Titel: Neue Beiträge zur Rauchfrage.
Autor: v. Schroeder, W.Schmitz-Dumont
Fundstelle: Band 300, Jahrgang 1896, S. 136
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Neue Beiträge zur Rauchfrage. Von † Prof. Dr. v. Schroeder und Dr. W.Schmitz-Dumont. (Schluss des Berichtes S. 111 d. Bd.) Neue Beiträge zur Rauchfrage. III. Versuche, betreffend die Erhöhung des Schwefelsäuregehaltes der Blattorgane ohne gleichzeitige Störung des Gesundheitszustandes der betreffenden Pflanzen. Wenn Pflanzen durch schweflige Säure geschädigt werden, so findet stets eine mehr oder weniger weit gehende Erhöhung des Schwefelsäuregehaltes der Blattorgane statt. Das geht sowohl aus den früheren, wie auch aus den hier mitgetheilten Versuchen mit Bestimmtheit hervor. Bei solchen Versuchen müssen wir die Annahme machen, dass die Blattorgane verschiedener unter ganz denselben Bedingungen erwachsener gleichartiger Individuen zu derselben Zeit auch den gleichen Schwefelsäuregehalt haben. Diese Voraussetzung trifft sehr annähernd zu, wie das z.B. die im vorigen Abschnitt angeführten drei Untersuchungen der Controlkiefern zeigen, welche für die gesammte Benadelung 0,226 Proc. 0,229 Proc. und 0,238 Proc. Schwefelsäure ergaben. Bei richtiger Wahl des Vergleichsmaterials können daher bei Versuchen verhältnissmässig geringe Steigerungen des Schwefelsäuregehaltes der Blattorgane noch mit Sicherheit nachgewiesen und erkannt werden. Eine solche Erhöhung des Schwefelsäuregehaltes muss auch in der Natur zu Stande kommen, wenn Rauch, der schweflige Säure enthält, die Blattorgane trifft und dieselben mehr oder weniger beschädigt. Der Nachweis dafür ist aber hier nicht so leicht und nicht mit derselben Sicherheit zu liefern, weil das heranzuziehende Vergleichsmaterial selbstverständlich niemals von derselben Stelle, wo die beschädigten Pflanzen stehen, entnommen werden kann. Man ist also darauf angewiesen, das Vergleichsmaterial weiter entfernt von der Rauchquelle, in derselben oder wohl auch in anderen Gegenden, sich herauszusuchen, und dabei ist zu berücksichtigen, dass auch unter normalen Verhältnissen der Schwefelsäuregehalt der Blattorgane gesunder Pflanzen gewissen und zuweilen nicht unbedeutenden Schwankungen unterliegt. Verschiedene Entwickelungszustände, ungleiche Bodenverhältnisse u.s.w. haben hierauf einen Einfluss und alles das ist in Betracht zu ziehen, wenn es sich darum handelt, in einem speciellen Falle wirklich brauchbares und beweisendes Vergleichsmaterial auszuwählen. Wir haben darauf schon früher ausführlich hingewiesenv. Schroeder und Reuss, Kap. III S. 116 bis 131, sowie alle in diesem Buch behandelten Rauchschadenuntersuchungen, besonders die Schäden im Oberharz. und es ist klar, dass man nur dann mit Erfolg sich einer solchen Arbeit unterziehen kann, wenn man mit den einschlagenden physiologischen und chemischen Fragen, die hier in Betracht kommen, hinlänglich vertraut ist. Aber selbst wenn man das Untersuchungsmaterial mit der nöthigen Umsicht aussucht, so wird man in jedem Falle bei der Beurtheilung der gefundenen Zahlen und bei den Schlüssen, die man aus denselben zieht, vorsichtig sein müssen und namentlich kleineren Differenzen nur dann eine Bedeutung beilegen, wenn eine grössere Anzahl beweisender Analysen vorliegt. Die beiden folgenden Versuche zeigen, wie sich der Schwefelsäuregehalt der Blattorgane ziemlich beträchtlich, ohne Störung der Gesundheit, erhöhen lässt durch Vergrösserung des Schwefelsäuregehaltes des Bodens oder durch directe Berührung der Blattorgane mit nicht zu grossen Mengen gelöster indifferenter Sulfate. 1) Kiefern, längere Zeit mit Gypslösung begossen. Zu diesem Versuche dienten fünf Stück 3jährige Kiefern, die aus dem Pflanzgarten beim Laboratorium Anfang Mai in Töpfe von etwa 4 l Wurzelraum umgepflanzt waren. Diese Pflanzen waren vollkommen gesund und hatten zu Beginn des Versuches eine Höhe von etwa 35 cm. Als Controlpflanzen wurden die gleichalterigen, im freien Lande zurückgebliebenen Kiefern benutzt. Der Boden der Topfpflanzen wurde zunächst vom 7. Mai bis zum 10. Juni mit gesättigtem Gypswasser begossen. Jeder Topf wurde innerhalb dieser Zeit 15mal begossen und dabei immer 270 cc verwendet, so dass auf jeden Topf im Ganzen 4050 cc kamen. Die Pflanzen blieben nun bis zum 22. Juni stehen, und da sich irgend ein nachtheiliger Einfluss der Gypszufuhr zum Boden nicht bemerkbar machte, so wurde das Begiessen mit Gypswasser genau in derselben Weise vom 22. Juni bis zum 11. Juli wiederholt, wobei jeder Topf im Ganzen wieder 4050 cc erhielt. Mit den 8100 cc Gypslösung sind dem Wurzelraum einer Pflanze bei diesem Versuche demnach in Summa 16,6 g Gyps oder 9,7 g Schwefelsäure zugeführt worden.100 cc Wasser lösen bei 18° C. 0,205 g Gyps (Marignac). Eine Schädigung der Pflanzen war auch jetzt nach der zweiten Gypszufuhr zunächst nicht wahrzunehmen und ebenso wenig war eine solche hervorgetreten, als am 12. August zwei der Versuchspflanzen zur chemischen Untersuchung abgeschnitten wurden. Die übrigen Pflanzen blieben stehen, sie erhielten sich aber bis zuletzt vollkommen gesund, sie waren ebenso gut fortgewachsen und unterschieden sich in nichts von den im freien Lande stehenden Controlpflanzen. Am 21. August wurden zwei weitere Versuchspflanzen und zwei gleich entwickelte Controlpflanzen zur chemischen Untersuchung entnommen. Das Verhältniss der heurigen Nadeln zu den vorigjährigen stellte sich bei den untersuchten Pflanzen wie folgt: Gypspflanzen Control-pflanzen 12. August 21. August Heurige Nadeln   65,6   71,2   68,8 Vorigjährige Nadeln   34,4   28,8   31,2 –––––––– ––––––– –––––– 100,0 100,0 100,0 Die chemische Untersuchung ergab für 100 Th. Trockensubstanz: Schwefel-säure Asche Proc. Proc. Gypspflanzen12. August Heurige NadelnVorigjährige Nadeln 0,4540,327 3,413,77 ––––––– –––– Ganze Benadelung 0,410 3,53 Gypspflanzen21. August Heurige NadelnVorigjährige Nadeln 0,4200,391 2,773,32 ––––––– –––– Ganze Benadelung 0,412 2,93 Control-pflanzen Heurige NadelnVorigjährige Nadeln 0,2200,242 2,583,36 ––––––– –––– Ganze Benadelung 0,226 2,82 Es hat also, wie aus vorstehenden Zahlen zu ersehen ist, durch die Gypszufuhr zum Boden und die Aufnahme der Schwefelsäure durch die Wurzeln eine sehr bedeutende Steigerung des Schwefelsäuregehaltes der Nadeln stattgefunden, ohne dass das auf den Gesundheitszustand der Bäume irgend welchen nachtheiligen Einfluss gehabt hat. Dasselbe lehrt der mitgetheilte Begiessungsversuch mit verdünnter schwefliger Säure, bei welchem der Schwefelsäuregehalt der Nadeln ebenfalls erhöht ist und die Pflanze gesund bleibt. Diese durch den Boden veranlassten Steigerungen des Schwefelsäuregehaltes sind ebenso gross und zum Theil noch grösser, als die Erhöhungen der Gehalte, die in Folge der Aufnahme der schwefligen Säure durch die Blattorgane sich bei den beschriebenen Versuchen zeigten, und wo in Folge dieser Aufnahme eine sichtbare Erkrankung und ein theilweises Absterben der Nadeln erfolgte. Das ist aus folgender Zusammenstellung sehr deutlich zu ersehen: SchwefelsäureProc. Normale gesunde Controlpflanzen aus    dem Pflanzgarten beim Laboratorium 0,231 (0,226 bis 0,238) Gesunde Kiefer mit schwefliger Säure    begossen 0,314 Gesunde Kiefer mit Gypslösung be-    gossen 0,411 (0,410 bis 0,412) Kranke Kiefer mit dem Boden ge-    räuchert 0,242 Kranke Kiefer mit Ausschluss des    Bodens geräuchert 0,366 Kranke Kiefern 20mal zu 1/1000000 schwef-    liger Säure geräuchert 0,487 Eine gewisse Mehraufnahme von Schwefelsäure durch die Wurzeln ist also gewiss ganz unschädlich für die Pflanzen und es können dadurch Steigerungen der Schwefelsäuregehalte der Blattorgane zu Stande kommen, die ebenso gross und grösser sind als diejenigen, welche durch die höchst nachtheilige Aufnahme der schwefligen Säure aus der Luft veranlasst werden. Dass der hier in Folge der Begiessung mit Gypswasser sich zeigende Schwefelsäuregehalt der Kiefernadeln von 0,410 bis 0,412 Proc. ein ganz abnormer, d.h. ein so hoher ist, wie er bei gesunden Kiefern in der Natur nicht oder nur ausnahmsweise sich vorfinden kann, das lehrt der Vergleich der Schwefelsäurebestimmungen in Kiefernadeln aus verschiedenen Gegenden. Im Oberharz ergaben sich nach unserer Untersuchung folgende Resultatev. Schroeder und Reuss, Tabelle III im Anhange S. XXVIII bis XXX und S. 207.: SchwefelsäureProc. Gesunde in der Hauptsache normal grüne    Nadeln 0,099 bis 0,135 Schwach beschädigte Nadeln 0,288 Beschädigte Nadeln ohne Rothfärbungen 0,363 0,658 Beschädigte Nadeln mit Rothfärbungen 0,244 0,841 Auf dem Fischhäuser Revier bei DresdenEbenda S. 264. ergaben gesunde Kiefernadeln 0,204 Proc., die rauchkranken dagegen 0,349 Proc. Aus einem deutschen IndustriebezirkEbenda S. 122., wo neben Hüttenrauch auch viel Steinkohlenrauch in die Luft geschickt wird, zeigten gesunde Kiefernadeln ohne Rauchverletzungen 0,106 bis 0,156 Proc. Schwefelsäure, in den kranken rauchbeschädigten Nadeln fanden sich 0,310 bis 0,480 Proc. Gesunde normal grüne Kiefernadeln ¼ Stunde vom Alaunwerk Godesberg bei Bonnv. Schroeder und Reuss, S. 122 (diese Einäscherungen ohne Sodazusatz). hatten Schwefelsäure von 0,069 bis 0,101 Proc. die stark verletzten Nadeln in der Nähe der Halden dagegen 0,460 bis 0,517 Proc. Prof. RamannE. Ramann, Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen, 1894 Novemberheft S. 660 ff. fand in gesunden normalen Kiefernadeln Schwefelsäuregehalte, die je nach dem Standorte und den verschiedenen Nadeljahrgängen von 0,0916 bis 0,238 Proc. schwankten. Wie aus diesen Versuchen zu entnehmen ist, wird man bei Rauchuntersuchungen immer mit der Möglichkeit zu rechnen haben, dass zuweilen durch besondere Standortsverhältnisse bedingte höhere Schwefelsäuregehalte der Blattorgane vorkommen können. Durch umsichtige, alle einschlagenden Verhältnisse berücksichtigende Probeentnahme, und durch eine grössere Anzahl Bestimmungen in jedem einzelnen Falle ist diese Schwierigkeit aber immer zu überwinden, und Verwechselungen werden um so mehr ausgeschlossen sein; da ja gefundene höhere Schwefelsäuregehalte für sich allein das Vorhandensein eines Rauchschadens noch nicht beweisen. IV. Kann der durch die Einwirkung von Rauch und Hüttengasen erhöhte Schwefelsäuregehalt der Blattorgane durch eine auslaugende Wirkung des Regens wieder herabgesetzt werden? Es ist schon von verschiedener Seite die berechtigte Vermuthung ausgesprochen worden, dass durch die atmosphärischen Niederschläge aus Blättern und Nadeln der rauchbeschädigten Pflanzen die aufgenommene schweflige Säure bezieh. Schwefelsäure wieder herausgelöst und entfernt werden könne, so dass auch bei unleugbaren Rauchschäden die chemische Untersuchung keinen anormal hohen Gehalt an Schwefelsäure aufzufinden vermöge. Ein derartiger Einfluss des Regens würde den Werth der Schwefelsäurebestimmung als ein wesentliches Glied in der Reihe der Kennzeichen für Rauchschäden bedeutend herabsetzen, so dass eine sorgfältige Prüfung obiger Frage geboten ist. Es liegt hierzu bereits ein Versuch von NobbeGeheimrath Nobbe hatte die Güte, hierüber uns mündlich Mittheilung zu machen. vor, bei welchem Bohnenpflanzen mit einer das vollständige Zusammenfallen und Absterben dieser Pflanzen schnell herbeiführenden Menge SO2 geräuchert und dann mit grossen Quantitäten Wasser übergössen wurden. Die Analyse zeigte in diesen Pflanzen kein Plus von Schwefelsäure gegenüber gesunden Exemplaren. Hier wurde zunächst mit Kartoffelstauden operirt und in einem Vorversuch das Verhalten derselben gegen Einwirkung einer 1/1000 Volum SO2 haltenden Atmosphäre geprüft. Zu dem Zwecke wurde in einem zum Pflanzgarten gehörigen Kartoffelfelde ein Räucherkasten über die dichtbelaubten, saftiggrünen, durchschnittlich 40 cm hohen Stauden gesetzt, nachdem ein etwa 10 cm die Stauden überragender, am oberen Ende eine Holzscheibe tragender Stab zwischen die Pflanzen gesteckt war. Auf die Holzscheibe kam ein Porzellanschälchen mit der zur Räucherung erforderlichen Menge einer alkoholischen CS2-Lösung zu stehen. Dem 1/1000 Volum des Kastens = 174,9 cc entsprechend waren hier 0,227 cc flüssiger Schwefelkohlenstoff (geben 0,4742 g SO2 = 174,9 cc SO2) zu verbrennen. Demgemäss wurden 10 cc CS2 mit Alkohol auf 100 cc verdünnt und 2,3 cc dieses Gemisches im Porzellanschälchen entzündet. Am Morgen des 5. Juli wurde zum ersten Mal geräuchert, wobei die Pflanzen 1 Stunde in der schweflige Säure haltenden Atmosphäre blieben. 3 Stunden später hatte die frischgrüne Farbe bei sämmtlichen Blättern sich in ein mattes Graugrün verwandelt und die Blätter hingen welk herab. Am folgenden Tage waren die Blätter stark zusammengeschrumpft und der welke Zustand hatte sich auch auf die Stengel ausgebreitet. Diese Stauden, sowie eine entsprechende Anzahl nicht geräucherter wurden gleichzeitig abgeschnitten und zur Analyse die Fiederblättchen abgepflückt. Am 8. Juli wurde die Räucherung mit neuen Stauden nochmals vorgenommen und bis zum 9. das gleiche Resultat wie oben erhalten. Auch diese Pflanzen wurden nebst Controlpflanzen abgeschnitten, die Fiederblättchen abgepflückt und mit dem entsprechenden Analysenmaterial der ersten Räucherung vereinigt. Die Trockensubstanz der Blätter gab in den AscheProc. SchwefelsäureProc. Versuchspflanzen 14,88 3,103 Controlpflanzen 14,78 1,628 Die Einwirkung der schwefligen Säure hatte also eine Erhöhung des Schwefelsäuregehaltes auf nahezu das Doppelte zur Folge gehabt. Nunmehr wurden zum eigentlichen Versuch wie oben am 18. Juli zwei Partien gesunder Kartoffelstauden einmal geräuchert und, nachdem dieselben bis zum 20. braun geworden waren und wie völlig abgestorbene Pflanzen aussahen, täglich mehrere Mal mit je 3 1 Wasser überbraust. Um möglichst die ganze Wassermenge auf die geräucherten Pflanzen zu bringen, wurde der Räucherkasten wieder über dieselben gesetzt und nach Abnahme der die Decke des Kastens bildenden Glasplatte mit einer kleinen Brause das Wasser auf die im Kasten befindlichen Pflanzen gesprengt. Die von dem Kasten umgrenzte Bodenfläche betrug 1485 qc. Vom 20. bis 24. Juli wurden die Stauden in dieser Weise mit 30 1 Wasser beregnet, entsprechend einer Regenhöhe von 202 mm (vergleichsweise sei hier angeführt die jährliche Regenmenge für Tharandt im J. 1894 = 809,3 mm), dann nebst Controlpflanzen abgeschnitten und analysirt. Die Trockensubstanz der Blätter enthielt bei den Versuchspflanzen 1,646 Proc. Schwefelsäure, bei den Controlpflanzen 1,650 Proc. Aus diesen für die geräucherten und nicht geräucherten Stauden fast gleich gefundenen Schwefelsäuregehalten gegenüber den im Vorversuch gefundenen weit höheren der mit schwefliger Säure in gleicher Weise behandelten wäre zu folgern, dass durch Wasser aus den geräucherten Pflanzentheilen die aufgenommene Säure wieder ausgelaugt werden kann. Da ferner diese Wirkung mit einer dem vierten Theile des in Tharandt 1894 gefallenen Regens entsprechenden Wassermenge erreicht wurde, so wäre kein Grund vorhanden, dem Regen in der Natur die gleiche Wirkung auf den durch Rauch erhöhten SO3-Gehalt von Pflanzen abzusprechen. Eine dritte Partie Kartoffelstauden, am 16. Juli wie oben geräuchert und vom 19. bis 24. mit 10 × 3 l Wasser überbraust, gab in der Blättertrockensubstanz = 2,313 Proc. Schwefelsäure. Da bei diesen Pflanzen nur ein Theil der Blätter durch die Räucherung zu völligem Absterben gebracht worden war, während die übrigen nur braune Flecken zeigten, so lag die Annahme auf der Hand, dass die auslaugende Wirkung des Wassers nur bei abgestorbenen Pflanzentheilen sich geltend mache. Um einen besseren Anhalt für diese Vermuthung zu gewinnen, wurde bei einer vierten am 22. Juli geräucherten und vom 23. bis 29. Juli mit 48 l Wasser überbrausten Partie, welche gleichfalls noch eine Anzahl grüner Blätter aufwies, die abgestorbenen Blattheile von den noch grünen getrennt, analysirt. Die Trockensubstanz der Blätter ergab für die abgestorbenen Theile = 1,590 Proc. Schwefelsäure für die grünen = 3,304 Dieser Befund stimmt mit obiger Vermuthung überein und das Resultat dieses Versuches wäre nunmehr, dass durch anhaltende Einwirkung des Wassers bezieh. Regens auf abgestorbene Blätter die aus der Luft aufgenommene schweflige Säure bezieh. Schwefelsäure wieder entfernt werden kann. Das Ergebniss dieses Versuches Hess sich indess nicht so ohne weiteres für alle Pflanzen verallgemeinern, denn von harz- oder wachsreichen Blattorganen, insbesondere von den Nadeln der Coniferen war vorauszusetzen, dass sie der besprochenen Wirkung des Wassers einen weit höheren Widerstand bieten würden. Zur Erörterung dieses Punktes wurde obiger Versuch mit jungen Kiefern wiederholt. Vier Stück im freien Lande freistehende, kräftig entwickelte 3jährige Kiefern (54 bis 68 cm hoch, Länge des Gipfeltriebes 24 bis 33 cm) wurden vom 29. Juni an mit 1/10000 schwefliger Säure geräuchert, bis sie eine ausgeprägte starke Beschädigung zeigten. Am 18. Juli zeigten alle vier Bäumchen an alten und jungen Nadeln starke Rothfärbung. Zwei derselben wurden jetzt gleichzeitig mit zwei Controlpflanzen desselben Standortes abgeschnitten. Es fand sich in der Trockensubstanz der Nadeln bei den Versuchspflanzen 0,459 Proc. Schwefelsäure, bei den Controlpflanzen 0,229 Proc. Die Versuchspflanzen enthielten demnach einen reichlichen Ueberschuss an Schwefelsäure über den natürlichen Gehalt. Die beiden anderen geräucherten Kiefern wurden, wie vorbeschrieben, vom 29. Juli an mit Wasser überbraust. Bis zum 2. August waren so 36 1 Wasser, entsprechend 242 mm Regenhöhe, gegeben worden. Das eine der beiden Exemplare nun analysirt wies 0,477 Proc. Schwefelsäure auf; somit war eine wesentliche Auslaugung der Schwefelsäure durch obige Wassermenge sicherlich noch nicht herbeigeführt worden. Mit dem anderen Exemplare wurde die Beregnung bis zum 4. September fortgeführt und bis zu diesem Zeitpunkt 270 1 Wasser, entsprechend 1802 mm Regenhöhe, auf die Kiefer gebracht. Die anfangs rothbraunen beschädigten Nadelpartien waren bei dieser Behandlung abgebleicht und hatten ein fahles, braunstichiges Gelb angenommen, während die unbeschädigten Nadeltheile ihr normales frisches Grün bewahrt hatten. Um einen klareren Einblick in den Wirkungsgrad des Wassers zu gewinnen, wurden bei dieser Versuchspflanze, wie bei der einen Partie Kartoffelstauden, die beschädigten Nadeltheile von den unversehrten sorgfältig durch Ausschneiden getrennt. Die Analyse ergab für die Trockensubstanz der unbeschädigten Theile = 0,523 Proc. Schwefelsäure der beschädigten Theile = 0,527 Eine gleichzeitig abgeschnit-    tene Controlpflanze gab = 0,221 Trotz der ungeheuren Menge Wasser (mehr als die doppelte Regenhöhe von 1894), welche hier auf die Nadeln zur Einwirkung gekommen war, hatten nicht einmal die abgestorbenen Nadelpartien die absorbirte Säure wieder verloren, wenigstens nicht in einem merkbaren Grade, der die Constatirung der stattgehabten Einwirkung der schwefligen Säure unmöglich machte, wie dies bei den Kartoffelpflanzen doch der Fall gewesen war. Gegenüber der Wichtigkeit, welche dieses Resultat für den Nachweis von Rauchschäden bei Nadelhölzern hat, war es unumgänglich nöthig, das Ergebniss durch Wiederholung des Versuches auf seine Richtigkeit zu controliren. Zu diesem Zweck wurden zwei weitere Kiefern „1“ und „2“ vom 18. bis 21. September 10mal mit 1/10000 SO2 geräuchert. Am 24. war der Schaden voll ausgebildet und sämmtliche Nadeln roth gefärbt. Vom 25. September bis 14. October wurde das eine Exemplar „2“ mit 126 l Wasser in Portionen von je 6 l überbraust (bei 1485 qc Bodenfläche, entsprechend 848 mm Regenhöhe); das andere Exemplar „1“ blieb unberührt stehen. Am 15. October wurden beide Pflanzen abgeschnitten, entnadelt, die Nadeln jeder Pflanze für sich gut durchgemischt und in zwei Theile getheilt. Der eine Theil „2a“ der beregneten Pflanze wurde direct analysirt, der andere „2b“ einer noch energischeren Beregnung mit Wasser in folgender Weise unterworfen: Auf ein Sieb von 144 qc Fläche gegeben, wurden diese Nadeln 5mal innerhalb je einer Stunde continuirlich mit je 20 l überbraust. Die so auf sie zur Einwirkung gebrachten 100 l würden die enorme Regenhöhe von 6944 mm repräsentiren. Von den mit Wasser noch nicht in Berührung gekommenen Nadeln der Kiefer „1“ wurde die eine Hälfte „1a“ direct analysirt, die andere „1b“ (etwa 20 g) mit 5 l Wasser in bedeckter geräumiger Flasche bei Zimmertemperatur 72 Stunden unter öfterem Umschütteln stehen gelassen. Um den Versuch störende Einflüsse von Mikroben auszuschliessen, wurden dem Wasser 2 cc Chloroform zugesetzt. Die Analyse der Trockensubstanz dieser verschiedenen Partien ergab: 1a 1b 2a 2b Control-pflanze Asche       Proc. 3,91 3,31 3,29 3,08 3,50 SO3             „   0,550   0,529   0,553   0,534   0,229 Die auslaugende Wirkung des Wassers auf die Nadeln war hier unter so energischen Bedingungen geprüft worden, wie sie in der Natur nie eintreten können, wenigstens so weit es sich um noch am Baume sitzende und nicht auf den Boden gefallene Nadeln handelt. Der Minderbefund an Asche und Schwefelsäure in den Partien 1b, 2a und 2b gegenüber la deutet zwar darauf hin, dass durch die äusserst energische Behandlung der Partien b mit Wasser eine Auslaugung der abgestorbenen Nadeln eingetreten ist; doch trotzdem ist die Herabsetzung des Schwefelsäuregehaltes nicht derartig, dass die Erkennung der vorhergegangenen Einwirkung der schwefligen Säure auch nur im Geringsten zweifelhaft würde. Das Gesammtresultat vorstehender Versuche ist nunmehr die Schlussfolgerung, dass Regen die Erkennung einer vorhandenen Rauchbeschädigung aus dem Schwefelsäuregehalt der Blattorgane bei Coniferen und höchst wahrscheinlich auch bei anderen Pflanzen, deren Blätter harz- oder wachshaltig sind, nicht durch Auslaugen der Schwefelsäure aus den Blattorganen illusorisch machen kann, zumal da im Rauchrayon die event. ausgewaschenen sehr geringen Mengen Schwefelsäure durch die fortdauernde Zuführung von schwefliger Säure bezieh. Schwefelsäure im Rauch wieder ersetzt werden dürften.