Titel: | Fortschritte der angewandten Elektrochemie. |
Autor: | Franz Peters |
Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 187 |
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Fortschritte der angewandten
Elektrochemie.
Von Dr. Franz
Peters.
(Fortsetzung des Berichtes S. 90 d.
Bd.)
Fortschritte der angewandten Elektrochemie.
B. Anorganische Elektrochemie.
I. Allgemeines.
In einem Artikel über die neueren Fortschritte der anorganischen Elektrochemie
berichtet C. Chéneveau (Revue de Phys. et de Chim., Bd. 1 S. 55) über die Entzinnung von
Weissblechabfällen, Minet's Aluminiumprocess, Guntz' Lithiumprocess, das von Hulin modificirte Vautin'sche Verfahren der Natriumgewinnung unter Verwendung von
Kathoden aus geschmolzenem Blei und über Margots
Behandlung von Aluminium vor dem Verkupfern und Versilbern. Bei der Elektrolyse
von Alkalichloridlösungen sollen sich Asbestdiaphragmen am besten bewährt haben.
Eine kurze Zusammenstellung der Anwendungen der Elektrolyse zur Fabrikation
anorganischer Producte gibt L. Gourwitsch (Monit. scientif., 1897 Ser. 4 Bd. 11 S. 635). Eine
mit praktischen Einzelheiten und vielen statistischen Angaben durchsetzte
Uebersicht über die Entwickelurig, den jetzigen Stand und die Aussichten der
Elektrometallurgie und Elektrochemie bringt John B. C.
Kershaw (The Electrician, 1896 und 1897
Bd. 38 S. 277, 337, 385, 435, 466, 501, 542, 605, 692
und 757). Die Verwendung elektrochemischer Processe in den technischen
Grossbetrieben behandelt kurz Bertram Blount (The Electrician, 1897 Bd. 40 S. 73). Die
fabriksmässige Anwendung der Elektrolyse in der Galvanoplastik, Galvanostegie,
Metallurgie, zur Reinigung von Essigsäure, zum Bleichen, zur Gewinnung von
Wasserstoff und Bleiweiss, zum Schweissen und beim Giessen in Russland
beschreibt Rostin (Elektrochem. Zeitschr., 1897 Bd. 4 S. 124).
Eine neue elektrolytische Hypothese, die sich auf einseitige Ionen Wanderung
stützt, entwickelt J. Hargreaves (Elektrochem. Zeitschr., 1897 Bd. 4 S. 15). Ueber
Selbstaufzeichnung elektrischer Ströme durch Bewegung der Platinanode über
Kaliumjodidpapier berichtete P. Grützner auf der
69. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte (Chemiker-Ztg., 1897 Bd. 22 S. 791; Elektrochem. Zeitschr., 1897 Bd. 4 S. 97). Um bei
Einwirkungen elektrischer Entladungen auf Gase eine möglichst ausgiebige
Einwirkung zu erzielen, machen Aug. E. Bonna, Alexandre
le Royer und Pani van Berchem (D. R. P.
Nr. 93592; Englisches Patent Nr. 13688/1896) die eine Elektrode gleichzeitig zum
Kern eines Elektromagneten, so dass die Entladungsströme um ihn rotiren. Ueber
eine galvanometrische Titrirmethode berichtet Salomon (Zeitschr. f. Elektrochemie, 1897
Bd. 4 S. 71). Behrend hat schon früher statt der
Stromstärke die elektromotorische Kraft als Indicator benutzt (ebenda S.
74).
II. Metalloide.
Elektrolytisch entwickelten Wasserstoff und Sauerstoff
wollen P. Garuti und R.
Pompili (Englisches Patent Nr. 23663/1896) durch metallene Scheidewände
trennen, die unten in geringer Höhe kleine, möglichst nahe an einander liegende
Löcher haben.
Sauerstoff, der noch etwa 2 Proc. Wasserstoff und
Stickstoff enthält, erzeugt die Elektricitäts-Actiengesellschaft vorm. Schuckert und Co. (Elektrochem. Zeitschr., 1897 Bd. 4 S. 139) mit einem
Energieaufwande von 14 Kilo-Wattstunden auf 1 cbm elektrolytisch aus
18procentiger Natronlauge bei 55°. Die Elektroden sind in gusseisernen Glocken
angeordnet. Zu einem Bade, das 55 l Lauge fasst, werden 200 bis 300 Ampère
geleitet; die Spannung beträgt 2,8 bis 3 Volt.
Die bekannte Thatsache, dass mit der Abkühlung des Sauerstoffs die Ozonausbeute steigt, benutzt The Electric Rectifying and Refining Co. (Englisches Patent Nr. 29966
von 1896). Der Sauerstoff wird entweder durch ein Kühlungsmittel geleitet oder
comprimirt, gekühlt und entweder direct in den Ozonisator oder in eine
Vorrathskammer expandirt. Der Sauerstoff sollte möglichst rein sein. Auch Edward Beanes (Journ. of
the Society of Chem. Industry, 1897 Bd. 16 S. 395) will die Luft erst
durch Baumwolle leiten und ausserdem trocknen. Man soll mit stark beladenen
Elektroden arbeiten. Dann müssen aber Spitzen, sogar Staub- und Schmutzflecken
vermieden werden, da sie Funken erzeugen, die das entstandene Ozon wieder
zerstören. Den ersten Ozonisator mit parallelen Glasplatten construirte Ladd im Auftrage des Verfassers. Die Elemente des
Ozonapparates von Otto (Französisches Patent Nr.
254598) bestehen aus einer nichtleitenden vollen oder gitterförmig
ausgeschnittenen Platte zwischen zwei Platten aus Glas oder einem dielektrischen
Körper, zwischen denen das Gas durchströmt. A.
Verley (Französisches Patent Nr. 258166; Englisches Patent Nr.
17228/1896) nimmt eine polirte Kupferplatte und eine Glasplatte, die auf der der
Metallplatte abgekehrten Seite versilbert oder verzinnt ist. Zwischen ihnen
streicht die Luft im Spiral- oder Zickzackwege nach dem Auslass in der Mitte.
Gekühlt wird durch Flüssigkeit, die über eine Schieferplatte, an der das
Kupferblech befestigt ist, strömt, oder durch die Entspannung zusammengepresster
Gase. Die Entladungen haben Potentiale von 5000 bis 10000 Volt, selbst bei 5 bis
6 mm starken Glasscheiben. Patin's Ozonapparat
(Französisches Patent Nr. 255981) hat bewegliche Prismen oder Platten, die
durchbohrt sind, oder auch kreisrunde Röhren, so dass die Luft oder ein anderes
Gas in bestimmter Richtung in die Kammer geschleudert wird. Während theoretisch
1 elektrische /Std. 1 k Ozon liefern sollte, kann man in gewöhnlichen
Apparaten nur 10 bis 12 g, in den Apparaten von E.
Andreoli (Journ. of the Society of Chem. Ind.;
Elektrochem. Zeitschr., 1897 Bd. 4 S. 180; vgl. auch D. p. J. 1897 304 136)
30 bis 50 g gewinnen. Die Kosten betragen für 1 k 3 M., wenn 1 /Std.
etwa 8 bis 9 Pf. kostet. Bei den Apparaten werden die Elektroden nicht durch
drei Dielektrica, zwei Glaswände und Luft getrennt, sondern der Luftstrom geht
direct zwischen den Elektroden hindurch. Die Oxydation des Elektrodenmetalls ist
unbedeutend und kann durch einen Firnissüberzug verhindert werden. Durch den
Wegfall der Zwischenwände von Glas wird die Erhitzung und dadurch die Zerstörung
von Ozon vermindert. Die Elektroden sind mit zahlreichen punktförmigen
Erhöhungen versehen, die die Bildung der Effluvien erleichtern. Die Luft wird in
schnellem Strom durch die engen Zwischenräume zwischen den Elektroden geleitet.
In anderen Apparaten werden Glaswände zwischen tafelförmigen Elektroden
angewandt, von denen mehrere neben einander so angeordnet sind, dass die eine
Hälfte der Platten mit dem einen Pol, die dazwischen liegenden mit dem anderen
Pol der Inductionsrolle verbunden sind. Die Elektroden werden durch Luft
oder Wasser abgekühlt. Sie wirken in Folge der beschriebenen Anordnung
zweiseitig. Sie sind lang und eng neben einander und mit punktförmigen
Erhöhungen versehen. Eine andere Art von Ozonapparaten beruht auf Folgendem:
Wenn man eine Glühlampe mit einem Pol einer Inductionsrolle verbindet und den
anderen Pol mit einer Elektrode, die mantelförmig oder spiralig die Glühlampe
umgibt, tritt ein schwaches Leuchten in der Glühlampe auf und die Luft zwischen
der äusseren Elektrode und der Glaswand wird ozonisirt. Ist die Glühlampe nicht
luftleer, so unterbleibt gleichzeitig das Glühen und die Bildung von Ozon. Das
Commercial Ozone Syndicate Ltd. (Electr. Rev., London, vom 5. November 1897) erhält
in Yarnold'schen Ozonisatoren 1000 cbm ozonisirte
Luft für 1,20 M. Man arbeitet mit Strömen von 12000 Volt, die durch
Oeltransformatoren aus Wechselströmen von 100 Volt erhalten werden. Ozon ist gut
verwendbar zur Vernichtung des Schimmels in Bierfässern. Wird es zur Verdickung
von Leinöl und anderen für Malerei oder Linoleumfabrikation bestimmten
trocknenden Oelen benutzt, so gibt es ein helleres Product als die anderen
Methoden. Die Unkosten betragen auf die Tonne 4 M. gegen 10 M. bei den bisher
gebräuchlichen Verfahren. S. Rideal will solche
Golderze, die nicht für directe Cyanidlaugung geeignet sind, erst mit Ozon
behandeln. Nach E. Andreoli (London Electr. Rev., 1897 Bd. 41 S. 498) können 100
g Ozon 9000 l Wasser von mittlerer Unreinigkeit desinficiren, wenn die
oxydirende Wirkung, was bisher noch nicht möglich ist, voll ausgenutzt wird.
Ozon führt nach M. Otto (Dissert. Paris, 1897; L'Éclair, electr.,
1897 Bd. 12 S. 210) Methan und Aethylen in Aldehyde und Säuren über. Mit Benzol
liefert es einen explosiven Niederschlag. Eugenol, Safrol, Estragol und ihre
Isomeren geben mit Ozon Aldehyde; Methyl- und Aethylalkohol Aldehyde und Säuren;
Glycol Oxalsäure und Glyoxylsäure; Glycerin Mesoxalsäure; Phenol und
Dioxybenzole verharzen; Anilin liefert Chinon und Azobenzol; p-Toluidin
p-Azotoluol. Zur Darstellung von Vanillin lässt man durch eine auf dem
Wasserbade erhitzte Lösung von 100 g Isoeugenol in 1000 g Essigsäure 24 Stunden
lang einen 5 mg Ozon im Liter enthaltenden Gasstrom mit der Geschwindigkeit von
400 l in der Stunde gehen. Der Ueberschuss an Essigsäure wird auf dem Wasserbade
im Vacuum abdestillirt, der Rückstand in Aether gelöst und mit
Natriumbisulfitlösung von 40° Be. durchgeschüttelt. Die Bisulfitverbindung wird
bei 50° durch Schwefelsäure (1 : 1) zersetzt. Das Rohvanillin wird durch
Destillation und Krystallisiren gereinigt. Auch zur Oxydation der Leukobasen von
Farbstoffen soll es gebraucht werden (Französisches Patent Nr. 267881). Lingheld (Französisches Patent Nr. 254730 stellt
Lösungen von Ozon in Chininsalzlösungen her.
Zur Reinigung von Kesselspeise-Wasser soll sich (Street Railway Journ.; l'Éclair. électr., 1897 Bd.
12 S. 139) seit 2 Jahren der Apparat von Curtis-Hull bewährt haben. Er besteht aus einem gusseisernen Cylinder,
der innen über einander abwechselnd durchlöcherte Zink- und Kupferscheiben
enthält. Dem Wasser, das den Apparat durchströmt, wird etwas Salzsäure
zugesetzt. Die Versuche mit dem Hermite'schen
elektrolytischen Wasserreinigungsverfahren haben (The
Engineering, 1897 Bd. 39 S. 771) in Bombay zu dem Resultate geführt,
dass die durch Elektrolyse erhaltenen wirksamen Stoffe ungefähr doppelt so
theuer zu stehen kommen, als die gleiche Menge Chlorkalk.
Schmolz Theodor Gross (Elektrochem. Zeitschr., 1897 Bd. 4 S. 1, vgl. auch ebenda S. 112 und
D. p. J. 1897 304
237) eine Mischung aus 1 Th. Silbersulfid und 5 oder mehr Theilen Silberchlorid
in einer Stickstoffatmosphäre in einem schwer schmelzbaren Probirglase und
leitete dann zwischen iridiumfreien Platindrähten einen Strom von 3 bis 10
Ampère hindurch, so erglühte die Anode und schmolz ab, besonders schnell, wenn
sie nur wenig eintauchte. Im Wesentlichen ähnlich verhält sich gewöhnlicher
Platindraht. Die Reaction ist bedingt durch die Anwesenheit von überschüssigem
Silberchlorid. Die Schmelze wurde allmählich, auch bei Steigerung der Temperatur
und auch wenn die Anode nicht wesentlich angegriffen wurde, zum Theil fest unter
Aufhören des Erglühens der Anode. Wurde jetzt der Strom abgestellt und nach dem
Erkalten kohlensäurefreie Luft oder Stickstoff durch den Apparat geleitet, so
traten schwere weisse Dämpfe auf. Die an den Elektroden haftende Schmelze gibt
nach dem Verschmelzen mit Kaliumhydroxyd und Kochen mit Salpetersäure einen in
dieser und in siedendem Königswasser unlöslichen dunklen Rückstand. Durch
mehrmaliges Verreiben mit Natriumchlorid, Glühen in feuchtem Chlor und
Auswaschen wurde aus ihm das Platin entfernt. Das verbleibende dunkelgraue
Pulver, das auch ohne überschüssiges Silberchlorid erhalten werden kann, soll
ein Zersetzungsproduct des Schwefels
„Bythium“ sein, was durch weitere Controlversuche noch sehr der
Bestätigung bedarf.
Die elektrolytische Gewinnung von Persulfaten beschreibt E. Ronco (L'industrie électro-chim., 1897
Bd. 1 S. 60). Die Société d'Électrochimie arbeitet
in St. Michel de Maurienne mit DA, qdm = 50 Ampère und unter Verwendung von
Diaphragmen. Die Ausbeute beträgt fast 70 Proc. Die Verwendung von Persulfaten
zur Oxydation von Ceroverbindungen für analytische Zwecke empfiehlt G. v. Knorre (Zeitschr. f.
angew. Chemie, 1897 S. 719).
Zur continuirlichen Darstellung von Ammoniak aus Luftstickstoff erzeugt H. Mehner (D. R. P.
Nr. 92810) zunächst in einem elektrischen Schachtofen auf bekannte Weise Cyanid,
indem er der allmählich nach unten sinkenden Beschickung aus Kohle und Alkalien
oder Erdalkalien oder Carbonaten von oben Luft zuführt. Die Cyaniddämpfe werden
mit den Gasen hinter der Zone der Elektroden, also noch innerhalb oder dicht
unterhalb der Zone höchster Hitze, abgeführt und in einem über dem Ofen
angebrachten, mit Kohle oder Koks gefüllten und gegen Luftzutritt gesicherten
Kühler verdichtet. Durch Einlassen von Dampf wird das Cyanid in Ammoniak und
Carbonat zerlegt, von denen das erstere entweicht, das letztere im Gemisch mit
Koks zur neuen Beschickung dient. Durch die heissen Reactionsgase kann der Koks
nach dem Gegenstromprincipe bis nahe an die Reactionstemperatur vorgewärmt
werden, wenn der zunächst vom heissen Gasstrom getroffene Theil des Koks
oberhalb der Verdichtungstemperatur der Cyanide bleibt und bereits mit
regenerirtem Carbonat beladen ist.
Rayleigh (Journ. of the
Chemical Society, 1897 S. 181) hat bei Wiederholung der Davy'schen Elektrolyse von Wasser, das Stickstoff
gelöst enthält, salpetrige Säure nicht nachweisen können. Bei der Oxydation des
Stickstoffs durch elektrische Entladungen ist es vortheilhaft, grosse
Röhren zu nehmen, unter Druck zu arbeiten und die Salpetersäure ständig durch
Alkali zu absorbiren. So konnte aus einem Gemenge von 9 Th. Luft und 11 Th.
Sauerstoff zuletzt ziemlich stickstoffreies Argon
gewonnen werden. Auch F. v. Lepel (Ber. d. deutsch. chem. Gesellsch., 1897 Bd. 30 S.
1027) hat beobachtet, dass die Röhren um so weiter sein müssen, je stärkere
Ströme verwendet werden, da man sonst durch Seitenentladungen Verluste erleidet.
Er hat durch folgende Anordnung auch bei geringer elektromotorischer Kraft
Ausbeuten von etwa 16 Proc. erhalten. Eine senkrecht stehende Glasröhre von 2
bis 3 l Inhalt, durch die ein schwacher Luftstrom geht, nimmt in einer unteren
kugelförmigen Erweiterung die tellerförmige Kathode und darüber die spitze Anode
auf. Von oben wird durch eine Art Zerstäuber Flüssigkeit hineingespritzt. Das
Stickstoffdioxyd wird theils von den Flüssigkeitsbläschen, theils in einem hohen
Absorptionsthurm von Kali o. dgl. absorbirt. Die Ausbeute wird mehr durch die
Stromstärke als durch die Länge der Funkenbahn beeinflusst. Mit der Länge des
Funkens (über 14 mm) nimmt seine chemische Wirkung ab, wächst aber mit der
Kräftigkeit der Aureole. Einfluss haben das Elektrodenmaterial und die Art der
zerstäubten Flüssigkeit. Enthält letztere Sauerstoffüberträger, so wird die
Oxydation des Stickstoffs begünstigt. Weniger vortheilhaft ist ozonisirte Luft,
ohne Einfluss sind Röntgen-Strahlen. Die Kathoden bestehen am besten aus
Retortenkohle oder Zinn, die Anoden aus Kupferspitzen.
Die quantitative Bestimmung der Salpetersäure durch Elektrolyse gelingt ausser
nach der Luckow-Vortmann'schen Methode des
gleichzeitigen Niederschlagens von Kupfer nach K.
Ulsch (Zeitschr. f. Elektrochemie, 1897
Bd. 3 S. 546) auch leicht, wenn man eine Kathode aus 2 m langem und 1,4 mm
starkem weichen Kupferdraht, der zu einer 7 cm langen Spirale aufgewickelt ist,
verwendet. Die Kathode wird vor jedem Versuch schwach geglüht und durch
Eintauchen in kaltes Wasser abgekühlt. Die Anode besteht aus einem 1 mm starken
Platindraht und ist von den Windungen der Kathode umgeben. J = 1,25; Dqdm = 1,47 Ampère. Auf 0,4 g Kaliumnitrat werden
der Lösung 10 cc Normalschwefelsäure zugefügt. Die Elektrolyse wird bis 10
Minuten nach eintretender Wasserstoffentwickelung fortgesetzt. Ammoniak wird
durch Titration der nicht neutralisirten Schwefelsäure bestimmt.
Einen Ueberblick über die elektrische Phosphorgewinnung gibt Liebmann (Zeitschr. f. Elektrochemie, 1897 Bd. 4 S. 16). Die
nach Readman und Parker's Verfahren arbeitende englische Fabrik in Wedensfield soll
heute schon mehr Phosphor fabriciren als alle anderen Fabriken der Welt
zusammen. Durch die Temperatur des Lichtbogens und Kieselsäurezusatz zur
Schlackenbildung wird eine Ausbeute bis zu 86 Proc. möglich. Der schon bekannte,
für Demonstrationsversuche zur Phosphordarstellung bestimmte Ofen ist auch für
Metalldestillationen und zu Versuchen über die Einwirkung von Gasen auf feste
Körper brauchbar. Jourdain (Französisches Patent
vom 11. Juli 1896) gibt ein Phosphorgewinnungsverfahren an, das mit dem von Hilbert und Frank
(vgl. D. p. J. 1897 304
140) so gut wie identisch ist. Aehnlich hat W.
Borchers (Zeitschr. f. Elektrochemie, 1897
Bd. 3 S. 551) bei der Reduction von Thomas-Schlacke durch Kohlenstoff im
elektrischen Ofen Calciumcarbid, Phosphor und phosphorhaltiges Eisen erhalten. Nur
äusserlich neu ist das Verfahren zur Phosphorgewinnung von L. L. Billaudot (Englisches Patent Nr. 15977 von
1896). Er will Metallphosphate durch Erhitzen mit Kohle im elektrischen Ofen in
Phosphide und diese durch die nämliche weitere Behandlung in Carbide und
Phosphor überführen. Beide Phasen können in einer Operation vereinigt werden
(!). Dann hat man das Verfahren von H. Hubert und
A. Frank (D. p. J.
1897 304 140). R. W.
Strehlenert (Französisches Patent Nr. 252730; Schwedisches Patent Nr.
7876) gewinnt durch Elektrolyse Metaphosphorsäure. Diese wird entweder durch
Kohle zersetzt oder in ∪-Röhren, deren gekrümmter
Theil von den Schenkeln durch eine nichtleitende Substanz getrennt ist, bei
Hellrothglut elektrolysirt. Eine 300 gebrauchende Phosphorfabrik, die
nach dem Albright-Verfahren arbeitet, ist an den
Niagarafällen in Betrieb gesetzt worden (The
Electrician, 1897 Bd. 39 S. 747).
Antimon-Sulfid hat A.
Mourlot (Engineering and Min. Journ., 1897
Bd. 63 S. 509) im elektrischen Ofen krystallisirt erhalten. Bei höherer
Temperatur zerlegt es sich ähnlich wie Bleisulfid (siehe später).
Bekanntlich geht Kohle bei Einwirkung hoher
Temperaturen unter Luftabschluss aus dem nichtleitenden in den leitenden Zustand
über. Dies tritt nach G. Brion (Wied. Annalen, 1896 Bd. 59 S. 715) erst nach
starker Rothglut, doch bei einer bestimmten Temperatur sehr schnell ein,
unabhängig von der Erhitzungsdauer. War die Kohle nicht hoch genug erhitzt, so
verliert sie nach dem Erkalten ihre Leitfähigkeit
wieder um so mehr, einer je niedrigeren Erhitzungstemperatur sie ausgesetzt
gewesen war. Alfred Coehn (Zeitschr. f. Elektrochemie, 1897 Bd. 3 S. 424) findet, dass Kohlen als
Anoden in Schwefelsäure ohne Bildung einer gefärbten Lösung zerfallen, wenn der
Elektrolyt concentrirter ist, während mit fortschreitender Verdünnung eine immer
intensivere Färbung der Lösung entsteht. Mit steigender Temperatur geht in der
concentrirtesten Lösung der Zerfall der Kohle zurück, und es tritt Färbung des
Elektrolyten ein. Der Gewichtsverlust der Kohlenanode bei der Elektrolyse
gleicher Raumtheile concentrirter Schwefelsäure und Wasser bei 100° ergab, unter
Abzug des zerfallenen Theils der Kohle, für das elektrochemische Aequivalent des
Kohlenstoffs 3. Stromdichte, Temperatur und Concentration haben keinen Einfluss
auf die Menge des gelösten Kohlenstoffs. H. Moissan
(Compt. rend., 1897 Bd. 124 S. 653) zeigt, dass
die schwärzliche nicht glänzende Schicht, die sich auf Diamant in der Crookes'schen Röhre bildet, aus Graphit besteht. Er
ist sehr widerstandsfähig gegen Oxydationsmittel, also bei sehr hohen
Temperaturen (etwa 3600°) gebildet.
Die Versuche zur Herstellung künstlicher Diamanten sind fortgesetzt worden. Um
beim Lösen des Kohlenstoffs in flüssigem Eisen dessen Lösungscapacität zu
steigern, schliesst Moyat (Rundschau, 1897 S. 223; Zeitschr, f.
Elektrochemie, 1897 Bd. 3 S. 394) mit gepulverter Kohle und
Eisenstückchen zusammen flüssige Kohlensäure in einen Stahlcylinder ein und
lässt dann durch das Gemenge den elektrischen Lichtbogen gehen. Nach Abkühlung
des geschlossenen Cylinders und Auflösung des Eisens in Salzsäure sollen
Kohlenstoffkrystalle von ansehnlicher Grösse erhalten werden, die theils
wirkliche Diamanten, theils diesen nahestehende Körper sind. Statt flüssiger
Kohlensäure können auch organische Körper, wie Paraffin oder Vaselin, statt
Eisen Kobalt oder Nickel verwendet werden. W.
Borchers (Zeitschr. f. Elektrochemie, 1897
Bd. 3 S. 396) schlägt vor, die Kohlenstoffmasse, die in den krystallinischen
Zustand übergeführt werden soll, als Erhitzungswiderstand zu verwenden. Um die
Krystallisation zu vermitteln, soll sie imprägnirt werden mit geringen Mengen
(Bruchtheilen von Procenten des zu verarbeitenden Kohlenstoffs) reducirbarer
Verbindungen solcher Stoffe, die Carbide bilden, oder die oder deren Carbide
sich mit Kohlenstoff legiren. Durch abwechselnde Bildung und Zerlegung von
Carbiden und Legirungen dieser mit Kohlenstoff, verbunden mit
Saigerungsprocessen soll der Kohlenstoff allmählich in den krystallinischen
Zustand übergeführt werden. Auch die gasförmigen Verbindungen des Kohlenstoffs
mit Wasserstoff, Sauerstoff, Schwefel u.s.w. können von günstiger Wirkung sein.
Ein Erhitzungsapparat, der unter hohem Gasdrucke zu arbeiten gestattet, wird
beschrieben. Quirino Majorana (Rendiconti del R. Accademia dei Lincei, 1897 Bd. 6
S. 1; L'Éclairage electr., 1897 Bd. 13 S. 371)
zeigt, dass zur Umwandlung des amorphen Kohlenstoffs in Graphit und in Diamant
nicht die Gegenwart eines Metalls nöthig ist, in dem er sich erst auflöst,
sondern dass die Hitze eines elektrischen Bogens von 25 Ampère und 100 Volt
sowie ein grosser Druck, der durch Explosion von Schiesspulver hervorgebracht
wurde, zur Umwandlung genügen.
Auf die bekannte Thatsache, dass in Carbidschmelzen gelöster Kohlenstoff sich
beim Abkühlen in anderen, besonders auch krystallinischen Modifikationen
ausscheidet, hat J. Garcon (Französisches Patent
Nr. 258227) ein Patent erhalten. Wie Moissan früher
im carburirten Eisen, hat jetzt Maumené (Société chim. de Paris; Chem.-Ztg., 1897 Bd. 21 S.
328) in den bei der Acetylenbereitung bleibenden Carbidrückständen
mikroskopische Diamanten gefunden. Torf verkohlt P.
Jebsen (Englisches Patent Nr. 22194/1896) in Retorten, die mit Asbest
ausgefüttert sind, durch elektrische Erhitzung oder dadurch (Englisches Patent
Nr. 15518 von 1897), dass er ihn in dünnen Schichten als Widerstand in einen
Stromkreis bringt.
Die schon früher (D. p. J. 1897 304 141) beschriebene Herstellung von Legirungen aus
Silicium mit Metallsiliciden, aus der
krystallinisches Silicium gewonnen werden kann, hat sich G. de Chalmot schützen lassen (Amerikanisches Patent Nr. 589415;
übertragen auf die Wilson Laboratory Company).
Siliciumcarbid, das hochprocentig an Kohlenstoff ist und sich vom Diamanten nur
durch die schwache Färbung im polarisirten Lichtstrahl unterscheidet, bildet
sich nach Leon Franck (Stahl und Eisen, 1897 Bd. 17 S. 485) stets bei der
Calciumcarbiddarstellung und zwar um so reichlicher, je mehr Kieselsäure die
Rohmaterialien enthalten. In Dresden soll eine Carborundumfabrik errichtet
werden. Die Oefen der Fabrik an den Niagarafällen sind nach F. A. Fitzgerald (Journ. of
the Franklin Instit., Bd. 143 S. 81) 12 Fuss lang, 5 breit und 5 tief.
Sie werden für jede Operation von Neuem aus Ziegelsteinen aufgebaut. Nur die 2
Fuss starken Endmauern bleiben stehen. Durch sie gehen 60 Kohlenstäbe von 30
Zoll Länge und 3 Fuss Durchmesser. Man füllt die Oefen bis zum unteren
Kohlenstabe mit dem Gemisch, vermeidet aber Contact, stellt dann zwischen den
Elektroden einen Kern von 21 Zoll Durchmesser aus Koksstücken her und füllt darüber
Gemisch bis zu 8 Fuss Höhe. Der von der Niagara Falls
Power Co. gelieferte Strom von 2200 Volt wird auf 185 Volt
transformirt. Zur Herstellung von Schleifrädern wird ein Gemisch von Carborundum
mit Kaolin und Feldspath in Formen einem hydraulischen Druck unterworfen, durch
7tägiges Erhitzen verglast und langsam abgekühlt. Für dünne Räder verwendet man
als Bindematerial Schellack. Als Schleifmaterial wirkt Carborund besser als
Schmirgel, ist aber auch zwei- bis fünfmal theurer. Zum Schleifen und Poliren
von Glas ist es nicht verwendbar, da es wegen seiner grossen Härte Schrammen
gibt. Kleine Carborundumblättchen von 0,5 bis 1 mm Seite sind nach F. Göpel (Vereinsbl.
deutsch. Ges. Mechan. u. Optik, 1897 S. 73) in der Reichsanstalt mit
gutem Erfolge zur Herstellung feiner Theilstriche benutzt worden. Die schon
bekannte Verwendung von Siliciumcarbid für elektrische Lampen (vgl. D. p. J. 1897 304 141)
will Ed. G. Acheson (Russisches Privileg Nr.
173/1896) dadurch verbessern, dass er dem Carborund, um es leitend zu machen,
Kohle beimischt.
(Fortsetzung folgt.)