Titel: Landwirthschaftliche Maschinen.Einiges über Säemaschinen.
Autor: Victor Thallmayer
Fundstelle: Band 307, Jahrgang 1898, S. 298
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Landwirthschaftliche Maschinen.Einiges über Säemaschinen. Von Victor Thallmayer, Professor an der landwirthschaftlichen Akademie in Ungarisch-Altenburg. (Schluss des Berichtes S. 273 d. Bd.) Mit Abbildungen. Einiges über Säemaschinen. Bestimmung des Ausstreuquantums. Es kann dies entweder durch die sogen. Fahr- oder aber durch die sogen. Steh- oder Drehprobe geschehen. Fahrprobe. Behufs Vornahme dieser Probe müssen die Scharen so weit hoch gehoben werden, dass denselben eine Plache untergehängt werden könne. Nachdem dafür Sorge getragen wurde, dass das zu erprobende Wechselrad auf der Säewelle sich befinde, und nachdem in den Saatkasten das Saatgut eingefüllt wurde, lassen wir die Maschine einen Weg von W Meter oder Klafter zurücklegen. Während die Maschine die Wegstrecke W hindurch gezogen wurde, ist eine gewisse Menge Körner auf die Plache gestreut worden. Sei die Menge dieser Körner Q. Hätte die Maschine diese Wegstrecke auf dem Felde anbauend zurückgelegt, so wäre oben erwähnte Menge Samen auf die von der Maschine bebaute Fläche gefallen. Diese Fläche erhalten wir, wenn wir die Säebreite der Maschine S mit dem zurückgelegten Wege W multipliciren. Mit einer Formel ausgedrückt ist diese Fläche = S × W und demnach die auf die Flächeneinheit fallende Menge Samen: q=\frac{Q}{S\,\times\,W}, demnach die auf 1 ha fallende: M_h=\frac{Q}{S\,\times\,W}\,\times\,10000, und die auf ein Katastraljoch fallende: M_k=\frac{Q}{S\,\times\,W}\,\times\,1600. Es versteht sich von selbst, dass, wenn von Hectaren die Rede ist, in obiger Formel S und W in Meter, wenn hingegen von Katastraljochen die Rede ist, in der unteren Formel S und W in Klafter ausgedrückt, einzusetzen ist. Stehprobe. Bei dieser etwas weniger umständlichen und deshalb gerne angewandten Probe hebt man die Fahrradachse der Maschine um so viel, dass sich das Antriebsfahrrad frei vom Boden drehen lässt. Nachdem auf die Säewelle das zu erprobende Wechselrad gesteckt und der Samen in den Saatkasten eingefüllt wurde, wird unter die Scharen ein Sack oder ein Stück Plache gebreitet. Nun fängt man das Antriebsfahrrad mit der Hand zu drehen an und verrichtet mit demselben eine bestimmte Anzahl (n) Umdrehungen. Während die n Umdrehungen vor sich gegangen sind, ist eine bestimmte Quantität Samen Q auf den Sack oder die Plache gefallen. Hätte das Fahrrad der Maschine am Felde fahrend n Umdrehungen verrichtet, so hätte es eine Wegstrecke zurückgelegt, die seiner nfachen Peripherie gleichkommt, und es wäre die von der Maschine bestrichene Fläche dem Producte aus der nfachen Peripherie mit der Säebreite der Maschine gleich gewesen. Ist nun D der Durchmesser des Fahrrades, so ist seine Peripherie 3,14 × D und mithin die von der Maschine während n Umdrehungen des Fahrrades bestrichene Fläche = 3,14 × n × D × S, demnach die auf die Flächeneinheit entfallende Menge Saatgut: q=\frac{Q}{3,14\,\times\,n\,\times\,D\,\times\,S}. Diesem nach ist die auf 1 ha entfallende Anbaumenge: M_h=\frac{Q}{3,14\,\times\,n\,\times\,D\,\times\,S}\,\times\,10000 und die einem Katastraljoche entsprechende Anbaumenge: M_k=\frac{Q}{3,14\,\times\,n\,\times\,D\,\times\,S}\,\times\,1600. Selbstverständlich sind die Werthe für D und S in die obere Formel in Meter, in die untere hingegen in Klafter ausgedrückt einzusetzen. Bei Vornahme der Stehprobe kann auch leicht in Erfahrung gebracht werden, inwieweit die einzelnen Löffelscheiben, Schöpfräder oder sonstigen Streuelemente gleichmassig streuen. Zu diesem Behufe fangen wir den aus den Scharen herausgelangenden Samen einzeln auf, was am einfachsten dadurch möglich wird, wenn wir jede Schar in einen Papiersack stecken und den Inhalt jedes Säckchens separat abwägen. Grosse Unterschiede dürfen im Gewichte der Sackinhalte sich nicht zeigen, kleine zwischen 1 bis 5 Proc. fallende Unterschiede im Inhalte der Säckchen können jedoch immer vorkommen, besonders wenn nicht sortirtes und nicht trieurtes Saatgut verwendet wird. Damit die Aussaat rein und gleich massig sei, ist es unerlässlich, dass der Landwirth nur sortirtes, trieurtes und, wenn nothwendig, gebeiztes Saatgut verwende. Damit aber dem Landwirthe bei aller Vor- und Umsicht dennoch die Saat nicht ungleichmässig ausfalle, ist es andererseits nothwendig, dass auch der Fabrikant sein Möglichstes dazu beitrage, dass die Aussaat gleichmässig ausfalle. Der Fabrikant kann insofern viel zur Erreichung gleichmässiger Aussaat beitragen, wenn er dafür Sorge trägt, dass die Löffel, die Schöpfzellen oder die Aufnahmsvertiefungen der Streuelemente überhaupt, alle vollkommen gleich und congruent seien. Behufs Bestimmung der Ausstreumenge (für 1 ha oder für 1 Katastraljoch) kann auch im Voraus ausgerechnet werden, wie viele Umdrehungen x das Fahrrad machen müsse, damit ein aliquoter Theil (der nte Theil) eines Hectars oder eines Katastraljoches bebaut sei. Ist der Durchmesser des Fahrrades = D, so finden wir für die Umdrehungszahlen die Werthe x_h=\frac{10000}{3,14\,\times\,n\,\times\,D\,\times\,S} und x_k=\frac{1600}{3,14\,\times\,n\,\times\,D\,\times\,S}, wobei sich die erste Formel auf das Hectar, die zweite hingegen auf das Katastraljoch bezieht. Bestimmung der Ausstreumenge aus den Zähnezahlen der Wechselräder. Kennt man die Menge Körner, welche ein bestimmtes Wechselrad von einer gewissen Gattung Samen streut, so lässt sich leicht durch Umrechnung finden, wieviel die Streumenge bei Anwendung eines anderen Wechselrades betragen muss. Baut nämlich bei Verwendung eines Wechselrades von der Zähnezahl Z die Maschine die Menge m auf eine bestimmte Fläche, und wollen wir wissen, welche Menge m1 die Maschine bei Verwendung eines Wechselrades von der Zähnezahl Z1 anbauen würde, so können wir hierzu, nachdem die Menge des ausgestreuten Samens der Umdrehungsgeschwindigkeit der Säewelle proportional ist, hierfür den Ausdruck: m_1=m\,\times\,\frac{Z}{Z_1} benutzen. Wenn bei einer Reihensäemaschine mit indirectem Antriebe das auf der Säewelle befindliche Wechselrad S Zähne zählt, und das mit dem auf der Säewelle befindlichen Wechselrade unmittelbar in Eingriff stehende Zahnrad A Zähne besitzt, und bei dieser Anordnung die Menge des auf eine gewisse Fläche gestreuten Samens m beträgt, so wird, wenn an die Stelle des auf der Säewelle befindlichen Rades ein solches mit der Zähnezahl S1 und an die Stelle des anderen Rades ein solches mit der Zähnezahl A1 tritt, die Menge m1 des auf dieselbe Fläche gestreuten Samens sein: m_1=m\,\times\,\frac{A_1}{A}\,\times\,\frac{S}{S_1}=m\,\frac{\left(\frac{S}{A}\right)}{\left(\frac{S_1}{A_1}\right)}. Preis und Gewicht. Die den Preis einer Reihensäemaschine ausmachende Summe kann man sich aus zwei Theilen bestehend denken, von welchen einer constant, der andere variabel ist. Der constante Theil (Werth der vier Räder und der Gestellseitentheile) stellt sich bei der gewöhnlichen Ausführung auf etwa 45 fl., der variable Theil hängt von der Reihenanzahl ab und beträgt der Einheitspreis für die Schar bei guter Ausführung bei Maschinen mit Schöpfrädern 15, bei Löffelscheibenmaschinen 19, bei Schubwalzenmaschinen 15 bis 19, und endlich bei solchen mit Reid'schen Scheiben 12 fl. Amerikanische Säemaschinen kommen loco Amerika nicht höher zu stehen als 9 fl. für die Schar. Das Gewicht 15reihiger Maschinen, welche die gangbarsten sind, bewegt sich zwischen 350 bis 600 k. Textabbildung Bd. 307, S. 298 Fig. 249.Säemaschine mit Vordersteuer. Anzahl der zur Bedienung nöthigen Arbeiter. Beim Anbau grosser Flächen, wenn auf genauen Anschluss der Reihen Gewicht gelegt wird, müssen drei bezieh. zwei Individuen für die Säemaschine verwendet werden, welche bei einer Säemaschine mit Vordersteuer in der aus Fig. 249 und bei einer Maschine mit Hintersteuer in der aus Fig. 250 ersichtlichen Weise anzustellen sind. Gebrauchswerth. Der Gebrauchswerth W einer Reihensäemaschine lässt sich rechnerisch durch die Formel: W=\alpha\,\times\,\frac{F}{K_1+K_2+K_3} ausdrücken, in welcher α einen die Gleichförmigkeit der Aussaat zum Ausdrucke bringenden Coëfficienten, F die täglich angebaute Fläche und K1 die Kosten des Taglohnes, K2 die Kosten des Gespannes und K3 die den Anschaffungs- und Amortisationskosten entsprechende Quote bedeutet. Textabbildung Bd. 307, S. 298 Fig. 250.Säemaschine mit Hintersteuer. Bei den heutzutage verwendeten Reihensäemaschinen ist im Gebrauchswerte natürlich keine grosse Verschiedenheit anzutreffen, daher dessen Bestimmung nicht mehr von besonderer Wichtigkeit ist. Rückblick auf die Entwickelung der Reihensäemaschine. Wenn auch die Zeit, innerhalb welcher die Säemaschine nach und nach auf das Niveau ihrer heutigen Vollkommenheit gebracht wurde, nicht gerade kurz genannt werden kann, so können im Ganzen doch nicht mehr als drei solche Vereinfachungen erwähnt werden, welche in der Entwickelung der Säemaschine gewissermaassen Wendepunkte bildeten, und durch welche theilweise die Bedienung, theilweise die Construction vereinfacht und dadurch der Gebrauchswerth der Maschine gesteigert wurde. Unter den im Interesse der Vereinfachung der Bedienung der Säemaschine unternommenen Maassnahmen hatte keine solche Bedeutung wie jene, mit welcher an die Stelle jener drei Hebel, welche bei den alten Maschinen zum Ausheben der Scharen, zum Ausserbetriebsetzen der Säewelle, ferner zum Auswechseln der Wechselräder nothwendig waren, ein einziger Hebel gesetzt wurde. Hierdurch wurde die Anzahl der nöthigen Hantierungen beim Wenden mit der Maschine von drei auf eine herabgesetzt. Was die Vereinfachung in der Fabrikation anbelangt, da wieder war kein Schritt von solcher Tragweite, wie jener, mit welchem man von den Löffelscheiben auf die Schöpfräder überging. Hierdurch wurde das Innere des Saatkastens einfacher, indem aus demselben die complicirten Saatkastentrichter zu beiden Seiten der Löffelscheiben wegbleiben konnten; ausserdem wurde es möglich, die Streuelemente, die Schöpfräder ganz aus Guss herzustellen, und hiermit konnte die mit der Herstellung der Löffelscheiben verbundene umständliche Handarbeit erspart werden. Was endlich jenen Schritt anbelangt, durch welchen die Reihensäemaschine zu einer Universalmaschine gemacht wurde, deren Verwendung nicht mehr an enge Grenzen gebunden ist, so war das jener, mit welchem man sich nach dem Beispiele der Amerikaner entschloss, auch solche Streuelemente, Schubwalzen u. dgl. in die Saatkästen der Säemaschinen einzusetzen, welche bei jeder Stellung des Saatkastens, auf jedem Terrain, ohne jede weitere Einstellung und ohne jedes weitere Hinzuthun von Seite des Arbeiters gleichmässig anbauen, also nicht nur auf ebenem Terrain wie die Löffelscheiben und Schöpfräderdrills. Weitere in geringerem Maasse zur Vervollkommnung der Säemaschinen beigetragen habende Maassnahmen waren die Verlegung der die Scharhebel aushebenden Aufzugketten von hinten nach vorn, ferner die Verlegung des Zughakens als Angriffspunkt der Zugkraft vom Vordergestelle auf die Hinterachse (die Fahrradachse) der Maschine. Einen interessanten, aber für die Praxis belanglosen Abschnitt in der Entwickelung der Säemaschinen boten jene Maassnahmen, mit welchen man den Saatkasten der Säemaschinen sich selbst (automatisch), je nach dem Terrain, einstellbar machen wollte. Mit Constructionen, die auf die Selbststellbarkeit des Saatkastens abzielten, gab man sich nur in Oesterreich-Ungarn und in Deutschland eine Zeitlang ab, gegenwärtig sind dieselben, und zwar mit vollem Recht, von der Liste der praktische Bedeutung besitzenden Constructionen gestrichen.