Titel: | Kugelmühlen mit wagerechter Mahltrommel. |
Fundstelle: | Band 306, Jahrgang 1897, S. 111 |
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Kugelmühlen mit wagerechter Mahltrommel.
Von Dr. L. Sell in Charlottenburg.
(Schluss des Berichtes S. 83 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Kugelmühlen mit wagerechter Mahltrommel.
Die Firma Hermann Löhnert in Bromberg, welche von den Inhabern der auf die Rohrmühle bezüglichen Patente,
F. L. Smidth und Co. in Kopenhagen, das Ausführungsrecht für Deutschland erworben hat, empfiehlt die
Anwendung der Rohrmühle gleichfalls nur da, wo es sich um die Feinmahlung von Griesen handelt. Doch empfiehlt sie
in jedem Falle,
anstatt den Mahlprocess durch eine der bekannten Zerkleinerungsvorrichtungen, insbesondere auch durch Kugelmühlen,
bis zum Ende
durchzuführen, die Einschaltung von Rohrmühlen in den Mahlprocess, da dieselben erheblich weniger Kraft gebrauchen,
als bei den
anderen Mahlapparaten dadurch erspart wird, dass dieselben nur zum Vorschroten, anstatt auch zum Feinmahlen benutzt
werden.
Textabbildung Bd. 306, S. 111
Fig. 17.Rollmühle von Friedrich und Co.
Auf ähnlichen Principien beruhende Mahlapparate werden ausser von Löhnert noch von einigen anderen
Fabriken gebaut; z.B. von Max Friedrich und Co. in Leipzig-Plagwitz die in Fig.
17 abgebildete „Rollmühle“ und die Rohrmühle von G. Luther in Braunschweig und
Darmstadt.
Kammermühlen. Bei den Kammerkugelmühlen wird jede Kammer mit Mahlkugeln beschickt, welche die
Zerkleinerung in der Weise bewirken, dass die Feinheit des Kammerinhaltes vom Einlassende zum Auslassende hin allmählich
zunimmt. An
erster Stelle ist hier eine Mühle von Hans
Bittinger und Arnold Hörmann in Braunschweig (D. R. P. Nr. 39066, erloschen), zu nennen, welche
von der Firma G. Luther in Braunschweig gebaut wird. Die Mahltrommel ist bei derselben auf den hohlen
Ein- und Auslasstutzen gelagert, durch welch letztere das Mahlgut mit Hilfe von Schnecken ein- bezieh. das feine
Mehl ausgeführt wird.
Die Trennungswände zwischen den Mahlkammern sind in der Mitte mit Fördersternen versehen, welche das Mahlgut durch
Kanäle mit schrägen
Gleitflächen aus einer Kammer in die nächstfolgende treten lassen, den Kugeln dagegen, sofern dieselben einmal mit
in die Höhe und in
das Gebiet der Fördersterne gehoben werden sollten, den Durchtritt in eine Nachbarkammer durch ihre Enge versperren.
Der Trommelmantel
ist übrigens wellenförmig gestaltet, um die Reibungswirkung der Kugeln noch durch Schlagwirkung zu unterstützen.
Der Mahlprocess in
der Mühle vollzieht sich nun in der Weise, dass in jeder Kammer die grössten bezieh. schwersten Mahlguttheile nach
unten sinken,
während die leichtesten gewissermaassen obenauf schwimmen. Diese leichtesten Theile jeder Kammer werden also durch
die Fördersterne in
die nächste Kammer übergeführt und sortiren sich hier wieder so, dass die schwereren unter ihnen zu Boden sinken,
die leichteren
dagegen oben bleiben. Es wird also thatsächlich von dem Einlassende nach dem Auslassende hin eine Zunahme des durchschnittlichen Feinheitsgrades zu beobachten sein. Aber die Sortirung nach Korngrösse in den einzelnen Kammern wird
schwerlich so gründlich erfolgen, dass nicht auch gröbere Theile den Weg zum Auslass finden könnten. Hinsichtlich
der Feinheit und
Gleichmässigkeit des erzielten Mehles sind von dieser Mühle also weniger günstige Resultate zu erwarten als von der
Rohrmühle. Dafür
gestattet freilich die Kammermühle die Aufgabe eines weniger feinen und namentlich weniger gut sortirten Materials
als die
Rohrmühle.
Bei einer Kammerkugelmühle von Koneman (Amerikanisches Patent Nr. 560856) ist die Verbindung der Kammern
mit einander dadurch hergestellt, dass die Trennungswände nicht nur in der Mitte, sondern in ihrer ganzen Ausdehnung
durchbrochen
bezieh. mit zahlreichen Löchern versehen sind. Die Auslassöffnung für das fertige Product befindet sich in der Nähe
der Peripherie der
Mahltrommel, übrigens ist an die Auslassöffnung eine Schneckenleitung angeschlossen, welche das Gut nach dem Centrum
der Trommel
schafft, so dass der endgültige Austritt aus der Mühle durch einen centralen Stutzen stattfindet. Das Vorrücken des
Mahlgutes bei
dieser Kammermühle ist also, ebenso wie bei der Rohrmühle, eine Folge der Niveaudifferenz des Mahlgutes an dem Einlassende
einerseits
und an dem Auslassende andererseits. Die Trennungswände werden daher im Wesentlichen lediglich eine Verlangsamung
der Mahlgutbewegung
zur Folge haben.
Bei den bisher beschriebenen Kammerkugelmühlen, wie auch bei den Rohrmühlen, nimmt die Feinheit des Mahlgutes von dem Einlassende
der
Mahltrommel nach dem Auslassende hin beständig zu. Aber dieser Verschiedenheit des Mahlgutes in den verschiedenen
Theilen der
Mahltrommel war bei der Wahl der Mahlkörper nicht Rechnung getragen: durch die ganze Trommel hindurch wurden dieselben Kugeln zur Zerkleinerung benutzt. Sofern auch die Kammermühlen lediglich zur Vermahlung von bereits recht
feinkörnigem Material benutzt werden, ist das nur in der Ordnung. Handelt es sich aber um die Verwandlung von grobstückigem
Material zu Mehl, so wird in Erwägung zu ziehen sein, ob nicht bessere Mahlresultate zu erzielen sind, wenn die Vorzerkleinerung
durch
schwere Mahlkörper bewirkt wird, welche die groben Stücke durch ihr Gewicht zermalmen, und nur für die Feinmahlung
kleine Kugeln mit
ihren grossen Reibungsflächen angewandt werden.
Textabbildung Bd. 306, S. 112
Fig. 18.Rollmühle von Friedrich und Co.
In der That wird eine entsprechende Einrichtung von der Firma Max Friedrich und Co. in Leipzig-Plagwitz
für ihre oben erwähnte „Rollmühle“ vorgesehen. Diese Rollmühle wird nämlich, sofern dieselbe ausser zur Feinmahlung auch zur
Vorzerkleinerung dienen soll, durch Vorsetzen eines Bauches, in welchem eine schwere Kollerkugel läuft, als combinirte
Koller- und
Rollmühle hergestellt.
Derselbe Gedanke liegt wohl auch der in Fig. 18 abgebildeten Kollermühle derselben Firma zu Grunde.
Neuerdings hat sich endlich Jean Heinstein in Heidelberg eine auf demselben Princip beruhende
Kammerkugelmühle patentiren lassen (D. R. P. Nr. 90339, in Geltung), Fig. 19.
Textabbildung Bd. 306, S. 112
Fig. 19.Kammerkugelmühle von Heinstein.
Bei dieser Mühle ist die im Innern mit einem widerstandsfähigen Material gepanzerte Mahltrommel etwas gegen die Horizontale
geneigt
angeordnet und enthält in ihrer Vorbrechkammer nur eine einzige grosse Kugel e, während sich in der für
die feinere Vermahlung bestimmten zweiten Kammer eine grössere Anzahl kleinerer Kugeln befinden. Uebrigens ist die
Siebvorrichtung zur
Sichtung des austretenden Mehles beibehalten. Bei Materialien, welche ihrer Natur nach den Weg durch die Siebe nicht
ungehindert
machen können, soll dadurch nachgeholfen werden, dass mittels eines
Gebläses ein Luftstrom durch ein an das Sieb sich anschliessendes Rohr h gesogen wird.
Theoretisch erscheint der Gedanke, in der für die Vorzerkleinerung bestimmten Kammer einer Kammermühle andere Mahlkörper anzuwenden
als
in den für die Feinmahlung bestimmten, entschieden beifallswürdig. Doch wird man in jedem Falle besonders zu prüfen
haben, ob es
gerathen ist, einer einzigen Maschine die Functionen der Vorzerkleinerung und Feinmahlung gleichzeitig zu
übertragen, oder ob es nicht vielleicht zweckmässiger ist, für jede der beiden Functionen besondere Maschinen anzuwenden.
Denn es
liegt auf der Hand, um nur den wesentlichsten Punkt hervorzuheben, dass Vorzerkleinerung und Feinmahlung nie gleichen
Schritt halten
werden, wodurch mit Nothwendigkeit das Mahlergebniss ungünstig beeinflusst werden wird. Allgemein lässt sich in Bezug
auf diesen Punkt
wohl so viel sagen, dass bei grossen Betrieben eine Trennung der Functionen im Allgemeinen das
Empfehlenswerthere sein wird, während bei kleineren Betrieben der einheitliche Apparat gar leicht den
Vorzug verdienen mag.
Vorzerkleinerungs- und Feinmahlkammer können anstatt neben einander auch concentrisch angeordnet sein. In diesem Falle würde
die
Vorzerkleinerung in der Innenkammer, die Feinmahlung in der ringförmigen Aussenkammer zu bewirken sein. Eine Mühle
dieser Art ist von
Julius Weiss in Röslau angegeben worden (D. R. P. Nr. 49750, erloschen). Der Mantel der
Vorzerkleinerungskammer, die mit grösseren Mahlkugeln ausgestattet ist, wird von Rostbalken gebildet, welche das
vorzerkleinerte
Mahlgut durch die Rostspalten in die ringförmige Aussenkammer treten lassen; in dieser findet die Feinmahlung durch
kleinere Kugeln
statt. Das feine Material fällt durch die Oeffnungen des aus gelochten Stahlplatten gebildeten Trommelmantels auf
Siebmäntel, welche
das hinreichend feine Mehl absieben, die Siebgröbe dagegen in bekannter Weise in das Trommelinnere zurückführen.
Eine ähnliche Anordnung zweier Mahlkammern concentrisch zu einander bietet eine in Amerika unter Nr. 224357 patentirte Kugelmühle.
Es ist klar, dass durch die Anordnung mehrerer Mahltrommeln in einander der Umfang des Apparates verhältnissmässig gross ausfallen
muss, was gleichbedeutend mit einer Erschwerung der Construction ist, ohne dass durch den wachsenden Umfang der äusseren
Mahltrommel
für den Mahlprocess etwas gewonnen würde.
Der Vorwurf einer verhältnissmässigen Complicirtheit in der Construction wird auch einer Mühle von Hugo
Gräpel in Budapest (D. R. P. Nr. 45583, durch Reichsgerichtsentscheidung vom 8. Juli 1895 nichtig erklärt), Fig. 20, nicht zu ersparen sein, bei welcher gleichfalls mehrere Mahlkammern von einem gemeinsamen
Gehäuse umschlossen werden. Der Zweck der verschiedenen Mahlkammern ist hier freilich nicht der, den Mahlprocess
in verschiedene
Stufen zu zerlegen, denn in jeder Mahlkammer wird die Zerkleinerung bis zu Ende durchgeführt, sondern der, den zur
Zerkleinerung
erforderlichen Kraftaufwand herabzusetzen. Um diesen Zweck zu erreichen, sind die Mahlkammern symmetrisch zur Achse
angeordnet, so
dass stets eine Mahlkammer in die Höhe geht, während die andere sich nach abwärts bewegt; was an Arbeit aufgewendet
werden muss, um
den Inhalt der steigenden Mahlkammer mit in die Höhe zu nehmen, damit er niedergleitend zerrieben wird, wird durch das
Abwärtsgleiten des Kammerinhaltes der gegenüberliegenden niedergehenden Kammer gewonnen. Es würde demnach jeder unnöthige,
nur durch
die besondere Construction bedingte Arbeitsaufwand vermieden. Das gilt natürlich, streng genommen, nur, wenn nicht
nur die Kammern
selbst symmetrisch zur Achse angeordnet sind, sondern auch der Inhalt der symmetrisch zur Achse angeordneten Kammern
dauernd in
symmetrischer Lage zur Achse verharrt, was natürlich nie der Fall sein kann. Immerhin wird das Vorhandensein einer
gewissen Tendenz
zur Kraftersparniss anerkannt werden können. Ueber die praktische Bedeutung derselben und darüber, ob die Kraftersparniss
hinreichend
gross ist, um die complicirtere Construction mit in den Kauf zu nehmen, kann natürlich nur an der Hand genauer vergleichender
Versuche
ein einigermaassen zutreffendes Urtheil gefällt werden. Derartige vergleichende Versuche liegen jedoch nicht vor
oder sind doch nicht
bekannt geworden.
Textabbildung Bd. 306, S. 113
Fig. 20.Kugelmühle von Gräpel.
Die Einrichtung der Kammern ist aus der Fig. 20 ersichtlich. Die Vorsprünge e1e2, welche die Kugeln bei
entsprechender Stellung auf die Kammerwandungen herabfallen lassen, um das Gut durch Schlagwirkung zu zerkleinern,
können natürlich
auch fortfallen. Die Zuführung des Mahlgutes geschieht durch die durchbrochenen Stirnseiten der Mahlkammern; der
Austritt des
zerkleinerten Gutes durch die Oeffnungen der Lochplatten l1. Die Sichtung
des Gutes wird durch, sämmtliche Mahlkammern einschliessende Siebmäntel bewirkt, von denen Rückführbleche abzweigen
zur Rückleitung
der Siebgröbe in die Mahlkammern.
Derselbe Gedanke, eine Kraftersparniss zu erzielen durch symmetrische Anordnung mehrerer Mahlkammern um eine gemeinschaftliche
Achse,
liegt einer älteren amerikanischen Mühle (Amerikanisches Patent Nr. 246751) zu Grunde. Doch sind hier die einzelnen
Mahltrommeln, bis
auf die Kuppelung mit der gemeinsamen Achse, völlig unabhängig von einander. Uebrigens ist die Mühle nicht für continuirlichen
Betrieb
eingerichtet, vielmehr müssen die Mahltrommeln zu jedesmaliger Füllung und Entleerung besonders geöffnet werden.
Endlich ist hier noch eine amerikanische Mühle neuesten Datums zu erwähnen (Amerikanisches Patent Nr. 567189), bei welcher
gleichfalls
eine Anzahl Mahltrommeln um eine gemeinsame Achse in der Art angeordnet ist, dass der Mahlprocess in jeder derselben sich unabhängig von dem in allen übrigen vollzieht. Doch ist es hier
weniger die Rücksicht auf Kraftersparniss als das Bestreben, mehrere Arten von Material gleichzeitig zu zerkleinern,
welches zu der
Construction geführt hat. Die Mühle ist nämlich nicht für den Grossbetrieb, sondern lediglich zur Zerkleinerung von
Droguen u.s.w.
bestimmt, wobei der in Frage kommende Arbeitsaufwand zu klein ist, als dass eine Ersparniss von einigen Procenten
eine grosse Rolle
spielen könnte.
Die zu pulverisirenden Stoffe werden zusammen mit der gehörigen Zahl Mahlkugeln in Hohlcylinder geschüttet, welche durch aufschraubbare
Deckel verschlossen werden. Die so gefüllten Mahltrommeln werden durch gegenüberliegende Oeffnungen zweier auf derselben
Achse
sitzender Scheiben hindurchgeführt und in beliebiger Weise gegen Herausgleiten gesichert. Der Inhalt eines ganzen
Kranzes von in die
beiden Tragescheiben eingesetzten Mahlbüchsen wird also gleichzeitig zerkleinert.
Kugelmühlen mit Windsichtung. Der zweite der beiden oben angegebenen Wege zur Erzielung feinen Mehles ohne
Anwendung von Sieben bestand in der Benutzung von Windströmen zur Abführung des hinreichend feinen Gutes. Von einer
Einrichtung, bei
welcher die Anwendung eines Luftstromes zur Unterstützung der Sichtwirkung eines Siebes in Aussicht genommen war,
ist bereits wenig
vorher die Rede gewesen (vgl. die Mühle nach Patent Nr. 90339).
Als selbständiges Sichtmittel erscheint die Windsichtung bei Kugelmühlen bezieh. Kugelfallmühlen wohl zuerst bei einer Mühle
von Gruson (D. R. P. Nr. 21826, erloschen).Die Einführung wurde vom Grusonwerk seiner Zeit in Aussicht genommen,
aber alsbald fallen gelassen. Bei derselben wird ein Luftstrom durch die Mahltrommel hindurchgeblasen, welcher
durch eine Oeffnung in einer Stirnseite der Trommel entweicht und das feine Mehl mit sich führt. Durch besondere
Einrichtungen ist
dafür gesorgt, dass auch nach den Seiten hin eine saugende Wirkung ausgeübt wird, so dass das feine Mehl von allen
Seiten nach der
Mitte zu angesogen wird, um darauf in axialer Richtung aus der Mahltrommel hinausgeschafft zu werden.
Wenn auch das Mahlgut in Folge der Rotation der Mahltrommel dauernd in Bewegung erhalten wird, so wirkt der Saugwind doch
immerhin auf
ziemlich compacte Massen. Dass auf diese Weise eine wirklich intensive Sichtwirkung erzielt wird, erscheint ausgeschlossen.
Zur
Beseitigung dieses Uebelstandes erscheint es nothwendig, die Einrichtung so zu treffen, dass alle Theile des Sicht-
bezieh. des
Mahlgutes dem Luftstrome frei zugänglich sind.
Dieser Bedingung wird von einer neuen Construction von Hermann Löhnert in Bromberg (D. R. P. Nr. 88077, in
Geltung), Fig. 21 und 22, durchaus genügt. Bei dieser Mühle ist die Mahltrommel von einem
geschlossenen Mantel umgeben, in welchen das Mahlgut, sobald es fein genug ist, um durch die Oeffnungen der Mahltrommel
hindurchzudringen, hineinfällt. Durch den freien Raum zwischen Mahltrommel und äusserem Mantel wird ein Luftstrom
beständig
hindurchgesaugt, welcher das feine Mehl abführt, während das gröbere Material mit Hilfe von Rückführblechen b in die mit Rückführschlitzen versehene Mahltrommel zurückgeführt wird. Die Besaugung des Gutes findet also während des
freien Falles desselben statt, also unter unzweifelhaft sehr günstigen Bedingungen. Da die Brauchbarkeit des Princips der
Windsichtung durch die Anwendung desselben bei anderen Zerkleinerungsmaschinen hinreichend erwiesen ist, so könnte
man von der neuen
Löhnert'schen Mühle recht gute Resultate erwarten. Es ist daher zu bedauern, dass die Firma bisher
über Vorversuche mit der Maschine nicht hinausgekommen ist. Als ein Uebelstand der Maschine wird von der Firma selbst,
in der Antwort
auf eine darauf bezügliche Anfrage, die Nothwendigkeit angegeben, die gesättigte Staubluft wieder zu reinigen, da
Staubsammler
complicirt und theuer sind, Staubkammern aber viel Raum beanspruchen. Es wurde schon oben bemerkt, dass diese Schwierigkeit
nicht für
unüberwindbar angesehen werden kann.
Textabbildung Bd. 306, S. 114
Kugelmühle von Löhnert.
Im Anschluss an diese Mühlen mit Windsichtung mag noch eine Mühle des Bonner Bergwerks- und Hüttenvereins
in Obercassel (D. R. P. Nr. 34167, erloschen), Fig. 23, erwähnt werden, bei welcher das feine Mehl
gleichfalls mit Hilfe eines Luftstromes abgesaugt werden soll, freilich erst sobald das Mahlen beendet ist.
Textabbildung Bd. 306, S. 114
Fig. 23.Kugelmühle des Bonner Bergwerks- und Hüttenvereins.
In der nur sehr kurzen Mahltrommel läuft anstatt vieler kleiner Kugeln eine einzige grosse von 1500 bis 3000 k Gewicht, deren
Form sich
die Mahltrommel im Wesentlichen anschliesst. Hierin läge nichts Bemerkenswerthes, wohl aber darin, dass das Mahlgehäuse
auf seiner
Innenfläche Vertiefungen a besitzt, in welche in der tiefsten Stelle ein Theil des Mahlgutes
hineingedrückt wird. Beim Hochgange dieser Vertiefungen oder Taschen wird der Inhalt mit in die Höhe genommen und
fällt von oben
wieder herab, um weiter zerkleinert zu werden. Würde man also, während des Arbeitsganges der Maschine, continuirlich
einen
Sichtwindstrom durch dieselbe hindurchsaugen, was ohne weiteres geschehen könnte, so wären auch bei dieser Mühle
für einen Theil des
Mahlgutes dieselben günstigen Bedingungen für die Wirkung des Sichtwindes gegeben, wie bei der soeben besprochenen
Löhnert'schen Mühle, insofern auch hier eine Besaugung des niederfallenden Gutes stattfände. Indessen
steht zu vermuthen, dass diese Taschen den Zerkleinerungsprocess selbst keineswegs günstig beeinflussen werden, da
sie einen Theil des Mahlgutes der zerkleinernden Wirkung des Mahlkörpers annähernd
entziehen.
Schluss. Eine systematische Erörterung eines Maschinentypus, wie sie im Vorstehenden für die Kugelmühlen
versucht worden ist, in Anknüpfung an die darauf bezüglichen mannigfachen Ausführungsformen und Constructionselemente,
wird so lange
für unvollkommen gelten müssen, als die theoretische Zurechtlegung nicht allenthalben durch Versuchsergebnisse unterstützt
wird. Auf
diese so nothwendige Verbindung von Theorie und Praxis hat im Vorstehenden nothgedrungen verzichtet werden müssen.
Der fast völlige Mangel an verlässlichen vergleichenden Versuchen, der sich nicht nur auf diesem Gebiete, sondern hinsichtlich
fast
aller Arbeitsmaschinen bemerkbar macht, erweckt den dringenden Wunsch, hierin eine Aenderung platzgreifen zu sehen.
Es liesse sich nun zwar denken, dass Vereinigungen von Interessenten etwa je einen oder einige Betriebe der zu ihrem Interessenkreise
gehörigen Gattung in gemeinsame Verwaltung nähmen, um in denselben geeignete vergleichende Versuche über die Leistungsfähigkeit
der
verschiedenen neu hervortretenden Maschinenconstructionen anzustellen; indessen leuchtet ein, dass Gemeinschaftswerke
auf dieser Basis
zur Voraussetzung haben, dass entweder die Betriebe einer bestimmten Industrie in engster wirthschaftlicher Verbindung,
etwa durch
Kartellirung, stehen, oder dass die betreffenden Fabrikanten in überwiegender Mehrzahl von einem so starken Solidaritätsgefühl,
ich
möchte fast sagen socialen Geist, erfüllt sind, dass sie es verschmähen, die Vortheile einer wahrhaft ökonomischen
Betriebsweise,
deren Bedingungen nur durch Gemeinschaftsbetriebe der vorbezeichneten Art festgestellt werden können, sich anzueignen,
ohne die Lasten
der Gemeinschaft zu tragen. Nun wird man aber das erstere, vom Standpunkte der Allgemeinheit, schwerlich wünschen
und auf das letztere
nur in seltenen Ausnahmefällen rechnen können.
Man wird also nicht umhin können, auch zur Erreichung dieses Zweckes seine Zuflucht zum Staat zu nehmen, (?? d. R.) wie denn
überhaupt
in neuester Zeit die Aufgaben des Staates eine ansehnliche Erweiterung erfahren haben. In der That handelt es sich
ja auch um eine
Aufgabe von allgemeinster Bedeutung. Denn unzweifelhaft hat die ganze Nation ein Interesse daran, dass mit ihren
Hilfsmitteln an
Menschen- und Naturkräften haushälterisch umgegangen wird und dass nicht schlechte, übermässig viel Kraft absorbirende
und wohl gar
noch gesundheitsschädliche Arbeitsmethoden ein unverdient langes Dasein fristen, lediglich weil bessere Arbeitsmethoden
und Maschinen
nicht bekannt sind oder weil ein zutreffendes Urtheil über die Ueberlegenheit von an sich zwar bekannten Arbeitsmethoden
oder
Maschinen fehlt.
Es sind Aufgaben von höchster volkswirthschaftlicher Bedeutung, um die es sich hier handelt. Wie es schon jetzt staatliche
Versuchs-
und Prüfungsanstalten der verschiedensten Art gibt, wie z.B. die mechanisch-technische Versuchsanstalt, die physikalisch-technische
Reichsanstalt in Charlottenburg bei Berlin u.a.m., so werden in den verschiedensten Industrien Versuchsbetriebe einzurichten
sein.
Dieselben wären nicht nach fiscalischen Gesichtspunkten zu verwalten, vielmehr wäre bei ihnen die Erzeugung von Waaren
lediglich als
ein Mittel anzusehen, den Werth der verschiedenen bekannten Arbeitsmethoden gegen einander abzuwägen und dadurch einen
unaufhaltsamen, stetigen Fortschritt aller Zweige der Industrie anzubahnen (??).
Diese Versuchsbetriebe würden zweckmässig in enge Beziehung zum Patentamt, welches bei der modernen Entwickelung der Industrie
als
Centralstelle für alle technischen Neuerungen zu betrachten ist, zu setzen sein. Das Patentamt hätte seine Beamten
zu veranlassen, das
werthvolle Material, das ihrer Obhut anvertraut ist und das gegenwärtig zum guten Theil, anstatt der Allgemeinheit
nutzbar gemacht zu
werden, vergraben bleibt, zu verarbeiten und durch Abfassung von Monographien der Benutzung zugänglich zu machen.
Die auf diese Weise
ermöglichte umfassendste Kenntniss der bisher in der Technik unternommenen Versuche würde einen werthvollen Leitfaden
für die in den
staatlichen Versuchsbetrieben anzustellenden vergleichenden Prüfungen abgeben. Man würde daraus mit einiger Sicherheit
entnehmen
können, was geprüft, was mit einander verglichen werden soll, da eine völlig
erschöpfende Lösung der vorbezeichneten Aufgabe wohl auf lange Zeit hinaus ein unerreichbares Ideal bleiben wird.
Wie hier aus der geistigen Erfassung eines engbegrenzten Gebietes der Technik die Idee staatlicher Versuchsbetriebe gleichsam
herausgewachsen ist, so wird man von den verschiedensten Ausgangspunkten aus immer wieder zu ihr geführt werden.
So gering auch die
Neigung, etwas dieser Idee Entsprechendes zu schaffen, zur Zeit sein mag, so wird doch jeder wiederholte Hinweis
auf dieselbe die
Abneigung mindern und schliesslich zu der Erkenntniss führen, dass es sich hier um ein nothwendiges Culturwerk handelt.
Im Interesse
des Fortschrittes der Technik aber wird man wünschen müssen, dass diese Erkenntniss nicht allzu lange auf sich warten
lassen
möchte.Die
Redaction steht diesen Vorschlägen fern.