Titel: Totz' Gleismelder für Rangirbahnhöfe.
Fundstelle: Band 305, Jahrgang 1897, S. 63
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Totz' Gleismelder für Rangirbahnhöfe. Mit Abbildungen. Totz' Gleismelder für Rangirbahnhöfe. Eine vom Regierungs- und Baurath Totz erdachte Signalvorrichtung hat den Zweck, den bei Verschiebungen auf Ablaufgleisen beschäftigten Eisenbahnbediensteten jeweilig die Nummer des Gleises bekannt zu geben, auf welchem die ablaufenden Wagen zu erwarten, und wo sonach Weichen einzustellen oder Hemmschuhe einzulegen sind. Zur Darstellung der Gleisnummern dient bei dieser Meldevorrichtung fürs erste ein aus den senkrecht an einander stossenden, steifverbundenen Armen A1 und A2 (Fig. 1) gebildeter Doppelflügel w1 i w2, welcher auf einer an dem Signalmast M angebrachten Drehachse i sitzt. Wird nämlich der letztgenannte Signalflügelwinkel, oder einfacher gesagt, seine Theilungslinie L wie der Zeiger einer Uhr im Sinne des eingezeichneten Pfeiles gedreht, so erhalten dabei die Arme A1 und A2 verschiedene, sich deutlich von einander unterscheidende Stellungen, von welchen Totz die acht augenfälligsten zur Darstellung nachstehender Ziffern benutzt hat: 2 – L zeigt 45° rechts nach aufwärts (A1 steht senkrecht,aufwärts, und A2 wagerecht, rechts), 3 – L zeigt wagerecht nach rechts (A1 steht 45° rechts,aufwärts, und A2 45° rechts, abwärts), 4 – L zeigt 45° rechts nach abwärts (A1 steht wagerecht,rechts, und A2 senkrecht, abwärts), 5 – L zeigt senkrecht nach abwärts (A1 seht 45° rechts,abwärts, und A2 45° links, abwärts), 6 – L zeigt 45° links nach abwärts (A1 steht senkrecht,abwärts, und A2 wagerecht, links), 7 – L zeigt wagerecht nach links (A1 steht 45° links, ab-wärts, und A2 45° links, aufwärts), 8 – L zeigt 45° links nach aufwärts (A1 steht wagerecht,links, und A2 senkrecht, aufwärts), 9 – L zeigt senkrecht nach aufwärts (A1 steht 45° links,aufwärts, und A2 45° rechts, aufwärts). Diese acht Lagen der Mittellinie L sind in Fig. 1 durch gestrichelte Linien angedeutet und mit den entsprechenden Nummern beschrieben. Wie man sieht, gibt das Signal eine gerade oder ungerade Zahl, je nachdem einer der beiden Arme A1 oder A2 in die Mittellinie des Signalmastes M zu liegen kommt oder nicht. Zur vollständigen Darstellung aller Einer fehlen aber noch die zwei Zeichen für die Ziffern 0 und 1. Diese werden mit Hilfe der beiden aus Blech angefertigten, mittels entsprechend gekröpfter Bügel aus Bandeisen am Signalmast M befestigten Blenden B1 und B2 gewonnen, die in den Weg der Arme A1 und A2 derart hineinreichen, dass bei den betreffenden Winkelstellungen ein Theil des einen Armes oder auch beider Arme hinter die Blende gelangt und daher unsichtbar wird. Treten die Enden beider Arme hinter die Blenden, was der Fall ist, wenn die Mittellinie L (Fig. 1) sich genau in der Mitte zwischen der Lage 9 und 2 befindet, so gilt diese Stellung des Signalflügelwinkels für die Ziffer 0; wird bloss das Ende des Armes A2 abgeblendet, was geschieht, wenn L auf halbem Wege zwischen 7 und 8 steht, so bedeutet dies die Ziffer 1. Auf diese Weise sind mithin die sämmtlichen Einer von 0 bis einschliesslich 9 lediglich durch die verschiedenen Lagen des Signalflügelwinkels dargestellt; um nun auch Zehner zu gewinnen, erhält der Mast weiter oben noch einen, zwei oder mehrere gewöhnliche Signalflügel, welche in die Zeichengebung einbezogen werden, indem jeder dieser Arme wagerecht liegend oder senkrecht stehend keine Bedeutung hat, schräg gestellt jedoch als je ein Zehner zählt. Steht demnach beispielsweise der Signalflügelwinkel auf 5, während keiner der Oberarme gezogen ist, so signalisirt dies glattweg das Gleis 5; ist hingegen ausserdem ein Oberarm schräg gestellt, so wird hierdurch das Gleis 15 angezeigt; sind gleichzeitig zwei oder drei Oberarme gezogen, zeigt dies das Gleis 25 bezieh. 35 an. Textabbildung Bd. 305, S. 64 Totz' Gleismelder für Rangirbahnhöfe. Auf Grundlage dieses einfachen Zeichenschemas ist ein GleismelderVgl. Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1896 S. 156. ausgeführt, welcher auf Veranlassung und unter Mitwirkung des königl. Eisenbahndirectors Ch. Ph. Schäfer schon im J. 1891 für den Nachtdienst der Ablaufgleise des Bahnhofes Karthaus in Betrieb gesetzt wurde und seither ununterbrochen mit dem zufriedenstellendsten Erfolg benutzt wird. Gleich wenige Tage nach der Errichtung war die Zeichengebung dem betheiligten Personal vollkommen geläufig geworden, und auch die Handhabung der Signal Vorrichtung erwies sich als äusserst einfach und zuverlässig. Die Ausführung der letzteren erfolgte nach dem Entwürfe des Vorstandes Feix der Eisenbahnwerkstätte Karthaus in dieser Werkstätte und ähnelt im Wesentlichen einem zweiflügeligen deutschen Einfahrtsignal, an dessen aus Gitterwerk hergestelltem Mäste im unteren Drittel der Signalflügelwinkel A1 A2 (Fig. 1) Platz erhalten hat. Dieser Doppelflügel ist mit zwei weissleuchtenden Laternen w1 und w2 und einer rothleuchtenden Laterne R ausgerüstet; jede dieser drei Laternen hängt auf einem wagerechten Drehzapfen und wird durch ein Gegengewicht bei jeder Lage der Arme A1 A2 senkrecht eingestellt. Die zwei oberen Signalflügel des Gleismelders unterscheiden sich von jenen gewöhnlicher Abschlussignale durch einen kurzen Querarm, der ihnen die Form eines Kreuzes gibt; auch verdeckt jeder der beiden Flügel während seiner gewöhnlichen Ruhelage eine grünleuchtende Laterne, die also erst nach erfolgtem Ziehen des zugehörigen Flügels sichtbar wird. Im Ganzen sind mithin für die Nachtsignalisirung zwei grüne, zwei weisse und ein rothes Licht verfügbar, von welchen im Sinne des schon eingangs angeführten Zeichenschemas die beiden weissen Lichter zur Darstellung der Einer, die grünen zur Bezeichnung der Zehner dienen; das rothe Licht hat lediglich den Zweck, die Lage der weissen Lichter, d.h. die jeweilige Stellung, welche die Arme A1 und A2 (Fig. 1) einnehmen, deutlich kennbar zu machen. Auch gilt das rothe Licht als Abschluss der einzelnen Zeichengebungen, insofern die betreffende Dienstanweisung ausdrücklich vorschreibt, dass keinem am Gleismelder erscheinenden Lichte irgend eine Bedeutung beigelegt werden dürfe, wenn nicht auch das rothe Licht gleichzeitig sichtbar ist. Zu dem Ende besitzt die rothe Lampe eine selbsthätige Blende, die durch ein Gegengewicht für gewöhnlich in der Verschlusslage festgehalten wird. Sind die Verschiebungen beendet, oder soll darin eine längere Pause eintreten, so erhält der Signalflügelwinkel die Stellung für 0, die beiden oberen Signalflügel bleiben in der Ruhelage und das rothe Licht ist geblendet; in diesem Falle sind also sämmtliche Laternen des Gleismelders verdeckt und an der ganzen Vorrichtung ist kein einziges Licht sichtbar. Soll hingegen signalisirt werden, so hat zuerst das Einstellen des Signalflügelwinkels zu erfolgen, sodann, wenn es nöthig ist, das Ziehen eines oder beider Oberarme und schliesslich das Abheben der Blende von der rothen Laterne. Für die nächste Zeichengebung wird wieder vorerst das rothe Licht geblendet, dann werden die weissen und dann die grünen Lichter richtig eingestellt und endlich wird das Signal durch Freigebung des rothen Lichtes vollständig gemacht. In dieser Weise geht die Signalisirung fortlaufend weiter. In Fig. 2 sind die Zeichen für die Gleisnummern 3, 10, 16 und 21 neben einander schematisch dargestellt und erscheinen daselbst die weissen Laternen mit w1 und w2, deren Blenden mit B1 und B2, die grünen Laternen mit G1 und G2, deren Blenden mit B3 und B4, sowie schliesslich die rothe Signallampe mit R bezeichnet. Daraus können im Zusammenhalt mit Fig. 1 überhaupt alle möglichen 29 Signale leicht ersehen und aufgestellt werden. Zum Drehen des Signalflügelwinkels ist am Signalmast M in bequemer Höhe auf wagerechter Achse eine Handkurbel angebracht, die ihre Bewegung mittels Kegelräder und einer Zahnradspindel derart überträgt, dass ihre volle Umdrehung genau der vollen Umdrehung des Signalflügelwinkels entspricht. Zur Festlegung der richtigen Signalstellungen befindet sich auf der Kurbelachse eine Fallenscheibe mit zehn Einschnitten, welch letztere den zehn möglichen Winkellagen entsprechen und wie auf einem Zifferblatte mit den zugehörigen Nummern beschrieben sind. Erst wenn die Fallenscheibe, d.h. also die Kurbel ganz richtig steht, lässt sich eine Sperrklinke in die betreffende Falle einschieben, und erst dadurch wird es möglich, das rothe Licht frei zu machen. So lange die Klinke ausgehoben ist, wird nämlich durch das schon weiter oben erwähnte Gegengewicht die Blende der rothen Signallaterne verschlossen gehalten, und es bleiben daher die erscheinenden Lichter bedeutungslos; erst nach erfolgter Einklinkung lässt sich die Blende mittels einer Zugstange öffnen und das Signal vollständig machen. So lange das rothe Licht sichtbar bleiben soll, muss die Blendenstange niedergezogen und in dieser Lage durch einen Vorsteckbolzen festgehalten werden; ein neues Signal kann erst wieder ertheilt werden, nachdem der Vorsteckbolzen beseitigt wurde und sich die Blende wieder vor die rothe Laterne gelegt hat. Das Ziehen der oberen, die Zehner anzeigenden Arme geschieht gleichfalls mit Hilfe einer Handkurbel, die in der gewöhnlichen Weise beim Rechtsdrehen den obersten Signalflügel und beim Linksdrehen beide Signalflügel in die schräge Lage bringt, während bei der Mittelstellung der Kurbel beide Signalflügel ihre Ruhelage einnehmen. Laut der für die Benutzung des obigen Gleismelders in Karthaus ausgegebenen Bestimmungen hat der Weichensteller, sobald ein Signal durch das Erscheinen des rothen Lichtes perfect geworden ist, die Weiche für das entsprechende Gleis zu stellen und der Verschiebearbeiter den Bremsschuh da, wo der Wagen zum Stillstande gelangen soll, auf das Gleis zu legen. Dabei soll mit Rücksicht auf die bei Nachtzeit gebotene erhöhte Vorsicht das Vorschieben der Wagen auf den Brechpunkt des Ablaufgleises thunlichst so verlangsamt werden, dass der Wagen sich erst dann in Bewegung setzt, wenn der vorausgegangene Wagen bereits zum Stillstande gekommen ist. Diese Einrichtung bezieh. der geschilderte Gleismelder hat sich nun seit Jahren so trefflich bewährt, dass hierdurch die Zweckdienlichkeit des demselben zu Grunde liegenden Totz'schen Zeichensystems ganz ausser Frage gestellt erscheint, und dass sonach derartige Signalvorrichtungen für ähnliche Anwendungen allgemein empfohlen werden dürfen.