Titel: Die Dampfmaschinen der II. bayerischen Landesausstellung in Nürnberg 1896.
Autor: Fr. Freytag
Fundstelle: Band 303, Jahrgang 1897, S. 73
Download: XML
Die Dampfmaschinen der II. bayerischen Landesausstellung in Nürnberg 1896. Von Fr. Freytag in Chemnitz. Mit Abbildungen. Die Dampfmaschinen der II. bayerischen Landesausstellung in Nürnberg 1896. Gleichwie auf der Berliner Gewerbeausstellung 1896 waren auch in Nürnberg meist grössere Maschinen in liegender und stehender Anordnung für elektrische Licht- und Arbeitszwecke ausgestellt. Eine äusserst reichhaltige, in Gemeinschaft mit der Elektricitäts-Actiengesellschaft vorm. Schuckert und Co. von den bedeutenderen Maschinenbauanstalten Bayerns – Maschinenfabrik Augsburg in Augsburg, Maschinenbau-Actiengesellschaft Nürnberg in Nürnberg, Dingler'sche Maschinenfabrik in Zweibrücken, J. E. Earnshaw und Co. in Nürnberg, J. M. Maffei in München, L. H. Riedinger in Augsburg, H. Rockstroh in Markt-Redwitz, Scharrer und Gross in Nürnberg, Gebrüder Sulzer in Ludwigshafen – beschickte Sammelausstellung moderner Dampfmaschinen hatte an bevorzugter Stelle in der Maschinenhalle Platz gefunden. Textabbildung Bd. 303, S. 73 Fig. 1.Dreifach-Expansionsdampfmaschine der Maschinenfabrik Augsbung. Die zu dieser Sammelausstellung gehörigen Dampfmaschinen liessen, wie auch die ausserhalb derselben befindlichen, erkennen, dass der Dampfmaschinenbau in Bayern in hoher Blüthe steht und die betreffenden Firmen Hervorragendes zu leisten im Stande sind. Wohldurchdachte Constructionen und sorgfältige Ausführungen der Einzeltheile zeigten zunächst die von der Maschinenfabrik Augsburg in Augsburg ausgestellten Dampfmaschinen, die bekanntlich auch in wirthschaftlicher Hinsicht den weitgehendsten Anforderungen Genüge leisten. Die Fabrik betreibt den Dampfmaschinenbau seit dem Jahre 1845 und hat in früheren Jahren namentlich sämmtliche bayerischen Spinnereien und Webereien mit Betriebsdampfmaschinen ausgerüstet. Diese Maschinen – bis zu 500 und 600 – wurden meist als Zwillingsdampfmaschinen mit Condensation, grosser Expansion und durch den Regulator beherrschter Farcot-Schiebersteuerung ausgeführt. Seit dem Jahre 1872 ist das System der Farcot-Schiebersteuerung verlassen und an Stelle des Schiebers das Doppelsitzventil allen grösseren Maschinenausführungen zu Grunde gelegt. Die enorme Leistungsfähigkeit der Fabrik geht daraus hervor, dass bis Juli 1896 – 1500 Stück Dampfcylinder, welche eine Gesammtleistung von 132000 normal und 180000 maximal repräsentiren, mit Ventilsteuerung ausgeführt sind. Die von der genannten Firma ausgestellte liegende Dreifach – Expansionsdampf maschine mit Ventilsteuerung und Condensation ist Fig. 1 ersichtlich. Die Hauptabmessungen sind folgende: Cylinderdurchmesser 285, 430 und 660 mm Gemeinschaftlicher Kolbenhub 950 mm Minutliche Umdrehungszahl 82 Admissionsüberdruck 11 at Normalfüllung im Hochdruckcylinder etwa ¼ Normalleistung (effective) 170 Maximalleistung (effective) 210 Das Schwungrad von 4,60 in Durchmesser hat acht Rillen für Seile von je 45 mm Stärke. Hoch- und Mitteldruckcylinder liegen hinter einander auf der einen, der Niederdruckcylinder auf der anderen Maschinenseite; beide Seiten arbeiten auf je eine einfache Kurbel, die unter sich im Winkel gestellt sind. Die Dampfvertheilung sämmtlicher drei Cylinder erfolgt durch je vier beinahe entlastete Ventile, welche von zwei Steuerwellen bewegt werden. Die zum Hoch- und Mitteldruckcylinder gehörige Steuerwelle treibt gleichzeitig den mit Mittelgewicht in umgekehrter Aufhängung ausgeführten Regulator an; derselbe verändert die Dampfeinströmung des Hochdruckcylinders, dem jeweiligen Kraftbedarf entsprechend, selbsthätig, während die Dampfeinströmung des Mitteldruck- und Niederdruckcylinders von Hand eingestellt wird. Diese Verstellung ist dadurch erreicht, dass sämmtliche Cylinder auslösende Ventilsteuerung erhielten. Die äussere Abschnappsteuerung ist nach einem neueren System der Maschinenfabrik Augsburg (D. R. G. M. Nr. 55460) mit durch Kurbeln verstellbaren Führungsgelenken ausgeführt, bei welchem grösste Einfachheit mit präciser Regulirung und ruhigem Gange erreicht wird. In Ausnahmefällen kann auch der Regulator auf die Einlassteuerung des Niederdruckcylinders einwirken und dieser mit reducirtem Dampfdruck (etwa 2 at) und Condensation allein arbeiten. Zu dem Zwecke hat auch der Niederdruckcylinder ein Einlassventil. Durch Belastung oder Entlastung des Regulatormittelgewichtes lässt sich die Geschwindigkeit der Maschine etwas erhöhen oder vermindern. Die Cylinder, wie auch der zwischen Hochdruck- und Mitteldruckcylinder liegende Receiver sind mit dem zugehörigen Dampfmantel aus einem Stück gegossen. Jeder Cylinder hat Sicherheitsventile mit Schlammhahnen. Die Dampfkolben tragen gusseiserne Spannringe. Die Kurbelachse, die Kolbenstangen und die meisten Steuerungstheile sind von Gusstahl, Treibstangen, Kreuzköpfe und Kurbeln von Schweisseisen, die Kurbel- und Kreuzkopfzapfen von Flusseisen – aussen glashart – und sämmtliche Stopfbüchsgarnituren von Rothmetall ausgeführt. Die Lager der Kurbelachse sind von Gusseisen mit Composition aus vier Theilen und zum Nachstellen eingerichtet. Die Luftpumpe der Condensation (auf der Ausstellung weggelassen) wird von dem verlängerten Kurbelzapfen des Niederdruckcylinders angetrieben und liegt im Fundament. Der Dampf verbrauch beträgt für Normalleistung und 11 at Ueberdruck 5,5 k für 1 Indicatorpferd und Stunde. Eine stehende Verbundmaschine der Maschinenfabrik Augsburg mit Schiebersteuerung und Condensation zeigt Fig. 2. Die beiden neben einander gestellten Cylinder von 325 bezieh. 500 mm Durchmesser für 360 mm Kolbenhub sind durch kräftige Rahmen und Säulen mit der Fundamentplatte verbunden. Die mit 180 minutlichen Umdrehungen und 8 at Admissionsüberdruck arbeitende Maschine leistet normal 100, maximal 120 effective ; sie war auf der Ausstellung mit einer Schuckert'schen Mehrphasendynamo, welche 120 Volt und 2 × 350 Ampère bei 100 Wechsel in 1 Secunde leistet, sowie einer Gleichstromdynamo zur Erregung direct gekuppelt und ohne Condensation aufgestellt. Der Hochdruckcylinder wird durch einen entlasteten Kolbenschieber mit vom Regulator verdrehbarem Expansionsschieber gesteuert. Beide Schieber haben gemeinschaftliche Achse. Am Niederdruckcylinder dienen Gitterschieber zur Vertheilung und Expansion des Dampfes; letztere wird von Hand durch eine Schnecke mit grosser Steigung eingestellt. Die äussere Steuerung dieser Schieber wird wie diejenige der Hochdruckschieber durch je zwei Excenter bewirkt. Textabbildung Bd. 303, S. 74 Fig. 2.Verbundmaschine der Maschinenfabrik Augsburg. Beide Cylinder sind von Mänteln umgeben, die mit Arbeitsdampf geheizt werden. Der zwischenliegende Schieberkasten bildet gleichzeitig den Receiverraum. Damit bei einer etwaigen, durch Verschiebung eines Laufgewichtes bewirkten Aenderung der Umlaufzahl des mittels Räder von der Kurbelachse angetriebenen Federregulators eigenen Systems die Beschaffenheit desselben (Astasie oder Pseudoastasie) unverändert bleibt, ist er durch eine neue Verstellvorrichtung (D. R. P. Nr. 87645) in Grenzen von ± 10 Proc. in der Tourenzahl variabel gemacht. Für grosse Ausführungen stehender Maschinen benutzt die Maschinenfabrik Augsburg Corliss-Drehschieber als Steuerungsorgane. So sind z.B. die von der Firma für die Centrale an der Zollvereinsniederlage in Hamburg für Licht- und Trambahnbetrieb gelieferten stehenden Dreifach-Expansionsmaschinen von je 1000/1200 effectiven mit derartigen zwangläufig bewegten Drehschiebern ausgerüstet. Eine perspectivische Ansicht dieser Maschinen veranschaulicht Fig. 3. Die äussere Steuerung der in eingesetzten und auswechselbaren Futterbüchsen arbeitenden Drehschieber wird durch je zwei Excenter bewirkt – Einlass und Auslass getrennt. Die Verstellung der Expansion erfolgt durch einen Gelenkmechanismus (D. R. G. M. Nr. 46717). Textabbildung Bd. 303, S. 75 Fig. 3.Stehende Maschine der Maschinenfabrik Augsburg. Am Hochdruckcylinder greift ein indirect wirkender Regulator ein, während die Einlassteuerung von Mitteldruck- und Niederdruckcylinder während des Betriebes von Hand eingestellt werden kann. Sämmtliche Cylinder, sowie deren Deckel sind mit Dampfmantel versehen. Die Heizung geschieht durch Arbeitsdampf, mit Ausnahme des Mitteldruckcylindermantels, welcher durch Kesseldampf geheizt wird. Der Verbrauch an trockenem Dampf beträgt bei der Normalleistung mit Condensation für 1 Indicatorpferd und Stunde 5,75 bis 6,5 k, je nach Grösse der Maschine. Für kleinere Kräfte und erwünschte höhere Tourenzahl baut die Maschinenfabrik Augsburg liegende Verbundmaschinen mit Schiebersteuerung, namentlich wenn es dabei auf Oekonomie ankommt, also Condensation angelegt wird. Eine derartige, in Nürnberg ausgestellte Maschine mit überhängenden Cylindern von 190 bezieh. 300 mm Durchmesser für 450 mm Kolbenhub zeigt Fig. 4. Die Maschine leistet mit 150 minutlichen Umdrehungen bei einem Admissionsüberdruck von 8 at normal 35 und maximal 45 effective . Die Steuerung des Hochdruckcylinders erfolgt behufs möglichster Herabminderung der schädlichen Räume durch getheilte Schieber, System Rider, mit Gitterkanälen, von denen die entlasteten Expansionsrundschieber für veränderliche Füllungen gleichwie bei den liegenden Ventilmaschinen von einem Mittelgewichtsregulator mit Oelbremse und umgekehrter Aufhängung eingestellt werden, der durch Riemen von der Kurbelwelle angetrieben wird. Der Niederdruckcylinder erhält in ähnlicher Ausführung eine von Hand stellbare Meyer'sche Expansionssteuerung mit Gitterschiebern. Beide Cylinder haben Dampfmäntel für Arbeitsdampf. Die mit Gegengewichten aus einem Stück geschmiedeten Kurbeln sind, wie auch die Treibstangen von eleganten Schutzgehäusen umgeben, wobei die Zugänglichkeit indess vollständig gewahrt bleibt. Textabbildung Bd. 303, S. 75 Fig. 4.Liegende Verbundmaschine der Maschinenfabrik Augsburg. Die Luftpumpe mit Kolbenringen von Rothmetall und Kautschukklappen ist liegend unter die Maschine placirt und doppelt wirkend. Der Antrieb erfolgt durch den verlängerten Kurbelzapfen des Niederdruckcylinders mittels Winkelhebel. Das für Riementrieb ausgeführte Schwungrad hat 2,25 m Durchmesser. Die Maschinenbau-Actiengesellschaft Nürnberg in Nürnberg hatte eine mit einer Einphasen-Wechselstrommaschine für 136 Ampère und 2200 Volt, sowie einer Gleichstromdynamo zur Erregung direct gekuppelte stehende, ferner eine direct mit einem Ammoniakdoppelcompressor gekuppelte liegende Dampfmaschine und eine kleinere Tandem-Verbundmaschine, System Dörffel-Pröll, ausgestellt. Die in der Sammelausstellung aufgestellte stehende Verbunddampfmaschine entwickelt bei 10 at Admissionsüberdruck und 125 minutlichen Umdrehungen 300 bis 450 effective und zeigte neben gefälligem Gesammtaufbau eine sorgfältig durchgebildete Construction der Einzeltheile. Textabbildung Bd. 303, S. 76 Fig. 5.Stehende Verbunddampfmaschine der Augsburger Maschinenfabrik. Wie aus Fig. 5 ersichtlich, arbeiten die neben einander angeordneten Dampfcylinder von 550 bezieh. 860 mm Durchmesser für 550 mm Kolbenhub auf eine gemeinsame doppelt gekröpfte Kurbelwelle mit unter 90° versetzten Kurbeln. Die Welle liegt in drei Lagern, welche mit der kräftigen Grundplatte zusammengegossen sind; auf die Hinterseite der letzteren setzen sich zwei gusseiserne Tragständer, welche die eingleisige Kreuzkopfführung aufnehmen und deren oberer Theil mit kräftigen runden Tragflanschen versehen ist, auf welche die Dampfcylinder concentrisch aufgesetzt und verschraubt sind. Auf der vorderen Seite erhalten diese beiden Tragflanschen kräftige Nabenansätze, welche wiederum mittels schmiedeeiserner Säulen mit der Grundplatte verbunden sind. Die Anordnung gestattet eine freie Uebersicht aller beweglichen Theile, sowie eine bequeme Bedienung des Kreuzkopfes und der Kolbenstangenstopfbüchsen. Die Kurbelwelle besitzt am äusseren Ende auf der Seite des Niederdruckcylinders einen angeschmiedeten Flansch zum Ankuppeln einer Dynamomaschine. Beide Cylinder sind mit ihren Mänteln aus einem Stück gegossen. Der Mantel des Hochdruckcylinders kann mit directem Dampf geheizt werden, während derjenige des Niederdruckcylinders vom Receiverdampf durchströmt wird. Die Steuerung des Hochdruckcylinders erfolgt durch zwei in einander geführte Kolbenschieber aus Tiegelguss, welche beide dampfdicht ein geschliffen sind. Der innere Expansionsschieber hat schraubenförmig angeordnete Abschlusskanten und wird von einem kräftigen Federregulator verstellt. Zur Sicherung des Betriebes bei etwaigem plötzlichen Ausschalten sämmtlicher von der Maschine zu bewältigenden Widerstände ist ein Schnellschlussventil zwischen der Dampfzuleitung und dem Absperrventil eingeschaltet. Dasselbe wird mittels Hebel und Gestänge vom Regulator derart gesteuert, dass bei 0,9 Hub des Regulators der Dampfzutritt gedrosselt wird, bei höchster Stellung des Regulators dagegen der Dampf vollständig von der Maschine abgeschlossen ist. Um die Widerstände zur Bewegung des Ventils möglichst gering zu erhalten, hat die Ventilspindel keine Stopfbüchsen, sondern wird auf die Führungsbüchse dampfdicht aufgeschliffen. Der Regulator besitzt eine Vorrichtung, welche eine Aenderung der Tourenzahl während des Ganges um mindestens 5 Proc. der normalen Tourenzahl zulässt. Der Niederdruckcylinder hat Kolbenschiebersteuerung mit gelidertem Schieber und Allen-Kanal für doppelte Einströmung. Die Eigengewichtswirkungen des Grundschiebers am Hochdruckcylinder, sowie des Schiebers am Niederdruckcylinder sind durch Entlastungsvorrichtungen aufgehoben. Die Füllung des Hochdruckcylinders variirt von 0 bis 40 Proc. des Kolbenhubes, diejenige des Niederdruckcylinders ist constant, gleichviel ob mit Condensation gearbeitet wird oder nicht, und beträgt 48 Proc. Die Schmierung der Cylinder und Schieber wird durch zwei Oelpressen, diejenige aller beweglichen Theile von Centralschmierapparaten bewerkstelligt, welche dem Bedarf entsprechend eingestellt, bei ruhender Maschine abgestellt und leicht bedient werden können; dasselbe gilt auch für die Lager. Das von der Maschine verbrauchte Oel wird in Oeltrögen der Grundplatte aufgefangen und in ein Gefäss abgeleitet. Da das für den Gleichförmigkeitsgrad der Maschine erforderliche Schwungradgewicht in den Ankerring der Dynamomaschine verlegt wurde, konnte das Schwungrad in Wegfall kommen. Für das bequeme Ingangbringen der Maschine ist eine Anlassvorrichtung mit doppeltem Schaltwerk vorgesehen. Ein Wechselventil in der Dampfleitung vor dem Condensator ermöglicht das Betreiben der Maschine mit und ohne Condensation. Die Luftpumpe ist hinter der Maschine unter dem Fussboden angeordnet und wird vom Kreuzkopfzapfen des Hochdruckcylinders mittels Lenker und Balanciers angetrieben. Die Wirkungsweise der Pumpe ist doppelt saugend und einfach drückend. Zur leichten Bedienung der Cylinder und Kolbenschieber ist die Maschine mit Galerie und Treppe versehen. Alle Ventile und Hähne können von der Maschinensohle aus bedient werden, ebenso sind Tourenzähler, Tachometer, Manometer und Vacuummeter vom Führerstand am Dampfabsperrventil erreichbar. Im städtischen Elektricitätswerk Nürnberg sind zur Zeit drei Dampfmaschinen der vorbeschriebenen Construction und Grösse im Betrieb. Die ausgestellte liegende, zum Betreiben eines Ammoniakdoppelcompressors dienende Dampfmaschine mit Ventilsteuerung ist eine Tandemmaschine. Der Niederdruckcylinder ist hinter dem Hochdruckcylinder aufgestellt und sind beide durch ein rohrförmiges, gefenstertes Gusstück mit einander verbunden. Anden Hochdruckcylinder schliesst sich andererseits conaxial die bajonnetförmig ausgebohrte Geradführung an. Die durch Kegelräder angetriebene Steuerwelle ist parallel zum Maschinenmittel auf der Schwungradseite angeordnet. Textabbildung Bd. 303, S. 77 Fig. 6.Steuerung der Augsburger Dampfmaschine. Die Steuerung des Niederdruckcylinders wird durch fest aufgekeilte, von Hand stellbare, unrunde Scheiben, welche ihre Bewegung auf Rollen übertragen, in geräuschloser Weise bewerkstelligt. Die Bewegung der zum Hochdruckcylinder gehörigen Einlassventile erfolgt ebenfalls durch unrunde Scheiben, ähnlich wie beim Niederdruckcylinder. Um vom Regulatorstand abhängige, veränderliche Füllungen zu erhalten, ist bei der Steuerung des Hochdruckcylinders zwischen jedes Einlassventil und zugehörige Antriebsscheibe eine Auslösevorrichtung (D. R. P. Nr. 81992) eingeschaltet. Wie Fig. 6 erkennen lässt, drückt die in einem Gehäuse untergebrachte Feder auf einen Hebel und dieser wieder auf den activen Mitnehmer, welcher in seitlichen Hebeln gelagert ist, die die Bewegung der unrunden Scheibe durch Vermittelung einer Stange erhalten. Der active Mitnehmer übergreift mit seiner Stahlnase eine solche des passiven Mitnehmerhebels, der direct mit dem Einlassventile in Verbindung steht. Am Hebel ist ein kleiner Winkelhebel angelenkt, der andererseits durch den Regulator gestützt ist und seine Lage je nach der Regulatorstellung ändert. Durch die Oeffnungsbewegung des Ventils wird eine Drehung des Winkelhebels gegen den activen Mitnehmer hervorgebracht, wodurch derselbe vom passiven Mitnehmer abgleitet; hierauf schliesst sich das Ventil unter Federeinwirkung und Luftpufferbremsung. Der ruhige Gang der Steuerung ist besonders hervorzuheben. Der Durchmesser der beiden Cylinder der Ausstellungsmaschine beträgt 350 bezieh. 550 mm für 750 mm Kolbenhub; sie leistet beim Betriebe des Compressors mit 70 Umdrehungen in der Minute 90 bis 100 indicirte . Für elektrischen Betrieb kann die Tourenzahl bis auf 100 in der Minute gesteigert werden und erreicht die Maschine dann eine Leistung bis zu 150 indicirten . Auf dem Ausstellungsplatze betreibt die Maschine ausser dem leerlaufenden Doppelcompressor noch eine Dynamomaschine der Elektricitäts-Actiengesellschaft vormals Schuckert und Co. und entwickelte mit 90 minutlichen Umdrehungen ungefähr 50 bis 60 . Die von der Maschinenfabrik Nürnberg ausgestellte 40pferdige Tandem-Verbundmaschine, System Dörffel-Pröll, repräsentirt eine Maschinentype, welche ausschliesslich für den Betrieb von Lichtmaschinen Verwendung findet. Abbildung und Beschreibung einer derartigen Eincylindermaschine sind 1891 280 * 229 zu entnehmen. Die Hauptabmessungen der ausgestellten Maschine sind folgende: Durchmesser des Hochdruckcylinders 125 mm            „           „   Niederdruckcylinders 255 mm Gemeinschaftlicher Kolbenhub 200 mm Minutliche Umdrehungszahl 400 Admissionsüberdruck 10 at Eine stehende Verbundmaschine der Maschinenfabrik L. A. Riedinger in Augsburg war mit einer Dreiphasen-Wechselstrommaschine, welche bei 200 minutlichen Umdrehungen 2200 Volt und 3 × 27 Ampère bei 100 Wechsel in der Secunde leistet, und einer Gleichstromdynamo zur Erregung direct gekuppelt. Die in Fig. 7 ersichtliche, in allen Theilen vorzüglich dimensionirte Maschine hat 400 bezieh. 625 mm Cylinderdurchmesser, 400 mm Kolbenhub und ist für 8 at Admissionsüberdruck und 200 minutliche Umdrehungen gebaut. Grundplatte und Gestell sind wegen der hohen Tourenzahl kräftig gehalten. Das symmetrische Gestell ist für die Kreuzkopfführung ausgebohrt. Conaxial auf dem Gestelle sitzen die Cylinder – aus der eigentlichen Cylinderbüchse, welche mit strömendem Dampf geheizt wird, und aus einem Ober- und Untertheil bestehend. Diese Ober- und Untertheile sind für Hoch- und Niederdruckcylinder gemeinschaftlich; sie enthalten die Gehäuse für die Rundschieber und dienen als Receiver. Das Untertheil bildet gleichzeitig den Deckel für die Cylinder, während am Obertheil besondere Deckel eingesetzt sind. Um eine gedrängte Bauart der Maschine zu erhalten, wurde für den Antrieb der Rundschieber eine besondere Steuerwelle angeordnet, welche zwischen den beiden Cylindern senkrecht zur Kurbel steht. Der Hochdruckcylinder wird durch Doppelrundschieber gesteuert, und zwar ist für jede Cylinderseite ein Grundschieber und ein concentrisch in diesem gelagerter Expansionsschieber angeordnet. Letzterer ist während des grössten Theils des Hubes fast vollständig entlastet, so dass die Maschine sehr regulirfähig ist. Die Verstellung der Expansionsschieber geschieht durch einen Achsenregulator, der das Antriebsexcenter verstellt. Die Centralcurve ist eine Gerade. Der Niederdruckcylinder ist durch einfache Rundschieber mit Trickkanal gesteuert. Auf diesen Schiebern sind gleichzeitig die Sicherheitsventile der Cylinder angeordnet, und zwar in Form von Flachschiebern, welche durch Ueberdruck im Cylinder geöffnet und durch Federdruck wieder geschlossen werden. Das Excenter für die Grundschieber des Hochdruckcylinders ist auf der Steuerwelle aufgekeilt und an diesem das Excenter für die Niederdruckschieber durch Schrauben befestigt, um die Füllung derselben leicht verstellen zu können. Textabbildung Bd. 303, S. 78 Fig. 7.Stehende Verbundmaschine der Maschinenfabrik Riedinger. Die Kurbelwelle ist aus einem Stück und hat beiderseits angeschweisste Kuppelungsflanschen. Die Kurbeln sind um 180° versetzt und das Gestänge, welches für Hoch- und Niederdruckcylinder gleich schwer, ist durch Gegengewichte ausbalancirt. Die Lagerschalen der Kurbelwelle und des Kurbelzapfens, sowie die Gleitschuhe der Kreuzköpfe sind mit Composition ausgegossen. Um leichtes Gestänge zu erhalten, sind die Pleuelstangen hohl gemacht und der Niederdruckkolben aus Schmiedeeisen hergestellt. Die Excenterstangen sind aus dünnwandigen hohlen Stahlrohren gefertigt. Der Achsenregulator hat zwei gerade geführte, den Federn direct entgegenwirkende Schwunggewichte, besitzt also keine federbelasteten Gelenke. Die frei werdende Energie wird durch Zwischenschaltung einer Schraube auf das Expansionsexcenter übertragen. Der Einfluss des Eigengewichtes des Expansionsexcenters und dessen Stangen ist durch Anordnung zweier Blattfedern unschädlich gemacht. (Schluss folgt.)