Titel: | Statistisches über elektrische Beleuchtungs- und Trambahnanlagen in den Vereinigten Staaten. |
Fundstelle: | Band 302, Jahrgang 1896, S. 135 |
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Statistisches über elektrische Beleuchtungs- und
Trambahnanlagen in den Vereinigten Staaten.
Statistisches über elektrische Beleuchtungs- und
Trambahnanlagen.
Schon seit längeren Jahren ist die amerikanische National-Electric-Light-Society mit ebenso lobenswerthem als erfolgreichem
Eifer bestrebt, über die technischen und wirthschaftlichen Verhältnisse, sowie über
Betriebsführung und Betriebsergebnisse der elektrischen Centralstationen
Nordamerikas Nachweise und Erfahrungen zu sammeln, dieselben zu prüfen, zu
vergleichen und schliesslich mit ihren eigenen Bemerkungen und Folgerungen der
Oeffentlichkeit zur Nutzanwendung zu übergeben. In letzterer Zeit richtet die
genannte Gesellschaft ihr Augenmerk vorwiegend auf die wirthschaftlichen Ergebnisse
der Dampfmotoren, und hat sie hierüber in ihrer letzten, im Mai d. J. stattgehabten
Hauptversammlung wieder eine belehrende Uebersicht bekannt gegeben, zu welcher die
Grundlagen von 82 amerikanischen Licht- oder Trambahn-Elektricitätscentralen
geliefert worden sind. Wie Ph. Delahaye in der Revue industrielle vom 27. Juni 1896 darlegt, gipfelt
das letztjährige statistische Material in der nachstehenden Tabelle, welche
eine Nachweisung des auf Watt-Stunden bezogenen Brennstoffverbrauches enthält. Für
den ersten Blick verspricht diese Zusammenstellung allerdings nur wenig, und
nutzbringende Folgerungen lassen sich daraus in der That erst dann ziehen, nachdem
die Einzelheiten schärfer untersucht und gegenseitig näher in Vergleich gezogen
werden. Zu diesem Ende ist vorerst festzuhalten, dass die im Verzeichniss unter
Ordnungszahlen aufgeführten 81 Elektricitätsstationen Kohlen von ziemlich gleichem
Heizwerth in Verwendung haben, und dass die ausserordentlichen Abweichungen der in
der letzten Tabellenrubrik ausgeworfenen Ziffern nur zum kleinsten Theil auf
Verschiedenheiten in der Güte des Brennstoffes beruhen.
Laut des Verzeichnisses sind im verflossenen Jahre von den sämmtlichen aufgeführten
Elektricitätswerken für ihre Dampfmotoren täglich 1704643 Pfund (773226 k) Kohlen
verbraucht und damit 222796761 Watt-Stunden geleistet worden; es entfielen demnach
durchschnittlich 131 Watt-Stunden auf 1 Pfund Kohle oder – auf Kilogramm bezogen –
288 Watt-Stunden auf 1 k Kohle oder 3,465 k Kohle auf 1 Kilo-Watt. Am sparsamsten
arbeiten jene Centralstationen, welche die grössten Elektricitätsmengen erzeugen.
Vier unter diesen Werken haben täglich einen Aufwand von mehr als 10000, 45 davon
einen solchen zwischen 1000 und 10000 und 32 einen Bedarf von weniger als 1000
Kilo-Watt-Stunden. Die tägliche Gesammtleistung der zuerst bezeichneten vier
Centralen beläuft sich auf 94270 Kilo-Watt-Stunden bei einem Verbrauch von 524667
Pfund (237674 k) Kohlen, das gibt 396 Watt-Stunden auf 1 k Brennstoff. Zieht man die
45 Stationen zweiter Grösse mit in die Berechnung, dann stellen sich die erzeugten
Kilo-Watt-Stunden auf 212617 mit einem Verbrauch von 1316703 Pfund (596466 k)
Kohlen, was im Durchschnitt auf 1 k Kohle nur mehr 356 Watt-Stunden ergibt. Das
durchschnittliche Ergebniss vermindert sich auf 288 Watt-Stunden, wenn, wie es
weiter oben geschehen ist, der Brennstoffverbrauch sämmtlicher 81 Elektricitätswerke
in Betracht gezogen wird. Nimmt man schliesslich die 32 kleinen Stationen für sich
allein in Rechnung, so weisen dieselben bei einem täglichen Verbrauch von 194274
Pfund (88006 k) Kohlen eine Leistung von 11973 Kilo-Watt-Stunden aus, also bloss 136
Watt-Stunden auf ein Brennstoffkilogramm.
Von 31 Elektricitätswerken wurde nebst den Tabellenwerthen auch das Gewicht des
Wassers bekannt gegeben, welches daselbst von je 1 Pfund Kohle zur Verdampfung
gebracht wird, und zeigt es sich, dass hinsichtlich der zu Tage tretenden
nennenswerthen Unterschiede vorwiegend nur die Kessel- und Feuerungsanlagen
maassgebend sind. Das günstigste diesfällige Ergebniss haben die Werke Nr. 80 und
Nr. 8 ausgewiesen mit 10,5 k Wasser auf 1 k Kohle, während die niedrigste Ziffer für
1 k einer ganz gleichwertigen Kohle von der Station Nr. 67 bloss mit 4,65 k
angegeben erscheint; die durchschnittliche Menge des in den sämmtlichen 31 Stationen
mit 1 k Kohle zur Verdampfung gebrachten Wassers berechnet sich mit 7,09 k.
Einige der Werke haben den Wasserverbrauch auch mit Rücksicht auf die Leistung der
Dampfmaschinen ausgewiesen und geschah dies im günstigsten Sinne von der Station Nr.
79 mit 15,5 Pfund (7,020 k) und von Nr. 3 mit 18 Pfund (8,150 k), im ungünstigsten
Sinne hingegen
Ordnungs-nummer
derStationen
Zahl dertäglichenDienst-stunden
Anzahl der täg-lich
erzeugtenWatt-Stunden
Gewicht dertäglich ver-brauchten
Kohlein Pfunden
Zahl der auf1 Pfund
KohleentfallendenWatt-Stunden
1 2 3 4 5 6 7 8 9101112131415161718192021222324252627282930313233343536373839404142434445464748495051525354555657585960616263646566676869707172737475767778798081
24242424242424242414 15,52414 16,5 16,51414141414142416 15,5162414161324 17,52424242424 12,524 9,5132424 6,5 8 14,7515 7,52414 7,5 7,510 7,5 7 7,5 7 6 7,51514 15,5181614 14,524 8141024 14,51424 13,524242424242424
3207392 2397712 26402256 5053166 1818780 11488509 1212900 825000 4270077 1718000 8600 2156000 1625000 711720 727720 1624000 2734976 2599705 1526000 1560000 2722463 16149010 1528100 695720 1549100 5401900 1399000 1568600 2103800 2683008 3396619 1763795 6794304 1193876 1074436 5334500 2202363 288440 454058 903720 208800 1444931 93541 230187 310928 254745 186412 2209512 156800 214485 204435 215116 217228 221250 186412 208535 161438 174928 203555 762825 806880 1294708 5866235 1454656 1881102 194472 444133 1201483 506697 5982000 1243441 477425 2879000 1217000 1960973 3366065 3373305 3398595 40230300 3455988 5761915
41600 11251 124383 28050 10200 65884 7104 5022 26600 11400 5500 14493 11440 5100 5200 11840 19900 19050 11200 11600 20650 121400 11395 5300 11860 41924 11200 12000 10800 21571 27714 15625 62504 10475 10250 51100 22080 3041 4831 9812 2896 20800 1365 3600 5000 4520 3810 38683 2800 3900 3600 3866 4000 4200 3810 3900 3150 3720 6200 20700 19300 31040 20500 31739 31992 3300 6101 15386 6296 71000 14224 5400 31200 12895 17600 20300 20300 20300 213000 19100 40800
237213212180178174171164161151151149142140140137137136136134134133131131131129126131125124124113109106105104100 95 94 92 92 69 68 64 62 56 49 57 56 56 57 56 54 53 49 53 51 47 33 37 42 42 42 46 59 65 73 78 80 84 87 88 92 94111166166167189181141
–
–
222796761
1704643
–
von Nr. 29 mit 29 Pfund (13,130 k) für 1 indic. ;
dabei waren die Maschinen in Nr. 79 und 3 solche mit
und jene in Nr. 29 eine solche ohne Condensation. Hier
anschliessend muss auch erwähnt werden, dass sich die Leistungsunterschiede bei den
Anlagen mit Maschinen ohne Condensation, wie z.B. in den Stationen Nr. 26, 32, 33
und 37 im Allgemeinen wesentlich grösser ergeben, als bei den Maschinen mit
Condensation.
Ein 82tes Elektricitätswerk, welches in der Tabelle nicht ausgewiesen erscheint,
heizt seine Kessel mit Erdöl und erzeugt täglich 14941089 Watt-Stunden mit 8700
Gallons Erdöl, so dass 1717 Watt-Stunden auf 1 Gallone oder 378 Watt-Stunden auf 1 l
(1 Gallone = 4,544 l) Erdöl entfallen.
Die zur Prüfung und Begutachtung des statistischen Materials eingesetzte Commission
der eingangs genannten Gesellschaft ist zu der Anschauung gelangt, dass die
Erzeugung der motorischen Kraft auf den amerikanischen Elektricitätswerken im
grossen Ganzen weniger wirthschaftlich geschieht, als bei anderen industriellen
Unternehmungen, wenn man auch die mit den elektrischen Betrieben in der Regel
verbundene Misslichkeit der so sehr schwankenden Belastung in Rechnung zieht.
Jedenfalls empfiehlt sich eine verschärfte Sparsamkeit in der Aufwendung von
Brennmaterial und die Vornahme aller jener Maassregeln, welche geeignet sind, in
dieser Richtung Erfolge zu erzielen.
Es wird in der That nicht etwa der zu geringen Zahl von Versuchen oder dem Mangel
sorgfältiger Prüfungen und Beobachtungen zuzuschreiben sein, wenn unser Jahrhundert
zu Rande ginge, ehe es über die beste Art der Betriebsform, wenigstens innerhalb des
Gebietes der Strassenbahnen, zu einer unanfechtbaren endgültigen Entscheidung kommt.
Paris wenigstens ist zur Zeit ein einziges grosses Versuchsfeld, wo neben der
oberirdischen elektrischen Strassenbahn alle bekannten anderweitigen Betriebsweisen
um die Palme ringen: Die ungeheuerlichen Pressluftwagen versperren die Strassen,
elektrische Accumulatorenwagen und Serpollet'sche
Kessel verkehren auf den Linien der Pferdebahnen im Norden der Stadt, die feuerlose
Locomotive hat ihre Thätigkeit in der Avenue de la grande
Armée aufgenommen, die elektrische Strassenbahn der Claret'schen Bauart macht ihre Versuche auf der Seite von Romainville, und zwischen La
porte de la Chapelle und Saint Denis fahren
die Motorwagen der Gasbahn; schliesslich bleibt noch, um Niemand zu vergessen, nebst
den verschiedenen Dampfstrassenbahnen die in der Roche-chouart-Strasse vorhandene, mit unterirdischer Zuleitung betriebene
elektrische Trambahn anzuführen. Auch im gewöhnlichen Verkehr sind das Zweirad und die selbstfahrenden
Wagen eifrigst daran, die Abschaffung der Pferde in die Mode zu bringen;
selbst die ältesten, behäbigsten Omnibusgesellschaften und Pferdebahnen sehen sich
unliebsamer Weise zu den verschiedensten Versuchen gedrängt. Wie es in Amerika der
Fall war, besteht auch bei uns unverkennbar ein mächtiges Streben, sich von der
Beförderung durch Thiere gänzlich loszusagen, nur dass man in Europa wählerischer
und weniger entschlossen vorgeht, als jenseits des Oceans. Wir machen uns, was die
Verallgemeinerung der elektrischen Beförderung anbelangt, erst jetzt mit etwas
lebhafterem Eifer daran, in die Fusstapfen der Amerikaner zu treten, zu einem
Zeitpunkte, wo deren früherer Enthusiasmus für diese Art Unternehmungen
einigermaassen in
Erkaltung begriffen zu sein scheint. Letzteres lässt sich allerdings durch den
Umstand erklären, dass einerseits die Umwandlung der Pferdebahnen in elektrische an
allen wichtigen oder wirthschaftlich hierzu geeigneten Plätzen Amerikas bereits so
ziemlich durchgeführt ist und dass sich andererseits nur selten mehr Gelegenheit
findet, neue Strassenbahnanlagen ins Leben zu rufen, die genügend lohnend wären.
Nach den letzten Ausweisen der Strassenbahnen des Staates Massachusetts hat sich daselbst im J. 1895 das Netz der elektrischen
Strassenbahnen um 198 Meilen (317 km) vermehrt, während sich das Pferdebahnnetz um
44 Meilen (70 km) verringerte, so dass dem letzteren nur mehr 62 Meilen verbleiben,
während das erstere im Ganzen 908 Meilen (1563 km) umfasst. Die durchschnittlichen
Anschaffungs- und Erstellungskosten für die elektrischen Strassenbahnen haben sich
für 1 Meile (1,609 km) auf 48729 Doll. belaufen, wovon 23984 für den Oberbau nebst
der Stromzuleitung, 10479 für Maschinen und Wagen und 14266 für Gebäude und
Grundstücke entfallen. Die Herstellungskosten der theuersten Anlage bezifferten sich
mit 97504 Doll., die billigsten mit 11737 Doll. für 1 Meile. Von 75 elektrischen
Bahnen im obengenannten Staate haben nur 33 eine Dividende abgeworfen, und zwar im
Mittel 5,85 Proc. gegen 6,10 Proc. des Vorjahres; die höchste bezahlte Dividende
betrug 9 Proc.
Die vorerwähnte officielle Commission, derem Berichte die angeführten Ziffern
entstammen, geht selbstverständlich nicht so weit, zu sagen, dass die Unternehmungen
mit elektrischen Strassenbahnen einem gewissen Rückgange unterworfen seien, aber sie
erklärt, dass man auf den Gedanken verzichten müsse, einen aussergewöhnlichen
Vortheil daraus zu ziehen, schon deshalb, weil das an sich beschränkte Geschäft
nicht ohne eine verhältnissmässig grosse, kostspielige Verwaltung bestehen könne und
zumeist drückenden Verpflichtungen den Strassenbesitzern oder anderen Factoren
gegenüber unterworfen sei.
Aus diesen amerikanischen Erfahrungen erwächst immerhin auch für uns die Moral, dass
man in Allem verstehen lernen müsse, sich einzuschränken.