Titel: Ueber die Kohlenstoffernährung der Sprosshefe.
Autor: Th. Bokorny
Fundstelle: Band 303, Jahrgang 1897, S. 163
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Ueber die Kohlenstoffernährung der Sprosshefe. Von Dr. Th. Bokorny. (Schluss der Abhandlung S. 140 d. Bd.) Ueber die Kohlenstoffernährung der Sprosshefe. V. Amidoverbindungen. Anilin, C6H5 . NH2, ist nur in geringem Maasse schädlich für niedere Pflanzen und Thiere. Denn in einer 0,1procentigen Lösung, welche hergestellt wurde durch Lösen von 0,5 g Anilin in Alkohol und langsames Eingiessen dieser Lösung in 500 cc Wasser unter fleissigem Umrühren, starben Algen und Infusorien binnen 6 Stunden nicht ab. Sogar nach 48 Stunden waren noch viele Conferven und Vaucherien lebendig, andere waren abgestorben, die Thiere erschienen insgesammt leblos. Die Auflösung reagirte ganz schwach alkalisch, so dass empfindliches Lackmuspapier kaum merklich damit reagirte. Ein directer Vergleich mit Benzol, C6H6, ist hier nur möglich, wenn das Anilin in der Verdünnung 0,02 Proc. angewendet wird; denn Benzol lässt sich nicht gut in stärkerem Procentsatz lösen. Der Vergleich der 0,02procentigen Lösungen ergab, dass Benzol etwas schädlicher ist als Anilin. Versuche, welche E. Laurent mit Hefe und Anilin anstellte, führten zu keinem positiven Resultate. Dieser Forscher erhielt keine Hefenvegetation in Anilinauflösungen; dasselbe kann also nicht zur Ernährung der Hefe dienen. Toluidin, C6H4(CH3) . NH2, ist leicht zu lösen, wenn es mit etwas Schwefelsäure und dann mit einigen Cubikcentimetern heissen Wassers versetzt und mit kaltem Wasser verdünnt wird. Die Lösung ist dann mit Kali genau zu neutralisiren. So stellte ich mir eine 0,1procentige Lösung von Ortho- und Paratoluidin her; also eigentlich von den schwefelsauren Salzen. Nach 6stündigem Aufenthalt in den Lösungen zeigten sich bei der Paraverbindung schon viele Algen und Thiere geschädigt oder abgestorben, bei der Orthoverbindung nicht. Nach 24 Stunden waren in der ersteren Lösung alle Thiere und Pflanzen abgestorben, in der letzteren fanden sich noch lebende Algen und bewegliche Infusorien vor, ja sogar nach 3 Tagen war noch nicht alles Leben erloschen. Die Paraverbindung ist also hier giftiger als die Orthoverbindung; die Lösung der ersteren hat auch einen viel intensiveren und unangenehmeren Geruch als die der letzteren. Freies Toluidin in 0,1procentiger Lösung bewirkte schon binnen 2 Stunden Granulation im Plasma vieler Spirogyrenzellen, und zwar die Paraverbindung stärker als die Orthoverbindung. Nach 5 Stunden waren durch die Paraverbindung fast sämmtliche Zellen getödtet oder doch geschädigt, in der Auflösung der Orthoverbindung fanden sich noch ungeschädigte Zellen vor; sogar nach 2 Tagen waren solche noch aufzufinden. Meine Versuche mit neutralisirter 0,1procentiger Lösung von O-Toluidin führten zu einem negativen Resultat. Toluidin (O.) kann von Hefe nur schwer als Stickstoff-, gar nicht als Kohlenstoffquelle verwendet werden; dagegen scheinen Schimmelpilze (Aspergillus) dasselbe gut als N-Quelle verwerthen zu können, ein wenig auch als Kohlenstoffquelle. Es wurden folgende Lösungen aufgestellt: Die 0,1procentige Lösung des Stoffes wurde nach Neutralisation mit Schwefelsäure mit etwas schwefelsaurem Ammon, Magnesiumsulfat, Monokaliumphosphat und Chlorcalcium versetzt; bei einer zweiten, ebenfalls 0,1procentigen Lösung des Toluidins wurde das Ammonsalz weggelassen, dafür aber Rohrzucker in der Menge von 1 Proc. hinzugebracht. Erstere Lösung enthielt ausser Toluidin keine kohlenstoffhaltige Substanz, konnte also zur Prüfung der Frage dienen, ob Toluidin für Hefenpilze eine Kohlenstoffquelle sei; letztere Lösung enthielt ausser dem Amidstickstoff des Toluidins keine Stickstoffquelle, es musste sich also ergeben, ob das Toluidin eine Stickstoffquelle sei. Bei 3 wöchentlichem Aufenthalt der beiden mit einer Spur Presshefe versetzten Lösungen zeigte sich in ersterer Versuchsflüssigkeit keine Hefe; aber eine schwache Schimmelvegetation; die Pilze erwiesen sich unter dem Mikroskop als verzweigte gegliederte Fäden; sie fructificirten an der Oberfläche. In der ammoniakfreien Lösung hatte sich eine starke Pilzvegetation eingestellt, welche zum grösseren Theile aus Schimmelpilzen, zum kleineren aus Hefe bestand. Anisidin,\mbox{C}_6\mbox{H}_4\left<{{\mbox{O.CH}_3}\atop{\mbox{NH}_2\ \ \ }}\right; die Orthoverbindung bildet eine gelbliche Flüssigkeit, die Paraverbindung grosse weisse Krystalle; beide sind in Wasser ziemlich leicht auf löslich und verbreiten einen starken gewürzhaften Geruch. Die 0,1procentigen wässerigen Auflösungen reagiren schwach basisch auf Lackmus und erweisen sich als ziemlich unschädlich. Nach 12 Stunden langem Aufenthalt in denselben waren die eingesetzten Organismen noch vielfach unbeschädigt; thierische Bewegung war noch bemerkbar. Die Oogonien einer Vaucheria schienen durch die O-Verbindung geschädigt, durch die P-Verbindung nicht. In letzterer waren nach 48 Stunden noch lebende Spirogyren aufzufinden, freilich meist mit Granulationserscheinungen im Zellsaft; in ersterer fast nicht mehr (Granulationen waren auch hier zu sehen). Die Paraverbindung scheint hier weniger schädlich zu sein als die Orthoverbindung. Zu Versuchen mit Hefe verwandte ich die unschädlichere der beiden Isomeren, die Paraverbindung in 0,1procentiger Auflösung; sie wurden in gleicher Weise angestellt wie die bei Toluidin beschriebenen. Es ergab sich, dass das P-Anisidin eine Stickstoffquelle für Saccharomyccs sei; denn die Hefe hatte sich vermehrt, ebenso zahlreich allerdings hatten sich auch Spaltpilze eingestellt. Eine Kohlenstoffquelle scheint es für Hefe nicht zu sein; denn bei dem daraufgerichteten zweiten Versuche zeigte sich keine Vermehrung der Hefe, während ein Schimmelpilz, der in ziemlich starken Raschen sich eingefunden hatte, diesen Stoff als Kohlenstoffquelle verwerthen zu können schien. In 0,1procentiger wässeriger Auflösung von Paranitranilin, C6H4(NO2) . NH2, welcher die nöthigen Mineralstoffe, aber keine weitere organische Substanz zugesetzt war, wuchs Saccharomyccs nicht. Die Spur Hefe, welche anfangs zugesetzt worden war, hatte sich binnen 3 Wochen bei einer Temperatur von 27° kaum vermehrt. Das Nitranilin kann also nicht als Kohlenstoffquelle für Hefenpilze dienen, auch nicht für andere Pilze, denn es zeigte sich bei diesem Versuch keinerlei Pilz Vegetation, wiewohl andere Pilze auch Zutritt hatten. Hingegen ist das Nitranilin eine gute Stickstoffquelle für Hefe wie auch für Schimmelpilze. Bei einem zweiten, gleichzeitig aufgestellten Versuch mit 0,1procentiger Lösung des Nitranilins, welche keine Stickstoffquelle ausser dem Nitranilin selbst, sonst aber alle nöthigen Stoffe enthielt, stellte sich eine mächtige Pilzvegetation binnen 3 Wochen ein; es hatte sich die Hefe stark vermehrt, ein Schimmelpilz hatte sich ausserdem angesiedelt, dessen Fäden einen dichten Rasen bildeten und an der Oberfläche der Flüssigkeit zahlreiche Sporen abschnürten. Dimethyltoluidin, C6H4(CH3) . N(CH3)2; die Paraverbindung ist eine gelbliche, die Orthoverbindung eine farblose Flüssigkeit, beide lösen sich zu 0,1 Proc. nur dann, wenn man etwas verdünnte Schwefelsäure zusetzt (ein Ueberschuss ist mit Kalilauge zu neutralisiren); die Auflösungen verbreiten einen schwachen Geruch. Die 0,1procentigen Lösungen der (Sulfate) sind schädlich; binnen 12 Stunden waren sämmtliche hereingebrachten Organismen abgetödtet. In den 0,02procentigen Lösungen blieben Thiere und Algen 24 Stunden lang am Leben; ein Unterschied zwischen den beiden Substanzen war nicht zu bemerken. Eine ernährende Einwirkung auf Hefe ist hier nicht zu erwarten. Darum unterliess ich Versuche mit Hefe. In einer 0,05procentigen Lösung von Amidobenzoësäure, \mbox{C}_6\mbox{H}_4\left<{{\mbox{NH}_2\ \ \ }\atop{\mbox{COOH}}}, welche durch Lösen von 0,1 g der Säure in etwas Alkohol und Eingiessen dieser Lösung in 200 cc Wasser hergestellt worden war, blieben Vaucherien, Conferven, Spirogyren und Infusorien 24 Stunden lang am Leben; Cladophora starb ab. Selbst nach 72 Stunden waren noch viele der eingesetzten Organismen lebendig. Vergleicht man damit das Verhalten der Benzoësäure, C6H5 . CO2H, so zeigt sich, dass durch Einführung der Amidogruppe NH2 in das Molekül die Giftigkeit herabgesetzt wird. Denn Benzoësäure in 0,1procentiger Lösung wirkt tödtlich binnen 24 Stunden auf Vaucherien, Conferven, Cladophoren und Infusorien ein. Auch nach dem Neutralisiren wirkt diese Lösung noch schädlich; in derselben sterben viele Algen binnen 24 Stunden ab, desgleichen Infusorien. Versuche mit Hefe und Amidobenzoësäure ergaben ein negatives Resultat. Schon vor mehreren Jahren wurde von Loew und Verfasser der Harnstoff, NH2 . CO . NH2, auf sein Verhalten gegen Algen geprüft.Ber. d. d. chem. Ges., 1890 S. 3203. In 0,2procentigen Lösungen starben Spirogyren bei 5 tägiger Versuchsdauer ab; desgleichen in 0,2procentigen Lösungen von Sulfoharnstoff, NH2 . CS . NH2. Ich löste nun Harnstoff zu 0,05 Proc. in Wasser auf und fand, dass darin Spirogyren mehrere Tage lang ungeschädigt blieben und sogar Stärke ansetzten, aber nicht so viel wie bei TyrosinDie Structurformel des Tyrosins ist:\mbox{C}_6\mbox{H}_4\left<{{\mbox{OH}\\ \ \ \ \ \ \ \ \ \  \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ }\atop{\mbox{CH}_2.\mbox{CH}(\mbox{NH}_2).\mbox{CO}_2\mbox{H}}}\rightEs gehört zu den Amidosäuren.. (Chem.-Zeitung, 1894 Nr. 2.) Versuche, welche E. Laurent (Ann. d. soc. belg. de mikr., Tome XVI 1890 S. 59) mit Harnstoff und Hefe anstellte, führten zu einem negativen Resultat. Desgleichen erhielt derselbe keine Hefenernährung mit Methylamin, CH3 . NH2, Aethylamin, C2H5 . NH2, und Propylamin, C3H7 . NH2; ferner keine mit Formamid, HCO . NH2, und Acetamid, CH3 . CO . NH2. Hingegen ist Pepton nach O. Loew eine vorzügliche Kohlenstoffnahrung für Hefe (Sitz.-Ber. d. Münchn. Ak., 1879 S. 329). Derselbe erhielt mit Pepton eine mehr als 4mal so grosse Pilzernte als bei Ernährung mit Ammontartrat. Asparagin, CO2H . CH2 . CHNH2 . CO . NH2, kann nach Birner (Zeitschr. f. Spir.-Ind., 1882 S. 95) sehr gut zur Kohlenstoffernährung der Sprosshefe dienen. Nach E. Laurent (a. a. O.) wird dasselbe von Hefe assimilirt unter Glykogenbildung. Name der Substanz Chemische Formel Brauchbarkeit Autor Publicationsort Pepton Vorzügliche Kohlenstoff-quelle für Sprossliefe O. Loew Sitz.-Ber. d. math. Kl.München, 5. Juli 1879S. 329. Asparagin CO2H . CH2 . CHNH2 . CONH2 Sehr gute Kohlenstoff-nahrung für Sprosshefe Birner Zeitschr. f. Spir.-Ind. 1882S. 95. Desgl. Desgl. Wird assimilirt mitGlykogenbildung E. Laurent A. a. O. Leuein 1 Proc. Wird etwas assimilirt vonSprosshefe ohne Glykogen-bildung Desgl. Recherches phys. surles levures, Annales de soc.belg. de mikroskope, TomeXIV 1890 S. 59. Asparaginsäure 1 Proc. Wird assimilirt ohneGlykogenbildung Desgl. Ebenda. Glutaminsäure 1 Proc. Desgl. Desgl. Ebenda. Glutamin 1 Proc. Wird assimilirt, wenigGlykogen entsteht dabei Desgl. Ebenda. Caseïn Assimilation ohneGlykogenbildung Desgl. Ebenda. (Eier) Albumin Assimilation mit wenigGlykogen Desgl. Ebenda. Anilin C6H5 . NH2 Unbrauchbar Desgl. A. a. O. Toluiüin (Ortho-) (neutrali-sirt) 0,1 Proc. C6H4(CH3) . NH2 Keine Kohlenstoffnahrungfür Hefe; gute Stickstoff-nahrung für Schimmel Bokorny Diese Abhandlung. Anisidin (Para-) 0,1 Proc. C6H4(OCH3) . NH2 Stickstoff-, aber nichtKohlenstoffnahrung für Hefe Desgl. Ebenda. Nitranilin 0,1 Proc. C6H4(NO2) . NH2 Desgl. Desgl. Ebenda. Methylamin CH3 . NH2 Keine Kohlenstoffnahrungfür Hefe E. Laurent A. a. O. Aethylamin C2H5 . NH2 Desgl. Desgl. Ebenda. Propylarain C3H7 . NH2 Desgl. Desgl. Ebenda. Formamid HCO . NH2 Desgl. Desgl. Ebenda. Acetamid CH3 . CO . NH2 Desgl. Desgl. Ebenda. VI. Verschiedene organische Substanzen. In einer Auflösung, welche 0,1 Proc. Orthonitrozimmtsäure (mit Kali völlig neutralisirt) und etwas schwefelsaures Ammon, schwefelsaure Magnesia, Monokaliumphosphat, ferner 2 Proc. Rohrzucker enthielt, zeigte sich nach Zusatz von einer Spur Presshefe binnen 48 Stunden (im 30° warmen Brütofen) ein Pilzrasen, bestehend aus vielfach verzweigten, ziemlich dicken Pilzfäden. Orthonitrozimmtsäure verhindert also selbst bei einer Stärke von 0,1 Proc. das Pilzwachsthum nicht. Die Hefe selbst hatte sich freilich nicht vermehrt. Bei Weglassung des Ammonsalzes aus der Lösung erhielt ich keine Pilzvegetation, desgleichen nicht, als der Rohrzucker weggelassen wurde. Die Säure kann also weder als Kohlenstoff-, noch als Stickstoff quelle dienen. Paranitrozimmtsäure in einer der vorigen ganz gleichen Auflösung verhielt sich ähnlich, nur war der entstandene Pilzrasen nicht so gross wie in voriger Lösung. Als nun aus der Auflösung bei einem zweiten Versuch das Ammonsalz weggelassen wurde, bildete sich wieder ein ziemlich starker Pilzrasen, theils aus dicken Pilzfäden, theils aus Bakterienfäden bestehend, ein Zeichen, dass die Nitrogruppe der Paranitrozimmtsäure manchen Pilzen als Stickstoffquelle dienen kann, der Hefe allerdings nicht. Als Kohlenstoffquelle kann die Substanz nicht dienen, wie ein eigener Versuch lehrte. Orthonitrotoluol in 0,02procentiger Auflösung mit Zusatz der nöthigen Mineralsubstanzen zeigte nach Hinzufügung von 2 Proc. Rohrzucker und einer Spur Hefe binnen 48 Stunden (im 30° warmen Brütofen) einen Pilzrasen. Als der Rohrzucker aus der Nährlösung weggelassen wurde, bildete sich keine Pilzvegetation, ein Zeichen, dass Nitrotoluol der Hefe und mancher anderen Pilze nicht als Kohlenstoffquelle dienen kann. Aus dem erstangeführten Versuche geht nur hervor, dass 0,02 Proc. O-Nitrotoluol die Pilzvegetation nicht verhindert. Versuche über die Verwendbarkeit des Orthonitrotoluols als Stickstoffquelle führten zu einem negativen Resultat. Paranitrotoluol in ganz gleicher Lösung wie vorhin brachte einen Pilzrasen hervor, bestehend aus Achlya; viele Fäden hatten sich schon zur Flüssigkeitsoberfläche erhoben und dort Oogonien gebildet. Es ist also in 0,02procentiger Lösung dem Pilzwachsthum im Allgemeinen nicht hinderlich, die Hefe vermehrt sich aber nicht darin. Als der Rohrzucker aus der Lösung weggelassen wurde, bildete sich dennoch wieder ein Pilzrasen, ein Zeichen, dass das Paranitrotoluol für manche Pilze eine Kohlenstoffquelle ist. Für Hefe ist das Nitrotoluol keine Nahrung. Benzol, C6H6, ist in geringem Maasse schädlich für niedere Pflanzen und Thiere. Denn in einer 0,02procentigen Auflösung desselben (hergestellt durch Lösen von 0,2 g Benzol in absolutem Alkohol und Eingiessen der Lösung in 1000 cc Wasser unter starkem Umrühren) sterben Vaucheria, Cladophora, Confera, Diatomeen, Infusorien u.s.w. binnen 48 Stunden nicht ab; aber die Bewegungen der Infusorien verlangsamen sich, viele Algenfäden kränkeln. Ernährungsversuche mit Hefe ergaben, wie nicht anders zu erwarten war, negatives Resultat. Xylol, C6H4 (CH3)2; sowohl die Ortho- als die Paraverbindung liessen sich nicht in wässerige Auflösung von 0,1 Proc. bringen, auch nicht bei Zusatz von etwas Alkohol; damit konnten also keine Versuche angestellt werden. Name der Substanz Chemische Formel Brauchbarkeit Autor Publicationsort Nitrozimmtsaure (Ortho-und Para-) \mbox{C}_6\mbox{H}_4\left<{{\mbox{NO}_2\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ }\atop{\mbox{CH}=\mbox{CH.COOH}}}\right Keine Kohlenstoffnahrungfür Hefe Bokorny Diese Abhandlung, Nitrotoluol (Para-) C6H4 (CH3) . NO2 Desgl. Desgl. Ebenda. Benzol C6H6 Desgl. Desgl. Ebenda. Schluss. Wenn man die Kohlenstoffernährung der Hefe, sowie sie sich aus den vorhin beschriebenen Versuchen ergibt, überblickt, fällt sofort die verhältnissmässig geringe Anzahl von organischen Verbindungen auf, die zur Ernährung dienen können. Die Sprosshefe ist sozusagen wählerischer in ihrer Nahrung als die Spalthefe und der Schimmel. Methylalkohol ist eine ziemlich gute Kohlenstoffnahrung für Spaltpilze; Sprosshefe kann sich nicht davon ernähren, auch nicht, wenn die Verdünnung so gewählt wird, dass eine Giftwirkung ausgeschlossen erscheint. Concentrationen von 1 bis 5 Proc. wie sie von manchen Forschern bei Ernährungsversuchen angewandt wurden, können schon wegen der giftigen Beschaffenheit solcher Lösungen nicht zum Ziele führen. Chinasäure ernährt Schimmel- und Spaltpilze gut, ist aber keine Nahrung für Sprosshefe. Von Propionsäure kann sich Schimmel ernähren, nicht aber Hefe. Methylamin ist eine zwar schlechte Kohlenstoffnahrung für Spaltpilze, aber sie können zur Noth davon leben. Für Sprosshefe ist Methylamin ein indifferenter Körper. Solche Beispiele liessen sich zu Dutzenden anführen; es besteht also factisch ein grosser Unterschied in der organischen Ernährung zwischen Hefe und Spaltpilzen, sowie Schimmelpilzen. Es scheint, dass die Hefe keine so grosse Oxydations- und Zerspaltungskraft besitzt, wie die Schimmel- und Spaltpilze. Die meisten Substanzen müssten ja behufs Aufbau von Kohlehydraten zuerst zerspalten und oxydirt werden. Wenn wir den Ursachen nachgehen, warum die Hefe nur einige Kohlenstoffverbindungen assimiliren kann, so kommen wir auf die Constitution der chemischen Verbindungen als maassgebendes Moment. Naegeli sagt hierüber (mit Bezug auf Pilze im Allgemeinen): „Versuchen wir den allgemeinen Charakter der assimilirbaren Kohlenstoffverbindungen festzustellen, so besteht die Bedingung wohl darin, dass sie die Gruppe CH2, oder bloss CH enthalten.“ „Der Kohlenstoff kann nicht assimilirt werden, wenn er unmittelbar nicht mit H-, sondern mit anderen Elementen zusammenhängt, wie dies in der Cyangruppe, ferner beim Harnstoff und der Oxalsäure nebst deren Abkömmlingen (Oxamid) sicher ist. In diesen Verbindungen sind an C-bloss N-, O- und C-Atome befestigt.“ (A. a. O. S. 283.) Was hier über Pilzernährung im Allgemeinen gesagt ist, gilt sicher auch für Hefe insbesondere. Für sie sind z.B. Cyanverbindungen keine Nahrung. Allein hier muss eine noch grössere Einschränkung Platz greifen. Bei weitem nicht immer sind Kohlenstoffverbindungen für Hefe nahrhaft, welche die CH2-Gruppe enthalten. Nur diejenigen Substanzen, welche in der relativen und sonstigen Zusammensetzung den Baustoffen der Hefezelle (Cellulose, Glykogen u.s.w.) schon einigermaassen nahestehen, können von der Sprosshefe verwendet werden. Darum sind die Zuckerarten und das Glycerin eine gute Nahrung für Hefe. Nach O. Loew (Centralbl. f. Bakt., 1891 Bd. IX) lassen sich mit Bezug auf die Förderung des Pilzwachsthums durch nährende Stoffe folgende allgemeine Gesichtspunkte aufstellen: 1) Hydroxylirte Säuren sind besser als die entsprechenden nichthydroxylirten, z.B. Milchsäure besser als Propionsäure. 2) Mehrwerthige Alkohole sind besser als die entsprechenden einwerthigen, z.B. Glycerin besser als Propylalkohol. 3) Der Nährwerth der Fettsäuren und der einwerthigen Alkohole der Fettreihe nimmt mit steigender Anzahl der Kohlenstoffatome ab; z.B. Essigsäure ist besser als Buttersäure (Naegeli, Stutzer) und Methylalkohol besser als Amylalkohol (Brown). 4) Eintritt von Aldehyd- oder Ketongruppen erhöhen die Nährfähigkeit; z.B. Glukose oder Fructose sind besser als Mannit u.s.w. Bei gesteigerter Labilität der Aldehydgruppe kann jedoch Giftwirkung eintreten. Diese Sätze lassen sich auch mit Bezug auf Hefe grossentheils aufrecht halten, nur mit dem Unterschied, dass manche der hier als schlechtere Nährstoffe angeführten Substanzen die Hefe gar nicht ernähren. Z.B. Glycerin, CH2OH . CHOH, CH2OH, ist ein guter Nährstoff für Hefe, Propylalkohol ernährt sie gar nicht. Essigsäure ernährt Hefe, Propionsäure nicht. Die Giftigkeit der Aldehyde ist für Hefe in mehreren Fällen erwiesen (Aethylaldehyd, Formaldehyd, Nitrobenzaldehyd). Manche Zuckerarten aber, welche die Aldehydgruppe enthalten, wie Dextrose, stellen eine sehr gute Kohlenstoffnahrung für Hefe dar. Stoffe wie Benzol dürften wohl aus zwei Ursachen nicht zur Hefenahrung geeignet sein. Erstens vermag das Hefeprotoplasma den Benzolring (Kohlenstoffring), der ja auch gegen chemische Einwirkungen widerstandsfähiger ist als die Kohlenstoffkette bei den Verbindungen der Fettreihe, nicht zu sprengen. Zweitens müsste eine starke Oxydation stattfinden, um das C6H6 in C6H10O5 zu verwandeln. Beides kann die Hefe offenbar nicht.