Titel: | Neuerungen in der Thonwaarenindustrie. |
Autor: | H. Hecht |
Fundstelle: | Band 303, Jahrgang 1897, S. 43 |
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Neuerungen in der
Thonwaarenindustrie.
Von Dr. H.
Hecht.
(Fortsetzung des Berichtes Bd. 302 S.
262.)
Mit Abbildung.
Neuerungen in der Thonwaarenindustrie.
3) Steinzeug und feuerfeste Erzeugnisse.
Vorschläge für die Zusammensetzung von Steinzeugmassen und
Glasuren finden sich – von einem ungenannten Autor – Sprechsaal, 1893 Bd. 26 S. 932. Den mitgetheilten
Recepten ist kein allgemeinerer Werth beizumessen.
Von der Thonwaarenfabrik Bettenhausen werden
Patentthonkühlschlangen hergestellt, deren Verbesserung darin besteht, dass das lose
gelagerte Kühlrohr beim Einbrennen durch Schmelzen der Glasur nicht mehr an den
Stegen anbacken kann. In Folge dessen liegt das Rohr völlig frei, ohne durch
Glasurschmelzung an den Stegen anzukleben, auf den Stegen auf und kann sich bei der
Wärmezunahme ungehindert ausdehnen. (Chemiker-Zeitung,
1893 Bd. 17 S. 1270; 1894 Bd. 18 S. 1045 und Repertorium 1894 Bd. 18 S. 324.)
Die Dichtung der Thonröhren zu Kanalisationszwecken u.
dgl. mittels Thonwulst oder Theerstricke leidet durch Eindringen von Baumwurzeln und
bei Vorhandensein von Grundwasser sehr häufig. Deswegen ist eine Dichtung durch
Cementumgiessung oder mit sogen. Metallcement vorzuziehen. (Thonindustrie-Zeitung, 1895 Bd. 19 S. 331.)
Unter Feuerbeständigkeit bezieh. Feuerfestigkeit ist nach Dr. P. Jochum
(Thonindustrie-Zeitung, 1894 Bd. 18 S. 837) „die relative
Widerstandsfähigkeit gegen die Einwirkung hoher Temperaturen, gegen chemische
und mechanische Einflüsse bei hohen Temperaturen zu verstehen“. Den sehr
beschränkten Werth, welchen die chemische Analyse und die aus derselben
hergeleiteten Formeln (welche von Dr. C. Bischof
construirt wurden) besitzen, weist derselbe durch eine Anzahl derartiger
Herleitungen nach. Wie Prof. Dr. Seger ausführte, liegt
dies daran, dass der „Körnungsgrad“ der Kieselsäure in Form von Quarz oder
Sand darin keine Berücksichtigung findet. Als Aufgabe der Fabrikation feuerfester
Producte betrachtet es Dr. Jochum, durch mechanische
Gemenge von Quarz, Chamotte oder beiden zusammen in sachgemässer Körnung mit
feingemahlenem Thon, die Zusammensetzung und die Feuerbeständigkeit bezieh.
Widerstandsfähigkeit des letzteren gegen chemische und mechanische Einwirkungen bei
hohen Temperaturen dem jeweiligen Zwecke anzupassen und für die Verwendungsstelle
auf das höchst Mögliche zu steigern.
Die bei der Fabrikation feuerfester Waaren in Betracht
zuziehenden allgemeinen Grundsätze bespricht Dr. C. Bischof
(Sprechsaal, 1893 Bd. 25 S. 23).
Ueber die Wirkung der Flussmittel in den Thonen, deren
Einwirkung Dr. Richters in seinen klassischen Arbeiten
erkannt hatte, gegen deren Zuständigkeit in letzter Zeit aber verschiedentlich
Bedenken laut geworden waren, stellte E. Cramer
(Thonindustrie-Zeitung, 1895 Bd. 19 S. 633) weitere Versuche an, deren
Ergebnisse das Gesetzmässige der Richters'schen
Arbeiten bestätigen, d.h. die Schmelzbarkeit der Thone nimmt im umgekehrten
Verhältniss der Molekulargewichte der Basen (Kali, Natron, Kalk, Magnesia und
Eisenoxyd) zu.
Die technisch wichtigsten physikalischen Eigenschaften der
Rohmaterialien feuerfester Producte bespricht Dr. P. Jochum. Die Annahme, dass die Plasticität und das Bindevermögen
proportional mit dem Zusätze von Magerungsmitteln abnimmt, hat derselbe nicht
bei allen Thonen als zutreffend gefunden. Um die Wirkung, welche der stetig
gesteigerte Zusatz eines Magerungsmittels von ganz bestimmter Korngrösse auf ein
bestimmtes Volumen Thon in verschiedener Siebfeinheit ausübt, festzustellen, schlägt
Verfasser die Bestimmung der Zerreissfähigkeit, wie dieselbe bei der Untersuchung
der Cemente ausgeübt wird, vor. (Thonindustrie-Zeitung,
1895 Bd. 19 S. 374.)
Bezüglich der Bestimmung der Schmelzbarkeit der Thone
sind von Prof. H. O. Hofmann in Gemeinschaft mit C. H. Demond umfassende Versuche angestellt (Thonindustrie-Zeitung, 1894 Bd. 18 S. 608 ff., und
ebenda 1895 Bd. 19 S. 339). Von den verschiedenen Methoden erachten die Verfasser
die Bestimmung der Schmelzpunkte der Thone mittels der Seger-Kegel entgegen dem
Urtheil Dr. Bischofs für die beste Art und Weise, die
Thone auf ihre Feuerfestigkeit zu prüfen.
Die Verwendbarkeit von Magnesiatiegeln zur Bestimmung
der Feuerfestigkeit von Thonen, ihre Herstellung und Anwendung bespricht E. Cramer (Thonindustrie-Zeitung, 1892 Bd. 16 S. 676).
Nach neueren Mittheilungen gebraucht derselbe die Magnesiatiegel nur, wenn Magnesia,
Chromite u. dgl. geprüft werden: für Thonuntersuchungen verwendet derselbe Tiegel,
welche aus Schieferthon und geglühter Thonerde hergestellt sind, mit bestem
Erfolge.
Die Ursachen der Abnutzung des Mauerwerkes der Hochöfen
bespricht F. W. Lürmann (Thonindustrie-Zeitung, 1892
Bd. 16 S. 229). Die schädigenden Einflüsse sind zu suchen in dem Abrieb durch die
niedergehende Beschickung, in chemischen Einflüssen der Gase (Cyan u.s.w.), im
Abschmelzen durch Kochsalz aus den Koks, im Zersprengen der Steine durch
Kohlenstoffausscheidungen, welche durch aus Schwefelkies innerhalb der feuerfesten
Steine entstandene Eisentheilchen veranlasst werden. Der mechanische Abrieb spielt
bei der jetzigen Güte der Steine im Allgemeinen keine grosse Rolle mehr, aber die
Bildung von Cyan hat nach Ansicht Lürmann's grossen
nachtheiligen Einfluss auf die feuerfesten Steine; dabei lässt er es dahingestellt,
ob es den Steinen Alkalien zu entziehen und sie zu zersetzen vermag, oder ob es den
Materialien der Beschickung Alkalien und Erden entzieht und diese die feuerfesten
Steine auflösend beeinflussen. Dazu kommt der Kochsalzgehalt der Steinkohlen,
welcher, von der Kieselsäure der feuerfesten Steine zersetzt, einerseits eine
leichtflüssige, kieselige, abtropfende Schlacke bildet, andererseits durch das
entstehende freie Chlor zersetzend auf die Structur der Steine einwirkt und diese
schwammig und mürbe macht. Weiter zersetzt sich in Berührung mit dem Schwefelkies
der feuerfesten Steine das Kohlenoxyd zu Kohlenstoff und Kohlensäure; durch
Ausscheidung des ersteren auf den Schwefeleisentheilchen der Steine wird der Stein
zersprengt. Verfasser empfiehlt daher eine reichlichere Verwendung der
Kohlenstoffsteine.
Ueber Erfahrungen mit Kohlenstoffsteinen und für eine
reichlichere Verwendung derselben spricht ebenfalls Th. Jung
(Deutsche Töpfer- und Ziegler-Zeitung, 1893 Bd. 24 S. 192).
Nach Dr. C. Bischof, welcher die Herstellung der Magnesiaziegel bespricht (Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1893 Bd. 41 S.
27), sind Magnesiaziegel in Thomas- und Martin-Oefen, zur Ausfütterung von Cement-
und Strontianitbrennöfen, auf Blei- und Antimonhütten mit Vortheil verwendet. Während
Blei durch Chamottemauerwerk dringt, halten Magnesiaziegel dicht.
Der Verwendung guter feuerfester Steine bei metallurgischen
Processen im Allgemeinen redet das Wort Prof. Dr. E. F. Dürre (Thonindustrie-Zeitung, 1895 Bd. 19 S. 493); in erster Linie
müsse jedoch nicht die absolute Feuerfestigkeit beachtet werden, sondern dahin
gestrebt werden, dass zu einem basischen Process sogen. basische und zu sauren
Processen kieselsäurereiche Fabrikate verwendet würden. Je mehr dies beachtet werden
würde, ein desto grösserer Gewinn sei es für die meist auf einer hohen Stufe
technischer Vollendung stehenden feuerfesten Fabrikate.
Eine vorzügliche Haltbarkeit in Gloverthürmen zeigten
Steine aus einem stark eisenhaltigen Thon von folgender Zusammensetzung:
72,11
Proc.
SiO2
20,58
„
Al2O3
5,48
„
Fe2O3
0,92
„
CaO
0,54
„
MgO
0,37
„
Verlust
––––––––––––
100,00
Proc.
Die bis zu völliger Sinterung gebrannten Steine verlieren durch die Einwirkung der
Schwefelsäure selbst unten im Gloverthurm nur äusserst wenig an Gewicht, so dass bei
10wöchiger Verwendung im Thurme das Gewicht des Steines von 2934,22 g auf nur
2920,05 g zurückgegangen war. (Deutsche Töpfer- und
Ziegler-Zeitung, 1895 Bd. 26 S. 274.)
4) Die Ziegelindustrie.
Je mehr sich durch die Nutzbarmachung der Dampfkraft zur Herstellung von Ziegeln und
durch die Verbreitung des Hoffmann'schen Ringofens und
der demselben Princip nachgebildeten Ofenconstructionen die Ziegelfabrikation zu
einer eigentlichen Massenerzeugung im grossen Stile entwickelt hat, um so mehr ist
das Bedürfniss fühlbar geworden, die von den Maschinen in schneller Folge
gefertigten Tagesproductionen dem Ofen durch die in Bezug auf Transport und
Trocknung billigsten Vorkehrungen baldmöglichst und in gleichbleibenden Mengen
zuführen zu können. Neben dem Brennapparat sind also die für den Transport und für das Trocknen der Ziegel getroffenen Vorkehrungen die ausschlaggebenden
Factoren für die wirthschaftliche Entwicklung des Betriebes, und in sachgemässer
Würdigung dieser Umstände sehen wir seit ungefähr drei Decennien das Augenmerk der
interessirten Techniker auf die zweckmässigste Lösung dieser Probleme gerichtet.
Beide Momente sind eng mit einander verknüpft.
Je weniger lang die Wege von der Presse zu den Trockenräumen und von diesen zum Ofen
sind und mit je geringeren Kosten das Tausend Ziegel in der Zeiteinheit fortbewegt
werden kann, desto geringer stellen sich die Transportkosten. Andererseits wird die
Art und Weise der Ausnutzung der strahlenden Wärme des Ofens für die
Leistungsfähigkeit und die Wohlfeilheit der Trocknerei ausschlaggebend sein.
Die ursprünglichste Trocknerei unter Nutzbarmachung der strahlenden Wärme des
Ringofens bestand darin, dass man den mit einem Pappdach überspannten Raum über dem
Ringofen nach oben und nach den Seiten hin vergrösserte, nach aussen mit einer
Bretterverschalung abschloss und die in dem so entstandenen Raum aufgestellten
Trockengerüste mit Ziegeln füllte und dieselben ohne künstliche Bewegung der
Luft allmählich trocknen liess. Der Bau einer solchen Trockenanlage erfordert
verhältnissmässig wenig Kapital, aber die fast stagnirende, zum Trocknen nutzbar zu
machende Wärme theilt sich vorwiegend nur den oberen Regionen der Anlage mit, die
Steine trocknen langsam und ungleich und, will man nicht durch Umrüsten die
Transportwege verlängern und dadurch die Arbeitskosten steigern, so kommen die
frisch geformten Steine noch verhältnissmässig feucht in den oberen Zonen mit der zu
warmen Luft in Berührung, trocknen hier verhältnissmässig schnell und werden rissig
oder durch Verziehen fehlerhaft.
Eine bessere Ausnutzung der Wärme wird durch die von Cohrs gebaute Trockenanlage, die später von
F. L. Smidth in Kopenhagen (Thonindustrie-Zeitung, 1891 Bd. 15 S. 215) und von Ph. Holzmann in Frankfurt a. M. (Thonindustrie-Zeitung, 1891 Bd. 15 S. 749) modificirt worden ist,
erreicht, indem die Wärme von oben nach unten durch die Steine durchgesaugt wird.
Durch die mittels senkrecht stehender Saugeschächte bewirkte Luftströmung wird ein
schnelleres Trocknen ermöglicht und die quantitative Leistung der Einrichtung
erhöht, aber ein öfteres Umrüsten ist für eine völlige Ausnutzung des Trockenraumes
desto mehr geboten.
Textabbildung Bd. 303, S. 44
Letzterer Umstand wird bei dem Trockenverfahren von A.
Schaaf (D. R. P. Nr. 54246; Thonindustrie-Zeitung, 1890 Bd. 14 S. 724) vermieden, da das Trocknen
hierbei, auf dem Principe des Gegenstromes beruhend, in der Weise bewirkt wird, dass
die nasseste Waare mit der feuchtesten und die trockenste Waare mit der trockensten,
wärmsten Luft in Berührung kommt. Zur Erläuterung der durch nachstehende Skizze
veranschaulichten Einrichtung sei Folgendes bemerkt: Die von dem Ofen seitlich
ausgestrahlte Wärme streicht über der Ofendecke unter weiterer Aufnahme von
strahlender Wärme hin, steigt nach oben auf und bei a
durch die mit dem Trockengute belegten Trockenkammern und wird von hier durch die
gegen die Horizontale geneigten Trockenkammern nach der Dachspitze geführt, wo ein
Schornstein oder ein Luftsauger dieselbe wegführt. Die Trockenkammern werden von B aus besetzt und von C
aus entleert. Dadurch, dass die nassen, beim Trocknen am meisten empfindlichen
Steine mit der kühleren Luft in Berührung kommen, ist ein Umsetzen der Steine, die
selbstthätig in dem Maasse, wie die trockenen Steine bei C abgetragen werden, nachrutschen, zum Zwecke einer gleichmassigen
Trocknung unnöthig. Hierdurch wird Arbeit erspart, der Transportweg verkürzt und die
durch öfteres Hantiren veranlasste Beschädigung des Steines (wie bei den anderen
Trockeneinrichtungen) erheblich vermindert.
Sind die vorstehenden Trocknereien auf einen möglichst engen, mehrstöckigen Raum
über dem Ofen zusammengedrängt, so breitet sich die von E.
Hotop ausgeführte Trockenanlage (D. R. P. Nr.
67329 und Nr. 70555) zu ebener Erde rings um den Ofen herum aus; durch diese
Anordnung fällt die Errichtung mehrstöckiger Ofenhäuser, deren Ausführung wegen der
enormen Belastungen der Trockenräume sehr solide sein muss und in Folge dessen nicht
unerhebliche Kosten verursacht, fort. Die Fabrikate werden von der Presse aus nur
noch wagerecht weiterbewegt, und zwar zu je zwei oder vier Stück auf Hängeschälchen,
welche, von einer Kette gezogen, auf einer in Manneshöhe um die ganze Anlage
herumgeführten Schiene laufen; von den Schälchen werden sie an den betreffenden
Stellen abgehoben und in die nebenliegenden Trockengerüste gesetzt. Das Trocknen in
denselben geschieht durch Hindurchsaugen von warmer, den abgebrannten Kammern
entnommener Luft in schräger Richtung von oben nach unten oder umgekehrt mittels
Ventilator und in der Weise, dass die um den Ofen herumlaufenden, nach den
Aussenseiten und gegen einander völlig verschliessbaren Trockengerüste, dem
continuirlichen Betriebe des Ringofens folgend, fortschreitend auf dem einen Ende
beschickt, auf dem anderen entleert werden.
Alle diese Trockeneinrichtungen werden in ihren Leistungen von der Wärme, dem
Feuchtigkeitsgehalt und der natürlichen Bewegung der Aussenluft, unter deren
Mitwirkung das Trocknen geschieht, beeinflusst, so dass ihre Leistungen mehr oder
minder von der jeweiligen Witterung abhängig sind. Daher ist die Leistungsfähigkeit
derselben im Winter eine um so geringere, je mehr man als Wärmequelle für dieselben
nur die durch Strahlung erwärmten, über und um den Ringofen befindlichen
Luftschichten benutzt; auch im Winter leistungsfähiger werden sie erst, wenn man zur
Erwärmung der Trockenluft weitere Wärme entweder durch besondere Heizung oder durch
Entnahme aus dem Ofeninneren zuführt. Hierdurch vertheuert sich der Betrieb
wesentlich, denn man muss auch bei der Entnahme von Wärme aus den Kammern in
Betracht ziehen, dass nur die durch Strahlung zu Gebote stehende Wärme allenfalls
kostenlos ist, während jede andere Absorption durch einen Mehraufwand von Brennstoff
ausgeglichen werden muss; denn wenn man den abkühlenden Kammern Wärme entnimmt, die
andernfalls den Effect des Brennmaterials erhöht, so muss dieser Verlust durch einen
Mehraufwand an Kohle u.s.w. ausgeglichen werden. Da nun ohnehin Wärmeverluste in
Folge Undichtigkeit und Porosität des Mauerwerkes – über letzteres berichtet Weigelin eingehend in der Thonindustrie-Zeitung, 1894 Bd. 18 S. 737 – stets unvermeidlich sind, so
liegt eigentlich kein Grund vor, dieselben noch künstlich zu erhöhen.
Ein auf wesentlich andere Grundsätze aufbauendes Trockenverfahren ist das von Dr. G. Möller
und Prof. Pfeifer (D. R. P. Nr. 77758 und Nr. 78682;
Thonindustrie-Zeitung, 1895 Bd. 19 S. 407, und
ebenda 1896 Bd. 20 S. 164). Das Trocknen der Ziegel geschieht in einem zu ebener
Erde angelegten geradlinigen Kanal, dessen Einfahrt unmittelbar an der
Fabrikationsstelle der Steine und dessen Ausfahrt in nächster Nähe der Einfahrt zum
Ringofen liegt. Während die vorstehend beschriebenen Trocknereien den aus den
Fabrikaten ausgetriebenen Wasserdampf mit der Luft fortführen, wird bei dem Möller'schen Verfahren der aus dem Thonmaterial
ausgetriebene Wasserdampf, welcher latent und frei gerade diejenige Wärmemenge
enthält, welche nöthig ist, um abermals eine gleiche Menge flüssiges Wasser zu
verdampfen, wieder verflüssigt, d.h. die dem ausgetriebenen Wasserdampf innewohnende
Wärmemenge wird zum Verdampfen einer gleich grossen, in frischen Steinen enthaltenen
Menge Wassers wieder ausgenutzt. Der Betrieb des Möller'schen Trockenkanals wird in der Weise geleitet, dass an dem Ende des
Kanals, von welchem die getrockneten Steine entnommen werden, drei seitliche
Feuerungen unterhalten werden, welche die Erwärmung der Ziegel von 100 bis annähernd
130° C. bewirken, also den Rest des hygroskopischen Wassers austreiben, während die
Erwärmung der Steine bis zu dieser Temperatur durch die Strahlung von den die
Wasserdämpfe verflüssigenden Condensatoren bewirkt wird. Die unter dem Einflüsse
dieser Heizung ausgetriebenen Wasserdämpfe werden mittels eines Exhaustors durch die
Condensatoren hindurchgeführt, die von der im Trockenraume befindlichen Luft umspült
sind. Die zum Trocknen dienende Luft wird durch Schraubenventilatoren senkrecht zur
Längenachse des Kanals in kräftige Circulation versetzt und durch Absaugen der
Wasserdämpfe allmählich vorwärts, dem heissen Ende zu bewegt, aus welchen beiden
Bewegungsantrieben die eigentliche Bewegungsart der Trockenluft, die spiralförmig
verläuft, resultirt. Die Vortheile dieses Verfahrens gegenüber den bislang bekannten
bestehen in Folgendem:
1) Da man von dem Feuchtigkeitsgehalt, der Wärme und der Bewegung der Aussenluft
unabhängig ist, kann in der Zeiteinheit eine stets gleichbleibende Menge von Ziegeln
erzeugt werden.
2) Da das hygroskopische Wasser vollständig ausgetrieben und die Steine über 100° C.
warm in den Ofen kommen, wird der mit Wärmebedarf und mit Schwierigkeiten (bei
Herstellung reinfarbiger Fabrikate) verknüpfte Schmauchprocess abgekürzt und die
Fabrikate reinfarbiger und besserwerthig.
3) Da die Steine im feuchten Zustande nur einmal angefasst werden, nämlich wenn sie
von der Presse auf die durch den Trockenkanal laufenden Wagen gesetzt, von welchen
sie erst beim Einsetzen in den Ofen heruntergenommen werden, so sind Beschädigungen
durch Umrüsten, mehrmaliges Anfassen u.s.w. ausgeschlossen.
4) Das Condenswasser, welches frei von mineralischen Salzen ist, gibt ein
vorzügliches Kesselspeisewasser, bei dem Kesselsteinbildung nicht zu befürchten
ist.
5) Da im Winter und im Sommer immer die gleiche Menge Ziegel erzeugt werden kann, man
also nicht wie bei den anderen Anlagen in einigen Monaten das ganze Jahresquantum
herzustellen braucht, so werden die Maschinen und Gebäude weit besser und ohne
Ueberbürdung ausgenutzt, und man ist in der Lage, weil sie immerwährend gebraucht
werden, einen leistungsfähigeren Arbeitsstamm als bisher zu halten.
Das Princip der Wiedergewinnung der latenten Wärme, welches wir bei diesem so
ausserordentlich durchdacht ausgearbeiteten Verfahren zum ersten Mal praktisch
durchgeführt in Erscheinung treten sehen, erhebt die Möller'sche Erfindung weit über das Niveau aller bislang für das Trocknen
von Ziegeln nutzbar gemachten Einrichtungen und stempelt sie zu der weitaus
wichtigsten und epochemachendsten Neuerung, die seit der ingeniösen Erfindung des Ringofens durch
Hoffmann auf dem Gebiete der Ziegelindustrie
erschienen ist.
Die Färbungserscheinungen, welche beim Schmauchen im
Ringofen bezieh. beim künstlichen Trocknen unter Verwendung von Verbrennungsgasen
entstehen, bespricht E. Cramer (Thonindustrie-Zeitung,
1895 Bd. 19 S. 135). Von diesen Anflügen sind der Entstehungsart nach verschieden,
ihrem Aussehen nach aber oft ähnlich die durch den Gehalt der Thone an löslichen
schwefelsauren Salzen verursachten Ausschläge, welche durch Ablagerung dieser im
Feuer nicht flüchtigen Salze auf der Oberfläche der Fabrikate während des Trocknens
entstehen und zu sehr unangenehmen Missfärbungen Anlass geben. Man verhindert das
Entstehen dieser Ausschläge durch Zusatz von Bariumcarbonat zum Thon, welches die
löslichen Salze in unlösliche überführt und diese folglich hindert, beim Trocknen
der Thonwaaren an die Oberfläche zu treten. Um unter Umgehung zeitraubender und im
praktischen Betriebe nicht immer durchführbarer analytischer Bestimmung die Menge der löslichen schwefelsauren Salze schnell ermitteln
zu können, schlägt E. Cramer folgendes Verfahren vor:
Mehrere etwa ½ l fassende Flaschen werden mit je 100 g grubenfeuchtem oder
lufttrockenem Thon beschickt, darauf mit destillirtem Wasser zu drei Viertel
aufgefüllt und einzeln mit 1, 2, 3, 4 u.s.w. Cubikcentimeter Chlorbariumlösung von
0,01 g BaCl2 in 1 cc versetzt. Man schüttelt die
Flaschen durch, setzt sie auf ein erwärmtes Wasserbad, gibt zur Beschleunigung des
Absetzens einige Tropfen Kalkwasser hinzu und lässt den Thonbrei in den einzelnen
Flaschen sich setzen. Von der überstehenden wässerigen Lösung werden mit der Pipette
aus den einzelnen Flaschen je 100 cc herausgenommen, filtrirt und einzeln mit
einigen Tropfen Schwefelsäure versetzt. Diejenige Probe, in welcher zuerst ein
Niederschlag von Bariumsulfat entsteht, zeigt an, dass sie mehr Chlorbarium enthält,
als zur Bindung der Schwefelsäure oder zur Umsetzung der löslichen schwefelsauren
Salze erforderlich war. Man erfährt auf diese Weise also sehr schnell, welche Menge
Chlorbarium zur Ueberführung der löslichen Salze in unlösliche nöthig ist. Will man
die Umsetzung im Grossen nicht ausschliesslich mit Chlorbarium machen, welches vor
dem Witherit den Vorzug schnellerer Vertheilung durch die ganze einzusumpfende Masse
hat, aber bei einem Ueberschuss ebenfalls an die Oberfläche tritt und Missfärbungen
bewirken kann, so empfiehlt es sich, drei Viertel der im Thon enthaltenen löslichen
Sulfate mit BaCl2 und ein Viertel mit BaCO3 umzusetzen. Da letzteres aber weit weniger
reactionsfähig ist, so thut man gut, anstatt der berechneten Menge BaCO3 das Doppelte anzuwenden. Selbstredend wird die
Umsetzung nur vollständig erreicht, wenn der Thon mit den Zuschlägen auf einem
Thonschneider gut durchgearbeitet wird.
Neben diesen auf Unachtsamkeit bei der Fabrikation zurückzuführenden Verfärbungen und
Ausschlägen der Ziegel und Terracotten sind noch andere Ursachen für die Bildung
derselben vorhanden, worüber O. Helm in der Thonindustrie-Zeitung, 1894 Bd. 18 S. 357, eingehend
berichtet. Dieser sogen. Mauerfrass, vorwiegend aus
Natriumsulfat bestehend, kann auf einen Gehalt des Mörtels an schwefelsauren
Alkalien oder des Thones selbst an diesen zurückgeführt werden, hat oft aber seine
Ursache in Pilzwucherungen, welche sich unter dem Einflüsse des Staubes der
Atmosphäre auf dem Stein festsetzen, kann also auch organischer Natur sein.
Interessant ist dabei die Bildung von Salpetersäure; wenn nämlich ammoniakalische
Flüssigkeiten z.B. bei Stallungen oder in der Nähe von Dungstätten durch die
Porosität des Mauerwerks aufgenommen werden, so findet eine Oxydation des Ammoniaks
zu Salpetersäure in dem Maasse statt, als dasselbe von den Steinen aufgenommen und
diese alkalische oder kohlensaure Erden bezieh. Alkalien zur Bindung der
Salpetersäure enthalten; der Process, welcher in den Salpeterplantagen im Grossen
stattfindet, geht hier also im Kleinen vor sich.
Ueber eine aus anderthalbfach-kohlensaurem Natron (Trona) bestehende Ausblühung an Ziegelmauerwerk auf der Insel San Giorgio
Maggiore bei Venedig berichten O. N. Witt und O. Ernst (Chem. Industrie, 1893 S. 53), dass die Trona
aus dem Salz des Meerwassers durch den Mörtel gebildet worden sei.
Das Abdichten poröser Ziegel mit Chloridin zur Erhöhung
ihrer Wetterbeständigkeit kann als zweckmässig nicht angesehen werden (Thonindustrie-Zeitung, 1893 Bd. 17 S. 71), da die auf
diese Weise in den Thonen niedergeschlagenen Thonerde-, Kalk- und Eisenseifen den
Stein nur eine Zeit lang dicht halten; ausserdem veranlassen die mit diesem Mittel
gleichzeitig im Stein einverleibten Mengen von Chloriden des Natriums, Calciums und
Magnesiums – alles zerfliessende Salze – beim Trocknen nur das Hervortreten von
Auswitterungen.
Bezüglich der beim Brennen entstehenden Farben der
Ziegel beobachtete H. Liedtke (Deutsche Ziegler-
und Töpfer-Zeitung, 1892 Bd. 24 S. 261), dass Braunkohlenthone, welche sich
bei einem molekularen Gehalt von 1 Mol. Fe2O3 zu 5 bis 10 Mol. Al2O3 gelb bis gelbbraun brennen, wenn sie
gedämpft sind, und nachher noch einmal bis auf fast die gleiche Temperatur in
oxydirendem Feuer gebrannt werden, anstatt der gelben eine dunkelrothe Farbe
annehmen. Liedtke ist der Ansicht, dass das beim
Dämpfen zu Oxydul reducirte Eisenoxyd von dem Einflüsse der Thonerde befreit und bei
dem abermaligen Brand in sauerstoffreicher Atmosphäre das Eisenoxyd als solches die
Rothfärbung des Materials veranlasst.
Die gute Einwirkung, welche manche Fachleute den gedämpften
Ziegeln in Bezug auf dadurch erhöhte
Wetterbeständigkeit zusprechen, muss entschieden in Abrede gestellt werden.
Schwach gebrannte poröse Ziegel sind, ob sie gedämpft oder nicht gedämpft sind, in
jedem Falle den Witterungseinflüssen gleich zugänglich (Thonindustrie-Zeitung, 1892 Bd. 16 S. 6). Wenn die gedämpften Ziegel
anfangs schwierig Wasser aufnehmen, so saugen sie desto begieriger Feuchtigkeit auf,
sobald sie davon erst etwas aufgenommen haben. Dies rührt daher, dass der durch die
ganze Masse des Ziegels während des Dämpfens abgelagerte Graphit anfangs schwer
Wasser aufnimmt. In Folge dessen kann das Dämpfen nicht als ein Mittel zur Erhöhung
der Wetterbeständigkeit erachtet werden; auch das Bedecken der Ziegel mit einer
Glasurschicht kann die Wetterfestigkeit einer schwach gebrannten Waare nicht
erhöhen, das Wasser dringt durch die Fugen in die Poren ein, lockert bei Eintritt
von Frost in Folge seiner Ausdehnung beim Frieren das Gefüge des Steines oder
sprengt die Glasur ab. Wirklich wetterfeste Steine erhält man nur durch genügend
scharfes Brennen, womöglich bis zur Sinterung, d.h. völligem Schluss der Poren, so
dass eine Wasseraufnahme vermieden wird. (Vgl. Verfassers „Steinzeugartig gesinterte
Ziegelsteine“, Thonindustrie-Zeitung, 1893 Bd.
17 S. 1030, und ebenda 1894 Bd. 18 S. 309.) Will man dieselben mit Glasuren
versehen, so muss man, um die Haarrissigkeit derselben zu vermeiden und ihre
Widerstandsfähigkeit gegen die Witterung zu erhöhen, auf gewisse Verhältnisse
hinsichtlich des Gehaltes der Steine an Thonsubstanz, Quarz und Feldspath und auf
die Korngrösse der Magerungsmittel Rücksicht nehmen. Steigt der Thonsubstanzgehalt
der Steine (vgl. die eben citirte Arbeit des Verfassers) über 30 Proc., so muss
gleichzeitig der Quarzgehalt den Feldspathgehalt erheblich überwiegen; dabei tritt
die Neigung der Glasuren, haarrissig zu werden, um so mehr hervor, je grobkörniger
der beigemischte Sand ist, Ein Gehalt bis 5 und 6 Proc. CaCO3 ist für die Haltbarkeit der Glasuren indifferent;
er befördert die Sinterungsfähigkeit der Steine, ohne durch zu nahes
Aneinanderrücken von Sinterungspunkt und Schmelzpunkt die Bildung verschmolzener
Steine zu steigern. Leichtflüssige kalkreiche Thone kann man daher durch
Einschlämmen schwerer schmelzbarer kalkarmer Thone zur Herstellung sogenannter
Klinker, die sich aus kalkreichen Thonen nur schwer herstellen lassen (da sie bei
Ueberhitzung zu leicht schmelzen), geeignet machen; dies ist ein für die Herstellung
gut bewertheter Klinker aus leicht schmelzbaren Thonen beachtenswerther Umstand.
Ueber die Fabrikation der Pflasterklinker berichtet eingehend G. W. Kummer (Thonindustrie-Zeitung, 1895 Bd.
19 S. 520).
Interessant ist der von E. Cramer
(Thonindustrie-Zeitung, 1895 Bd. 19 S. 518) erbrachte Nachweis, dass die
Alten schon durch Zusatz von schwer schmelzbaren gebrannten Thonen die leichter
schmelzenden Materialien zur Herstellung von Bauterracotten geeigneter machten. Ein
von demselben untersuchtes Gesimsstück aus Olympia (6. Jahrhundert v. Chr.) bestand
aus einem rothbrennenden, wenig festen Thon als Bindemittel und einer scharf
körnigen, steinzeugartigen, dichtgebrannten Chamotte von muscheligem Bruch.
Nach Untersuchungen von E. Cramer
(Thonindustrie-Zeitung, 1893 Bd. 17 S. 1225) werden bleiische Glasuren durch Zusatz von Kaolin wetterbeständig, sobald die
Kieselsäure zu den Flussbasen im Verhältniss von 2 ½ oder darüber zu 1 steht, z.B.
die Zusammensetzung der Glasuren folgenden Formeln entspricht:
PbO : 0,25 Al2O3 : 2,5 SiO2
PbO : 0,25 Al2O3 : 3,0 SiO2
Zur Erzeugung schiefergrauer oder mattschwarzer
Dachsteinglasuren verwendet man nach Seger
(Thonindustrie-Zeitung, 1892 Bd. 16 S. 379) am besten Eisenstein mit oder
ohne Sandzusatz; diese Glasuren, deren Schmelzpunkte zwischen den Seger-Kegeln 3 und
11 liegen, sind nur auf schwer schmelzbaren Thonen, die ein ebenso hohes Feuer
ertragen, anwendbar. Die leichtschmelzbarste derartige Glasur hat die
Zusammensetzung 1 FeO 2 SiO2; bei Gegenwart von
Alkalien, Kalk oder Thonerde erhält man nicht mehr matte, sondern glänzende
Glasuren.
Unter dem Titel „Keramisches aus Lüneburg“ berichtet M. Gary (Thonindustrie-Zeitung, 1895 Bd. 19 S. 689) über die seit Alters
dort in Blüthe stehende Ziegelfabrikation und eine Backsteinglasur, welche dem
Einflüsse der Witterung mehrere Jahrhunderte erfolgreich widerstanden hat; die
Zusammensetzung derselben ist nach den Untersuchungen des chemischen Laboratoriums
für Thonindustrie von Prof. Dr. H. Seger und E. Cramer zu Berlin folgende:
52,50
Proc.
SiO2
6,04
„
Al2O3
0,80
„
Fe2O3
1,4036,12
„„
CaOPbO
entsprechend
\mbox{PbO}\,:\,\left\{{{0,5\mbox{ Al}_2\mbox{O}_3}\atop{0,1\mbox{
Cr}_2\mbox{O}_3}}\right\,:\,5,5\mbox{ SiO}_2
3,30
„
Cr2O3
––––––––––––
100,16
Proc.
lehnt sich also hinsichtlich ihrer Zusammensetzung den von E. Cramer vorstehend angeführten Versuchen über die
Herstellung wetterbeständiger Bleiglasuren an.
Die Beobachtung der Garbrandtemperatur der Ziegel
geschieht entweder durch Feststellung der Schwindung,
aus deren Grösse man auf die Stärke des Brandes schliesst, oder durch directe
Messung der Temperatur durch Pyrometer. Die Schwindung
misst man entweder durch eiserne Messtangen, an deren
einem Ende sich eine Theilung befindet (vgl. Mittheilung des Verfassers in der Thonindustrie-Zeitung, 1894 Bd. 18 S. 279), oder durch
den selbsthätigen Controlapparat von C. Ricklefs (D. R. P. Nr. 71689; vgl. Thonindustrie-Zeitung, 1894 Bd. 18 S. 205), bei welchem
das fortschreitende Schwinden oder Wachsen der Steine während des Brennens auf ein
Zeiger werk übertragen wird. Gegen diesen Apparat ist einzuwenden, dass die
angezeigte Schwindung immer nur der einen Stelle der Kammer entspricht und dass die
betreffenden Heizschächte nicht mitbefeuert werden können; eventuell müsste eine
grössere Anzahl von Apparaten aufgestellt werden, wodurch nicht unerhebliche Kosten
erwachsen. Mit einer Messtange dagegen kann man fortlaufend die Schwindung an jeder
Stelle des Ofens messen, ohne auf das Befeuern der betreffenden Heizschächte des
Ringofens verzichten zu müssen.
Von den verschiedenen Pyrometern verdient das Le
Chatelier-Thermoelement, in der von der physikalischtechnischen
Reichsanstalt zu Berlin vorgeschlagenen Form von C. W.
Heraeus in Hanau und Keiser und Schmidt in
Berlin ausgeführt, deshalb Beachtung, weil man mit demselben nicht nur das
Ansteigen, sondern auch das Sinken und den Stillstand der Temperatur beobachten
kann. Ueber eingehende Versuchsergebnisse mit demselben berichten ausser dem
Verfasser (Thonindustrie-Zeitung, 1895 Bd. 19 S. 803),
Dr. Ebeling (Thonindustrie-Zeitung, 1895 Bd. 19 S.
805), Dr. Schott-Jena (Separatabdruck aus der Zeitschrift für Instrumentenkunde) und Meyer-Mahlstadt (Protokoll des Deutschen Vereins für
Fabrikation von Ziegeln, Thonwaaren, Kalk und Cement 1896).
Erwähnt seien auch noch die Luftpyrometer von Wiborgh
und von W. Dürr. Nach Versuchen von Dr. Ruhnau (Thonindustrie-Zeitung, 1894 Bd. 18 S. 566) gibt
das letztere bis zum Schmelzpunkte von Seger-Kegel 1, also für niedere Temperaturen
bis zu etwa 1150° C., annähernd zuverlässige Resultate.
Die weiteste Verbreitung in der Praxis haben die Seger-Kegel gefunden; dieselben eignen sich um deswillen am besten für die
Beurtheilung der Vorgänge beim Brennen von Thonwaaren, weil ihre Schmelzpunkte nicht
allein von der Höhe der absoluten Temperatur, sondern auch von der Erhitzungsdauer
abhängig sind, Factoren, welche für das Brennen von Thonwaaren in gleicher Weise
maassgebend sind. Da der leichtschmelzbarste von Prof. Dr. Seger angegebene Kegel 1 erst bei etwa 1150° C. schmilzt, vielfach in der keramischen
Industrie aber die Bestimmung erheblich niedrigerer Temperaturen von Wichtigkeit
ist, so stellten E. Cramer (Thonindustrie-Zeitung, 1892
Bd. 16 S. 155) und Verfasser (Thonindustrie-Zeitung,
1895 Bd. 19 S. 73) die leichter schmelzbaren Kegel 01–022 her. Die Camer'schen Kegel 01–010, welche durch ansteigende
Mengen eines Borsäureglases in die leichtflüssigste Seger'sche Mischung hergestellt sind, geben absteigend die Temperaturen
bis zum Schmelzpunkt des Silbers (010) an. Die vom Verfasser hergestellten Kegel
011–022 schliessen sich direct an die Schmelzpunkte der Cramer'schen Scala an und gehen mit 022 bis zu eben sichtbarer Rothglut
herunter; die Mischungen 011–022 wurden dadurch erhalten, dass einem sehr leicht
schmelzbaren borsäurehaltigen Blei-Alkalisilicate wachsende Mengen von Zettlitzer
Kaolin zugefügt wurden. Nach der Höhe ihres Schmelzpunktes werden die Kegel in den
einzelnen Industriezweigen folgendermaassen verwendet:
Die Kegel
022 – 010
zum Brennen von Porzellanfarben, Glanz-gold, Lüster und
Metalldecor,
„ „
015 – 01
zum Brennen von Ziegelfabrikaten auskalk- und eisenhaltigen Thonen,
Ofen-kacheln, Töpferwaaren und Glasurendarauf,
„ „
1 – 10
zum Brennen von Ziegelfabrikaten auskalkarmen Thonen, Klinkern,
Fussboden-platten und ähnlichen Erzeugnissen,
„ „
3 – 10
zum Brennen von weissem Steingut(Rohbrand),
„ „
010 – 1
desgl. (Glattbrand),
„ „
5 – 10
zum Brennen von Steinzeug mit Salz-oder Beguss (Lehm) glasur,
„ „
10 – 20
zum Brennen von Chamottewaaren,Cement und Porzellan,
„ „
10 – 25
zum Brennen von Dinassteinen und zumSchmelzen von Glas, bezieh. in
derStahl- und Wassergasindustrie,
„ „
20 – 36
zur Bestimmung der Feuerfestigkeit derThone und zugehörigen
Materialien.
(Schluss folgt.)