebiger Construction aufgestellt ist, die mittels des Presstempels A das Pressen des in der geschlossenen Form I befindlichen Glases bewirkt. Um mit Glasmasse beschickt zu werden, wird der Schlitten D mit der Form I auf dem Gleise C bis zum anderen Ende des Tisches vorgeschoben. Während dieses Verschiebens schrauben sich die bisher vorgeschobenen Kerne HI und N selbsthätig aus der Form heraus. (Der Kern O ist durch den bedienenden Arbeiter schon vorher herausgezogen worden.) Nunmehr wird die Form, während sämmtliche Kerne herausgezogen sind, mit Glasmasse beschickt, worauf man sie wieder gegen die Presse vorschiebt. Die beiden Kerne H und N schieben bezieh. drehen sich hierbei durch Abrollen der Zahnräder R und d auf den Zahnstangen T und e in die Form I und in die flüssige Glasmasse hinein, während erst im letzten Augenblick, wo die Form bereits bis unter den Presstempel A vorgeschoben worden ist, der Kern O durch Einspringen des Hebels g in den dort angeordneten Einschnitt n in die Form eindringt. Der herabbewegte Presstempel A presst nunmehr die Glasmasse in bekannter Weise. Nach seiner Entfernung aus der Form wird diese wieder zu dem anderen Ende des Tisches vorgeschoben. Dieses ist jedoch erst dann ausführbar, wenn der Arbeiter an dem Ring l den Hebel g aus dem Einschnitt n herausgezogen hat. Hierdurch wird der Kern O, welcher in seiner vorgeschobenen Stellung durch eine Oeffnung des Kernes H greift, vorgezogen und der Kern H zum Herausdrehen aus der Glasmasse frei gemacht. Die Herausschraubung bezieh. Herausschiebung aus der Glasmasse der Kerne II und N kann nunmehr durch Vorschieben des Schlittens D ungehindert erfolgen, worauf die Form I geöffnet und der fertige Siphonkopf entfernt wird. Nach dem Schliessen der Form ist diese für einen zweiten Arbeitsgang fertig. (D. R. P. Nr. 77789.) Glasschnellpresse mit selbsthätigem Excenterwerk von Jacob Adolf Widmer in Berlin. Dieselbe gehört zu den in jüngster Zeit so beliebt gewordenen Pressen, bei denen der die Pressform während des Pressvorganges festhaltende Formenring selbsthätig bewegt wird, wodurch sich der Betrieb der Presse wesentlich vereinfacht und beschleunigt. Wegen der Einzelheiten verweisen wir auf die Patentschrift. Eine derartige Glaspresse soll ein so beschleunigtes Arbeiten ermöglichen, dass die Leistung gegen eine gewöhnliche Glaspresse um ein Drittel erhöht wird; dieser Vorzug kommt namentlich bei der Herstellung ganz dünner Kelche u.s.w. zur Geltung, weil bei solch dünner Waare das schnelle Pressen von ausschlaggebender Bedeutung ist. (D. R. P. Kl. 32, Nr. 73879.) Die Glasschnellpresse mit selbsthätig bewegter Formendruckplatte von A. Geissler in Radeberg i. S. unterscheidet sich von der Widmer'schen wesentlich nur durch die äussere Anordnung. Im Allgemeinen ist sie so gebaut, wie die bekannten amerikanischen Glaspressen; sie besitzt auch eine durch Schraubenspindeln bewirkte Bewegung der Druckplatte, wie selbige bereits bekannt ist. Das Neue an der Presse ist eine Einrichtung, welche beim Auf- und Niedergehen des Presstempels die Formendruckplatte selbsthätig sich bewegen lässt. Verfahren zur Herstellung gepresster Glasgegenstände mit Hochglanzflächen von Goerisch und Co. in Dresden. Gepresste, mit Mustern versehene Glasgegenstände zeigen sehr oft in Folge des starken Verschiebens des Glases eine runzlige, unschöne Oberfläche. Auch kann, da die Luft oft nur unvollständig aus den Vertiefungen der Verzierungen zu entweichen vermag, das Ausprägen feiner Kanten und Linien nicht mit Sicherheit erfolgen. Das von Goerisch und Co. vorgeschlagene Verfahren ermöglicht es, selbst bei Gegenständen mit starken Ausladungen eine vollkommen glänzende und glatte Oberfläche, wie sie bislang nur durch Feuerpolitur zu erzielen war, zu erzeugen. Das Verfahren besteht im Wesentlichen darin, dass zunächst eine Form angewandt wird, in der die Ausladungen zu gering ausfallen. Nachdem man hierin das Glas vorgepresst hat, bringt man den Glasgegenstand in eine zweite Form, die nur die zurückliegenden Theile desselben presst. Hierdurch werden einerseits die Ausladungen weiter vorgezogen und auf das richtige Maass gebracht, andererseits die bei der ersten Pressung entstandenen Ungleichheiten der Oberfläche durch Straffspannen derselben vollkommen beseitigt, so dass die Gegenstände nach dem zweiten Pressen ein tadellos glattes Aeussere erhalten. (D. R. P. Nr. 82472.) Die Glaspresse zur Herstellung von nahtlosen Flaschen u. dgl. von Jean Baptiste Vernay in Lyon ermöglicht die rein mechanische Herstellung von nahtlosen Flaschen u. dgl., hat somit denselben Zweck, wie die bekannten Glaspressen von Ashley, ohne aber deren Complicirtheit zu besitzen. Die Presse hat zwei Formen: die Gussform und die Blasform, deren jede aus zwei auseinanderklappbaren Hälften besteht. Jede dieser Hälften hat die Gestalt eines dreiseitigen Prismas, das sich um eine seiner Kanten drehen kann und auf jeder der beiden an diese Kante anstossenden Flächen Aushöhlungen zeigt, von denen die eine die Hälfte der Gussform, die andere die Hälfte der Blasform bildet. Diese beiden Prismenkörper können durch entsprechende Drehung um ihre Achse zur Guss- oder zur Blasform zusammengesetzt werden. Die Achsen sind auf einer runden Scheibe, die wiederum auf einem Arm gelagert ist, angeordnet. Scheibe und Achsen können jede für sich bewegt werden. Diese Bewegung erfolgt dann, wenn die Gussform durch die Blasform oder umgekehrt die Blasform durch die Gussform ersetzt werden soll. Die Einzelheiten würden uns hier zu weit führen, weshalb wir auf die Patentschrift verweisen. (D. R. P. Nr. 77728.) (Fortsetzung folgt.)