Titel: Die Dampfmaschinen der Berliner Gewerbeausstellung 1896.
Autor: Fr. Freytag
Fundstelle: Band 303, Jahrgang 1897, S. 26
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Die Dampfmaschinen der Berliner Gewerbeausstellung 1896. Von Fr. Freytag in Chemnitz. (Fortsetzung des Berichtes S. 1 d. Bd.) Mit Abbildungen. Die Dampfmaschinen der Berliner Gewerbeausstellung 1896. Die Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft in Berlin hatte für die in der Maschinenhalle befindliche elektrische Centrale zwei mit stehenden Dampfmaschinen direct gekuppelte Drehstromdynamomaschinen geliefert. Bei der kleineren Maschine ist der Anker mit einer aus einer einzigen Reihe kräftiger, in geschlitzten Löchern am Umfange des Ankereisens festgelegten Kupferstäben gebildeten Trommelwickelung versehen und auf die verlängerte Kurbelwelle fliegend aufgesetzt. Das aus einem Ringe mit radial nach innen gerichteten Polen bestehende Magnetsystem ist mittels besonderer Grundplatte im gemauerten Fundament verankert. Die Entnahme des Drehstromes erfolgt durch Schleifringe und Bürsten, während der zur Erregung benöthigte Gleichstrom der Magnetwickelung mittels fester Klemmen zugeführt wird. Der Bürstenhalter war an einer besonderen Tragesäule befestigt. Die Leistung der Maschine im Dauerbetriebe unter inductionsfreier Belastung (cos φ = 1) beträgt bei 215 minutlichen Umdrehungen und einem Energieverbrauch von 135 rund 90000 Watt bei 200 Volt Hauptspannung. Vor Inbetriebsetzung der zweiten Dynamomaschine soll jedoch diese Maschine zeitweise bis zu 130000 Watt geleistet haben, ohne Schaden zu nehmen. Die zugehörige Dampfmaschine arbeitet nach dem Verbundsystem mit Cylindern von 300 bezieh. 500 mm Durchmesser und 350 mm Kolbenhub. Hoch- und Niederdruckcylinder sind von je einem Dampfmantel umgeben und liegen neben einander; die Schieber sind aussen angeordnet. Da das Aussenlager nicht genügt, um den verlangten hohen Gleichförmigkeitsgrad der Bewegung zu erreichen, ist die verlängerte Kurbelwelle mit einem schweren Schwungrad versehen und aussen nochmals gelagert. Das Aussenlager ist auf der verlängerten Grundplatte der Dampfmaschine befestigt und unmittelbar neben demselben der auf der Kurbelwelle fliegend sitzende Anker der Dynamo angeordnet. Der Hochdruckcylinder hat Kolbenschiebersteuerung mit selbsthätig veränderlicher, durch einen empfindlichen, indirect wirkenden Regulator beeinflusster Expansion; der Niederdruckcylinder hat feste Expansion. Der Expansionsschieberkolben ist innenliegend, die zugehörige Schieberstange ist durch die hohle Grundschieberstange geführt und durchgehend. Am oberen hervorstehenden Ende greift der Verdrehungshebel des Regulators an. Letzterer ist seitlich auf der Grundplatte aufgeschraubt und empfängt seine Bewegungen von der Kurbelwelle aus mittels zweier Schraubenräder, von denen das Triebrad in Bronze ausgeführt ist. Zur Schmierung der Cylinder dient eine mechanische Schmierpumpe, während den anderen beweglichen Theilen das Schmiermaterial aus einem centralen, vorn an den Cylindern angebrachten Schmiergefäss zugeführt wird. Bei 8 at Admissionsspannung und einer etwa siebenfachen Gesammtexpansion beträgt die Leistung der Maschine bei 200 minutlichen Umdrehungen etwa 135 effective . Die zweite Maschine ist eine Drehstrommaschine der von der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft für grössere Niederspannungsmaschinen, sowie besonders für Hochspannungsmaschinen gewählten Type 0. Dieselbe ist in der Elektrotechnischen Zeitschrift, 1895 Heft 6 S. 95, eingehend beschrieben; ihre charakteristischen Eigenschaften sind einspulige Erregung, sowie feststehende Anker- und Erregerwickelung. Maschinen dieser Type werden für Leistungen von 100 bis 2000 und darüber bei 600 bis 85 minutlichen Umdrehungen und für beliebig hohe praktisch vorkommende Spannungen gebaut. Die in Berlin ausgestellte Maschine leistet bei einem Energieverbrauch von 450 und 375 minutlichen Umdrehungen unter inductionsfreier Belastung 300000 Watt bei 200 Volt Hauptspannung. Die Maschine hat zwei mit Ringschmierung versehene eigene Lager, sowie eigene Welle, die durch eine elastische Stahlkuppelung mit der Dampfmaschine verbunden ist. Diese ist eine stehende Drillings-Verbundmaschine, System Willans (1893 288 * 220), und besteht aus drei neben einander liegenden Cylindersystemen, bei welchen die Hoch- und Niederdruckcylinder in Tandemanordnung auf gemeinsamem Unterbau über einander gesetzt sind. Die der Maschine charakteristische innere Dampfvertheilung bietet den Vortheil, dass die schädlichen Räume auf ein Minimum beschränkt und ebenso die Wärmeausstrahlungsflächen verkleinert werden; dementsprechend ist auch der Dampfverbrauch der Maschine ausserordentlich gering. Die Regulirung geschieht durch einen in der Verlängerung der Kurbelwelle liegenden, auf ein Drosselventil wirkenden Schwungkugelregulator, dessen Schwungebene durch die Achse der Welle geht. Ausserdem ist noch eine vom Regulator selbsthätig beeinflusste, durch einen Hilfsdampfcylinder bethätigte, sowie auch von Hand in weiteren Grenzen veränderliche Regulirung durch Aenderung des Füllungsgrades des Hochdruckcylinders vorgesehen. Um dies zu erreichen, sind die Dampfdurchtrittsöffnungen zum Hochdruckcylinder in der hohlen Kolbenstange schraubenförmig gestaltet, und es ist über die Kolbenstange eine feststehende, aber drehbare, ebenfalls mit entsprechenden schraubenförmigen Schlitzen versehene Hülse gestülpt. Durch Verdrehen der letzteren, welches gemeinsam für die drei Cylinder durch den Hilfsdampfkolben erfolgt, dessen Bewegung durch den Regulator mittels Steuerventile eingeleitet wird, ist ähnlich wie bei der Rider-Steuerung ein früherer oder späterer Abschluss des Dampfeintrittes zu erreichen. Ausserdem kann, wie bereits bemerkt, die Einstellung der Steuerung auch von Hand erfolgen. Die kleine Schwungscheibe, welche sich auf dem Regulator entgegengesetzten Ende der Kurbelwelle befindet, bildet zugleich die eine Hälfte einer elastischen Kuppelung. Die Maximalleistung der Maschine beträgt bei normal 360 Umdrehungen in der Minute und einem Admissionsdruck des Arbeitsdampfes von mindestens 7 at (Ueberdruck) 360 indicirte . Der Ueberdruck kann bis auf 11 at erhöht werden. Mit diesem Druck und Condensationsbetrieb stellt sich der Verbrauch an trockenem Dampf bei einer Leistung der Maschine von 360 indicirten auf 7 k für 1 indicirte und Stunde. Der Nutzeffect beträgt 85 bis 90 Proc. Der von den Maschinen erzeugte Strom von niedriger Spannung wurde durch vier Transformatoren für je 100 Kilo-Watt auf 2750 Volt Hauptspannung transformirt. Jeder Transformator ist in der Primär-, wie in der Secundärwirkung dreipolig gesichert und primär ausschaltbar. In der Centrale ausserhalb der Ausstellung zur Versorgung des Vergnügungsparkes befanden sich ferner drei Gleichstrommaschinen der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft. Dieselben leisten bei einem Energieverbrauch von je 108 und 540 Touren in der Minute je 72000 Watt bei 110 bis 120 Volt Klemmspannung. Die mittels Riemen von einer Vorgelege welle aus angetriebenen Maschinen sind sechspolige Nebenschlussmaschinen der bekannten Construction mit Gittertrommelanker und Polbüchse. Ausser dieser Generatoranlage hatte die Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft auf der Ausstellung noch eine grössere Anzahl von Licht- und Motoren anlagen ausgeführt. Die Maschinenfabrik „Cyclop“ Mehlis und Behrens in Berlin war auf der Kraftstation der Ausstellung durch eine stehende Verbunddampfmaschine mit Condensation von 220 effectiven vertreten. Der Hochdruckcylinder hat 450 mm, der Niederdruckcylinder 700 mm Bohrung für 450 mm gemeinschaftlichen Kolbenhub. Die Maschine arbeitet mit einer Anfangsspannung von 10 at Ueberdruck und macht 150 Umdrehungen in der Minute. Die sehr kräftig gehaltene Grundplatte enthält zwischen den drei angegossenen Kurbellagern die Vertiefungen für die Kurbeln und ist mit diesen in das Fundament eingelassen; auf derselben stehen vier kräftige, gusseiserne, in der Mittelebene der Kurbeln paarweise gespreizte Säulen und auf diesen die Dampfcylinder. Die Säulen enthalten die Gleitbahnen für die zweigleisigen Kreuzköpfe. Die doppelt gekröpfte Kurbelwelle läuft in den genannten drei Lagern und hinter dem zehnrilligen Seilscheibenschwungrad noch in einem vierten Lager. Zur Dampfvertheilung des Hochdruckcylinders dienen Kolbenschieber (System Meyer mit grosser Schraube), von denen der Vertheilungsschieber mit Dichtungsringen ausgestattet ist, während die von einem kräftigen Regulator mit Pröll'scher Kugelaufhängung beeinflussten Expansionsschieber dampfdicht ein geschliffen sind. Der Flachschieber des Niederdruckcylinders ist zwischen den Cylindern eingebaut und mit Trickkanal versehen. Die Arbeitskolben sind in Hohlguss hergestellt und von selbstfedernden Dichtungsringen umgeben. Beide Cylinder haben eingesetzte Futter und werden durch Frischdampf geheizt. Die Lager der Kurbelwelle, der Kurbelzapfen, sowie die Excenter sind mit Weissmetall ausgegossen. Ein Schiebergewicht am Regulator gestattet, die Umdrehungszahl der Maschine um etwa 12 Proc. verändern zu können. Für jeden Cylinder ist eine mechanische Schmierpumpe vorgesehen, alle übrigen Schmierstellen innerhalb der Maschine werden von einem Centralschmierapparat bedient, welcher durch einen Handgriff sofort in bezieh. ausser Thätigkeit gesetzt werden kann. Sämmtliche Deckel der Cylinder und des Kolbenschiebers sind aufgeschliffen und rein metallisch ohne jegliche Packung abgerichtet. Ueber den Kurbeln angebrachte Schutzbleche verhindern das Wegschleudern des Oeles; dieses sammelt sich in den Vertiefungen der Grundplatte und wird von hier in ein Gefäss geleitet. Die Luftpumpe, welche gewöhnlich unter Flur angeordnet wird, musste in diesem Falle etwa 0,5 m höher gelegt werden, um das Wasser noch mit Gefälle abführen zu können. Sie ist einfach wirkend und mit einem Schöpfkolben versehen, der den Eintritt der Condensationsproducte wie bei den von A. Borsig ausgestellten stehenden Maschinen durch Schlitze vermittelt, so dass keine Saugklappen erforderlich sind. Den Antrieb erhält die Luftpumpe in der üblichen Weise durch Lenkstangen und Schwinge vom Kreuzkopf des Hochdruckcylinders aus. Der Condensator ist in das Abdampfrohr verlegt. Die Maschine treibt durch je fünf Baumwollseile von 45 mm Durchmesser zwei Gleichstromdynamo der Firma Gebrüder Naglo in Berlin, welche in Abständen von 5 und 7,5 m staffelförmig aufgestellt sind und normal 500 Umdrehungen in der Minute machen. Die Antriebscheiben haben 760 mm Durchmesser, d. i. das 17 fache des Seildurchmessers. Die Seilgeschwindigkeit beträgt etwa 20 m in der Secunde. Sollen Dampfmaschine und Dynamo direct gekuppelt werden, so erlaubt es die Bauart der ersteren, letztere sowohl rechts wie links auf der verlängerten Kurbelwelle anzubringen. Die Maschinenfabrik Brodnitz und Seidel in Berlin hatte zwei kleine schnell gehende Dampfmaschinen stehender Anordnung zur Ausstellung gebracht. Die eine, als 6pferdig bezeichnete Maschine diente mit 610 minutlichen Umdrehungen zum Betreiben eines Centrifugalexhaustors mit einer Leistung von 180 cbm in der Minute, die andere, 17pferdige Maschine zum Betreiben eines Patentschraubenradgebläses; letztere machte 200 Umdrehungen in der Minute. Die Maschinen haben einen Vertheilungsschieber gewöhnlicher Construction. Da sie sehr häufig für Unterwindgebläse und Ventilationszwecke auf Schiffen Verwendung finden, wo ununterbrochen Tag und Nacht andauernde Arbeit verlangt wird, ist besondere Sorgfalt auf die Herstellung der einzelnen Theile und auf die Schmierung verwendet. Kurbelzapfen und Excenter sind mit Centrifugalschmierung versehen. Das Oel tropft zu dem Zwecke aus einem Dochtschmierapparat mit Zuführungsrohr und Hahn in rotirende Auffangschalen, von denen aus es durch die Centrifugalkraft in den hohlen Kurbelzapfen bezieh. das Excenter hineinbefördert wird. Auch dem Ausgleichen der rotirenden Massen ist grosse Aufmerksamkeit gegeben. Die Kurbelwelle ist aus Stahl hergestellt und gekröpft. Die Ausgleichgewichte sind angeschmiedet. Die Lager der Kurbelwelle sind mit Ringschmierung versehen. Zum Betriebe einer auf dem Ausstellungsplatze befindlichen Stufenbahn hatte die Elektricitäts-Gesellschaft Union eine von Lud, Loewe und Co. erbaute liegende Tandem-Verbunddampfmaschine, System Mc Intosh und Seymoor (1893 290 * 266), aufgestellt, welche bei einer Anfangsspannung des Arbeitsdampfes von 8 at mit 230 minutlichen Umdrehungen ohne Condensation 130 indicirte leistet. Der Hochdruckcylinder hat 280 mm Durchmesser, ist mit Dampfhemd versehen, welches wiederum von einem mit Asbestfiber gefüllten Mantel umgeben ist, und trägt an jedem Ende ein Sicherheitsventil. Durch den geheizten Receiver gelangt der Dampf in den Niederdruckcylinder von 480 mm Durchmesser, der nur mit einem Asbestmantel versehen ist, gleichfalls aber zwei Sicherheitsventile besitzt. Textabbildung Bd. 303, S. 27 Verbunddampfmaschine von Petzold und Co. Der gemeinschaftliche Kolbenhub beträgt 381 mm. Die Kolbenbewegungen werden durch Kreuzkopf und Führung nach Art der amerikanischen Locomotiven auf die zweiarmige, mit Gegengewichten versehene und fast vollständig durch ein mit Scharnieren befestigtes Schutzblech verdeckte Kurbel übertragen. Zu beiden Seiten derselben liegen die in der Länge sehr reichlich bemessenen, mit Weissmetall ausgegossenen Lager, welche mit dem Rahmen zusammengegossen sind. Neben jedem Lager ist ein Riemenscheibenschwungrad von 1740 mm Durchmesser und 400 mm Breite mit ⊔-förmigem Kranzquerschnitt angeordnet, von denen das eine einen Federregulator aufnimmt, der die Veränderlichkeit der Steuerung in bekannter Weise mit Hilfe von Centrifugalgewichten durch Verstellung eines auf der Achse frei beweglichen Excenters bewirkt. Mittels Anwendung von Spurlagern wirkt den Gewichten eine Blattfeder entgegen. Die Excenterbewegung wird durch Hebelübersetzung und Geradführung auf den Kolbenschieber übertragen. Letzterer besteht, wie 1893 290 * 267 näher erläutert, um die Dampfkanäle möglichst kurz halten zu können, aus zwei Theilen und ist dadurch gekennzeichnet, dass die Futter, in denen er abdichtet, als Spannringe ausgebildet und mittels einer Schraube nachstellbar sind. Die Steuerung für den Niederdruckcylinder ist ähnlich construirt, jedoch auf der anderen Seite der Maschine angeordnet. Die Bewegung des Kolbenschiebers erfolgt hier von einem festen Excenter aus. Eine nahezu geräuschlos arbeitende liegende Verbunddampfmaschine der Firma Petzold und Co. in Berlin mit Cylindern von 400 bezieh. 630 mm Durchmesser für 800 mm Kolbenhub diente mit 76 minutlichen Umdrehungen mittels Riemen zum Betreiben einer Gleichstromdynamo von W. Lahmeyer und Co. in Frankfurt a. M. Bei 8 at Anfangsspannung und Condensation soll die normale Leistung der Maschine 150 betragen. Wie Fig. 9 bis 11 erkennen lassen, arbeitet der Hochdruckcylinder mit einer zwangläufigen Ventilsteuerung, der Niederdruckcylinder mit einer Rundschiebersteuerung. Auf der zum Hochdruckcylinder gehörigen, mittels konischer Räder von der Schwungrad welle betriebenen Steuerwelle ist für jedes Cylinderende ein Excenter für Ein- und Auslass des Dampfes befestigt. Zur Bethätigung der Einlassventile ist an jedes Excenter ein kurzer Lenker ab (Fig. 11) angeschlossen, dessen Bewegung durch einen zweiarmigen Hebel bg, der in der Mitte durch einen Schwinghebel ef gestützt ist, auf die Ventilzugstange gh übertragen wird. Bei b ist ferner eine Schwinge bc angelenkt, welche mit einem auf der Regulirwelle festsitzenden Hebel cd verbunden ist. Bei Aenderung der Füllung wird, wie bei den Steuerungen von Recke, Proell, Widnmann, die Lage des kurzen Lenkers ab verändert, wodurch die Grösse und Dauer der Ausweichungen des Punktes b verschieden werden. Als Vortheil dieser Steuerung wird hervorgehoben, dass durch die Einschaltung des Schwinghebels ef der Hub der Ventile vergrössert und eine Drosselung des Dampfes beim Schliessen derselben vermieden wird. Der Punkt e des Schwinghebels bewegt sich nämlich während der Eröffnung des Ventils derart auf einem Kreise, welcher die Länge ef des Schwinghebels zum Halbmesser hat, dass er gezwungen ist, den Bewegungen des Punktes b zu folgen. Da ferner der Schwinghebel ef beim Anhübe des Ventils den ganzen Rückdruck aufnimmt, wird auf den Regulator keine Stosswirkung ausgeübt. Da nur eine geringe Anzahl von Gelenken mit gehärteten Zapfen in gehärteten Büchsen vorhanden und Coulissen vollständig vermieden sind, ist die Reibungsarbeit gering bezieh. auch die Abnutzung verschwindend klein. Die Dampfvertheilung am Niederdruckcylinder erfolgt durch zwei Rundschieber, die unter Zwischenschaltung einer Schwinge von einem Excenter der Kurbelwelle bewegt werden. Die Schieber regeln sowohl die Ein- wie auch die Ausströmung des Arbeitsdampfes und sind für ein festes Expansionsverhältniss eingestellt. Textabbildung Bd. 303, S. 28 Fig. 12.Dampfmaschine von Petzold und Co. Hoch- und Niederdruckcylinder haben Dampfmäntel. Der Frischdampf umspült zuerst den Mantel des Hochdruckcylinders, tritt dann durch die Ventile in den letzteren und nach vollbrachter Arbeit in diesem durch ein Ueberströmrohr in den Mantel des Niederdruckcylinders bezieh. in diesen selbst. Ein besonderer Zwischenbehälter ist hierbei vermieden. Beide Cylinder sind mit Arbeitsbüchsen versehen, die nach erfolgter Abnutzung leicht ausgewechselt werden können. Die Luftpumpe des hinter dem Niederdruckcylinder liegenden Condensators wird von der durchgehenden Kolbenstange des ersteren betrieben. Die aus Gummischeiben gebildeten Ventile sind leicht zugänglich und in ihren Durchlassquerschnitten reichlich bemessen. Um eventuell auch mit Auspuff des Dampfes arbeiten zu können, ist zwischen Niederdruckcylinder und Condensator ein Wechselventil eingeschaltet. Eine von derselben Firma ausgestellte liegende Eincylindermaschine von 250 mm Cylinderdurchmesser und 450 mm Kolbenhub leistet mit 80 minutlichen Umdrehungen normal 30 Die Fig. 12 ersichtliche Maschine arbeitet mit einer von dem Oberingenieur Walter der Firma Petzold und Co. zum Patent angemeldeten zwangläufigen Rundschiebersteuerung ähnlicher Construction wie diejenige am Niederdruckcylinder der vorerwähnten Verbundmaschine. Bei Construction dieser Steuerung wurde besonderes Gewicht auf ökonomisches Betreiben und geringe Herstellungskosten der Maschine gegenüber Ventil- und Corliss-Maschinen mit vier Dampfvertheilungsorganen gelegt. An jedem Cylinderende ist wieder ein Rundschieber angeordnet, welcher den Ein- und Auslass des Dampfes gleichzeitig regelt. Die Schieber liegen bei der ausgestellten Maschine im Boden des Cylinders, so dass die schädlichen Räume nur 0,013 vom Cylindervolumen betragen. Jeder Schieber wird für sich von einem Mechanismus gesteuert, welcher seine Bewegung von der Excenterstange ableitet und mit dem Regulator in Verbindung steht. Der Mechanismus ist vollständig zwangläufig, ohne dass Federn und Luftpuffer in Anwendung kommen. Im Uebrigen kann mit der Steuerung dasselbe erreicht werden, wie bei der Anordnung von vier Rundschiebern; es bleiben nämlich Voreinströmung, Vorausströmung und Compression bei variablen Füllungen von 0 bis 70 Proc. unverändert. Ferner lassen sich bei dieser Steuerung, im Gegensatz zu anderen Steuerungen, Vorausströmung und Compression unabhängig von einander wählen und verstellen. Eine zweite ausgestellte Eincylindermaschine liegender Anordnung hat 350 mm Cylinderdurchmesser, 600 mm Kolbenhub und leistet mit 90 minutlichen Umdrehungen 90 ; sie arbeitet mit einer Flachschiebersteuerung, System Rider, welche vom Regulator beeinflusst wird. Die sämmtlichen Gelenke der Steuerung sind nachstellbar eingerichtet und in ihren Abmessungen reichlich gross gehalten, so dass nur unbedeutende Abnutzungen auftreten können. Ausser den genannten liegenden Dampfmaschinen hatte die Firma Petzold und Co. noch zwei stehende Dampfmaschinen ausgestellt. Die grössere hiervon ist eine Verbundmaschine mit Steuerung nach Patent Mussmann. Diese Maschinentype ist vorzugsweise für grosse Umlaufzahlen bestimmt und dementsprechend auf das Sorgfältigste durchconstruirt. Die Hauptabmessungen der ausgestellten Maschine sind folgende: Durchmesser des Hochdruckcylinders 250 mm          „             „   Niederdruckcylinders 400 mm Kolbenhub 300 mm Minutliche Umdrehungszahl 180 Anfangsspannung 10 at Die so nahe wie möglich an einander gerückten Cylinder mit aussen liegenden Schieberkästen sind zu einem Gusstück vereinigt, welches auf zwei gedrungenen Ständern in A-Form ruht, die ihrerseits mit einer kräftigen Grundplatte verschraubt sind. Da die Kröpfungen der Kurbelwelle gegenseitig um 180° versetzt liegen, ist eine fast vollkommene Ausgleichung der Massenwirkungen der leicht gehaltenen Gestänge erreicht worden. Die Cylinder sind ausgebüchst und von Dampfmänteln, welche beim Hochdruckcylinder mit Frischdampf, beim Niederdruckcylinder mit Receiverdampf gespeist werden, umgeben. Beachtenswerth ist die Vorrichtung von A. Mussmann zur Entwässerung des oberen Cylinderraumes (D. R. P. Nr. 87687). Zu dem Zwecke ist die obere Kolbenfläche nach der Mitte zu trichterförmig vertieft und über die zur Befestigung der Kolbenstange dienende Mutter eine mit Oeffnungen versehene Glocke gezogen, deren rohrförmige Verlängerung während des letzten Theiles des Kolbenhubes in einer centralen Bohrung des Cylinderdeckels gleitet. Das über dem Kolben angesammelte Wasser wird nach Oeffnen eines auf den Cylinderdeckel geschraubten Hahnes durch Druck und strahlartige Wirkung bis auf den letzten Rest ausgeblasen. Die Dampfvertheilung beider Cylinder erfolgt durch Schieber, und zwar für den Niederdruckcylinder durch einen Trick'schen Kanalschieber, für den Hochdruckcylinder durch einen flachen Grundschieber, auf dessen entsprechend geformtem Rücken ein entlasteter Kolbenschieber als Expansionsschieber gleitet. Zur Bethätigung des letzteren dient die Steuerung von Mussmann, deren Eigenart auf der Anwendung einer steilgängigen Schraube (Drehung) beruht, welche mit dem Expansionsexcenter derart gekuppelt ist, dass sich Voreilwinkel und Hub desselben ändern, wenn der Regulator die Mutter des Drehlings axial verschiebt. Excenter und Drehling sitzen auf einer Welle, welche dem Regulatorstuhl eingefügt und mit diesem zu einem selbständigen Ganzen durchgebildet ist. Da bei dieser Steuerung die Relativbewegungen beider Schieber constant sind, erreicht man für jeden Füllungsgrad ein gleich vortheilhaftes Abschneiden der Dampfzufuhr. (Bei Gestattung variabler Compression ist nur ein einziger Schieber anzuordnen, der dann zweckmässig als Rundschieber ausgebildet wird.) Die Kreuzköpfe bestehen aus Stahlguss und laufen in genau zum Cylinder gebohrten Rundführungen. Die Lagerschalen der Kurbelwellen sind aus Gusseisen mit Weissmetallfütterung, diejenigen der Pleuelstangen aus Rothguss gefertigt und am Kurbelzapfen ebenfalls mit Weissmetall ausgegossen. Die Schmierung der bewegten Theile erfolgt von einer Centralstelle am Cylindergehäuse aus mittels sichtbarer Tropfenbildung, die des Dampfes durch eine Oelpresse, welche das Oel dem Schieberspiegel des Hochdruckcylinders zuführt. Für Inbetriebsetzung und besondere Fälle dienen Schmiergläser auf jedem Schieberkasten. Das abtropfende Oel und Condenswasser läuft in eingegossene Mulden zwischen den Kurbellagern und wird von hier einem hinter der Maschine stehenden Behälter zugeführt; ausserdem ist die Grundplatte von einer Oelrinne umzogen. Bei Maschinen mit Condensation befindet sich die mittels Schwinge vom Kreuzkopf angetriebene Luftpumpe hinter dem Ständer des Niederdruckcylinders. Die andere Ausstellungsmaschine stehender Anordnung ist eine Eincylindermaschine mit 275 mm Cylinderdurchmesser und 350 mm Kolbenhub; sie leistet mit 150 Umdrehungen in der Minute 30 . Die Steuerung ist eine Flachschieber-Präcisionssteuerung, System Aderhold (D. R. P. Nr. 59173), über welche 1893 288 * 221 eingehend berichtet wurde. Der Cylinder ruht auf zwei gusseisernen Ständern, die zu einem Stück zusammengegossen sind. Der Kreuzkopf bewegt sich in einer Rundführung. Die Maschine diente mittels Riemen zum Betreiben der Hauptwelle im Mühlenpavillon der Firma Petzold und Co.; von einer zweiten, auf der Kurbelwelle befestigten Riemenscheibe wird eine zur Beleuchtung der Mühle dienende Dynamo von Schuckert und Co. angetrieben. (Fortsetzung folgt.)