Titel: Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
Fundstelle: Band 301, Jahrgang 1896, S. 185
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Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. (Fortsetzung des Berichtes S. 163 d. Bd.) Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. VI. Allgemeines und Theoretisches. Ueber die blaue Jodstärke und die molekulare Structur der gelösten Stärke berichtet Küster (Liebig's Ann., 283 S. 360 bis 380) wie folgt: Verfasser schüttelte gewogene Mengen Stärke mit bestimmten Mengen Jodjodkaliumlösung von verschiedener, aber bekannter Concentration so lange, bis der Jodgehalt der Lösung sich constant zeigte, ermittelte dann das nicht in die Stärke eingetretene freie Jod und constatirte auf diesem Wege durch eine grössere Anzahl von Versuchen, dass der Jodgehalt der entstehenden Jodstärke von der Concentration der Jodlösung in hohem Grade abhängig ist. Auch bei ähnlichen Versuchen mit klaren Stärkelösungen nahm mit fortschreitender Verdünnung der Jodlösung der Jodgehalt der Jodstärke regelmassig ab und sank schliesslich unter den Jodgehalt der von Mylius beschriebenen Jodstärke. Im Hinblick auf diese Resultate schliesst Küster, dass die blaue Jodstärke weder eine chemische Verbindung, noch ein Gemisch von Jod und Stärke, sondern eine Lösung von Jod oder Jodjodkalium in Stärke ist. Gelöste Stärke ist nach seiner Ansicht, die er mit physikalischen Gründen rechtfertigt, nicht als eine Lösung von Stärke in Wasser, sondern nur als eine Emulsion der gequollenen Stärke aufzufassen. (Nach Chem. Centralblatt, 1895 I S. 271.) Die blaue Jodcholalsäure hat Küster (Zeitschrift für physikalische Chemie, 16 S. 156 bis 163) gleichfalls auf ihr Verhalten gegen Jod geprüft und zwar in alkoholischer Lösung, welche er mit wechselnden Mengen von Jodjodkalium versetzte, mit Wasser verdünnte und dann den Jodgehalt der hierbei sich ausscheidenden Jodcholalsäure mit demjenigen der Mutterlauge verglich. Die Menge des Jods in den Mutterlaugen stieg anfangs proportional der Menge des angewandten Jods, blieb dann constant bis zu einem Verhältniss von 1 Atom Jod zu 1 Molekül Cholalsäure und erst die später hinzugefügten Quantitäten gingen vollständig in die Lösung über. Demnach scheint Jod an Cholalsäure in ähnlicher Weise gebunden zu sein, wie Krystallwasser an Salze, und der Dissociationsspannung der Verbindung durch einen osmotischen Druck von 0,029 g Jod in 100 cc das Gleichgewicht gehalten zu werden. Verfasser wies ausserdem experimentell nach, dass in alkoholischer Lösung der Jodcholalsäure das Jod in gebundener Form nicht enthalten ist, und sieht die blaue Jodcholalsäure, die eine gewisse Analogie mit der Jodstärke zeigt, als eine Krystallstructurverbindung von der Zusammensetzung (C24H40O5J)4 KJ + nH2O an. (Nach Chem. Centralblatt, 1895 1 S. 656.) In einer Abhandlung über Jodstärke und Jodcholalsäure führt Mylius, der beide Körper als chemische Verbindungen auffasst (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1895 28 S. 385 bis 390), aus, dass die blaue Jodstärke, als deren integrirende Bestandtheile er bereits vor Jahren Ausser Stärke und Jod noch Jodwasserstoff oder dessen Salze erkannt hätte, ein unverkennbar ähnliches Verhalten mit der blauen Jodcholalsäure aufweist, welche letztere ebenfalls ausser Gallensäure, Jod und Jodide enthält. Beide Stoffe sind in Wasser dissociirbar und beide gehören einer wenig bekannten Klasse von Farbstoffen an, für welche anscheinend der Complex HJ (J4) charakteristisch ist. Die oben angeführten Arbeiten Küster's veranlassten Mylius, sich nochmals mit diesen beiden Körpern zu beschäftigen und seine früheren Beobachtungen zu vervollständigen. Er hatte schon früher bei den Reactionen mit der blauen Jodcholalsäure einen braunen, krystallisirten Körper, anscheinend eine jodreichere Verbindung, beobachtet, ohne dessen Isolirung zu versuchen. Die Darstellung desselben nun gelingt nach neueren Versuchen sehr leicht, sowohl beim Vermischen einer Lösung von Cholalsäure in Jodzink mit einer solchen von Jod in Jodzink, als auch beim Auflösen molekularer Mengen von Cholalsäure und Jod in Alkohol und späterer Fällung der Lösung mit Wasser. Die Zusammensetzung der braunen Verbindung ist nach der Analyse C24H40O5J2; in verschiedenen Präparaten wurden 58 bis 62 Proc. Jod aufgefunden, während die Formel 62,25 Proc. Jod verlangt. Die Substanz zersetzt sich beim Trocknen bei 100° theilweise, und auch Wasser bewirkt Dissociation, bei welcher aber Blaufärbung nicht eintritt. Die Umwandelung in die blaue Verbindung erfolgt vollständig erst unter dem Einfluss von Jodwasserstoff, Jodkalium, Jodzink u.s.w., unvollständig durch Reduktionsmittel, wie Wasserstoff, Schwefelwasserstoff, schweflige Säure u.s.w., also durch solche Reagentien, welche neben Verminderung des Jods eine Zufuhr von Jodiden bewirken. Andererseits geht die blaue Jodcholalsäure durch erhebliche Mengen Jod zuführende Reagentien, wie z.B. concentrirte Jodjodzinklösung, in die braune Substanz über. Besondere Beachtung verdient das Verhalten der concentrirten Jodzinklösung; diese wird bei einem Gehalt an Cholalsäure durch kleine Jodmengen nicht blau gefärbt, liefert zunächst immer das braune zinkfreie Additionsproduct und gibt erst auf Zusatz von Wasser die blauen Krystalle. Offenbar spielt hierbei die wasserentziehende Wirkung des Jodzinks eine Rolle. Auf Grund dieser Beobachtungen hält Mylius die braune Jodcholalsäure für ein Additionsproduct von Cholalsäure und Jod und zugleich für das primäre Product, aus welchem sich erst die blaue Substanz bei Gegenwart von Jodiden und Wasser etwa nach folgender Gleichung bilden kann: 2 C24H40O5J2 + 2 C24H40O5 + KJ + nH2O (= C24H40O5J)4 + KJ + nH2O. Verfasser ist nun geneigt, bei der grossen Analogie, welche zwischen der blauen Jodcholalsäure und der blauen Jodstärke besteht, die Anwesenheit von mindestens 24 Atomen C. im Stärkemolekül und gleichfalls die Existenz eines braunen Jodadditionsproductes der Stärke anzunehmen, dessen Umwandelung in die blaue Jodstärke erst durch Einwirkung von Jodiden und Wasser erfolgt. Hierfür spricht auch das Verhalten von Stärkekleister in concentrirter Jodzinklösung oder concentrirter Schwefelsäure in Gegenwart von Jod. Unter diesen Bedingungen entsteht regelmässig eine braune und erst bei starker Verdünnung der Mischung mit Wasser die blaue Verbindung. Obgleich die Isolirung der braunen Jodstärke, deren Existenz wohl kaum bezweifelt werden kann, bisher noch nicht gelungen ist, hält Mylius dieselbe doch für einen Bestandtheil der Küster'schen Präparate und glaubt, dass letztere ausserdem bei der leichten Zersetzbarkeit beider Körper freie Stärke enthalten haben können. Diesen Anschauungen gegenüber hält Küster (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1895 28 S. 783) seine Ansicht aufrecht, dass die von ihm untersuchte Jodstärke ein einheitliches Material war und dass dieselbe also weder ein Gemisch von blauer Jodstärke mit Stärke und mit einer jodreicheren, braunen Jodstärke, noch eine chemische Verbindung, sondern lediglich eine Lösung von Jodjodkalium in Stärke darstellt. Fixirung von Jod durch die Kartoffelstärke von Rouvier (Compt. rend. de l'Acad. des sciences, 120 S. 1179 bis 1180). Bei früheren Arbeiten hatte Rouvier nachgewiesen, dass zur Umwandelung der Getreide- und Reisstärke in Jodid 8,9 Proc. Jod erforderlich sind. Neuerdings stellte er fest, dass zur völligen Jodirung der Kartoffelstärke 13,5 Proc. Jod gerade ausreichten; bei bedeutender Steigerung der Jodmengen wurden jedoch 18,6 Proc. Jod gebunden, welches mittels Natriumhyposulfits bestimmt werden konnte. Kartoffelstärke zeigt Jod gegenüber mithin ein anderes Verhalten, als die Getreide- und Reisstärke. Verfasser will noch andere Stärkesorten vom gleichen Gesichtspunkte aus untersuchen. (Nach Chemisches Centralblatt, 1895 2 S. 26.) Die Umwandelungsproducte der in heissem Glycerin gelösten Stärke prüften Zulkowsky und Franz (Biedermann's Centralblatt, 1895 S. 557) und konnten feststellen, dass beim Erhitzen solcher Lösung aus reiner Kartoffelstärke je nach den angewandten Temperaturen sich folgende Körper bilden: 1) bei 190° C., erhitzt bis eine Probe mit Wasser sich nicht mehr trübt, lösliche Stärke; 2) bei 200° C., erhitzt bis zur kirschrothen Jodreaction, Erythrodextrin; 3) bei 210° C., erhitzt bis zum Verschwinden der rothen Jodreaction, Achroodextrin; 4) bei 210° C., während längeren Erhitzens in Weingeist, lösliche Producte. (Nach Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1895 40 S. 317.) Bei Versuchen über den Abbau der Stärke durch Oxalsäure konnten Lintner und Düll (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1895 S. 1522) eine völlige Uebereinstimmung der Producte der Diastase- und Säurespaltung bezüglich des Molekulargewichts, des Reductionsvermögens, der Polarisation und der Jodreaction vorläufig noch nicht nachweisen, sind aber der Ansicht, dass eine solche sich dennoch herausstellen dürfte. Verfasser geben in folgender Zusammenstellung einen Ueberblick über die von ihnen unter Benutzung von Oxalsäure und von Diastase isolirten Körper. Es entstehen aus Stärke: Mit Oxalsäure: Mit Diastase: Amylodextrin Amylodextrin Erythrodextrin I Erythrodextrin I Erythrodextrin II α Erythrodextrin II β Achroodextrin I Achroodextrin I Achroodextrin II Achroodextrin II Isomaltose Isomaltose Maltose Dextrose Unter der Voraussetzung, dass die Dextrine und die beiden Isomaltosen identisch sind und auch die Erythrodextrine II α und II β bei der Hydrolyse der Stärke durch Diastase entstehen, würden beide Processe sich nur bezüglich ihrer Endproducte, einerseits der Dextrose, andererseits der Maltose, unterscheiden. ( Wochenschrift für Brauerei, 1895 29 S. 694.) Die Einwirkung von Oxalsäure auf Inulin studirte Düll (Chemiker-Zeitung, 1895 9 S. 166, 11 S. 216 bis 217), um die Frage zu entscheiden, ob die dextrinartigen Zwischenproducte (Lävuline), welche bei Behandlung von Inulin mit Mineralsäuren beobachtet wurden, als Inversionsproducte des Inulins oder als Reversionsproducte der Lävulose angesehen werden müssen, und ob überhaupt derartige Zwischenproducte bei der Bildung von Lävulose aus Inulin auftreten. Aus den mit reinem Inulin und Oxalsäure, also unter Bedingungen, welche eine Reversionswirkung ausschliessen, angestellten Versuchen zieht Verfasser folgende Schlüsse: 1) Die Hydratisirung des Inulins zu Lävulose scheint unter dem Einflüsse verdünnter Oxalsäure sich glatt und ohne Bildung von dextrinartigen Zwischenproducten zu vollziehen. Die bei Einwirkung von verdünnten Mineralsäuren sich bildenden, dextrinähnlichen Körper sind als Reversionsproducte der Lävulose anzusprechen. 2) Die wahrscheinlichste Molekularformel des Inulins ist (C6H10O5)18H2O. 3) Fast übereinstimmend mit älteren Angaben wurde für [α]d bei Inulin – 40°, bei Lävulose – 93° gefunden. 4) Bei längerer Behandlung mit Oxalsäure unter gesteigertem Druck entsteht aus Lävulose zunächst ein Furfurolderivat C6H6O3 und später Lävulinsäure. 5) Das gleiche Furfurolderivat liefert auch die Sorbose. (Wochenschrift für Brauerei, 1895 11 S. 248.) Beiträge zur Kenntniss der diastatischen Zersetzung der Stärke liefert Mittelmeier in den Mittheilungen der österreichischen Versuchsstation für Brauerei und Mälzerei, 7. Verfasser suchte zunächst experimentell die Frage zu entscheiden, ob die Isomaltose oder die Isomeren der Maltose durch Diastase in Maltose übergeführt werden, und kommt auf Grund seiner Versuche, die sowohl mit Bierextract, als auch mit frisch dargestellter Stärke-Isomaltose durchgeführt wurden, zu der Ansicht, dass eine solche Umwandelung nicht stattfindet. Aus seinen weiteren Untersuchungen der in den ersten Phasen der diastatischen Stärkezersetzung gebildeten Producte leitet er dann folgende Theorie des Stärkeabbaues ab: Das Stärkemolekül zerfällt durch Einwirkung von Diastase in zwei Moleküle Amylodextrin, d.h. in das mit Jod sich bläuende Dextrin. Diese beiden Moleküle Amylodextrin sind chemisch verschieden, wie aus deren sehr ungleicher Zersetzungsdauer durch Diastase und aus der Verschiedenartigkeit der von ihnen sich ableitenden zwei primären Erythrodextrine hervorgeht. In einem Zeitraum, während dessen das erstere ungefähr bis zu rothfärbendem Dextrin abgebaut ist, hat das letztere bereits alle Phasen bis zum Zucker durchlaufen. Diese grossen Unterschiede erklären in ungezwungener Weise das gleichzeitige Auftreten von Zucker neben hoch molekularen Dextrinen schon im Anfangsstadium des diastatischen Processes. Mittelmeier hält aus theoretischen Gründen die Zahl der vorkommenden, chemisch verschiedenen Dextrine für ungleich grösser, als bisher angenommen wurde. Gelegentlich weiterer Versuche konnte er aus den bei der Einwirkung von Phenylhydrazin auf die Stärkeumwandelungsproducte entstehenden, gallertartigen, schleimigen Körpern ein in heissem Wasser leicht lösliches Osazon einer Biose isoliren, welches die Zusammensetzung des Maltosazons besitzt, aber aus dieser Lösung nicht wie andere Biosazone in Krystallen, sondern in Form einer an Stärkekleister erinnernden Gallerte sich ausscheidet; dasselbe schmilzt bei 145 bis 148°, verhält sich abweichend von allen bereits bekannten Osazonen der Stärkeverzuckerung und wird von dem Entdecker Metaroaltose genannt. (Wochenschrift für Brauerei, 1895 21 S. 480.) Eine Notiz über die Einwirkung von Diastase auf kalten Stärkekleister geben Brown und Morris in den Chemical News, 71 S. 123. Beide Forscher hatten früher nachgewiesen, dass die diastatischen Zersetzungsproducte der Stärke oder auch diejenigen eines einzelnen, aus denselben isolirten Körpers sich immer verhalten wie ein Gemisch von Maltose mit einem Drehungsvermögen von [α]j = 150 und einer Reductionsfähigkeit von 61 mit einem Dextrin von [α]j = 216 und ohne Reductionsvermögen, dass man also aus der Drehung immer die Reduction und umgekehrt aus der Reduction die Drehung berechnen kann. Eine Ausnahme von dieser Regel machen die von Brown und Heron durch Behandlung von kaltem Stärkekleister mit Diastase dargestellten Körper, deren Drehung geringer ist, als die aus der Reduction berechnete. Die so gewonnene Maltose zeigt die Halbdrehung aller frisch bereiteten Maltoselösungen und zwar 133°, während gekochte oder ältere Lösungen 150° aufweisen. (Chemisches Centralblatt, 1895 1 S. 849.) Ueber die Lintner'sche Isomaltose von Brown und Morris (Journ. Chem. Soc., 1895 67 68 S. 709). Die Verfechter der Amylointheorie, welche bald nach Entdeckung der Isomaltose durch Lintner die Arbeiten über den Verzuckerungsprocess wieder aufgenommen hatten, stellen auf Grund der Resultate mehrjähriger Versuche folgende Behauptungen auf: 1) Wenn die diastatischen Umwandelungsproducte der Stärke auf irgend eine Weise fractionirt werden, so folgen sämmtliche Fractionen streng dem oben erwähnten Gesetz der bestimmten Relation bezüglich des Drehungs- und Reductionsvermögens. 2) Die Isomaltose von Lintner folgt diesem Gesetze nicht und ist als ein einheitlicher Körper nicht anzusehen; sie kann durch weitere, sorgfältige, fractionirte Fällung mit Alkohol und durch Gährung derart gespalten werden, dass die Spaltungsproducte auf ein Gemenge von Maltose und dextrinartigen Substanzen aus der Maltodextrin- oder Amyloinklasse schliessen lassen. 3) Das von Lintner als Isomaltosazon beschriebene, krystallisirbare Osazon ist nichts anderes als Maltosazon, welches in seiner Krystallform und seinem Schmelzpunkte durch die Gegenwart kleiner, aber wechselnder Mengen einer anderen Substanz beeinflusst wird. 4) Die Substanzen, die in dieser Weise das Maltosazon beeinflussen können, sind Reactionsproducte zwischen Phenylhydrazin und dextrinartigen Körpern, wie Verfasser analytisch durch fractionirte Fällung der Stärkeumwandelungsproducte mit Alkohol, durch Gährung und synthetisch durch Krystallisation von Maltosazon in einer Osazonlösung eines Maltodextrins nachgewiesen zu haben glauben. 5) Die einzige Substanz unter den Stärkeumwandelungsproducten, die ein krystallisirtes Osazon liefert, ist die Maltose. (Wochenschrift für Brauerei, 1895 27 S. 635.) Natur der Lintner'schen Isomaltose von Ling und Baker (Chem. News, 72 S. 45 bis 46). Verfasser, die früher aus den Producten der Umwandelung der Stärke durch Diastase eine Substanz isolirt hatten, welche annähernd Reduction und Drehung der Lintner'schen Isomaltose zeigte, wollen ebenfalls bei weiteren Arbeiten den Nachweis geliefert haben, dass Lintner's sogen. Isomaltose ein Gemenge von Maltose und dem einfachen Dextrin C12H20O11 ist. (Chemisches Centralblatt, 1895 2 S. 438.) In einem Abschnitte seiner Abhandlung „Studien über Stärke“ berichtet Ost (Chemiker-Zeitung, 1895 67 S. 1502) ebenfalls über von ihm ausgeführte Versuche, aus den Stärkeverzuckerungsgemischen die Isomaltose Lintner's zu isoliren. Ost ging zunächst genau nach den Angaben von Lintner und Düll vor, ohne jedoch bei Verarbeitung der Fractionen von ungefährem Drehungsvermögen von 140° mit Methyläthylalkoholwassermischungen zum Ziele zu kommen. Er suchte daher aus den Gemischen die Maltose durch Krystallisation auszuscheiden und verfuhr zu diesem Zweck in folgender Weise: Das aus 3 k Stärke bei einer Maischtemperatur von 70° erhaltene Product wurde durch Behandlung mit 80procentigem Alkohol in einen löslichen und einen unlöslichen Antheil zerlegt; dieser letztere, welcher grösstentheils aus Stärke und Erythrodextrinen bestand, enthielt nach der Prüfung mit Phenylhydrazin weder Maltose noch Isomaltose. Der dem löslichen Antheil entstammende Syrup (650 g Trockensubstanz) wurde dann häufig mit 95procentigem Alkohol ausgekocht und so eine ganze Reihe von Auszügen erhalten, welche sämmtlich krystallinische Maltose lieferten. Das Gewicht der gesammten, mehrmals mit Methylalkohol angerührten und gepressten Krystallisationen betrug 240 g in Form von trockener Rohmaltose, die wiederholt umkrystallisirt und auf ihr Drehungsvermögen geprüft wurde. In den letzten Mutterlaugen waren nach der Osazonprobe nur Maltose und Glukose bezieh. Lävulose und Rohrzucker enthalten. Nach Abscheidung der Maltose blieben nur geringere Mengen von Syrupen mit einem Drehungsvermögen von unter + 145° übrig. Mit Phenylhydrazin gaben die letzteren ebenfalls nicht Isomaltosazon, wohl aber dem Lintner'schen Isomaltosazon sehr ähnliche, aber dennoch nach des Verfassers Ansicht nur unreines Maltosazon darstellende Osazone. Auch weitere Versuche unter vollständiger Hydrolyse der Stärke und Vergährung der entstandenen Maltose führten ebenso zu negativen Resultaten, wie die von Ulrich genau nach den Vorschriften Lintner's und Düll's durch geführten und in der Chemiker-Zeitung, 1895 68 S. 1523, publicirten Arbeiten. Beide Autoren kommen auf verschiedenen Wegen zu dem gleichen Schlusse, dass Lintner's und Düll's Isomaltosazon unreines Maltosazon ist, dass also deren Isomaltose nicht existirt. Ost prüfte dann noch die von Fischer bei Einwirkung von rauchender Salzsäure auf Glukose in der Kälte dargestellte Isomaltose, welche er als vermuthlich identisch mit der Isomaltose von Scheibler, von Mittelmeier und von Lintner und Düll betrachtet, und glaubt, auch diesen Körper als mit geringen Mengen von Glukose verunreinigte Maltose ansehen zu müssen. In einem weiteren Kapitel seiner umfangreichen Abhandlung bespricht dann Ost die bei der Verzuckerung der Stärke entstehenden Dextrine, ferner die lösliche Stärke und Zulkowski's Dextrine, welche letzteren nach des Verfassers Ansicht aus der Reihe der echten Dextrine zu streichen sind, und knüpft an diese Untersuchungen folgende allgemeine Betrachtungen: 1) Verfasser nimmt in Uebereinstimmung mit Lintner die Formel (C12H20O10)n für die Stärke als erwiesen richtig an. 2) Die ersten Producte der Hydrolyse hingegen, ebenso wie alle übrigen Dextrine enthalten chemisch gebundenes Wasser. 3) Die Dextrine sind als Maltodextrine oder Amyloine im Sinne von Brown und Morris nicht aufzufassen. 4) Das von Brown und Morris angenommene reine, nicht reducirende Dextrin existirt nicht. 5) Das von den englischen Fachgenossen aufgefundene Gesetz der bestimmten Beziehungen zwischen Reductions- und Drehungsvermögen bei den Producten der Stärkehydrolyse ist nicht für alle Fälle zutreffend. 6) Die von den Engländern angewandte Methode zur Bestimmung des Reductionsvermögens ist fehlerhaft und die Berechnung der analysirten Substanzmengen aus den specifischen Gewichten der Lösung mittels des constanten Factors 3,86 zum Ableiten wichtiger Gesetze nicht ausreichend. 7) Ost hält die Ansicht von Musculus und Meyer, wonach die Erythrodextrine keine chemischen Individuen, sondern Gemische von Achroodextrin mit Stärke sind, für richtig; will die Namen „Maltodextrine und Amylodextrine“ als zu vieldeutig streichen und nur die alte Bezeichnung Dextrin I, II, III u.s.w. mit Angabe des Drehungs- und Reductionsvermögens und der Zusammensetzung zulassen. Zu ähnlichen Ergebnissen bezüglich der Lintner'schen Isomaltose führten auch Untersuchungen von Jalowetz und von Prior. (Chemiker-Zeitung, 1895 89 S. 2003.) In der Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1895 S. 233, veröffentlicht nun Lintner zunächst eine Entgegnung auf die Abhandlung von Brown und Morris über die Nichtexistenz der Isomaltose, in welcher er das Ergebniss dieser Untersuchung eben so falsch nennt, wie den Weg, auf welchem man zu diesem gelangte. Bei ihren Versuchen seien die englischen Chemiker von Fractionen mit einem specifischen Drehungsvermögen von 140° ausgegangen, die ihrer Meinung nach vom Standpunkte Lintner's als reine Isomaltose anzusehen waren, mithin das typische Isomaltosazon geben mussten, obwohl es später gelang, bei weiterer Fractionirung Maltose und bei Vergährung der letzteren einen Rückstand von höherem Drehungs- und niedrigerem Reductionsvermögen als Isomaltose in ihnen aufzufinden. Das Ausgangsproduct habe also Maltose und Dextrin enthalten. Statt nun die Maltose aus dem Präparate vollständig zu entfernen und das Maltodextrin in reiner Form zu gewinnen, hätten Brown und Morris hieraus den falschen Schluss gezogen, die Isomaltose bestehe aus Maltose und Maltodextrin. Lintner verwahrt sich nun ganz entschieden gegen die Annahme, als habe er jedes Gemisch von Stärkeumwandelungsproducten mit dem Drehungsvermögen 140° und einer Reduction von 80°, auf Maltose berechnet, welches ein Osazon vom Schmelzpunkt des Isomaltosazons liefert, als reine Isomaltose bezeichnet, vielmehr habe er ausdrücklich hervorgehoben, dass zur Charakterisirung derartiger Producte alle zur Verfügung stehenden Hilfsmittel, wie Drehung, Reduction, Molekulargewicht und fractionirtes Umkrystallisiren herangezogen werden müssten. Niemals sei es ihm z.B. trotz zahlreicher Versuche gelungen, den Schmelzpunkt des wirklichen Isomaltosazons durch Umkrystallisiren zu erhöhen oder gar dasselbe in die charakteristischen, stark bronzeglänzenden Prismen des Maltosazons überzuführen. Das eingeschlagene Verfahren, vermeintliche Isomaltose aus Maltose und Maltodextrinen zu componiren und dann deren Osazon herzustellen, bezeichnet Lintner als aller Wissenschaftlichkeit baar und das Gesetz der bestimmten Beziehungen bezüglich des Reductions- und Drehungsvermögens der Stärkeumwandelungsproducte als ein künstlich construirtes und den wirklichen Thatsachen keineswegs entsprechendes; es beruhe auf der unbewiesenen und nicht zu beweisenden Annahme eines nicht reducirenden Achroodextrins, und überdies sei das Reductionsvermögen der Stärkeumwandelungsproducte ein willkürlich angenommenes, keineswegs für alle Verhältnisse constantes und durch eine stöchiometrische Gleichung ausdrückbares. Nach wie vor sieht Lintner die einzige Möglichkeit, auf dem Gebiete der Stärkechemie weiter zu kommen, in dem Bestreben, die betreffenden Körper zu isoliren und zu charakterisiren, zu welchem Zweck Phenylhydrazin unentbehrlich sei. Nach der Theorie von Brown und Morris sei allerdings angesichts der vielen möglichen Maltodextrine ein solches Verfahren aussichtslos, und daher hätten diese Forscher auch keine Anstrengungen gemacht, wenigstens das Maltodextrin, welches die Maltose so merkwürdig beeinflussen soll, in reiner Form zu gewinnen; ihre neueste Arbeit sei nicht geeignet, weder die Amylointheorie zu stützen, noch die Nichtexistenz der übrigens ausser von Lintner noch von Düll, Schifferer, Külz, Vogel, Fischer, Scheibler und Mittelmeier analysirten Isomaltose zu beweisen. Vorläufig hat also Lintner keine Ursache, an der Existenz der Isomaltose zu zweifeln, sondern er hält an dem von ihm wiederholt ausgesprochenen Satze fest: Die Amyloine von Brown und Morris sind theils Gemenge von Dextrinen und Isomaltose (nach den neuesten Untersuchungen von Mittelmeier auch noch von Metamaltose), theils sind sie mit dieser identisch. (Wochenschrift für Brauerei, 1895 30 S. 740.) Anlässlich der Abhandlungen von Brown und Morris und von Ost über die Isomaltose hat Fischer (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1895 S. 3024) diesen zuerst von ihm beschriebenen Körper von Neuem nach seinem früheren Verfahren dargestellt. Auch diesmal gelang ihm die Isolirung dieses Zuckers in ursprünglicher Form aus dem durch Fällung der salzsauren Lösung mit Alkohol und viel Aether erhaltenen Gemisch von Traubenzucker, Isomaltose und anderen unbekannten Polysacchariden nicht; denn wenn auch der Traubenzucker durch Vergährung mit Bierhefe leicht zu entfernen war, so fehlte es doch für die Trennung der unvergährbaren Producte an einer brauchbaren Methode, und Verfasser war also wieder auf die Untersuchung des Osazons angewiesen. Genau in der früher beschriebenen Weise, ohne vorherige Entfernung der Glukose, wurde das letztere dargestellt, durch wiederholte Krystallisation aus heissem Wasser vom Glukosazon getrennt und schliesslich mehrmals aus warmem Essigester umkrystallisirt. In 50 Th. dieses siedenden Lösungsmittels ist das Isomaltosazon in feuchtem Zustande ziemlich leicht löslich und in 4 Th. heissen Wassers lost es sich klar auf, während Maltosazon 75 Th. verlangt. Die Schmelzpunkte der verschiedenen Producte schwanken zwischen 140 und 155° und steigen bei aus dialysirtem Zucker hergestellten Präparaten bis auf 158°. Verfasser weist durch Versuche nach, dass synthetische Isomaltose durch Hefe nicht vergohren und eben so wenig durch Hefenenzyme gespalten wird, und dass sie mithin zweifellos von der Maltose und allen anderen bis jetzt bekannten Disacchariden verschieden ist. Wenn nun auch nach Vorstehendem Fischer den Inhalt seiner ersten Mittheilung vollständig aufrecht zu erhalten in der Lage ist, so stimmt er doch dem Ausspruch von Brown und Morris, dass die ausschliessliche Charakterisirung eines Kohlehydrats durch sein Osazon zu Irrthümern führen kann, bei, betont, dass eine Verschiedenheit der Maltose von der Isomaltose nur auf Grund des verschiedenen Verhaltens gegen Hefe sich sicher behaupten lässt, und glaubt; dass die Geschichte der Isomaltose nur durch Reindarstellung des Zuckers zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen sein wird. Gelegentlich einer Arbeit über die Acidylhydrazide der Maltose machte Herzfeldt (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1895 S. 442) die Beobachtung, dass auch die Phenylhydrazone der Zucker durch Benzaldehyd gespalten werden können. Wie die Darstellung von Mannose aus ihrem Phenylhydrazon auf diesem Wege durch Förster beweist, kann man nach diesem bekannten Verfahren bei allen denjenigen Zuckern, welche beständige Phenylhydrazone geben, deren entsprechende Verbindungen mit Benzaldehyd zerlegen, um den Zucker dann auf einfache Weise zu gewinnen. Das Drehungsvermögen der Maltose fand Ost (Wochenschrift für Brauerei, 1895 39 S. 942) im Mittel zu [α]d 20 = + 137,04°. Meissl hatte früher bei 20° für 2- bis 20procentige Lösungen 138,1 bis 138,4° gefunden. Die von Tollens und Parcus angegebenen Werthe stimmen mit dem Resultate des Verfassers fast genau überein, während diejenigen von Brown und Heron, Effront, Herzfeldt u.a. bedeutende Abweichungen zeigen. Herzfeldt hat neuerdings dasselbe zu 138,29° angegeben und damit die Meissl'schen Befunde bestätigt. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1895 S. 440 bis 443.) Hydrolyse der Maltose durch die Hefe von Morris (Brewing Trade Review, 1895 4 S. 91). Fischer hatte früher gezeigt, dass lufttrockene Hefe und ihr wässeriger Auszug, ebenso wie das Extract feuchter, durch Zerreiben mit Glaspulver zertrümmerter Hefezeilen bei der Digestion mit Maltoselösung leicht einen bedeutenden Theil der Maltose in Dextrose umzuwandeln vermag. Später stellte er fest, dass unverletzte Hefezellen bei 3tägiger Einwirkung in Gegenwart von Chloroform ebenfalls einige 40 Proc. der Maltose in Dextrose überführen. Morris wiederholte diese Versuche und kam bezüglich der Wirkung der trockenen Hefe und ihres Auszuges, wie auch desjenigen der zerquetschten, feuchten Hefe zu gleichen Resultaten, konnte aber keine Spur von Hydrolyse nachweisen, wenn er feuchte oder auf Thonplatten abgesaugte Hefen für den gleichen Zweck benutzte und die Digestionen in Gegenwart von Chloroform durchführte. Derartige feuchte, durch Digestion mit Chloroformlösung abgetödtete und dann an der Luft getrocknete Hefe hingegen besass dieselben Fähigkeiten, wie die auf gewöhnliche Weise entwässerte, lebende Hefe. In gährenden Maltoselösungen waren niemals die geringsten Glukosemengen mittels essigsauren Phenylhydrazins aufzufinden. Verfasser beabsichtigt, die Ursachen der hydrolysirenden Eigenschaften getrockneter Hefe durch weitere Untersuchungen aufzuklären. (Wochenschrift für Brauerei, 1895 16 S. 368.) Essigester der Zucker von Tanret (Compt. rend., 120 S. 194 bis 197). Verfasser untersuchte die bei der Esterificirung der Zuckerarten durch Essigsäureanhydrid unter Anwendung der beiden Condensationsmittel, Natriumacetat und Chlorzink, entstehenden Ester und kam zu folgenden Resultaten: 1) Die beständigen Zucker, wie die Inosite, geben bei Benutzung beider Salze dieselben Ester. 2) Die Saccharosen und Polysaccharosen liefern bei Anwendung von Natriumacetat Ester, aus denen durch Verseifung mit Baryt die ursprünglichen Zucker erhalten werden, während in Gegenwart von nur 1/100 des Gewichts der Kohlehydrate an Chlorzink sich Ester von Glukosen bilden. 3) Bei Einwirkung von Natriumacetat oder Chlorzink auf Glukosen werden drei verschiedene Pentacetylderivate erhalten. (Wochenschrift für Brauerei, 1895 10 S. 221.) Die früher von Herzfeldt beschriebene Octacetylmaltose haben hing und Baker durch Kochen von Maltose mit Essigsäureanhydrid und wasserfreiem, essigsaurem Natron dargestellt. Die in Wasser unlösliche Verbindung ist in kaltem Alkohol schwer, leicht dagegen löslich in Benzol, Essigsäure, heissem Alkohol und Chloroform; sie krystallisirt aus Alkohol in langen, prismatischen, bei 158 bis 159° unter Zersetzung schmelzenden Nadeln und besitzt in Chloroformlösung ein specifisches Drehungsvermögen von [α]d = + 62,22, in alkoholischer Lösung ein solches von [α]d = + 59,11°. Birotation wurde nicht beobachtet. Diese Werthe stimmen mit den vor Kurzem von Herzfeldt in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, 1895 S. 440 bis 443, veröffentlichten überein. (Wochenschrift für Brauerei, 1895 7 S. 149.) (Schluss folgt.)