Titel: | Die Fortschritte der Zuckerindustrie in dem dritten Viertel 1896. |
Fundstelle: | Band 302, Jahrgang 1896, S. 161 |
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Die Fortschritte der Zuckerindustrie in dem
dritten Viertel 1896.
(Letzter Bericht S. 64 d. Bd.)
Die Fortschritte der Zuckerindustrie in dem dritten Viertel
1896.
A. Rübenzuckerfabrikation.
I. Landwirthschaft.
Viele Forscher haben sich schon eingehend damit beschäftigt, Beziehungen zwischen
den Blättern der Zuckerrübe zum Zucker der Wurzel aufzustellen, doch gehen die
Urtheile über den Einfluss der Blättergestaltung auf das Assimilationsproduct in
mancher Hinsicht aus einander. Auch von N.
WestermeyerOesterreichisch-ungarische Zeitschrift für
Zuckerindustrie und Landwirthschaft, 1896 XXV S.
387. angestellte Versuche, die Beziehungen der Gestalt, Grösse,
Oberfläche und Farbe der Blätter unserer Zuckerrübe
zum Zuckergehalt der Wurzel aufzudecken, brachten kein befriedigendes Ergebniss,
und es erscheint zweifelhaft, ob die darauf gerichteten Bestrebungen ohne
zweckentsprechende Auswahl der Versuchsrüben von Erfolg begleitet sein können.
Westermeyer hat nun eine Reihe von
Untersuchungen angestellt, welche zunächst die Grundlage liefern sollen, auf
welcher sich vielleicht gesetzmässige Beziehungen zwischen den Blättern und der
Wurzel aufbauen lassen. Zu diesem Zweck wurden im Frühjahr und Sommer 1895
mehrere Ruhen von ihrem Aufgang an ausgewählt, ihre Blätter einzeln, wie sie
entstanden, mit fortlaufenden Nummern versehen und über jedes Blatt sorgfältig
Buch geführt, und zwar hinsichtlich des Wachsthums, etwaiger Beschädigungen und
endlich über das Aufhören der Lebensthätigkeit. Die abgestorbenen Blätter wurden
gemessen und gepresst und gaben Aufschluss über den Formenwechsel, dem die auf einander
folgenden Blätter unterworfen waren. Auf diese Weise wurde der Formenwechsel der
Blätter zweier Rübensorten (Heine's Klein-Wanzlebener und Heine's Vilmorin
blanche améliorée) genau studirt und ihr Wachsthum nach der Zeit hin
festgestellt. Möglicher Weise gelingt es, bei weiteren derartigen Versuchen
einen Einblick in die Beziehungen zwischen den Blättern und dem Zuckergehalte
der Zuckerrüben zu gewinnen.
Auf die eingehenden Untersuchungen Frank's über das
Wesen der Herz- und Trockenfäule der
Zuckerrüben haben wir bereits seiner Zeit hingewiesen (D. p. J. 1896 300 260),
sowie auch auf die Rathschläge, welche er zur Bekämpfung dieser Krankheit
gegeben hat. Diese Rathschläge hat bereits Kiehl
bekämpft (D. p. J. 1896 302 40) und auch die Landwirthschaftskammer für die Provinz
SachsenBlätter für Zuckerrübenbau, 1896 III S.
209. nimmt gegen diese Vorschläge Stellung, nachdem alle vier
von Frank vorgeschlagenen Mittel gegen die Herz-
und Trockenfäule der Rüben mit den Anforderungen, die an einen rationellen
Rübenbau, um eine normale Ernte zu erzielen, gestellt werden müssen, in directem
Widerspruche stehen. Der beträchtliche Schaden, den ihre Anwendung zweifellos
nach den bisherigen Erfahrungen dem Zuckerrübenbau zufügen würde, überwiegt so
bedeutend den eventuellen Nutzen, den sie vielleicht gegen die Trockenfäule
gewähren, dass die praktische Landwirthschaft vorläufig davor zu warnen ist,
sich ihrer auch nur versuchsweise zu bedienen, ehe sie nicht wissenschaftlich
auf ihre Verwendbarkeit geprüft sind.
FrankIbid. S.
225. hat gegen diese Erklärung der Landwirthschaftskammer
ebenfalls Stellung genommen, mit dem Hinweise darauf, dass derselben in Bezug
auf das Wesen der Herz- und Trockenfäule grosse Missverständnisse unterlaufen
sind. In seinen weiteren Ausführungen vertheidigt Frank die gegebenen Rathschläge, um auf seiner Ansicht stehen zu
bleiben.
Immerhin muss aber betont werden, dass Frank in der
besten Absicht, um der Landwirthschaft Bekämpfungsmaassregeln gegen diese
gefährliche Rübenkrankheit in die Hand zu geben, etwas zu weit gegangen ist und
Mittel angegeben hat (wie z.B. das Abblatten der Rüben), welchen die Austreibung
des Teufels durch Beelzebub völlig gleichkommt.
HellriegelZeitschrift der Landwirthschaftskammer
für die Provinz Sachsen, 1896 53 S. 98. hat sich in
eingehender Weise mit dem Einfluss des Nematodenschadens
auf die Zusammensetzung der Zuckerrüben beschäftigt und durch Versuche
festzustellen versucht, ob, da öfters eine Verminderung des Nematodenschadens
durch consequent fortgesetzte starke Kalidüngung beobachtet worden ist, ohne
dass die Kalisalze ein Gift für die Nematoden sind und ohne dass die durch
Nematoden hervorgerufene Rübenmüdigkeit mit dem Kalireichthum des Bodens im
Zusammenhang steht, die von Nematoden geschädigten Rüben einen bemerkenswerth
geringeren Kaligehalt zeigen. Es ergab sich nun, dass die geschädigten Rüben
wasserreicher waren als die gesunden, und dass durch die Nematoden nicht nur das
Kali, sondern sämmtliche Stoffe den Rüben entzogen werden, und zwar in
ungleichem Maasse, was vielleicht der verschiedenen Diffusionsfähigkeit der
einzelnen Stoffe zuzuschreiben ist. Der Zuckergehalt war um mehr als die Hälfte
herabgedrückt, der Stickstoff knapp um ein Viertel. Dagegen zeigte die Asche
keine Verminderung, sondern eher sogar noch eine kleine Erhöhung. Ganz
unverändert erscheinen in der Asche Magnesia und Schwefelsäure, dagegen wurden
auffallend Phosphorsäure und Kali vermindert. Die am schwersten durch Nematoden
geschädigten Rüben enthielten 14mal weniger Kali als die gesunden, wie auch bei
den Blättern gefunden wurde. Aus diesen Ergebnissen schliesst nun Hellriegel, dass die Nematoden nicht allein durch
Aussaugung der Rüben schädigen, sondern dass sie vielmehr in zweiter Instanz die
Pflanzen im Wachsthum hindern, und derjenige Stoff, der hier am meisten in
Betracht kommt, ist das Kali, welches bis unter den Maximalbedarf der Pflanze
herabgedrückt wird. Es könnte also in manchen Fällen durch eine Kalidüngung
wenigstens dieser zweiten Schädigung, welche die Rübe im Wachsthum erleidet,
entgegengewirkt werden.
Unabhängig von den vorstehenden Untersuchungen Hellriegel's ist VibransDie deutsche
Zuckerindustrie, 1896 XXI S. 1891. zu denselben
Resultaten auf anderem Wege gelangt. Das Ergebniss von Düngerversuchen, die
hierüber angestellt wurden, kann man dahin zusammenfassen, dass die Zuckerrüben
die Einwirkung der Nematoden überstehen, wenn ihnen das Kali in einer leicht
assimilirbaren Form gegeben wird, und es scheint das. kohlensaure Kali, wie dies
z.B. in der Schlempekohle gegeben wird, eine geeignete Verbindung zu sein, wenn
zugleich eine Beigabe von leicht löslicher Phosphorsäure nicht fehlt. Damit soll
allerdings das kohlensaure Kali nicht als Universalmittel und als einzig
richtige Kaliquelle für die Zuckerrüben hingestellt werden, nachdem es immerhin
gewagt erscheint, auf Grund der Ergebnisse von Versuchsfeldern einen Schluss auf
allgemeine Anwendbarkeit zu ziehen. Immerhin kann aber dieses Resultat zur
Anregung dienen, weitere Versuche nach dieser Richtung hin zu unternehmen.
Die Wintersaateule ist ein schon lange bekannter
gefährlicher Schmetterling, nachdem dessen Raupe, Erdraupe genannt, zu den
gefürchtetsten Rübenfeinden gehört, da sie durch Abfressen der Rübenblätter
schon ungeheuren Schaden angerichtet hat. Es ist daher ein Gebot der
Nothwendigkeit, auch den Schmetterling energisch zu bekämpfen, und empfiehlt FrankLandwirthschaftliche Jahrbücher, 1896 XXV
S. 483. das Aufstellen von
Fanglaternen, namentlich die Moll'sche
Laterne, bei welcher, durch das helle Feuer angelockt, die anfliegenden
Schmetterlinge an geneigten Glasscheiben herabgleiten und in mit Melasse
gefüllte, offene Kästen fallen, worin sie zu Grunde gehen. Auf diese Weise
gelang es, innerhalb 3 Monaten 4000 Insecten zu vertilgen, von welchen 48 Proc.
als schädlich anzusprechen waren, und war hierbei die Wintersaateule neben
anderen schädlichen Eulen besonders vertreten. Frank beabsichtigt, die Versuche mit einer Feldfanglaterne einfacherer
und billigerer Art fortzusetzen.
Der Rüsselkäfer und speciell die Art Cleonus
punctiventris Germ, tritt schon seit Jahrzehnten in Ungarn in ungeheuren Mengen
auf, wo er durch Abfressen der jungen Rübensaaten einen bedeutenden Schaden
verursacht. Es ist daher natürlich, da das Einsammeln sehr kostspielig ist (eine
Zuckerfabrik in Oberungarn gibt z.B. alle Jahre 6000 bis 8000 fl. aus),
dass man billigere und dabei sicher wirkende Mittel anzuwenden sucht, um dieser
Plage Herr zu werden. MorávekOesterreichisches
landwirthschaftliches Wochenblatt, 1896 S. 243.
empfiehlt nun als Mittel gegen den Rüsselkäfer das
Bestäuben der jungen Rüben mit einer 2- bis 3procentigen Chlorbariumlösung. Die
Kosten stellen sich bei zweimaligem Bestäuben der Rüben für 18 ha auf 29,87 fl.
und bei dreimaligem Bestäuben auf 56,40 fl. Wie von anderer Seite mitgetheilt
wird, so sollen die Wirkungen des Chlorbariums sehr günstige sein.
Die sonst sehr selten auf Rüben beobachtete Larve des
nebeligen Schildkäfers (Cassida nebulosa) ist heuer in Oberschlesien
aufgetreten, wo sie stellenweise die Blätter bis auf das Gerippe abgefressen
hat. DoeringBlätter für Zuckerrübenbau, 1896
III S. 247. empfiehlt zur Bekämpfung das Bestreuen der
Rübenschläge mit Düngergyps (2 bis 4 Centner auf 1 Morgen). Es scheint nämlich,
dass die Larven den feinen Staub des Gypses nicht vertragen können; sie fallen
vom Rübenblatt herunter und kommen bei ihrer Trägheit auf dem Boden, besonders
wenn ein Regen bald folgt, um.
Die Frage der Melassenfütterung hat weiter
verschiedene Forscher und Landwirthe beschäftigt, doch lauten immerhin die
Erfahrungen noch sehr verschieden. Bemerkenswerth sind aber die Resultate,
welche RammDeutsche landwirthschaftliche
Presse, 1896 XXIII S. 651. bei Melassefütterungsversuchen an Schafen erhalten hat,
wobei einerseits frische Melasse und andererseits Torfmelasse zur Verwendung
gelangten; zum Vergleich wurde einer Partie von Thieren Gerstenschrot
verabreicht. Aus den Versuchsresultaten hat sich nun gezeigt, dass den Schafen
ohne Nachtheil für die Gesundheit 3,6 k frische Melasse und 4,5 k Torfmelasse
für 100 k Lebendgewicht verabreicht werden konnte. Einen ungünstigen Einfluss
hat aber die Melassefütterung auf die Wollerzeugung ausgeübt, denn dieselbe
belief sich bei Fütterung von frischer Melasse auf 73, bei Fütterung von
Torfmelasse auf 56 Proc. von den bei Gerstenfütterung erzielten Wollmengen. Die
Rentabilität der Melasseration war eine sehr viel bessere als die der
Gerstenration, besonders die Ration der frischen Melasse zeichnet sich nach
dieser Richtung hin aus. Das von der Gerste erzeugte Fett hat einen höheren
Schmelzpunkt als das bei der Melassefütterung gewonnene. Die Gerste bewirkte
einen höheren Gehalt des Muskelfleisches an ätherlöslichen Stoffen, während die
frische Melasse ein Fleisch von niederer Trockensubstanz und hohem Aschengehalt
lieferte.
II. Chemie und analytische
Untersuchungsmethoden.
Die Entstehung des Zuckers in der Rübe wird nach der
gegenwärtigen Erkenntniss der Wissenschaft, sowie nach eigenen Forschungen in
eingehender Weise von F. StrohmerOesterreichisch-ungarische Zeitschrift für Zuckerindustrie und
Landwirthschaft, 1896 XXV S. 589. dargelegt. Die
Forschungen über die synthetische Entstehung des Muckers im Pflanzenorganismus
haben bis jetzt noch zu keinem positiven Resultate geführt, während hingegen in
Bezug auf den Ort des Verlaufes die Forschung zu einer sicheren Erkenntniss
gelangt ist. Wir wissen jetzt, nachdem schon Achard
die Beziehungen der Blätter der Zuckerrübe zu dem Zuckergehalte der
letzteren erkannt hat, dass das Rübenblatt eigentlich zwei Stadien zu
durchlaufen hat, indem es im ersten zunächst für seine eigene Ausbildung und das
Wachsthum der mit ihm direct zusammenhängenden Theile der Pflanze sorgt, im
zweiten Stadium aber als ausgewachsenes Blatt die von ihm weiter aufzunehmenden
Nahrungsstoffe zur Bildung von Zucker verwendet. Die bis jetzt vorliegenden
Forschungsresultate sind im Zusammenhange mit der Thatsache, dass die Wurzel
nicht befähigt ist, Kohlensäure zu assimiliren, ein unwiderlegbarer Beweis
dafür, dass der Zucker im Rübenblatt producirt wird, und zwar zunächst als
reducirender Zucker direct oder als Umwandlungsproduct der Stärke oder eines
anderen Kohlenhydrates, um in dieser Form durch die Gefässe des Blattstieles in
die Rübenwurzel geleitet zu werden, wo er dann als Rohrzucker aufgespeichert
wird. Die Production von Zucker zum Zwecke der Aufspeicherung in der Wurzel wird
naturgemäss dann die grösste sein, wenn das Blatt vollkommen ausgewachsen und
selbstverständlich auch vollkommen gesund ist, denn im anderen Falle benöthigt
es einen Theil der neu producirten organischen Substanz zum eigenen Wachsthum
oder der durch Krankheit zerstörte Chlorophyllapparat vermag seine Aufgabe nicht
zu erfüllen.
Die Beobachtungen zahlreicher Forscher haben bewiesen, dass die Zuckerbildung in
der Rübe in einem bestimmten Zusammenhang mit der Belichtung derselben durch die
Sonne steht; es erzeugt daher das Sonnenlicht im Rübenblatt den Zucker und es
wird demnach um so mehr Zucker in dem Blatte und in Folge dessen auch in der
Wurzel producirt, je mehr Licht dem ersteren zur Verfügung steht. Hierbei
besitzen nun die chemischen Strahlen des Sonnenlichtes nur in sehr geringem
Maasse die Fähigkeit, die chemische Arbeit der Production von organischer
Substanz aus Kohlensäure und Wasser zu vollziehen, nachdem sie für diesen
Process vollkommen entbehrlich sind. Es sind vielmehr die Strahlen mittlerer
Brechbarkeit, also jene des gelben Lichtes, welche die erste Rolle spielen. Dies
hat Strohmer durch specielle Versuche erwiesen,
wobei Zuckerrüben aus Samen der gleichen Abstammung und gleicher Qualität unter
vollständig gleichen Bedingungen angebaut und die daraus erwachsenen Zuckerrüben
von Anfang August an dem Sonnenlichte ausgesetzt wurden, welches bei der einen
Versuchsreihe ungefärbtes, bei der zweiten gelbes, bei der dritten blaues und
bei der vierten rothes Glas passiren musste. Die Untersuchung der Rüben ergab,
dass sowohl das geerntete Gesammtgewicht der Wurzel, wie jenes der geernteten
Trockensubstanz derselben bei den im gelben Lichte gewachsenen Pflanzen nahezu
doppelt so gross war, als bei den in blauem und rothem Licht erzogenen; ebenso
war auch das Gewicht der frischen Blätter bei denen des gelben Lichtes grösser
als bei jenen des blauen und rothen Lichtes. Hingegen scheint aber dem blauen
Lichte (den chemischen Strahlen) bei der Umwandlung der Assimilationsproducte in
Zucker, also bei der Bildung des letzteren, eine hervorragende Rolle zuzukommen,
deren allgemeine Gültigkeit aber erst durch weitere Versuche bestätigt werden
soll. – Die Versuche von Girard und Strohmer haben weiter gezeigt, dass der einmal in
der Wurzel angesammelte Zucker auch dieser erhalten bleibt und nicht als
Baumaterial für Neubildungen bei einem durch äussere Verhältnisse angeregten,
etwas lebhafteren Wachsthum zu Ende der Vegetationsperiode verbraucht wird. Erst der
Zucker der der Erde entnommenen und ihres Blätterschmuckes beraubten Rüben dient
als Athmungsmaterial zur Erhaltung des Lebens der Pflanze, aber dann auch
gleichzeitig der langsamen Vorbereitung für das Wachsthum im zweiten
Vegetationsjahr, wobei ein Theil des Zuckers in Nichtzucker umgewandelt und
daher wiederum labil wird.
PagnoultDie deutsche Zuckerindustrie, 1896 XXI S.
1889. hat sich in ausführlicher Weise mit Rübenuntersuchungen beschäftigt und ergibt sich vor
allem aus seinen Zahlen, dass der Unterschied zwischen den wahren und
scheinbaren Reinheitsquotienten ein sehr verschiedener ist. In Folge dieses
Umstandes ist auch die Anwendung von Coëfficienten bei Berechnung des wahren
Reinheitsquotienten aus den scheinbaren unstatthaft, so dass von einer
Verallgemeinerung dieser Coëfficienten keine Rede sein kann. So lange es keine
Methode gibt, nach welcher es gelingt, einen der wahren Reinheit möglichst nahe
kommenden scheinbaren Reinheitsquotienten in kurzer Zeit zu bestimmen, so lange
wird es immer angebracht sein, wenn nöthig, beide Quotienten direct zu
bestimmen. Der interessanteste Theil der Arbeit Pagnoult's beschäftigt sich mit der Einwirkung der freien Luft auf
ungetheilte und getheilte Rüben, d.h. mit anderen Worten auf unbeschädigte und
beschädigte Rüben. Zu diesem Behufe wurden ganze Rüben und Rübenhälften 4 und 7
Tage der Einwirkung trockener atmosphärischer Luft ausgesetzt, während die
anderen Rübenhälften sofort untersucht wurden. Bei den ganzen Rüben hat sich nun
ergeben, dass nach 7 Tagen kein Zuckerverlust stattgefunden hat, während
hingegen bei den halben Rüben ein Verlust zu constatiren war. Pagnoult ist daher der Ansicht, dass die Einwirkung
atmosphärischer Luft in einem Zeitraum von 7 Tagen bei unverletzten Rüben nur
eine Verdunstung des Wassers bewirke, während bei den Rüben mit offenen
Schnittflächen Zuckerverluste durch Umsetzung in flüchtige Substanzen eintreten;
dieselbe Wirkung soll sich auch bei ganzen Rüben bei längerer Einwirkung der
Luft äussern. Dass thatsächlich Verluste durch Umsetzen in flüchtige Materien
auftreten, hat Pagnoult durch die Beobachtung
nachgewiesen, dass die Rüben grosse Quantitäten Kohlensäure abgaben, wobei sich
der Versuch auf beinahe 3 Monate erstreckte, ohne dass die Entwickelung von
Kohlensäure aufgehört hätte.
MendelsohnDie deutsche Zuckerindustrie, 1896
XXI S. 1565. schlägt eine Methode vor, die die Untersuchung der Zuckerrüben zur Bezahlung nach
Werth bezweckt, und liegt der Zweck dieser Bezahlung darin, den
Genossenschafter am Geschäftsgewinn zu betheiligen, und zwar nicht bloss im
Verhältniss des Quantums der von ihm gelieferten Rüben, sondern auch in dem der
Qualität seines Materials. Es muss dann die zur Untersuchung gelangende
Rübenprobe dem wirklichen Durchschnitt der jedesmaligen Lieferung entsprechen,
muss sich aber auch in demselben Zustande befinden, in dem die Rüben in der
Fabrik zur Schnitzelmaschine gelangen. Die Zahl der zu untersuchenden Rüben kann
nicht gross genug sein und empfiehlt es sich, von jedem Wagen mindestens 1
Centner Rüben als Probe zu nehmen; die Rüben werden dann numerirt und gewaschen.
Es handelt sich nun darum, aus jeder Rübe eine ihrem wirklichen
Zuckergehalt entsprechende Probe herauszunehmen, die aber auch bei allen
Rüben ein procentisch gleicher Theil des Einzelgewichtes sein muss. Dies
geschieht am besten mittels der Keil-Dolle'schen
Segmentreibe, bei welcher eine feilenartig aufgehauene Scheibe, die etwa 300
Touren macht, aus der auf eine Gabel gesteckten Rübe ein Segment von etwa 1/15 Gewicht
der Rübe ausfräst. Der gesammelte Brei wird gemischt und für die Untersuchung
Proben gezogen. Zur Zuckerbestimmung ist die richtigste Resultate gebende
Alkoholextraction anzuwenden, die allerdings die theuerste, zeitraubendste und
umständlichste ist, doch lässt sich auch hier vieles durch eine praktische
Einrichtung erreichen, z.B. durch ein grosses, mit Dampf geheiztes Wasserbad,
das etwa Raum für 40 Kolben bietet, ferner durch Extractionsapparate mit innen
befindlichen Heberöhrchen und durch geeignete Metallkühler. Mit dieser
Einrichtung lassen sich bequem in 12 Stunden 250 Extractionen durchführen. Bei
einer täglichen Einfuhr von 10000 bis 15000 Centner sind exclusive Chemiker neun
Personen nöthig und stellen sich die Geldkosten für die erstmalige Einrichtung
auf etwa 900 M., bei Einführung der warmen, wässerigen Digestion jedoch nur auf
550 M. Wenn auch die Kosten für einen derartigen Apparat bedeutend erscheinen,
so hat man aber dann nach Ansicht Mendelsohn's
einen bei sachgemässer Anwendung und Beaufsichtigung tadellos functionirenden
Apparat.
Der Vorschlag Mendelsohn's ist sicherlich
beachtenswerth, doch dürfte er kaum, namentlich unter den jetzigen
Verhältnissen, Anklang finden, um so weniger in Oesterreich, wo man erst
allmählich daran geht, die Zuckerrüben nach dem Zucker in der Rübe zu
bezahlen.
In Fortsetzung früherer Versuche fand BertrandBulletin de
l'Association des chimistes et de distillerie de France, 1896
XIV S. 21., dass die rasche
Dunkelfärbung des Rübensaftes an der Luft der Oxydation des Tyrosins
durch ein besonderes, zu den Oxydasen gehöriges Enzym, der Tyrosinose,
zuzuschreiben ist. Dieses Enzym ist gegen höhere Temperaturen (60 bis 70°),
ferner Austrocknung, Alkohol u.s.w. sehr empfindlich. Bertrand stellte das Tyrosin in Substanz dar und enthalten die Rüben
im gesammten Safte vertheilt etwa 0,0005 Proc.
Ueber die Bestimmung der Zuckerarten fliegen
eingehende Untersuchungen von J. KjeldahlMeddelelser fra
Carlsbery Laboratoriet durch Zeitschrift für analytische Chemie, 1896 XXXV S.
344. vor, bezüglich welcher, namentlich mit Rücksicht auf die
umfangreichen Tabellen, auf das Original verwiesen werden muss. An dieser Stelle
mögen nur die folgenden allgemeinen Bemerkungen hervorgehoben werden. Vor allem
bemerkt Kjeldahl, dass der Einfluss der Luft
während der Ausführung der Bestimmung nicht unbeachtet bleiben darf, weist aber
auch darauf hin, dass viel weniger der sonst meist betonte Einfluss der Luft auf
das Kupferoxydul während des Filtrirens, als vielmehr derjenige auf die
Oberfläche der Flüssigkeit während des Erhitzens Fehler bedingen kann. Es ist
deshalb bei der bisher allgemein üblichen Art der Bestimmung die Form der
Gefässe und die dadurch bedingte Flüssigkeitsoberfläche von grossem Einfluss auf
das Resultat. Die Differenzen, welche sich so häufig zwischen zwei unabhängig
von einander arbeitenden Chemikern zeigen, können deshalb sehr leicht auf die
Anwendung verschiedener Kochgefässe zurückgeführt werden. Kjeldahl schlägt daher vor, die Bestimmung der
Zuckerarten mit Fehling'scher Lösung stets in der
Weise vorzunehmen, dass man während und vor Beginn des Kochens Wasserstoff oder
von Sauerstoff befreites Leuchtgas durch die Kochflüssigkeit leitet. Als
Kochdauer hat er die von Maerker vorgeschlagenen 20
Minuten acceptirt, da nach seinen Versuchen nach dieser Zeit bei weiterem Kochen
für jede Minute fast dieselbe Menge Kupferoxydul abgeschieden wird. Kjeldahl arbeitet nun nach einer bestimmten
Arbeitsweise und hat die dem gefundenen Kupfer entsprechenden Mengen von
Dextrose, Lävulose, Invertzucker, Galaktose, Laktose und Maltose für je 1 mg
Kupfer in einer Anzahl Tabellen angegeben.
Zur Zuckerbestimmung in Fruchtsäften, Syrupen, Liqueuren,
Confitüren und Honig hat de
RaczkowskiBulletin de l'Association des chimistes et de
distillerie de France, 1896 XIII S. 564. eine
Methode angegeben, die zum grossen Theil rechnerischer Natur und übrigens derart
complicirt ist, dass sie schwerlich Eingang in die Praxis finden dürfte. Im
Uebrigen ist die Zusammensetzung obiger Producte in manchen Fällen eine
derartige, dass es auch bei Anwendung dieser Methode unmöglich ist, den
wirklichen Zuckergehalt zu bestimmen, und die Analytik noch immer vor einer
Aufgabe steht, deren Lösung noch nicht gelungen ist und auch schwer gelingen
dürfte. Aus diesem Grunde verweisen wir bezüglich der Raczkowski'schen Methode auf die Originalmittheilung.
PelletIbid. S. 840. weist darauf hin, dass man zur Conservirung der Säfte verschiedene Mittel in
Vorschlag gebracht hat, welche ihre Aufgabe eine gewisse Zeit erfüllen sollen.
Mit dem schon früher empfohlenen Bleiessig und Quecksilberchlorid hat Pellet weiter das Formaldehyd und das
Kieselfluorquecksilber zum Vergleich herangezogen und gefunden, dass der
Bleiessig am günstigsten und längsten (13 Tage) wirkt. Das Quecksilberchlorid
(1/10000
des Saftes in Substanz zugesetzt) conservirt den Saft zu mindestens 24 Stunden
und genügt daher im Allgemeinen in der Praxis beim Einsammeln von
Durchschnittsproben. Das Formaldehyd hat sich wenig günstig gezeigt, während das
Kieselfluorquecksilber in seinen Wirkungen dem Sublimat nahe steht. Für die
Praxis verdient das Sublimat den Vorzug, nachdem dadurch das Volumen des Saftes,
sowie auch die Zusammensetzung desselben bei der geringen angewendeten Menge
nicht verändert wird und man daher in der Lage ist, in dem conservirten Safte
die gewöhnliche Analyse (Reinheit, Asche u.s.w.) durchführen zu können. – Es ist
verwunderlich, dass Pellet Chloroform nicht
verwendet hat, welches ebenfalls in günstiger Weise wirkt und bei der geringen
Menge, welche man zu verwenden braucht, bei Durchschnittsproben das Volumen
nicht verändert. Der Schwefelkohlenstoff ist nicht zu empfehlen, da bei
alkalischen Säften die Alkalität verschwindet.
MittelstaedtNeue Zeitschrift für
Rübenzuckerindustrie, 1896 XXXVII S. 109. schlägt
zur Bestimmung des Rendements eine neue Methode
vor, welche in klarer Weise alle die Ausbringbarkeit beeinflussenden Factoren zu
erkennen gestattet und zugleich die wahre, aus einem Rohproduct zu erwartende
Ausbeute sicherer erkennen lässt, als dies bei Anwendung der bekannten
Coëfficienten der Fall ist. Die mechanischen Verluste betragen im
Raffineriebetrieb etwa 0,5 Proc. des eingeführten Rohzuckers. Durch die
chemischen, unter dem Einflüsse der Wärme und des Wassers entstehenden Verluste
werden aber 0,55 Proc. von dem Zucker des eingeführten Rohproductes zerstört.
Aus diesen 0,55 Th. chemisch veränderten Zuckers werden aber durch die Aufnahme
von Wasser und Alkalien 0,60 Proc. Gesammtnichtzucker gebildet, welcher zugleich
mit dem Gesammtnichtzucker des Rohmaterials in der Melasse erhalten wird. Die
bei der Verarbeitung normaler Producte entstehende Melasse weist nun im grossen
Durchschnitt einen wirklichen Quotienten von 60 Einheiten auf. In einer solchen
Melasse bindet somit 1 Th. Nichtzucker 1,5 Th. Zucker. Der Raffinationswerth
eines Productes muss sich nun ergeben, wenn man von dem Zuckergehalt desselben
die in einem normalen Betriebe unvermeidlichen mechanischen und chemischen
Verluste in Abzug bringt, sodann aber auch diejenige Zuckermenge subtrahirt,
welche von dem in dem Rohzucker enthaltenen und durch die chemischen Verluste
entstandenen Nichtzucker zur Melassebildung erfordert wird. Folgendes Beispiel
soll die Berechnung des Raffinationswerthes eines Rohzuckers zeigen. Ein
Rohzucker enthält z.B. 95,6 Proc. Polarisation, 1,2 Proc. Salze, 1,5 Proc.
organischen Nichtzucker und 1,7 Proc. Wasser.
Polarisation
95,6
Proc.
Ab Verluste:
Mechanische = 0,5Chemische = 0,55
1,05
„
––––––––––––
94,55
Proc.
Gesammtnichtzucker:
Im Rohzucker
2,7
Proc.
Aus chemischen Verlusten
0,6
„
––––––––––––
3,3
Proc.
Mithin sind 94,55 – (3,3 × 1,5) = 94,55 – 4,95 = 89,6 Proc. an weisser
Consumwaare auszubringen. Mittelstaedt hat in einer
kleinen Tabelle normale Rohzucker von gleicher Polarisation, gleichem
Aschengehalt und nur variablem Gehalt an organischem Nichtzucker
zusammengestellt und zum Vergleich das gewöhnliche Aschenrendement, das deutsche
Nichtzuckerrendement, sowie seine Berechnung, welche er „praktisches
Rendement“ nennt, neben einander gestellt. Aus dieser Zusammenstellung
ergibt sich, dass das „praktische Rendement“ für normale Zucker, welche
vom Verhältniss 1 Th. Salze zu 1,25 Th. organischem Nichtzucker nur wenig
abweichen, mit dem Aschen- und Nichtzuckerrendement fast zusammenfällt. Dagegen
bewegt sich dasselbe sowohl bei steigendem als fallendem Verhältniss zwischen
Aschen- und Nichtzuckerrendement, welche Erscheinung auch in Ergebnissen der
Praxis ihre Bestätigung findet. Der weitere Vortheil der Methode besteht darin,
dass sie auch für Nachproducte ohne Abänderung anwendbar ist. Wenn R das zu berechnende Rendement eines Rohproductes,
P die Polarisation desselben, Nz den Gesammtnichtzucker desselben bezeichnet, so
kann die Berechnung des praktischen Rendements in folgenden mathematischen
Ausdruck gebracht werden:
R = P – 1,95 – (Nz × 1,5).
Bis jetzt sind alle Vorschläge, das alte Aschenrendement durch eine neue, den
gegenwärtigen Verhältnissen Rechnung tragende Bewerthungsweise zu ersetzen,
gescheitert und auch das neue deutsche Nichtzuckerrendement hat bald die
Erwartungen getäuscht, so dass es wieder verschwinden wird. Ob der Vorschlag von
Mittelstaedt den jetzigen Verhältnissen
angepasst werden kann, lässt sich nicht ohne weiteres entscheiden, doch scheint
er einer eingehenden Prüfung werth zu sein, namentlich in Bezug auf die Zahlen
über die chemischen Verluste, die nicht ohne weiteres angenommen werden
können.
Einen weiteren Vorschlag macht AbrahamDie deutsche
Zuckerindustrie, 1896 XXI S. 1682., um den Raffinationswerth des Zuckers zu bestimmen, und
bezieht sich dieser Vorschlag speciell auf die Verhältnisse in Russland, wo fast
alle Fabriken keinen Rohzucker, sondern einen weissen Zucker, den sogen.
Sandzucker, produciren, welcher in den Raffinerien dann zu Consumzucker von
prima Qualität verarbeitet wird. Da nach Abraham's
Meinung die Sulfate der Alkalien und Erdalkalien wenig schädlich sind und bei
den Sandzuckern Invertzucker und Raffinose fast nie vorkommen, so musste auf die
Bestimmung der an Alkalien und Erdalkalien gebundenen organischen Säuren die
Hauptaufmerksamkeit gerichtet werden; denn dieselben hätten die grösste
melassebildende Kraft. Abraham schlägt nun zur
Bestimmung derselben folgende indirecte Methode vor: Man bestimmt zunächst die
Alkalität des Zuckers, indem 25 g in der Wärme aufgelöst und unter Benutzung von
Lackmus als Indicator in 1/100-Normalsäure titrirt werden. Sodann werden 5
g des Zuckers verascht, die Asche in Wasser gelöst und diese Lösung mit
derselben Säure zunächst kalt und dann in der Siedehitze titrirt. Die erste Zahl
gibt die Menge der vorhandenen freien und kohlensauren Alkalien an, die
Differenz der zweiten und ersten Zahl hingegen die Menge der an organische
Säuren gebundenen Basen. Je grösser diese Zahl ist, desto schlechter ist der
Zucker und desto weniger eignet er sich zur Raffination. Ist schwefelsaurer Kalk
vorhanden, so muss derselbe extra durch Fällen der Schwefelsäure mit Chlorbarium
bestimmt werden; ebenso muss auch Invertzucker, welcher jedoch nach Abraham's Angaben bei Phenolphtaleïnalkalität stets
abwesend sein soll, nach der Methode von Herzfeld
bestimmt werden, sobald ein Zucker nicht phenolphtaleïnalkalisch ist.
Ob man durch diese Methode zu besseren Resultaten in Bezug auf die Werthschätzung
des Zuckers gelangen wird und ob dieselbe auch bei Rohzuckern mit Nutzen
angewendet werden kann, muss auch hier weiteren Arbeiten überlassen bleiben. Im
Uebrigen wurde vom „Technischen Verein“ in Kiew eine Commission zur
Prüfung der Abraham'schen Methode eingesetzt.
Die Thatsache, dass Zucker durch Anwendung der X-Strahlen durchsichtig wird, ist
kurz nach Röntgen's Entdeckung festgestellt worden.
WiechmannDie deutsche Zuckerindustrie, 1896
XXI S. 1567. hat nun das Verhalten
des Zuckers gegen Röntgen-Strahlen insofern studirt, als er ermittelte,
ob die Structur des Zuckers, durch welchen die Strahlen hindurchgehen, irgend
welchen Einfluss ausübt und ob sie ihre Wirkung auf die photographischen Platten
modificirt. Zu den Versuchen wurden zwei Scheiben hergestellt, und bestand die
eine aus einer festen Zusammenfügung reiner Saccharosekrystalle, während die
andere Scheibe aus amorphem Zuckerwerk, sogen. Gerstenzucker, bestand. Es zeigte
sich nun, dass beide Scheiben die X-Strahlen hinlänglich frei hindurchgelassen
hatten, doch ergab das Negativ der photographischen Platten unverkennbar,
dass der amorphe Zucker die X-Strahlen leichter hindurchlässt als der
krystallinische, und ist diese Thatsache vielleicht hinsichtlich der Frage der
Verbreitungs- und Brechungsfähigkeit von X-Strahlen nicht ohne Bedeutung. Die
weitere Frage, ob die X-Strahlen auch auf das polarisirte Licht von Einfluss,
ergab ein negatives Resultat.
Im heurigen Jahre hat wieder eine Versammlung der im
Dienste der Zuckerindustrie thätigen österreichisch-ungarischen öffentlichen
ChemikerOesterreichisch-ungarische Zeitschrift für
Zuckerindustrie und Landwirthschaft, 1896 XXV S.
627. stattgefunden, welche die Beschlüsse, die in früheren
Versammlungen gefasst wurden, revidirte und nach dem gegenwärtigen Stande der
Wissenschaft ergänzte. Die Berathungen bezogen sich auf die Ausführung der
Polarisation von Zucker enthaltenden Substanzen, der Untersuchung des
Rohzuckers, der Melassen und Osmosewässer, des Spodiums und der Dünger. Nachdem
nun bei der Untersuchung dieser Producte in einheitlicher Weise vorgegangen
wird, so ist dadurch im Interesse der Chemiker und des Handels ein Weg
angebahnt, der für die Zukunft das Beste erhoffen lässt, nachdem schon jetzt die
Klagen über die Differenzen in den Befunden zweier Handelschemiker gegenüber den
früheren Jahren weitaus geringer sind. Hervorzuheben ist ferner, dass der
vorjährige internationale Chemikercongress zu Brüssel die von den
österreichisch-ungarischen Zuckerchemikern ausgearbeiteten
Untersuchungsvorschriften des Rohzuckers als einheitliche internationale Methode
bis auf die Wasserbestimmung angenommen hat. Auf der heurigen Versammlung der
österreichisch-ungarischen Zuckerchemiker wurde jedoch die Methode des Brüsseler
Congresses nicht angenommen, sondern beschlossen, den Rohzucker nur bei 100° C.
und nicht bei 100 bis 105° C. bis zu constantem Gewichte zu trocknen, nachdem
unter Umständen bei höheren Temperaturen als 100° C. eine Zersetzung nicht
ausgeschlossen ist.
Für Zwecke der Auslese von Eliterüben haben Gallois
und Dupont eine Neuerung an
Polarisationsinstrumenten construirt. Dieselbe besteht nach RümkerBlätter für Zuckerrübenbau, 1896 III S.
246. darin, dass mit dem Polarimeter ein Läutewerk verbunden
ist. Dasselbe ist so eingerichtet, dass an dem durch die Schraube beweglichen
Nonius eine kleine, senkrecht gestellte Metallplatte angebracht ist, welche
zwischen zwei seitlich an einem feststehenden Balken befindlichen
Metallschrauben spielt. Diese Schrauben werden nach empirischer Ermittelung so
eingestellt, dass sie den Grenzen des mittleren Zuckergehaltes des betreffenden
Rübentypus und Jahrgangs entsprechen. Zeigt sich nun bei der Polarisation der
Saft einer Rübe zuckerärmer als dieser mittlere Zuckergehalt, so berührt während
des Einsteilens des Polarisationsinstrumentes durch den Beobachter die
senkrechte Metallschneide die linke Schraube, wodurch der elektrische Strom
(eingeführt durch ein einfaches Bunsen-Element) geschlossen und eine elektrische
Klingel zum Läuten gebracht wird. Genau dasselbe findet statt, wenn die kleine
Metallschneide die rechte Schraube berührt. Die zwei Läutewerke haben
verschiedenen Klang und kann man mit Hilfe derselben die Rüben in drei Klassen
nach dem Zuckergehalte sondern, ohne jede Rübe genau auspolarisiren zu müssen.
Diese Neuerung soll bereits bei einigen französischen Rübenzüchtern eingeführt worden sein;
dass dieselbe aber eine empfehlenswerthe Verbesserung darstellt, bezweifelt Rümker und mit Recht. Ein Mittel zur weiteren
Beschleunigung der Auslese mag es sein, ein Mittel zur Erhöhung der Genauigkeit
des Verfahrens ist es auf keinen Fall, denn es lenkt von dem Wege der
Individualzucht ab und führt auf den Weg der Gruppen- oder Pauschalzucht zurück,
indem man auf die genaue Ermittelung von Einzelzahlen verzichtet und sich mit
der Herstellung von drei Werthklassen begnügt.
(Fortsetzung folgt.)