Titel: Untersuchungen über lohgare Leder und deren Zusammensetzung.
Autor: A. Bartel
Fundstelle: Band 305, Jahrgang 1897, S. 114
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Untersuchungen über lohgare Leder und deren Zusammensetzung. Von A. Bartel in Tharand. (Fortsetzung des Berichtes S. 89 d. Bd.) Untersuchungen über lohgare Leder und deren Zusammensetzung. Der natürliche Fettgehalt, welchen jedes lohgare Leder aufweist und der von dem in der Blösse enthaltenen Fett herrührt, ist, wie der Aschengehalt, meist auch nur gering, kann jedoch zuweilen auch eine ziemliche Höhe erreichen, wenn dem- Leder sehr fettreiche Blössen zu Grunde liegen. Einen derart hohen, natürlichen Fettgehalt zeigt z.B. das Schaf-, Wildschwein- und Walrossleder, deren Analysen sich in Tabelle XVII unter Nr. 243, 244 und 245 finden, während bei Ledern aus dem gewöhnlichen Material, als Rinds-, Kalb-, Rossblössen u.s.w., schon ein Fettgehalt von etwa 3 Proc. wie bei Sohlleder Nr. 49 (Tabelle VIII) und Vacheleder Nr. 87 (Tabelle X), als aussergewöhnlich hoch gelten muss. Die ähnlich hohen Fettgehalte der in den Tabellen als ungefettete Leder mit angeführten amerikanischen und englischen Sohl- und Vacheleder (Tabelle IX: Nr. 78, Tabelle XI: Nr. 109, 110, III, 113, 114, 115, 116), wie auch der Blank-, Zeug- und Geschirrleder (Tabelle XIV: Nr. 155, 159, 161, 162, 163) stammen zum grössten Theil von einem ganz leichten Fetten bei der Zurichtung. Im Mittel beträgt der natürliche Fettgehalt lohgarer Leder nur etwa 0,80 Proc. und geht selten über 1,5 Proc. hinaus, während er bis auf wenige Zehntelprocent sinken kann. Ein lohgares Leder, welches sich als ganz frei von Fett erwiesen hätte, ist uns in der grossen Zahl der untersuchten Proben nicht vorgekommen. Der Gehalt der gefetteten Leder an durch die gewöhnlichen Fettlösungsmittel ausziehbaren Fettstoffen schwankt natürlich, selbst in den einzelnen Gruppen der Leder von einer Gattung, sehr erheblich. Wir fanden bei den vorliegenden Untersuchungen bis über 40 Proc. des Leders mit dem berechneten Normalwassergehalt, während die Grenze nach unten gegen den natürlichen Fettgehalt, wie schon im Vorhergehenden angedeutet ist, sich oft überhaupt nicht sicher feststellen lässt. Bei Riemenleder wurde ein mittlerer Fettgehalt von rund 12 Proc. gefunden und als Maximum etwa 30 Proc. für Sattlerleder rund 10 bis 40 Proc. welch letzterer Gehalt allerdings schon als eine unreelle Fettbeschwerung angesehen werden könnte. Aehnlich hohe Fettgehalte (bis zu 35 Proc.) finden sich auch bei den eigentlichen Oberledern (Rindsleder Nr. 173 und Rossleder Nr. 215 und 216 in Tabelle XVI), deren mittlerer Fettgehalt etwa 20 Proc. beträgt. Man könnte danach für die erste und letzte der erwähnten Lederklassen etwa folgende Fettungsstufen aufstellen: Grad der Fettung: Schwach Mittel-mässig Stark Sehr stark bis über-mässig Proc. Proc. Proc. Proc. Riemenleder 2–8   8–15 15–20 20–30 und mehr Oberleder   5–15 15–25 25–30 30–35 und mehr Aus den wenigen Zahlen der Gruppe D lassen sich kaum Schlüsse über eine normale Fettung ziehen. Die Eigenschaften der aus den Ledern extrahirten Fette geben in vielen Fällen interessante Aufschlüsse über die Natur der Fettung und andere Dinge. Sie haben z.B. gelehrt, wie Prof. v. Schroeder schon früher hervorgehoben hat, dass beim Schmieren der Leder mit einer Mischung von verschiedenen, theils flüssigen, theils festen Fetten, wie z.B. einer Mischung von Thran, Degras und Talg, eine Entmischung eintritt, indem die flüssigen und leicht schmelzbaren Fette leichter und tiefer in das Leder eindringen, während die schwer schmelzbaren, wie Talg, Paraffin u.s.w., zum grössten Theil auf der Aussenseite sitzen bleiben und mit den Blanchirspänen wieder entfernt werden, was sich aus dem oft bedeutend höheren Schmelzpunkt des aus den Blanchirspänen extrahirten Fettes klar beweisen lässt. So zeigte z.B. das aus dem geschmierten Kalbleder Nr. 195 (Tabelle XVI) extrahirte feste Fett eine gelbe Farbe und den Schmelzpunkt 31° C, während das aus den dazu gehörigen Blanchirspänen (Nr. 195a, Tabelle XIX) gewonnene rein weiss war und den Schmelzpunkt 46,5° C. hatte, also sich als fast reiner Talg erwies. Noch auffälliger trat dies bei dem Kalbleder Nr. 197 (Tabelle XVIII) hervor, welches nach leichtem Abthranen eine Schmiere von gleichen Theilen Degras und Talg erhalten hatte. Das aus dem fertigen Leder extrahirte Fett war von brauner Farbe und bei Zimmertemperatur flüssig, das aus den Blanchirspänen (Nr. 197a, Tabelle XIX) desselben Leders hellbraun, fest, mit dem Schmelzpunkt 44° C, und das schmutzigbraune Absetzfett zeigte sogar einen Schmelzpunkt von 53° C. Ferner war das Fett aus dem Kipsleder Nr. 178 (Tabelle XVIII) salbenartig und bei 16° C. klar geschmolzen. Das aus den betreffenden Blanchirspänen Nr. 178a (Tabelle XIX) gewonnene dagegen talghart und erst bei 47 bis 48° C. schmelzend. Als weiteres Beispiel sei endlich noch das Fahlleder Nr. 191 (Tabelle XVIII) angeführt, welches im Walkfass unter stetiger Wärmezufuhr mit einer Mischung von 14 Th. Talg und 10 Th. Degras gefettet worden war. Das aus ihm wieder gewonnene Fett hatte den Schmelzpunkt 35,5°C. und eine dunkelgelbe Farbe, das aus den dazugehörigen Blanchirspänen Nr. 191a (Tabelle XIX) war hellgelb und schmolz erst bei 47° C, was beweist, dass auch hier, trotz der Wärmezufuhr beim Fetten, eine Entmischung der Schmiere eingetreten war, wenn auch nicht in dem hohen Maasse wie bei den zuerst angeführten Beispielen. Eine weitere Grösse, welche bei der chemischen Untersuchung von Ledern in Betracht zu ziehen ist, ist die Menge der unter den gewöhnlichen Bedingungen, d.h. in Wasser von der durchschnittlichen Zimmertemperatur, löslichen Bestandtheile. Diese bestehen zum geringsten Theil aus den als normaler Bestandtheil im Leder enthaltenen wasserlöslichen Mineralsalzen und vorwiegend aus aufgesogenen und mechanisch im Leder zurückgehaltenen organischen Extractstoffen, welche sich weiter in ungebundenen Gerbstoff und in Nichtgerbstoffe scheiden lassen. Der löslichen Mineralstoffe ist schon bei Betrachtung der Aschenbestandtheile der lohgaren Leder gedacht worden. Sie betragen in normalem Leder nur wenige Zehntel bis ausnahmsweise gegen 1,5 Proc. der lufttrockenen Waare. Wird dieser Gehalt überschritten, so ist eine betrügerische Beschwerung des Leders oder wenigstens ein Versuch zu einer solchen anzunehmen und die Untersuchung in dieser Richtung auszudehnen. Die organischen Extractstoffe sind für die Beurtheilung der Güte eines Leders von hoher Bedeutung, und oft können nicht nur aus ihrer Menge in Bezug auf die Art der Gerbung, sondern auch aus ihren sonstigen Eigenschaften in Bezug auf die bei der Gerbung benutzten Gerbmaterialien wichtige Schlüsse gezogen werden. Für ein Leder, welches seiner Bestimmung nach der Feuchtigkeit ausgesetzt ist, wird es am vortheilhaftesten sein, wenn die Menge der durch Wasser auslaugbaren Stoffe möglichst gering ist, und dies erklärt z.B. zum guten Theil den Umstand, dass trotz scharfer Concurrenz und eines ziemlich hohen Preises auch heute noch die in alter Grubengerbung mit reiner Eichenlohe ausgegerbten Sohlleder ihren Platz an der Spitze dieser Ledergattung behaupten und weder durch die österreichischen Terzen- und Pfundleder, noch durch die billigeren sogen. norddeutschen Sohlleder, trotz deren besserer Durchgerbung verdrängt werden können. In Folge der langsamen Ausgerbung in verhältnissmässig schwachen Gerbbrühen schwankt der Gehalt der grubengaren Sohlleder an organischen Extractstoffen zwischen 3,5 bis 9 Proc. und beträgt im Mittel etwa 6 Proc. wie die Rubriken A. I. und II. der Tabelle XVIII zeigen. Für die nach neuem Verfahren in starken Extractbrühen oder nach österreichischer Art unter reichlicher Zugabe hochprocentiger Gerbmaterialien gegerbten Sohlleder liegt schon die untere Grenze der Menge auswaschbarer organischer Extractstoffe über 5 Proc. und der Gehalt der Leder an denselben kann bis zu 17 Proc. steigen (Tabelle VIII: Nr. 48, 50), wennschon derartige Fälle zu den Ausnahmen zu zählen sein dürften. Im Mittel beträgt bei diesen Ledern der organische Auswaschverlust etwa rund 10 Proc. und ist am stärksten bei den österreichischen Sohlledern, bei welchen er sich im Mittel sogar zu 11,4 Proc. ergibt (Tabelle VIII: A. V.). Aehnliche Verhältnisse wie bei den Sohlledern lassen sich auch bei den Vache- und Riemenledern feststellen. Auch hier zeigen die in Grubengerbung hergestellten Leder einen weit geringeren Procentsatz auslaugbarer organischer Stoffe als die nach dem neuen Verfahren mit Hilfe starker Brühen und fremder, hochprocentiger Gerbstoffe gegerbten. Während bei ersteren die organischen Extractstoffe im Mittel rund 6,5 Proc. (3,4 bis 10,4 Proc.) betragen, stellt sich das Mittel bei letzteren auf 9,8 Proc. und schwankt in den Grenzen von 4 Proc. bis zu nahezu 20 Proc. hinauf (Tabelle XVIII: B. VII. und VIII.), welch letzteren Fall, der bei einem amerikanischen Leder (Tabelle XI: Nr. 113) gefunden wurde, man nebst einigen anderen (Tabelle XI: Nr. 110, 114 u.s.w.) wohl auch als eine Beschwerung des Leders mit Extract ansprechen dürfte. Bei Blank-, Zeug- und Geschirrledern schwankt der Gehalt an organischen Extractstoffen ungefähr in denselben Grenzen und beträgt im Mittel etwa 6,5 Proc. wie bei den Vacheledern alter Gerbung. Für Oberleder wurde als Mittelzahl 5,5 Proc. und als Grenzen rund 2,5 bis 12 Proc. gefunden (Tabelle XVIII: E. XII. a bis f). Als Durchschnittsgehalt für alle lohgaren Ledersorten im ungefetteten Zustand ergibt sich ein Gehalt von 7,5 Proc. organischer, durch kaltes Wasser auswaschbarer Stoffe. Für gefettete Leder wird diese Zahl nach Maassgabe des Grades der Fettung auf rund 5 Proc. im Mittel herabgedrückt (Tabelle XIX) und übersteigt 10 Proc. nur in seltenen Fällen (Tabelle XIII: Nr. 143). Mit der Menge der organischen Extractstoffe wird naturgemäss auch der Gehalt der Leder an auswaschbarem Gerbstoff grossen Schwankungen unterworfen sein. Nach den vorliegenden Untersuchungen schwankt derselbe im ungefetteten Leder von 0,8 bis 10,8 Proc. und beträgt im Durchschnitt 4,66 Proc. während im gefetteten Leder von 0,9 bis 6,9 Proc. im Mittel 3,46 Proc. gefunden wurden. Es ist anzunehmen, dass ein Theil desselben, namentlich wenn grössere Mengen vorhanden sind und das betreffende Leder noch keinen hohen Durchgerbungsgrad zeigt, noch nachträglich bei längerem Lagern von der Ledersubstanz fester gebunden wird und so zur Verbesserung der Qualität des Leders beitragen kann, was indes bisher noch nicht experimentell bewiesen worden ist. Das Verhältniss des in den organischen Extractstoffen enthaltenen ungebundenen Gerbstoffs zu den Nichtgerbstoffen ist, auch wenn eine absolut reine Gerbung vorliegt, was indes zu den seltensten Fällen gehören wird, ein recht schwankendes und kann deshalb nicht dazu dienen, die Art des Gerbmaterials, mit welchem die Gerbung vollzogen wurde, festzustellen, wie Simand angibt.Böckmann,„Chem.-techn. Untersuchungsmethoden“, 1893 II S. 557.(Fortsetzung auf S. 117.) Die von diesem angeführten Verhältnisszahlen mögen wohl für reine, direct aus den Gerbmaterialien unter den gewöhnlichen Bedingungen gewonnene Extracte Geltung haben, bei den aus lohgaren Ledern ausgezogenen organischen Extractstoffen ist jedoch nach den vorliegenden Untersuchungen aus ihnen ein Schluss auf die Art des Gerbmaterials durchaus nicht zulässig. Dies beweisen die in den Tabellen niedergelegten Zahlen, welche bei reiner Eichengerbung, die sich noch am ehesten in der Praxis findet, erhalten wurden. Der Procentsatz der gerbenden Substanzen in den organischen Extractstoffen schwankte hier in 46 Fällen, wo nach zuverlässigen Quellen reine Eichenlohgerbung vorlag, von 46 bis 88 Proc. des organischen Gesammtextractes (Tabelle IX: Nr. 75, Tabelle X: Nr. 88, Tabelle XV: Nr. 201, 202) (nach Simand für Eichengerbung 60 bis 70 Proc. gerbende Substanzen), für reine Fichtengerbung wurden 33 bis 60 Proc. organische gerbende Substanzen gefunden (Tabelle XIV: Nr. 159, Tabelle XV: Nr. 183) (Simand: 50 bis 60 Proc), für reine Quebrachogerbung 44 bis 83 Proc.(Tabelle XV: Nr. 208, 215, 216, Tabelle X: Nr. 92, 93) (Simand: 80 Proc.) u.s.w. Alle diese Zahlen zeigen, dass die Grenzen viel zu weit aus einander liegen und bei den einzelnen Gerbmaterialien in einander übergreifen, so dass eine Unterscheidung der Art der Gerbung auf Grund dieses Verhältnisses zur Unmöglichkeit wird. Bei allen den untersuchten lohgaren Ledern zeigt sich, dass von den organischen Extractstoffen in den weitaus meisten Fällen über ⅔ gerbende Substanzen sind; selten sinkt deren Menge unter die Hälfte, nie wurden weniger als ⅛ der Gesammtmenge gefunden. Ist letzteres der Fall, so ist mit Sicherheit, namentlich wenn die Menge der auswaschbaren Stoffe an und für sich hoch ist, eine Beschwerung des Leders mit organischen Materien anzunehmen. Dies bestätigen vollkommen die in Tabelle XVII Nr. 217 bis 231 aufgeführten, mit Traubenzucker beschwerten Leder. Nur bei einem sehr gering beschwerten Leder (Nr. 223) übersteigt die Menge der auswaschbaren gerbenden Substanzen die Hälfte der organischen Extractstoffe, während sie in fünf Fällen, also bei ⅓ der untersuchten Proben, unter 30 Proc. derselben betragen und Tabelle II. Specifische Gewichte gefetteter lohgarer Leder. Textabbildung Bd. 305, S. 116 Bezeichnung des Leders; Nr.; Art der Bestimmung Hg = durch Eintauchen in Quecksilber. M = durch directe Messung; Volumen; Absolutes Gewicht der Trockensubstanz; Spec. Gewicht des Leders mit 18 % Wasser; Berechneter Normalwassergehalt %; Spec. Gewicht des Leders mit dem Normalwassergehalt; C. X. Riemenleder. Zugerichtet; D. XI. Blankleder; Elektrische Gerbung; Zeugleder; Geschirrleder. Nur leicht abgethrant, sehr locker. Unzugerichtet; E. XIII. Oberleder. Rindleder, schwarz.; Fahlleder, braun; Mittel von C., D., E. X–XIII. (20 Leder) Tabelle III. Specifische Gewichte verschiedener lohgarer Leder. Textabbildung Bd. 305, S. 117 Bezeichnung des Leders; Nr.; Art der Bestimmung Hg = durch Eintauchen in Quecksilber. M = durch directe Messung; Volumen; Absolutes Gewicht der Trockensubstanz; Spec. Gewicht des Leders mit 18 % Wasser; Bei gefetteten Ledern:; Berechneter Normalwassergehalt %; Spec. Gewicht des Leders mit dem Normalwassergehalt; F. XIV. Verschiedene Leder.; Riemenleder, mit Traubenzucker beschwert; Rimenleder, mit Chlorbarium beschwert; Lohterzenkernstück, mit Chlorbarium beschwert. Lohterzenbauchstück, mit Chlorbarium beschwert; Alter Grubendeckel; Ochsenstirnhaut, unzugerichtet. Walrossleder; Nilpferdleder; Mittel von F. XIV. (12 Leder) bei Nr. 221 und Nr. 231 sogar bis auf 16 bezieh. 11 Proc. derselben sinken. Eine interessante Thatsache ergibt sich bei Vergleichung des Verhältnisses von gerbenden Substanzen zu Nichtgerbstoffen im organischen Extract der Leder der beiden Hauptgruppen: Unterleder (A. B. C.) und Oberleder (D. E.). Bei ersteren betragen die gerbenden Substanzen im Mittel rund 60 Proc. des organischen Gesammtextractes, bei letzteren hingegen nahe an 70 Proc. im Durchschnitt aus allen Analysen gerechnet. Dies dürfte wohl dadurch zu erklären sein, dass durch kaltes Wasser dem Leder nicht nur die mechanisch in ihm aufgesogenen Brühantheile entzogen werden, sondern auch ein gewisser Theil sehr locker an die Hautfaser gebundenen Gerbstoffs, der im Verhältniss zur Extractmenge um so grösser sein wird, je geringer die letztere an und für sich ist und je kürzer die Zeit zu festerer Bindung, d.h. die Gerbdauer war. Dass diese Verhältnisse indes nicht zum unumstösslichen Gesetz erhoben werden sollen, geht aus den zahlreichen Abweichungen der Analysenzahlen in beiden Gruppen deutlich hervor. Nach Abzug der in lohgarem Leder enthaltenen Feuchtigkeit, der Mineralbestandtheile, des Fettes und der durch Wasser auslaugbaren organischen Stoffe verbleibt die reine Ledersubstanz, d. i. die feste Verbindung der Hautsubstanz mit den gerbenden Stoffen. Der Gehalt an aschefreier Ledersubstanz beträgt, wie die Tabelle XVIII zeigt, für ungefettetes, lohgares Leder im Mittel rund 73 Proc. und schwankt etwa zwischen 59 und 79 Proc. Grössere durchgreifende Unterschiede im Gehalt der einzelnen Ledergattungen lassen sich aus den vorliegenden Zahlen nicht ersehen. Die Oberleder und in alter Grubengerbung hergestellten Unterleder haben entsprechend ihrem geringeren Gehalt an auswaschbaren Extractstoffen natürlich einen etwas höheren Gehalt an reiner Ledersubstanz als die übrigen in starken Brühen ausgegerbten Arten. Bei den gefetteten Ledern ist der Gehalt an Ledersubstanz in erster Linie abhängig vom Grad der Fettung. Er wurde im Mittel zu rund 62 Proc. und zwar von 44 bis 74,5 Proc. gefunden, wie Tabelle XIX zeigt. Dass er durch künstliche Beschwerung oft weit unter die normalen Grenzen gedrückt werden kann, ist aus Tabelle XVII zu ersehen, in welcher namentlich das stark gefettete und ausserdem mit Traubenzucker beschwerte Leder Nr. 227 den ausserordentlich niedrigen Gehalt von nur 36,33 Proc. reiner Ledersubstanz aufweist. Durch Bestimmung des Stickstoffgehaltes in der trockenen, aschefreien Ledersubstanz lässt sich die Menge der in ihr befindlichen reinen HautsubstanzH_2=\frac{L_s\,\times\,N_{Ls}}{N_{Bl}}, worin Hs = trockene, aschefreie Hautsubstanz, Ls = trockene, aschefreie Ledersubstanz, NLs = Stickstoffgehalt der trockenen, aschefreien Ledersubstanz, Nbi = Stickstoffgehalt der trockenen, aschefreien Blösse. leicht berechnen, da der Stickstoffgehalt letzterer für eine bestimmte Hautgattung constant ist, wie durch anderweitige UntersuchungenJ. v. Schroeder und J. Pässler, „Untersuchungen verschiedener Blössen“, D. p. J. 1893 287 258, 283, 300. bewiesen worden ist. Als Differenz zwischen dieser und der reinen Ledersubstanz ergibt sich dann der Gehalt der letzteren an gebundenem Gerbstoff. Die nähere Betrachtung dieses Gerbstoffgehaltes und der Menge der im fertigen Leder vorhandenen Hautsubstanz führt zu den wichtigsten Ergebnissen der chemischen Lederanalyse. Diese Zahlen geben uns werthvolle Anhaltspunkte zur Beurtheilung und Feststellung des Grades der Durchgerbung der Leder und lassen höchst interessante und für den praktischen Gerber äusserst wichtige Rückschlüsse auf die Ausnutzung seines Gerbmaterials sowohl, als auch auf die Verwerthung des theuren Rohmaterials, der Blösse, zu. Unter Zugrundelegung mittlerer Zahlen lässt sich aus der chemischen Analyse eines lohgaren Leders das erzielte Rendement mit einer Genauigkeit berechnen, die oft alle Erwartungen übertrifft. Ehe ich auf diese Verhältnisse näher eingehe, möge jedoch erst kurz einiges über den Stickstoffgehalt im fertigen Leder hier erwähnt werden. Wie Controlversuche gezeigt haben, geht bei dem hier eingehaltenen Gang der Analyse kein Stickstoff verloren. Deshalb kann man denselben direct im Leder bestimmen oder auch in der reinen Ledersubstanz und dann für das Leder berechnen. Die hier mitgetheilten Zahlen sind meist auf die letztere Art gefunden, doch wurden auch eine Anzahl direct im Leder bestimmt und stets in guter Uebereinstimmung mit den berechneten gefunden. Der Stickstoffgehalt lufttrockener lohgarer Leder, der bei der Verwerthung von Lederabfällen als Düngemittel besonders in Betracht zu ziehen ist, bewegt sich nach den ausgeführten Analysen bei ungefetteten Ledern in den Grenzen von rund 6 bis 10,5 Proc. bei gefetteten Ledern von etwa 4,5 bis 9,5 Proc. Er ist bei Unterledern am geringsten (im Mittel rund 7,5 Proc; vgl. Tabelle XVIII), bei Oberledern etwa 1 Proc. höher, während die Blank-, Zeug- und Geschirrleder zwischen diesen beiden stehen. Als Mittel für sämmtliche ungefetteten Leder kann man etwa 7,8 Proc. annehmen. Bei gefetteten Ledern nehmen die Oberleder mit 6,8 Proc. im Durchschnitt eine mittlere Stellung ein, welcher Gehalt zugleich dem allgemeinen Mittel entspricht, während die Riemenleder im Allgemeinen den höchsten, die zugerichteten Blank- und Geschirrleder den geringsten Stickstoffgehalt zeigen, der natürlich durch die Höhe des Fettgehaltes am meisten beeinflusst wird (vgl. Tabelle XIX). Für Lederabfälle, die für Düngezwecke ja nur in Betracht kommen können, wird sich übrigens der durchschnittliche Gehalt an Stickstoff wahrscheinlich noch etwas niedriger stellen, als oben angegeben ist, da die hierbei sich findenden Ledertheile vorwiegend dünne Randtheile oder Abfall von der Oberfläche der Leder (Blanchirspäne) sein werden, die naturgemäss besser durchgegerbt sein werden und mithin weniger Stickstoff enthalten, so dass man wohl rund etwa 7 Proc. Stickstoff als mittleren Gehalt für lufttrockenes Leder annehmen kann (vgl. Tabelle XVII: Nr. 178a, 182a, 191a, 195a, 197a, 197b). Gefettete Leder kommen in dem vorliegenden Fall wohl weniger in Betracht, da das Fett als Düngemittel werthlos, ja der Zersetzung der Leder direct hinderlich, zu anderweitiger Verwendung jedoch ein noch ziemlich werthvoller Bestandtheil ist und deshalb eine vorherige Wiedergewinnung desselben durch Extraction oder Auspressen angezeigt erscheint. Da Leder im Boden gegen zersetzende Einflüsse sehr widerstandsfähig ist, wird bei seiner Verwendung zu Düngezwecken sich ein vorheriger Aufschliessungsprocess als sehr nützlich erweisen. (Fortsetzung folgt.)