Titel: | Fahrräder. |
Fundstelle: | Band 299, Jahrgang 1896, S. 172 |
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Fahrräder.
(Vorhergehender Bericht 1895 296 * 101 u. ff.)
Mit Abbildungen.
Fahrräder.
I. Systeme und Rahmen.
Textabbildung Bd. 299, S. 172
Fig. 1.Rahmen der New Ormonde Cycle Co.
Rahmen (Modell 1896) der New
Ormonde Cycle Co.; Rahmen (Modell 1895); Rahmen (Modell 1894).
Wie bereits in D. p. J. 1895 296 105 erwähnt wurde, bedient man sich seit einigen Jahren des
Humber-Rahmens, der anfänglich etwas lang ausfiel, so dass die Maschine Schwankungen
machte, welche noch dadurch erhöht wurden, dass das obere Rohr a (Fig. 1) zu sehr nach
hinten geneigt war und somit der Sattel zu hoch gestellt werden musste. Später wurde
der Rahmen kürzer und mit wagerechtem Rohr b gebaut, um
die Schwankungen zu mildern. Jedoch war die Lenkstange zu weit vom Sattel entfernt,
wodurch das krumme Sitzen (Katzenbuckel) entsteht, denn der Fahrer muss sich zu
weit nach vorn beugen, um die Lenkstange halten zu können. Dieser Haltung musste aus
sanitärer wie ästhetischer Rücksicht entgegengetreten werden, und das einzige Mittel
ist, den Rahmen zu verkürzen.
Fig. 1 zeigt einen Rahmen (Modell 1896) der New Ormonde Cycle Co., Ltd., London, der erheblich
kürzer ist, als die der letzten zwei Jahre. Diese Bauart ermöglicht aufrechtes
Sitzen, grösste Steifheit der Maschine und Gewichtsverringerung.
a) Fahrräder mit
Fussbetrieb.
Textabbildung Bd. 299, S. 172
Fig. 2.Star-Bicycle von Kretzschmar.
Das Star-Bicycle der Firma E. Kretzschmar und Co. in
Dresden besteht, wie Fig. 2 zeigt, aus 40'' und
24'' × 1¾'' Rädern. Der Antrieb geschieht direct mittels Trethebel, welche bei
a drehbar und bei b mit der Nabe verbunden sind. Die Steuerung ist ähnlich wie beim
Niederrad. Der Sitz ist durch die Feder c so
elastisch, dass Erschütterungen kaum bemerkt werden. Diese Maschine vereinigt
verschiedene allgemein erwünschte Eigenschaften in sich; sie ist nicht zu hoch,
aber auch nicht zu niedrig; das grosse Rad hat eine Höhe von 40'' engl. Ferner
ist die Kette vermieden, so dass Gewicht und Reibung gemindert werden.
Textabbildung Bd. 299, S. 172
Fig. 3.Damenrad von Gebr. Reichstein.
Die Firma Gebr. Reichstem in Brandenburg a. d.h.,
sowie Humber und Co., Ltd., England, fertigt ein
Damenrad (Fig. 3), bei welchem das Gestell sich
unten rundet. Dadurch ist eine aufrechte Haltung ermöglicht und das Kleid fällt
in natürliche Falten.
Aehnlich dieser Construction ist die der BielefelderMaschinenfabrik vorm. Dürrkopp und Co.
Hier führt ein zweites Rohr, das sich der Rundung des ersten anschmiegt, vom
oberen Ende des Steuerrohres zum Tretkurbellager.
Textabbildung Bd. 299, S. 173
Fig. 4.Damenrad von Schlick und Hinkelmann.
Das Damenrad der Firma Schlick und Hinkelmann in
Dresden hat, um grössere Steifheit zu erlangen, zwei nach vorn aufsteigende
Rohre (Fig. 4), wodurch Gestellbrüche fast
ausgeschlossen sind. Da durch die Anordnung zweier Rohre die Maschine mehr
Stabilität hat, kann dieselbe auch von Herren gefahren werden.
Eine Construction der Birmingham Small Arms Co., die
an Steifigkeit und Festigkeit dem vorhergehend beschriebenen Damenrad nicht
nachsteht, hat die umgekehrte Vertheilung, so dass die beiden Rohre an der
Steuerung nahe zusammen und am Kurbellager weit aus einander liegen, dergestalt,
dass das untere Rohr direct zum Kurbellager geht und also der gewöhnliche
Presstheil des Herrenzweirades benutzt werden kann, während das obere etwa 12 cm
höher an das Rohr angeschlossen ist, welches vom Kurbellager zur Sattelstütze
führt. Dieses Rohr steht sowohl zur Steuerung wie zum Sattelstützenrohr etwa in
rechtem Winkel.
Denselben Zweck sucht Ch. W. Brown in North Finchley
(England) durch D. R. P. Nr. 80897 dadurch zu erreichen, dass er zwei annähernd
parallele Rohre hf (Fig.
5) anordnet, deren untere Enden durch die ein Dreieck bildenden Rohre
kea versteift sind.
Textabbildung Bd. 299, S. 173
Fig. 5.Gestellversteifung von Brown.
Durchaus abweichend von den bisherigen Constructionen ist die Art, wie die Elswick Co. und Wm.
Bown das Damengestell bauen. Das Hauptrohr führt hier von dem unteren
Theil der Steuerung in rechtem Winkel auf das Sattelstützenrohr, indem es dieses
etwa 10 cm oberhalb des Kurbellagers trifft. Vom Kurbellager dagegen gehen zwei
dünnere Rohre links und rechts neben dem Hauptrohr vorbei zu dem oberen Theil
des Steuerungsrohrs, und von der Seite gesehen, schneiden die zwei dünnen
Rohre also das stärkere Hauptrohr. (Radmarkt.)
Die Holzwaarenfabrik von A. Schultze in
Hildburghausen stellt einen Fahrradrahmen aus Holz her (D. R. P. Nr. 83416).
Derselbe besteht aus zwei eiförmig gebogenen Theilen RR1 (Fig.
6), welche das Hinterrad gabelförmig umgreifen und an der engen, der
Vorderradgabel zugekehrten Stelle durch eine Platte P zusammengehalten werden. Diese Platte P
ist in bekannter Weise mit der Verlängerung der Vorderradgabel verbunden. Im
hinteren, breiteren Theile des Fahrradrahmens wird die Verstrebung desselben
durch die daran befestigten Lager und die Radachse des Hinterrades erreicht,
während am unteren Theile der Rahmen durch das Tretkurbellager, am vorderen
Theil durch Streben rr1 versteift ist. Zur weiteren Versteifung trägt die Platte S bei, welche den Sattel trägt. Durch diese
Anordnung wird ein übermässiges Durchbiegen verhindert.
Textabbildung Bd. 299, S. 173
Fig. 6.Fahrradrahmen aus Holz von Schultze.
Zusammenlegbares Fahrrad von M. B. Ryan in Boston
(D. R. P. Nr. 80015). Der eine Gestelltheil A G
(Fig. 7) ist in einiger Entfernung vom Ende
des anderen Gestelltheiles B mit diesem drehbar
verbunden. Bei Benutzung des Fahrrades sind beide Theile durch eine Verriegelung
h gegen einander verriegelt, so dass eine
gegenseitige Bewegung beider Gestelltheile unmöglich ist. Bei dieser Anordnung
ist eine Schwächung des Gestelles vermieden.
Textabbildung Bd. 299, S. 173
Fig. 7.Zusammenlegbares Fahrrad von Ryan.
Fig. 8 zeigt das
zusammenlegbare Militärfahrrad von Hauptmann Gérard, mit welchem bei der französischen Armee eingehende
Versuche gemacht wurden. Dieses Fahrrad ist so eingerichtet, dass der Fahrer,
auch im Sattel bleibend, die Füsse auf den Boden stellen und feuern, danach
sogleich wieder weiterfahren kann. Stellen sich Terrainschwierigkeiten ein, so
wird das Fahrrad, wie Fig.
9 zeigt, zusammengeklappt und auf dem Rücken getragen. Das Gewicht ist
geringer als dasjenige des Tornisters. Fig. 10 bis 12 zeigen den
Verriegelungsmechanismus.Ueber
französische Versuche der Verwendung des Wasservelocipedes für
militärische Zwecke s. D. p. J. 1891 279 240.
Textabbildung Bd. 299, S. 174
Militärfahrrad von Gérard.
Die Bi-Tri-Cycle and General Engineering Co., Ltd.,
London E., führt uns ein neuartig gebautes Zwei-Dreirad vor, dessen vordere
Räder ungefähr drei Zoll aus einander stehen. Dieser neue Maschinentypus soll
die Sicherheit eines Dreirades mit der Handlichkeit und dem geringen Rauminhalt
eines Zweirades verbinden. Auf sehr verkehrsreichen Strassen kann der Fahrer
anhalten und weiter fahren, ohne absteigen zu müssen, wenn sich z.B. Wagen
angestaut haben, da die Maschine sich überhaupt mit der gleichen Leichtigkeit
durch die belebtesten Verkehrswege schlängelt, wie ein Zweirad. Alle Räder des
Bi-Tri-Cycles sind unter einander auswechselbar, und im Falle eines derselben
beschädigt würde, kann man dasselbe leicht und rasch in ein Zweirad verwandeln.
Jedes der Vorderräder hängt in einer Gabel und zwischen den beiden letzteren
befinden sich Federn oder Gummipuffer, während beide Vorderräder durch die
gleiche Lenkstange zu gleicher Zeit gesteuert werden. Eine praktische
Einrichtung hat die Bremse, welche durch eine einfache Gabelvorrichtung beide
Räder in demselben Augenblick zum Stillstand bringt. (Zeitschrift des deutschen Radfahrbundes vom 10. December 1895.)
Die Gestelle der Tandems und mehrsitzigen Zweiräder werden von den meisten
Fabriken in neuester Zeit so gebaut, dass die Sattelstützenrohre und auch die
Steuerungsrohre dieselbe Neigung haben. Ausser diesen Rohren sind drei
wagerechte Rohre vorhanden und zwar eines in der Höhe der Sattelstütze, eines um
etwa 15 cm tiefer, von dem Steuerungsrohr bis zur letzten Sattelstütze führend,
und eines die Kurbellager und Hinterradachse verbindend. Ausserdem sind
Verstrebungen vorhanden, welche das vordere Sattelstützenrohr von der
Verbindungsstelle des mittleren wagerechten Rohres aus nach dem nächst
hinterliegenden Kurbellager führen. Die Rudge-Whitworth
Co. verzichtet auf das mittlere wagerechte Rohr und ordnet statt dessen
bei dem Tandem eine Verstrebung an, die von der Mitte des Steuerungsrohres
zum hinteren Kurbellager führt, also das vordere Sattelstützenrohr schneidet. Da
das Tandem und das mehrsitzige Zweirad die Hauptbeanspruchung durch das Gewicht
der Fahrer erhält, so entspricht das Gestell einem Brückenträger und
dementsprechend ist die untere Horizontale auf Dehnung und die obere auf
Stauchung beansprucht. (Radmarkt.)
Textabbildung Bd. 299, S. 174
Fig. 13.Tandem von Humber.
Wie aus Fig. 13 ersichtlich, haben Humber und Co. ein Tandem mit offener Front auf den
Markt gebracht, welches speciell für Damen construirt ist. Durch diese
Einrichtung ist ein schlechter Sitz des Kleides ausgeschlossen, ebenso ist das
Auf- und Absteigen völlig gefahrlos. Die Steuerung wird mittels der Lenkstange
durch den hinten sitzenden Fahrer auf das Vorderrad übertragen, während die
vordere Lenkstange fest am Gestell sitzt und nur als Stützpunkt der Arme dient.
Durch die Anordnung des kleinen Vorderrades sind Erschütterungen fast beseitigt,
da sich diese im Rahmen vertheilen.
Textabbildung Bd. 299, S. 174
Tandemrahmen von Jones.
A. Knubel in Münster (Westfalen) liess sich eine
Tandemconstruction schützen, bei der sich ein Zweirad auf einfache Art in ein
Tandem verwandeln lässt. Es ist dazu ein besonderes Gestell nothwendig, welches
an der Vorderradgabel befestigt wird, und zwar einerseits an der Achse des
Vorderrades, andererseits an dem Lenkstangenrohr. Auf diesem Gestelltheil
befindet sich vorn ein Kurbellager, ferner ein Sattel und eine nach vorn offene
Handgriffeinrichtung. Das Vorderrad muss hier ebenfalls gleich dem Hinterrad mit
einem Kettenrad versehen sein, durch welches der Antrieb des vorderen Fahrers
mittels einer Kette übertragen wird.
Rahmen für Zweiräder mit vorderem Treib- und hinterem Lenkrad von E. Horace Jones in Milford Haven, England (D. R. P.
Nr. 80780), bieten durch die Anordnung der einzelnen Theile die Möglichkeit, das
Fahrrad von vorn besteigen zu können und die Länge desselben zu verkürzen.
Dieser Rahmen ist derart construirt, dass die vordere Achse mit dem Sattelträger
A (Fig. 14) direct
durch eine Gabel verbunden ist. Der sonst übliche Lenkstangenständer fällt fort,
in Folge dessen ist der Fahrer in der Lage, von vorn nach hinten in den Sattel
springen zu können. Die Handstütze wird bei C
hinter dem Sattel angebracht und die Steuerung erfolgt durch Vermittelung eines
Hebels D. Die in Fig. 15 dargestellte
Construction zeigt den Antrieb: Ein Kettenrad c,
mit der Kurbelachse b aus einem Stück hergestellt,
ist in der Gabel a gelagert, die in dasselbe
eingreifende Kette F (Fig. 14) unterstützt
die Bewegung der hinteren Kurbelachse. Auf der Nabe des Treibrades befindet sich
ein Kettenrad d, durch welches mit Hilfe der Kette
H die Bewegung der hinteren Kurbelachse mittels
des Kettenrades G übertragen wird.
Eine einfache Construction hat das Zweirad mit Hand- und Fussbetrieb von C. C. Fontaine. Das Gestell ist verhältnissmässig
wenig belastet, denn es ist nur an dem Obertheil des Steuerungsrohres eine
zweite Kurbelachse hinzugefügt, welche anstatt der Pedale Handgriffe trägt und
mittels einer leichten Kette mit der Kurbelachse in Verbindung gesetzt ist. Die
oberen Kurbeln laufen also fortwährend mit, jede Complicirtheit der Verbindung
der Steuerungseinrichtung mit der Handbetriebseinrichtung, wie bei der Valère'schen (vgl. D. p.
J. 1895 296 104) und anderen Constructionen
fällt fort. Dafür ist allerdings dem Fahrer die Nothwendigkeit auferlegt, wenn
er beide Hände für den Antrieb benutzt, die Lenkstange nicht zu gebrauchen,
sondern die Steuerung durch die Balance zu bewirken.
Diesen Umständen entsprechend, hat die Fontaine-Maschine anstatt der Lenkstange
überhaupt nur einen kurzen nach rückwärts gerichteten Handgriff.
Zu erwähnen ist noch die Construction der Vorderradgabel, welche das Rad mittels
einer Federvorrichtung aufnimmt, so dass die Stösse auf das Vorderrad noch
besonders ausgeglichen werden, was der Sicherheit bei der Steuerung ohne
Benutzung der Hände zu gute kommen muss.
Das in D. p. J. 1895 296
104 beschriebene Fahrrad Valère mit Hand- und Fussbetrieb hat der Erfinder nun
als Tandem construirt, so dass dem vorderen Fahrer die Steuerung mittels
Lenkstange zufällt, während der hinten sitzende die Maschine in Bewegung setzt.
Selbstverständlich hat der vordere Fahrer wie bei jedem Tandem auch zu
treten.
Die gewöhnliche Verbindung der Röhren ist die mittels Aussenmuffen, welche
nothwendiger Weise dicker als die Rohre selbst sind und somit das Gestell schwer
erscheinen lassen. C. O. Barnes legt die
Verbindungsstücke in die Innenseite und befreit so das Gestell von
aussenseitigen Vorsprüngen. Dieses Verfahren ist folgendes: Die aufgeformten
Stücke a (Fig. 16)
lehnen sich an der inneren Seite des Rohres b an,
wodurch ein Kopf c gebildet wird, über welchen die
Verbindungsrohre d gelöthet werden. Um mehr
Festigkeit zu erzielen, werden noch kleine Winkelstücke e, welche sich vorn zuspitzen und zu ihrer Verstärkung hohle
Ausbauchungen f besitzen, verwendet. (Nach Scientific American vom 16. Februar 1895.)
Textabbildung Bd. 299, S. 175
Fig. 16.Röhrenverbindung von Barnes.
Bekanntlich sind Gabelbrüche und -verbiegungen sowohl bei nahtlosen wie auch bei
gelötheten Scheiden noch nicht zu vermeiden gewesen und wurden dieselben
meistens dadurch herbeigeführt, dass die Scheide unterhalb des Gabelkopfes in
Folge der Verlöthung mit letzterem zu viel zu leiden hatte, in vielen Fällen
sogar überhitzt und verbrannt wurde. Gerade an dieser Stelle kommen in Folge
dessen die meisten Brüche bezieh. Verbiegungen vor und hat man sich bereits
vielfach bemüht, diesem Uebelstande zu steuern, indem man Blechstücke einsetzte,
jedoch ist die Art und Weise dieser Verstärkung wenig praktisch, aber
kostspielig.
Die geschützte Neuheit der Solinger Waffenfabrik von R.
Hermes ist in Fig. 17 veranschaulicht.
Die Wandstärke dieser Scheide misst am oberen Ende a 1½ mm und läuft bei b in einer Stärke
von 8/10 bis 1
mm allmählich aus. Durch die Vertheilung der grössten Wandstärke nach der
empfindlichen Stelle a wird eine Scheide
geschaffen, welche den bisher unvermeidlichen Verbiegungen und Brüchen auf das
Wirksamste entgegentritt, ohne das Gewicht zu erhöhen. (Radwelt.)
Die Lösung des Einradproblems hat schon verschiedene Erfinder beschäftigt. Victor Boulanger in Boston, welcher die von ihm
zusammengestellte Maschine nach Northampton brachte und damit auf dem neben dem
Kanal gelegenen Wege eine öffentliche Probefahrt unternahm, hatte das
Missgeschick, dass er sein Einrad weder steuern noch aufhalten konnte; mit einer
Geschwindigkeit von 60 engl. Meilen in der Stunde segelte er den Damm hinunter
und ins Wasser.
Textabbildung Bd. 299, S. 175
Fig. 17.Gabelversteifung von Hermes.
E. N. Higley in Boston hat ein Einrad hergestellt,
welches nur 54 Pfund wiegt und ohne umzufallen auch in einem Kreise gefahren und
überhaupt mit Sicherheit gesteuert werden kann. Bei einer Probe desselben in
Back Bay-Park zu Boston hatte der Fahrer das Einrad vollständig in seiner
Gewalt, konnte dasselbe nach Belieben steuern, anhalten und Wendungen machen.
Das aus Aluminium gefertigte Einrad ist 7 Fuss 3 Zoll hoch und besteht in seiner
Aussenseite aus einer Felge mit einem starken Luftreifen. In der Mitte befindet
sich ein Rad, gerade gross genug, dass ein Mann durchschlüpfen kann, welches
durch Stahlspeichen mit dem grossen Rade in Verbindung steht. In der Mitte sind
der Sattel und die Griffstangen. Das Rad wird durch eine doppelte Uebersetzung
in Bewegung gesetzt, wobei die beiden Radfelgen sich um den in der Mitte
sitzenden Fahrer drehen. Durch das balancirte Gewicht des Fahrers wird die
Maschine gesteuert; will er um eine Ecke biegen, so lehnt er sich gegen diese
Seite hin und das sehr empfindliche Rad gibt sofort nach.
Im vorigen Sommer wurde von Merck auf der Oberspree
bei Berlin ein Wasserfahrrad vorgeführt, das mit Leichtigkeit vermochte, mit den
Vergnügungsdampfern bei mittlerer Geschwindigkeit gleichen Schritt zu
halten.
Textabbildung Bd. 299, S. 176
Fig. 18.Merck's Wasserfahrrad.
Das Fahrzeug (Fig. 18) ruht auf zwei Schwimmern,
welche aus hohlen Röhren von etwa 5 m Länge und 15 cm Durchmesser bestehen.
Ueber diesen, in der Höhe von etwa 1 m, sitzt der Fahrer. Unmittelbar vor ihm
erhebt sich die Lenkstange. Der Antrieb besteht, wie beim gewöhnlichen Fahrrad,
aus zwei Tretkurbeln, durch welche ein Zahnrad von ⅓ m Durchmesser bewegt wird,
das durch Eingreifen in ein kleineres Zahnrad eine Stange dreht, auf deren Ende
sich die Schiffsschraube befindet.
Das Wasservelociped von T. Taylor besteht, wie der
Radmarkt vom 20. Mai 1895 schreibt, aus einem
Boot, auf dessen Deck der bei den gewöhnlichen Fahrrädern gebräuchliche
Kurbelantrieb mit Sattel und Lenkstange angebracht ist. Der Kurbelantrieb setzt
mittels verschiedener Zahnstangen und Zahnräder zwei unterhalb angebrachte,
hinter einander liegende und etwas nach rechts und links von der Mittelachse des
Bootes herausgerückte wagerechte Schaufelräder in Bewegung, die turbinenartig
wirken. Die Steuerung wird von der Lenkstange aus durch eine mit derselben und
dem Ruder in Verbindung stehende Ketten- oder Tauleitung bewirkt.
Mit einem Wasservelociped (Dreirad), welches nur 20 k wiegt, während die älteren
Constructionen 50 bis 100 k wogen, machte M. Wenkel
in Hannover nach einem Bericht der Radwelt vom 17.
August 1895 auf der Ihme und Leine eingehende Versuche. Mit Sicherheit und
Schnelligkeit fährt der Erfinder, direct vom Wasser kommend, mit dem Fahrzeuge
auf der Strasse weiter. Die Construction dieses Wasserrades gleicht dem
gebräuchlichen Strassendreirad; dasselbe wird ebenfalls durch Kettenübertragung
angetrieben. Kugellager befinden sich an allen drehbaren oder laufenden Theilen.
Besonders unterscheidet sich das von Wenkel
construirte Wasserrad von den bisher erbauten dadurch, dass die Felgen mit
grossen Pneumatikreifen versehen sind. Um diese Reifen mit Luft zu füllen, soll
zu jedem Rade, wenn dazu eine grosse Pumpe in Gebrauch genommen wird, eine ganze
Stunde und darüber nöthig sein (während bei einem gewöhnlichen Reifen einige
Secunden genügen). Bemerkenswerth ist, dass die Felgen, worauf die Reifen
befestigt, ganz besonders zu diesem Zwecke construirt sind; dieselben enthalten
einzelne separat liegende Luftkammern, wodurch der sichere Lauf und die Balance
auf dem Wasser bedingt wird.
Das patentirte Wasserfahrrad des Amerikaners Fernandez kann sowohl zu Lande als zu Wasser ohne Aenderung der
Construction benutzt werden. Dieses Fahrrad ist nach Art der Niederräder gebaut,
nur liegt hier die Kurbelachse höher. Die Speichen sind, elliptisch geformt, mit
einem Gummimantel umgeben, der mit Pressluft gefüllt, einen elliptischen
Hohlkörper bildet. Das von der Kurbelachse angetriebene Hinterrad besitzt am
äusseren Mantel radiale Rippen, welche gleichzeitig als Schaufeln wirken. Am
äusseren Umfange dieses Rades ist in einer leichten Felge der Pneumatikreifen
vorgesehen. Dieser wird bei Landfahrten benutzt, während bei Wassertouren der
Fahrer in Folge der mit Luft gefüllten hohlen Räder über Wasser gehalten
wird.
Textabbildung Bd. 299, S. 176
Fig. 19.Drahtseilspeichen von Frensel.
Befestigung von Drahtseilspeichen von P. Frensel in
Bernburg (D. R. P. Nr. 83411). Wie in Fig. 19
dargestellt, besteht jede Drahtseilspeiche aus zwei Theilen, die durch eine
Kuppelung mit einander verbunden werden. Das in die Felge eingeschraubte Ende
c ist mit einer als Hülse ausgebildeten Mutter
d versehen, während am anderen Ende des
Drahtseiles b eine besondere Vorrichtung getroffen
werden muss, um ein Aufdrehen des Seiles beim Einschrauben der Nippelenden zu
verhindern. Zu diesem Zwecke ist ein balliger Kopf e auf das Drahtseil gelöthet, über welchen eine Ueberwurfmutter f gelegt wird. Derartig hergestellte Speichen
besitzen den Vorzug der grossen Elasticität, ohne das Gewicht unnöthig zu
erschweren, und kann der Fahrer in Folge der leichten Federung Unebenheiten
besser als bisher überwinden.
b) Fahrräder mit
Kraftbetrieb.
Bei Anwendung der Fahrräder stellt ein andauerndes Ueberwinden von Steigungen der
Fahrstrasse an den Fahrenden starke Anforderungen. Die in Fig. 20 bis 22 dargestellte
kleine Kraftmaschine von F. Rock in Wiesbaden ist
als Aushilfsmaschine bei Steigungen bestimmt. (Nach Uhland's Verkehrszeitung, Nr. 35 vom 29. August 1895.)
Bei derselben ist mit Rücksicht auf Einfachheit der Anlage und geringes Gewicht
der flüssigen Kohlensäure als Betriebsmedium der Vorzug gegeben, obgleich sich
auch flüssiges Ammoniak, comprimirte Luft o. dgl. verwenden liessen. Die flüssige
Kohlensäure ist jetzt fast überall käuflich zu haben, so dass eine Umfüllung
derselben überall leicht bewerkstelligt werden könnte. Auch ist der Preis der
Kohlensäure (etwa 30 Pf. für 1 k) gering. Die vorliegende Construction bezieht
sich auf die Anordnung eines Kohlensäurebehälters (Stahlflasche) in Verbindung
mit einer schnell laufenden Dampfmaschine (System Brotherhood) auf dem Rahmen des gewöhnlichen Zweirades. Auf der
Kurbelachse a (Fig. 22) ist ein
Zahnrad b befestigt (bei neuen Rädern direct mit
der Kettenscheibe o fest verbunden), in welches das
Trieb c des Dampfmaschinchens e eingreift. Dieses Trieb c sitzt auf der Vierkantachse der Treibmaschine e und wird durch den Hebel d (Fig.
21), der an der Handhabe h des
Steuerungshahnes drehbar befestigt ist, auf der Achse hin und her geschoben und
dadurch mit dem Rad b in oder ausser Eingriff
gebracht. Die Anordnung ist so getroffen, dass das Trieb c bei dem mittels des Hahnes h bewirkten
Oeffnen der Kohlensäureflasche ein- und beim Schliessen derselben ausgerückt
wird, also beim gewöhnlichen Fahren die beiden Zahnräder bc ausser Eingriff sind. Die flüssige Kohlensäure befindet sich in der
Flasche g (Fig. 20). Um die bei
der Verdampfung der Kohlensäure entstehende Eisbildung zu verhindern, wird die
Flasche g durch eine Spirituslampe m geheizt, in welcher stets, während der Fahrt
gegen Luftzug geschützt, eine kleine Oelflamme brennt oder eine Lunte glimmt.
Beim Anlassen der Maschine wird die Spirituslampe von dem Spiritusbehälter i aus durch ein Röhrchen k mit Spiritus gespeist, der sich sogleich an der Flamme entzündet und
die Flasche g heizt. Zeigt das Manometer n einen zu hohen Druck, so kann der Zufluss des
Brennspiritus mittels eines Hähnchens abgestellt werden.
Textabbildung Bd. 299, S. 177
Fahrrad mit Kohlensäurebetrieb von Rock.
In Fig. 21 ist der
Steuerungshahn grösser dargestellt, der Hahnkegel q
zeigt zwei Bohrungen f und k, von welchen f für die Kohlensäure und
k für den Brennspiritus dient. Beide Wege
können gleichzeitig geöffnet und geschlossen werden; ebenso wird, wie erwähnt,
das Trieb c durch Hebel d gleichzeitig mit Oeffnung oder Schluss dieser Wege ein- oder
ausgeschaltet. Die Befestigung der einzelnen Theile an dem Maschinenrahmen
geschieht in der gewöhnlichen Weise. Die Kohlensäureflasche ist behufs
leichter Füllung (auch unterwegs bei Wirthen), leicht abnehmbar gelagert und
befestigt. Das Ganze wird noch mittels Schutzblech abgedeckt. Die
Kohlensäureflasche fasst 1 k flüssige Kohlensäure und wiegt mit Ventilen u.s.w.
4,3 k. Das dreicylindrige Dampfmaschinchen hat 21 mm Bohrung und 30 mm Hub. Das
auf der Achse desselben verschiebbare Trieb c hat
37 mm Theilkreisdurchmesser bei acht Zähnen. Das auf der Kurbelachse befestigte
grosse Zahnrad hat 185 mm Theilkreisdurchmesser bei 40 Zähnen. Das Gewicht, mit
dem das Rad mehr belastet wird, beträgt für den leeren Zustand des
Kohlensäurebehälters 6,2 k, bei Füllung mit Kohlensäure 7,2 k.
Vorrichtung zur Erzeugung von Druckluft durch Anziehen der Bremse von H. Vallée in Le Mans (D. R. P. Nr. 81252). Fig. 23 zeigt ein nach dieser Erfindung
construirtes, mit einem Druck- und Heissluftmotor versehenes Zweirad. Der Motor
besteht aus vier Haupttheilen: 1) aus einem durch die Tretkurbeln des Fahrrades
bethätigten Luftverdichter A oder einer Druckpumpe;
2) aus einem Ueberhitzer B, welcher die Temperatur
der Druckluft, mit der er beschickt wird, erhöht; 3) aus einem Kraftempfänger
und -übertrager, welcher die Druck- und Heissluft empfängt, ihre Expansionskraft
umwandelt und letztere auf die Achse des Fahrrades überträgt; 4) aus einem
Sammler oder Bremse, die gelegentlich des Bremsens die verwendete Bremskraft
absorbirt und sie dann bei Steigungen wieder abgibt. Diese verschiedenen Organe
sind so an dem Fahrrad angebracht und durch Hähne mit einander verbunden, dass
der Fahrer die Bedienung des Motors vom Sitz aus während der Fahrt
bewerkstelligen kann.
Textabbildung Bd. 299, S. 177
Fig. 23.Fahrrad mit Druckluftbetrieb von Vallée.
Durch die Tretkurbeln, welche mit dem Kolben verbunden sind, wird eine doppelt
oder einfach wirkende Druckpumpe A getrieben, die
abwechselnd oder gleichzeitig läuft. Befindet sich nun das bethätigte Pedal in
seiner höchsten Lage, so ist das Bein des Fahrenden zurückgebogen, hat in Folge
dessen nur wenig Kraft. In diesem Augenblicke leisten nun die Pumpen wenig
Widerstand, da die in ihnen eingeschlossene Luft nur in dem Maasse
zusammengedrückt wird, als der Fuss sich senkt und ihr grösster Widerstand unten
stattfindet, in dem Augenblicke, wenn das Bein des Fahrenden die grösste Kraft
entwickelt. Das Schlangenrohr b des Ueberhitzers
B ist mittels eines geeigneten Rohres mit der
Druckpumpe Averbunden. Der Ueberhitzer hat an seinem unteren
Theil die Wärmequelle b1, welche die Pressluft erhitzt und ihr die genügende Spannung gibt,
um sie als treibendes Mittel wirken zu lassen. Dieser Ueberhitzer ist mit einem
Doppelmantel versehen, in welchem die aus dem Treibcylinder entweichende Luft
(Auspuff) derart kreist, dass die Hitze derselben mit der durch die Wärmequelle
erzeugten ausgenutzt wird. Der Behälter A1 für die gepresste Luft ist mit einem kleinen,
am Gabelrohr befindlichen Cylinder D verbunden. In
diesem Cylinder wirkt ein Kolben, der mit einer als Bremsschuh wirkenden Scheibe
verbunden ist.
Wird nun dieser Bremsschuh bezieh. Scheibe mittels Bremshebels dem Radreifen
genähert, so wird die ihm mitgetheilte Umdrehung auf den Kolben übertragen,
welcher die Luft zusammenpresst und sich mit der des Behälters A1 vereinigt. Auf
diese Weise wird die von der Bremsung des Fahrrades herrührende Widerstandskraft
aufgespeichert und zur Beschleunigung der Fahrgeschwindigkeit bei Steigungen
verwerthet. Sobald der auf der Maschine Sitzende die Tretkurbeln in Bewegung
setzt, wird die durch die Pumpen gepresste Luft mittels eines Rohres, dessen
Hahn im Handbereiche des Fahrers liegt, in den eigentlichen Motor C geleitet, welcher sie verwerthet und ihre Kraft
der Achse des Treibrades mittheilt.
Wir bezweifeln sehr, dass die Hoffnungen des Patentträgers in Erfüllung gehen
werden. Nach der Beschreibung bleiben verschiedene Punkte sehr zweifelhaft.
Das in D. p. J. 1895 296
108 beschriebene Motorzweirad von Hildebrand und
Wolfmüller in München wird nun auch für zwei Personen gebaut, deren
vorn sitzende nur mit der Führung des Motors vertraut sein muss.
Textabbildung Bd. 299, S. 178
Fig. 24.Motorzweirad von Millet.
Das Motorzweirad (Fig. 24) von Millet in Persan (Frankreich), besteht aus einem
fünfcylindrigen Motor, welcher eine Umkehrung des Constructionsprincips der
bisherigen Gasmaschine insofern bedeutet, als die Kurbelwelle mit der Kurbel
festliegt und von den Cylindern umkreist wird. Die fünf Cylinder sind im
Treibrad radial angebracht und die einfach wirkenden Kolben greifen mit ihren
Schubstangen an die festliegende Kurbel an. Durch die Anordnung von fünf auf den
Umfang des Kurbelkreises vertheilten Cylindern werden die Schwierigkeiten der
Todtpunktstellung, welche sonst bei einem so leichten Fahrzeug besonders fühlbar
sind, vermieden. Als Behälter für das Betriebsmittel – Petroleumäther oder
Gasolin – ist das Schutzblech des Treibrades ausgebildet; der Vorrath reicht für
12 Stunden. Die zur Bildung des Arbeitsgemisches erforderliche Luft wird
durch ein Staubfilter hindurch angesaugt, durch die Abgase des Motors angewärmt,
in einem Carburirapparat mit dem zerstäubten Gasolin gemischt und das Gemisch
dem den fünf Cylindern gemeinsamen Behälter am Centrum des Treibrades
zugeleitet, von wo es durch die Kolben angesaugt wird. Die Zündung erfolgt auf
elektrischem Wege durch ein starkes Bunsenelement. Durch die Anordnung der
Cylinder im Rade selbst erspart der Erfinder eine Kühlvorrichtung, da die
dünnwandigen Kolben bei ihrer kreisenden Bewegung einem heftigen Luftzuge
ausgesetzt sind, welcher zur Kühlung vollständig genügt. Die Steuerung der
Maschine, Handhabung der Ventile u.s.w. geht von der Lenkstange aus. Für den
Nothfall ist eine Tretvorrichtung angebracht. Bei der normalen Tourenzahl von
180 in der Minute werden 50 secundliche Kilogramm-Meter (⅔ ) entwickelt.
Bei einer forcirten Fahrt wurde 1 km in 65 Secunden zurückgelegt, wobei der
Motor 86 Kilogramm-Meter leistete. Der Gasolinverbrauch stellt sich auf ungefähr
1 l für 40 km Weglänge.
Textabbildung Bd. 299, S. 178
Fig. 25.Dampfzweirad von Dalifol.
Der Umstand, dass bei der Motorenwettfahrt Paris-Bordeaux-Paris die
ersteinkommenden Wagen durch Dampf getrieben waren, veranlasste M. Dalifol und Co. in Paris, ein durch Dampf
getriebenes Zweirad zu construiren. An der Stelle, wo sich sonst das Kurbellager
befindet, ist der kleine Dampfkessel (Fig. 25)
angebracht, während der Cylinder an der Stelle der Kette liegt. Eine nach
aufwärts gehende Röhre mit Deckel dient zum Einwerfen des Koks in die Feuerung.
Der Koks selbst befindet sich in einem Behälter am Vordertheil des Rades. Der
Rauch der Feuerung hat einen nach rückwärts gehenden Abzug. Das Speisewasser
befindet sich in einem 12 l fassenden Behälter über dem Hinterrade, von wo aus
es durch eine Pumpe nach Bedarf in den Kessel geführt werden kann. Durch einen
Hebel an der Lenkstange kann der Motor in Bewegung gesetzt und die Schnelligkeit
regulirt werden. Die Maschine hat 1,5 . Das complete Fahrzeug wiegt 45
k. Die Firma plant, die Heizung auch mit Erdöl einzurichten. (The American Cyclist.)
Bei dem Motorrad von Bernardi in Padua, Italien,
handelt es sich nur um einen Apparat, der auf einem besonderen Rade sitzt und
sowohl dem Zweirad, wie dem Dreirad angehängt werden kann.
Der Motorapparat wird nicht innerhalb des Rahmens angebracht, sondern ruht auf
einem besonderen Rad mit Pneumatikreifen, dessen Durchmesser etwas kleiner ist,
als der der gewöhnlichen Velocipedräder. Auf der einen Seite dieses besonderen
Rades befindet sich der Benzinmotor, auf der anderen das Schwungrad. Die
Geschwindigkeit kann leicht regulirt werden. Das Reservoir des Apparates enthält Benzin
für 3 Stunden. Das Rad mit dem Apparat befindet sich hinter dem Velociped und
ist derartig beweglich, dass man auf 5 m breiter Strasse bequem umwenden
kann.
Textabbildung Bd. 299, S. 179
Fig. 26.Motordreirad von Dion und Bouton.
Bei dem Motorrad (Fig. 26) von Dion und Bouton in Priteaux (Frankreich), welches
als gewöhnliches Dreirad gebaut ist, wirken Erdöl, Elektricität und
Menschenkraft zusammen. Die Hinterradachse wird mittels Pedale und durch einen
kleinen, hinten angebrachten Erdölmotor in Betrieb gesetzt. Um das Fahrzeug in
Bewegung zu setzen, genügt es, einige Male auf die Pedale zu treten; ist das Rad
in Bewegung, so werden die Pedale wieder ausser Eingriff gebracht, wo diese dann
als Fusstütze dienen, und erst dann wieder benutzt, wenn eine erhöhte
Schnelligkeit erzielt werden soll. Die Speisung des ⅓--Motors, welcher
bei einer Geschwindigkeit von 30 km in der Stunde 800 Umdrehungen in der Minute
macht, geschieht durch eine langsam arbeitende Pumpe, welche das Erdöl
tropfenweise dem Vergaser zuführt. Da der Cylinder durch die Luft gekühlt wird,
so kommt der Kühlwasserbehälter in Wegfall. Die Entzündung wird durch einen
elektrischen Funken bewirkt, den eine mit einer Inductionsrolle in Verbindung
stehende Trockenbatterie liefert, welche in einem schmalen Kästchen am oberen
Rahmenrohr angebracht ist. Die Regulirung der Geschwindigkeit, sowie das
Ausserthätigkeitsetzen des Motors geschieht durch den Gummiball von der
Lenkstange aus. (Nach Scientific American vom 8.
Juni 1895.)
Das Motordreirad „Gladiator“ der Société Française
des Cycles in Paris ist nach dem Princip gebaut, welches man früher in
England verwandte. Hier dienen die beiden Vorderräder, zwischen denen der Motor
und die elektrische Batterie angebracht sind, zum Lenken. Diese Räder sitzen auf
verschiebbaren Achsen, so dass die Breite des Fahrzeuges um etwa 30 cm
vermindert werden kann. Das Hinterrad wird vom Motor durch Ketten getrieben,
während das Anlassen durch Tretkurbeln erfolgt. Der Motor, Antrieb sowie die
Zündung ist wie beim Motorrad Fig. 21. Die Füllung
des Motors mit Mineral-Naphta reicht für 9 Stunden. Das Gesammtgewicht des
Fahrzeuges beträgt 15 k und der Motor entwickelt ¾ . Die Bremse ist ein
kleiner Hebel, der durch Druck des Fusses in Thätigkeit tritt.
Das Maxim-Dampfdreirad-Tandem besteht aus Otto's
1,5--Dreicylindermotor und einer Batterie mit neun Chloridzellen,
die im Motor das Gemisch von Luft und Gas entzündet. Diese Funkenbatterie, die
unter dem hinteren Sattel angebracht ist, wiegt etwa 340 g. Auf die Mitte des
Rahmens stützt sich der Motor und wird durch Gasolin, das sich in einem Kessel
unterhalb des Rahmens befindet, selbsthätig gespeist. Dieser Kessel hält einen
Vorrath für 60 Meilen.
Textabbildung Bd. 299, S. 179
Fig. 27.Halbchaise der Kane-Pennington Company.
Eine weitere Ausbildung des Motorfahrrades als Halbchaise hat die Kane-Pennington Company in Chicago construirt.
Dieses Fahrzeug, welches auf drei oder vier Pneumatikrädern läuft, bei denen die
hinteren Räder durch einen kleinen Motor getrieben werden, bietet Platz für
mindestens drei Personen. Die Steuerung erfolgt durch die Vorderräder, deren
Lenkstangen mit einander verkuppelt sind. Zum Antrieb dient ein kleiner
Zwillingsmotor, der bei sparsamem Kraftverbrauch gute Leistungen entwickelt.
Fig. 27, die wir Scientific American entnehmen, zeigt ein solches Fahrzeug, dessen
inneres Gestell ähnlich dem moderner Fahrräder ist. Das Erdöl befindet sich in
einer langen Röhre oberhalb der Vorderradgabeln und läuft durch das hohle
Gestell des Fahrzeuges in den Motor. Es entsteht kein sichtbarer Dampfablass und
kein Geruch, ausser im Falle von zu grossem Oelzulass. Dieses führt jedoch zu
einem sofortigen Verlust an Wirksamkeit, was die Fortsetzung des übermässigen
Zulasses von Oel unmöglich macht. Die Kurbel wird durch Stirnräder oder
Federgetriebe bethätigt. Das Uebersetzungsverhältniss vom Motor auf die
Treibräder ist für mittlere Geschwindigkeit 4 zu 1, für grosse Geschwindigkeit 2
zu 1. Der aufrecht stehende Handhebel hat drei Stellungen; steht derselbe
aufrecht, so ist der Motor nicht mit den Treibrädern verbunden; nach rechts
gerückt, ist die Uebersetzung 4 zu 1, nach links dagegen 2 zu 1. Dieser Motor
findet auch bei Zweirädern Verwendung. (D. p. J.
1895 296 110, Fig. 42.)
(Fortsetzung folgt.)