Titel: Fortschritte der angewandten Elektrochemie.
Autor: Franz Peters
Fundstelle: Band 308, Jahrgang 1898, S. 20
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Fortschritte der angewandten Elektrochemie. Von Dr. Franz Peters. (Fortsetzung des Berichtes Bd. 307 S. 276.) Mit Abbildungen. Fortschritte der angewandten Elektrochemie. C. Organische Elektrochemie. L. Gourwitsch gibt eine Uebersicht über die Anwendungen der Elektrolyse in der organischen Chemie (Moniteur scientif., 1897 Sér. 4 Bd. 11 S. 409). W. G. Mixter (Amer. Journ. of Science, 1897 Bd. 4 S. 51) hat Gemische verbrennlicher Gase mit Sauerstoff in Eudiometern der Wirkung eines elektrischen Wechselfeldes, das durch ein Inductorium erhalten wurde, ausgesetzt. Die Verbrennung fand langsam und stetig statt; ihre Geschwindigkeit war abhängig von der Natur der Gase, dem Druck und der Stromstärke. Ungesättigte Verbindungen scheinen schneller oxydirt zu werden als gesättigte. A. de Hemptinne (Belgische Akad. d. Wissenschaften vom 3. Juli 1897; Chemiker-Zeitung, 1897 Bd. 21 S. 651) hat den Einfluss festgestellt, den bei der Synthese organischer Verbindungen durch dunkle elektrische Entladung die Entfernung der beiden Belegungen, die mit der Inductionsspirale verbunden sind, auf die Natur der Producte ausübt. Bei der elektrolytischen Darstellung von Jodoform aus alkoholischer Kaliumjodidlösung verläuft nach K. Elbs und A. Herz (Zeitschr. f. Elektrochemie, 1897 Bd. 4 S. 113) die Umsetzung nach der Gleichung: CH3 . CH2OH + 10 J + H2O = CH J3 + CO2 + 7 HJ und nicht nach CH3 . CH2OH + 8 J + H2O = CHJ3 + H . COOH + 5 HJ. Als Nebenproducte entstehen hauptsächlich jodsaures und vielleicht auch etwas überjodsaures Alkali. Nennenswerthe Mengen von unterjodigsaurem Salz finden sich dagegen zu keiner Zeit in der Anodenflüssigkeit vor. Aethyljodid war manchmal zu riechen, konnte aber nicht in sicher nachweisbaren Mengen gewonnen werden. Die günstigste Temperatur für die Jodoformbildung liegt zwischen 60 und 70°; auch die Bildung der Jodsäure nimmt unter sonst gleichen Umständen im Allgemeinen mit der Temperatur zu. Mit wachsendem Sodagehalte (über 6 g auf 100 cc) sinkt die Ausbeute an Jodoform schwach, während die an Jodsäure stark ansteigt, weil ein grösserer Theil des Stromes durch die Soda geht und deshalb durch die in Folge der Entladung von CO3-Ionen verfügbare und anwachsende Sauerstoffmenge mehr Jod oxydirt wird. Aus diesem Grunde wird auch die Ausbeute mit wachsender Kaliumjodid- und Alkoholmenge grösser. Bei Anwendung einer aus 5 g wasserfreier Soda, 10 g Kaliumjodid, 20 cc Alkohol von 96 Proc. und 100 cc Wasser bestehenden Lösung bei 60° ist eine höhere Anodenstromdichte als 1 Ampère ungünstig. Nahezu quantitative Ausbeuten erhält man bei continuirlichem Arbeiten, d.h. wenn man allstündlich das abgeschiedene Jodoform entfernt und die Anodenflüssigkeit durch Zusatz von Soda, Kaliumjodid und Alkohol wieder auf den ursprünglichen Gehalt bringt. Lässt man das Diaphragma weg, so wird die reducirende Wirkung des Wasserstoffs die Ausbeute an Jodoform beeinträchtigen. Man erhält aber ziemlich ebenso gute Resultate wie mit Diaphragma, wenn man eine kleine Kathode in genügender Entfernung von der Anode in den oberen Flüssigkeitsschichten anbringt. Anoden aus Nickel sind unbrauchbar. Bei Verwendung von gereinigtem Aceton statt Alkohol trat bald freies Jod auf. Jodirte Ketone waren durch den Geruch erkennbar. Mit dem Jodoform schied sich ein rothbraunes Pulver, aus der Flüssigkeit eine rothbraune Schmiere ab. Wurde die Soda durch Aetznatron ersetzt, so war Jodoform nur am Geruch zu erkennen, und der Elektrolyt färbte sich durch Condensationsproducte des Acetons rothbraun. Nach F. Foerster und W. Mewes (Zeitschr. f. Elektrochemie, 1897 Bd. 4 S. 268) ist die Reduction des Jodoforms durch den an der Kathode entwickelten Wasserstoff nur unwesentlich. Man kann also ohne Thonzelle arbeiten. Da aber in diesem Falle sehr viel Jod sich eher mit dem an der Kathode gebildeten Alkalihydrat umsetzen als Jodoform bilden würde, müssen die Kathoden, die auch aus Blei bestehen können, mit Pergamentpapier umhüllt werden. In diesem Falle kommt man bei Stromdichten bis 3 Ampère mit Spannungen bis 2,5 Volt aus, während man beim Gebrauche einer Thonzelle bis 6 Volt nöthig hat. Ausserdem wird freies Alkalihydrat in der Lösung erscheinen, das durch Einleiten von Kohlensäure in das die Jodoformbildung begünstigende Carbonat umgewandelt werden muss. Das Carbonat führt viel schneller als das Hydrat freies Jod in Hypojodit über, und dieses ist für die Jodoformbildung wesentlich. Bildet sich zu viel Hypojodit, so geht es zum Theil in Jodat über und bildet aus dem Alkohol etwas Essigsäure. Die Kohlensäure muss in solchem Maasse eingeleitet werden, dass eine kleine Menge Bicarbonat zugegen ist, und die Lösung während der Elektrolyse eine blass- bis strohgelbe Farbe zeigt. Die Stromdichte kann bis 3 Ampère auf 1 qdm betragen, wird aber mit besserem Erfolge zu 1 Ampère genommen. Bei continuirlicher Darstellung ist es vortheilhaft, den Kaliumjodidgehalt so lange constant zu halten, bis die Menge des gebildeten Kaliumcarbonats der des ursprünglich vorhandenen Natriumcarbonats etwa gleich kommt (aber durchaus nicht das Fünffache wird), dann den weiteren Kaliumjodidzusatz zu unterlassen und den Rest des Salzes soweit thunlich in Jodoform umzuwandeln. Die Darstellung von Chloroform und Bromoform gelingt, auch ohne Einleiten von Kohlensäure, auf die für Jodoform vorgeschriebene Art und Weise nicht, wie viele im elektrochemischen Laboratorium der Technischen Hochschule Berlin ausgeführte Versuche beweisen, und wie es K. Elbs und A. Herz (Zeitschr. f. Elektrochemie, 1897 Bd. 4 S. 118) bestätigen. Zum Pasteurisiren von alkoholhaltigen Flüssigkeiten bringt L. Müller (D. R. P. Nr. 90335) einen Apparat in das Fass, der aus einem Gehäuse mit elektrischem Heizkörper, einem Rohre, das zur Aufnahme der Drahtleitungen dient, und einer Contactbüchse mit mehreren Contactstellen besteht. Durch entsprechende Stöpselung kann der Strom entweder durch den Heizkörper oder einen Theil davon oder zum Gehäuse oder durch Heizkörper und zum Gehäuse gleichzeitig geleitet werden, so dass das Gehäuse entweder als Wärmequelle oder als Elektrode oder für beide Zwecke zugleich dient. Ueber die Elektrolyse von Alkalisalzen organischer Säuren macht Jul. Petersen (Oversigt over Videnskabernes Selskabs Forhandlinger, 1897 Bd. 4 S. 397) Mittheilungen, die kaum etwas Neues bieten. Bei der durch v, Miller und Hofer bereits früher vorgeschlagenen Elektrosynthese von Monocarbonsäuren aus Gemischen von estersauren und fettsauren Salzen erhält man nach v. Miller (Zeitschr. f. Elektrochemie, 1897 Bd. 4 S. 55) bei Verwendung des Estersalzes der Malonsäure viel schlechtere Ausbeuten als mit Kaliumäthylsuccinat. Die besten Resultate erzielt man bei einem Verhältniss des fettsauren Salzes zum Esterkaliumsalz von 3 : 1. Bei der Elektrolyse wird das fettsaure Salz am stärksten zersetzt. Die Lösung des Kaliumsalzes des unsymmetrischen Tricarballylsäurediäthylesters in der Concentration 1,5 : 1 gab bei der Elektrolyse mit Kaliumacetat Aethylbernsteinsäureester. Aehnlich lieferte der Monoester der Tricarballylsäure Crotonsäureester. Auf diese Art kann also die Constitution organischer Säuren aufgeklärt werden. Bei Elektrolyse des Diesters allein trat Synthese nicht ein. Die Elektrolyse von Acetaten der Metalle constanter Valenz (Natrium, Kalium, Ammonium, Magnesium, Calcium, Zink und Aluminium) liefert nach E. Bauer (Dissertation, Giessen 1897; Wiedemann's Beiblätter, 1897 Bd. 21 S. 601), wenn die wässerige Lösung nicht zu verdünnt und die Stromdichte nicht zu gering ist, in der Kälte an der Anode Gase, die hauptsächlich Aethan und Kohlensäure, und zwar um so mehr, je höher die Stromdichte ist, enthalten. Sauerstoff und Ester (Methylacetat) sind in geringer Menge vorhanden. Bei Calcium, Magnesium und Kalium entstehen nicht unbedeutende Mengen Aethylen, bei Natrium, Ammonium und Zink nur sehr untergeordnete. In Siedhitze liefert die Elektrolyse an Gasen fast nur Sauerstoff neben wenig Kohlensäure und sehr wenig Aethan. Die Bildung von Aethylen, Methylacetat und Ameisensäure tritt dagegen stark zurück. Metalle mit mehreren Valenzen nehmen bei der Elektrolyse die höhere an. Dieser Uebergang erfolgt ausser beim Chrom durch Anlagerung des Anions an das ursprüngliche Metallacetat. K. Elbs hat schon früher Trichloressigsäuretrichlormethylester elektrolytisch erhalten. Nach neueren Untersuchungen von K. Elbs und K. Kratz (Journ. f. prakt. Chemie, 1897 Bd. 55 S. 502) oxydirt man zu seiner Darstellung am besten die concentrirte wässerige Lösung eines Gemisches aus ungefähr gleichen Theilen trichloressigsaurem Natrium und Zink mit DA, qdm = 40 bis 50 Ampère unter Kühlung mit Eiswasser. Die Stromausbeute beträgt 10 bis 30 Proc. der Theorie. Brazier und Gossleth haben früher durch Elektrolyse von capronsaurem Alkali Diisoamyl erhalten. Neuere Versuche, die mit einer Anode aus dickem Platindraht, einem Strome von 4 Volt und unter Einsetzen der Zelle in ein Kühlgefäss von 0 bis 5° vorgenommen wurden, lieferten P. Rohland (Zeitschr. f. Elektrochemie, 1897 Bd. 4 S. 121) das bei 172 bis 173° siedende normale Dekan. Eine 29,4procentige Lösung von caprylsaurem Kalium gab unter denselben Versuchsbedingungen ein bei 252 bis 253° siedendes Tetradekan. Bei der Elektrolyse einer 5,8procentigen Lösung von heptylsaurem Kalium mit Dqc= 0,0647 Ampère entstand ausschliesslich bei 215° siedendes Dodekan, bei Anwendung einer 15- und 27procentigen Lösung daneben ein Gemisch ungesättigter Kohlenwasserstoffe von der Formel CnH2n. Die Polymerisationsfähigkeit der Anionen zu Kohlenwasserstoffen scheint mit steigendem Kohlenstoffgehalte zuzunehmen. Bei den ungesättigten Säuren bleiben die Anionen nicht intact, sondern zerfallen. So wurde bei der Elektrolyse einer massig concentrirten Lösung von undecylensaurem Kalium mit Dqc = 0,06475 Ampère ein Gemenge von öligen Kohlenwasserstoffen der Reihe CnH2n–2 erhalten. Auch die Elektrolyse einer 5procentigen Lösung von ölsaurem Kalium ergab ein Gemisch ungesättigter Kohlenwasserstoffe. Die Kaliumsalze der β-Methylglycid- und β-Methylglycerinsäure erleiden nach L. W. Pissarshewsky (Russ. phys.-chem. Gesellschaft vom 3./15. April 1897; Chemiker-Zeitung, 1897 Bd. 21 S. 564) bei der Elektrolyse dieselbe Zersetzung wie die von v. Miller und Hoff untersuchten Oxysäuren. Desruelles (Französisches Patent Nr. 251363) lässt zur Reinigung von Fetten mittels Elektricität durch sie einen Strom zwischen Anoden, die durch die freien Säuren des Oels angreifbar sind, und zwischen unangreifbaren Kathoden gehen. Die Anoden können aus Magnesium, Zink oder Eisen, die Kathoden aus Aluminium oder Kohle bestehen. Um den Widerstand möglichst zu verringern, nimmt man viele Elektroden mit grosser Oberfläche. Vom Isonitrosoaceton hofften F. B. Ahrens und Georg Meissner (Ber. d. d. chem. Gesellsch., 1897 Bd. 30 S. 532) durch Elektrolyse zum Amidoaceton zu gelangen. Sie erhielten aber, und zwar in schlechter Ausbeute, Dimethylpyrazin, Ketin, C6H8N2. 100 g Isonitrosoaceton wurden in 200 g 5procentiger Schwefelsäure gelöst und mit Bleikathode durch Dk, qdm = 3 bis 7 Ampère und E = 4 bis 6 Volt 3 bis 5 Stunden bis zur lebhaften Wasserstoffentwickelung reducirt. Die Platinanode stand in 5procentiger Schwefelsäure. Die Reinigung von Zuckersäften durch Elektrolyse betreffend, hat Gustav Schollmeyer (Elektrochem. Zeitschr., 1897 Bd. 4 S. 79) von Neuem festgestellt (vgl. D. p. J. 1897 304 284), dass bei einer Spannung von 5 Volt durchschnittlich nur 0,05 Ampère-Stunden für 1 l Rohsaft erforderlich sind, und dass der Kalkzusatz um rund 50 Proc. vermindert werden kann. Ausserdem wurde aber erwiesen, dass die mit geringer Kalkzugabe (0,25 Proc.) elektrolysirten Säfte filtrirbar sind und nach der Filtration eine Reinheit zeigen, die annähernd gleich der von Säften ist, die mit der 8- bis 10fachen Kalkmenge behandelt und dreimal saturirt wurden. Aehnliche Beobachtungen hat Madejski (Deutsche Zuckerind., 1897 S. 812) gemacht. Ozon verwenden Bourdon und Fradin (Französisches Patent Nr. 257189) zur Reinigung und Klärung von Zuckersäften. Eine Behandlung mit Thierkohle folgt. The Rectifying and Refining Co. (Französisches Patent Nr. 262214) empfiehlt den gleichzeitigen Gebrauch von Elektricität und Ozon, das während des Stromdurchganges oder nachher zugeleitet wird. Die Kathoden bestehen aus indifferentem Material, beispielsweise Kohle; die Anoden vortheilhaft aus Aluminium, da die entstehende Thonerde die Reinigung unterstützt. In Vertiefungen der Anoden kann auch noch Thonerde eingetragen werden. Die entfärbende Wirkung der schwefligen Säure auf Zuckersäfte will E. Urbain (L'Éclairage électr., 1897 Bd. 13 S. 192; Französisches Patent Nr. 262656) durch Elektricität unterstützen. Durch das combinirte Verfahren konnte ein Syrup von der Farbe 4 statt auf 2,1 auf 0,9 gebracht werden. Die bessere Wirkung rührt von der Ueberführung der schwefligen Säure durch den Wasserstoff an der Kathode in hydroschweflige Säure her. Unreinigkeiten werden ausserdem, wie schon früher von Anderen vorgeschlagen ist, durch Verwendung löslicher Anoden gefällt. Diese bestehen bei der Verarbeitung von Syrupen aus Blei, bei der von Rohsäften aus Zink, die Kathoden immer aus Zink. Während bei Einwirkung von freiem Stickstoff auf Carbide eine Anregung zur Cyanbildung durch Wasserdampf erfolgen muss (vgl. D. p. J. 1897 304 284), ist diese nach Nicodem Caro und Adolph Frank (D. R. P. Nr. 92587) nicht nöthig, wenn man den Stickstoff im Entstehungszustande wirken lässt. So kann man z.B. Ammoniakgas über Carbid oder ein Gemisch von Carbiden oder von Carbid mit Alkalien (Oxyd, Hydroxyd, Carbonat u.s.w.) leiten. Stickstoff wird gebunden; es entweicht fast reiner Wasserstoff, der z.B. als Heizmaterial bei dem Verfahren dienen kann. Wendet man Stickoxyde an, so wirkt der daraus abgespaltene Sauerstoff auf einen Theil des Carbids oder auf Beimengungen oxydirend. Auf ein ganz ähnliches Verfahren haben A. v. Rad und J. Rosenfels ein englisches Patent (Nr. 1022/1896) erhalten, das auch die Readman'sche Gewinnung von Ferrocyaniden (vgl. D. p. J. 1897 304 284) mit einschliesst, H. Mehner (D. R. P. Nr. 91814; Französisches Patent Nr. 261862) elektrolysirt eine Bariumcyanidschmelze bei Weissglut mit einer Kohlekathode, die durch den Strom zum Glühen gebracht ist. Das Cyanid wird an der Kathode durch deren Verbrauch und Zuleiten von Stickstoff regenerirt. Um das Cyan unmittelbar zu binden, kann auch (D. R. P. Nr. 94493) der Cyanidschmelze an der Anode Natriumchlorid o. dgl. vorgeschaltet werden. Man hält dann die beiden Schmelzen durch ein Diaphragma und einen Treppenrost oder ein Steingitter getrennt. Auf die Darstellung von Blausäure durch Verpuffung eines Gemisches von Acetylen mit Stickstoffoxyd durch den elektrischen Funken (vgl. D. p. J. 1897 304 283) hat A. R. Huntington jetzt auch ein deutsches Reichspatent (Nr. 93852) erhalten. Einzelheiten über T. Willson's Verfahren zur Herstellung von Cyaniden (vgl. D. p. J. 1897 304 283) gibt Lond. Electrical Review, 1897 Bd. 40 S. 394. Die Cyanide liefern bei der Zersetzung mit überhitztem Wasserdampf Ammoniak. (Vgl. auch H. Mehner, Französisches Patent Nr. 263623.) H. Pommerehne (Archiv f. Pharmacie, 1897 Bd. 235 S. 364) erhielt durch mehrtägige Einwirkung eines Stromes von 4 Volt auf eine mit Schwefelsäure angesäuerte Lösung von Coffeïn: Amalinsäure, Ameisensäure, Ammoniak und Methylamin. Eine Lösung von Morphin färbte sich fast schwarz und gab nach einigen Tagen Krystalle von Oxydimorphinsulfat. Eine ebenso behandelte Chininlösung lieferte nach dem Eindunsten eine grüne harzartige Masse, die vielleicht mit Thalleiochin identisch ist. Die Kohlenstoffverbindungen können unter dem Einflüsse der elektrischen Entladung Stickstoff aufnehmen. Die Grenze der Aufnahmefähigkeit liegt nach Berthelot (Académ. des Sciences vom 15. März 1897; L'Éclairage electr., 1897 Bd. 11 S. 96) für Benzol bei 0,12 seines Gewichts, für Schwefelkohlenstoff, der schneller absorbirt, bei 0,117, für Thiophen, bei dem die Absorption langsamer als beim Schwefelkohlenstoff ist, bei 0,086. Aus Benzol scheint ein Diphenylendiamin zu entstehen. Textabbildung Bd. 308, S. 21 Fig. 1.Reductionsapparat mit Alkaliamalgam. Organische Verbindungen will C. Kellner (D. R. P. Nr. 94736) durch elektrolytisch erzeugtes Alkaliamalgam reduciren. In der Zelle I (Fig. 1) ist b eine widerstandsfähige Anode. Eine Quecksilberschicht am Boden bildet die Kathode und gleichzeitig, da sie durch den zwischen beiden Zellen und der Scheidewand gebildeten Siphon hindurchgeht, die Lösungsanode der mit Kathode c versehenen Zelle II. In I befindet sich Alkalichloridlösung, in II z.B. eine organische Nitroverbindung. Das bei der Elektrolyse in I gebildete Alkaliamalgam wird, z.B. durch Pumpe d, nach II befördert. Hier wird es mit der Kathode c durch die Leitungen g kurz geschlossen. Es entwickelt sich an c Wasserstoff, der im Entstehungszustande die Nitrokörper reducirt. Diese Reduction kann geregelt werden: 1) durch Aenderung der Stärke des Hauptstromes, wodurch das Amalgam an Alkalimetall reicher oder ärmer wird; 2) dadurch, dass man die Zersetzungsgeschwindigkeit des Amalgams in II variirt. Zu dem Zwecke kann der Kurzschluss entfernt und durch einen Regulirwiderstand e ersetzt werden. Man kann auf diese Weise aus Nitrokörpern nach Belieben vorzugsweise Azo-, Hydrazo- oder Amidokörper erhalten. Walther Löb (Zeitschr. f. Elektrochemie, 1897 Bd. 3 S. 471) hat Versuche angestellt, ob allgemein bei der Reduction von Nitrokörpern in saurer Lösung primär ein im Ammoniakrest substituirtes Anilin entsteht, das dann secundär den Substituenten in den Benzolkern treten lässt, gemäss dem Schema: C6H5 . NO2 + 2 H2 + HX = C6H5 . NHX + 2 H2O und C6H5 . NHX = O6H4X . NH2. Die Versuche verliefen nicht in dem angestrebten Sinne. Die Lösung von 25 cc Nitrobenzol in 100 cc Ameisensäure, die mit 3 cc concentrirter Schwefelsäure versetzt war, gab als Kathodenflüssigkeit mit Platin oder Blei als Kathode (Anodenflüssigkeit: verdünnte Schwefelsäure, Anode: Kohle oder Platin) mit Strömen von 0,5 bis 22 Ampère und 4 bis 30 Volt bei 30 bis 40° oder der Siedetemperatur in 2 bis 50 Stunden primär hauptsächlich Hydrazobenzol, das sich durch die Säure schon während der Elektrolyse in ameisensaures Benzidin umlagerte. Ausbeute 70 Proc. der Theorie. Die erhofften Amidobenzoësäuren wurden nicht erhalten. Eine in kleiner Menge gewonnene violettblaue Base wurde nicht weiter untersucht. Aehnlich lieferte die Elektrolyse einer mit 3 cc concentrirter Schwefelsäure versetzten Lösung von 10 g Nitrobenzol in 50 bis 150 cc Eisessig, dem zuweilen noch 10 bis 20 g Oxalsäure beigefügt wurden, mit Strömen von 1 bis 20 Ampère und 4 bis 18 Volt in 6 bis 12 Stunden bei 30 bis 40° als Hauptproduct Benzidin, als Nebenproducte Azobenzol, spurenweise p-Amidophenol und die violette Base. Die Ausbeuten an Benzidin betragen ohne Zusatz der Oxalsäure 70 bis 80 Proc. der Theorie. Bei der kathodischen Einwirkung eines Stromes von 1,2 bis 0,5 Ampère (Dqdm = 1,8 bis 0,75 Ampère) und 6,5 Volt auf eine Lösung von 10 g Nitrobenzol in 70 cc Alkohol und 30 cc concentrirter wässeriger Ammoniakflüssigkeit, der zur Erhöhung des Leitvermögens 5 g Salmiak zugesetzt waren, wurden 5,5 g Azobenzol und 2 g Hydrazobenzol erhalten. Ferner entstand (69. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte; Chemiker-Zeitung, 1897 Bd. 21 S. 830) bei der elektrolytischen Reduction von Nitrobenzol in salzsaurer alkoholischer Lösung mit Strömen schwacher Spannung bei Gegenwart von Formaldehyd als Condensationsmittel ein beständiger basischer Körper von der Formel \mbox{C}_6\mbox{H}_4\left<{{\mbox{NH}-\mbox{CH}_2-\mbox{NH}}\atop{\mbox{CH}_2-\mbox{O}-\mbox{CH}_2}}\right>\mbox{C}_6\mbox{H}_4 Bei Strömen höherer Spannung bildete sich der erwartete o-Hydroxylaminobenzylalkohol. Durch Reduction von p-Nitrotoluol bei Gegenwart von Formaldehyd entstand mit etwa 60 Proc. Ausbeute Dimethyl-p-toluidin durch Reduction des Zwischenproductes Textabbildung Bd. 308, S. 22 Tetraoxyazobenzol will Johann Heilpern (Zeitschr. f. Elektrochemie, 1897 Bd. 4 S. 89) durch elektrolytische Oxydation von Azobenzol in concentrirter Schwefelsäure mit einem Strome von 3 bis 4 Ampère in etwa 5 Stunden unter Kühlung erhalten haben. Die Kathodenflüssigkeit bestand aus einer ziemlich concentrirten Lösung von Aetzkali oder Kaliumchromat. Aus 5 g Azobenzol wurden 5 g Tetraoxyazobenzol gewonnen. Vanillin erhält Dr. F. v. Heyden Nachf. (D. R. P. Nr. 92007) durch elektrolytische Oxydation einer Isoeugenolsalzlösung (am besten Alkalisalz). Als Kathodenflüssigkeit dient eine alkalische gut leitende Lösung, z.B. die von Alkalihydroxyd oder carbonat. Die Anodenflüssigkeit wird nach der Elektrolyse angesäuert, ausgeäthert und mit Bisulfit versetzt. Man arbeitet z.B. bei Verwendung einer Anodenflüssigkeit, die 15 Proc. Isoeugenol in überschüssiger Natronlauge enthält, und 10- bis 20procentiger Natronlauge als Kathodenflüssigkeit bei 60° mit Dqm = 1304 Ampère und E = 5 Volt. Aehnlich wie bei den Fettsäuren (vgl. vorher) hat v. Miller (Zeitschr. f. Elektrochemie, 1897 Bd. 4 S. 57) bei der Elektrolyse von äthylbenzylmalonsaurem Kalium mit Kaliumacetat α-Methylhydrozimmtsäureester, aber als zweites Hauptproduct auch Dibenzylbernsteinsäureester erhalten. Als Nebenproducte entstanden Hydrozimmtsäure und Zimmtsäure. Nach Coehn und v. Euler (Zeitschr. f. Elektrochemie, 1897 Bd. 4 S. 63) wandern Colloide, die aus Nichtelektrolyten bestehen, wie suspendirte Theilchen entgegen dem Wasser zur Anode, dagegen Colloide, die dissociirbar sind (wie Metallhydroxyde), umgekehrt zur Kathode. Von ersterem Vorgange macht man bei der elektrischen Gerbung Gebrauch. Auch Cerych (D. R. P. Nr. 95187) benutzt die elektronegative Natur des Gerbstoffs bei der Anreicherung von Gerbstoffbrühen und -extracten. Diese fliessen durch den Anodenraum, leitend gemachtes Wasser im Gegenstrom durch die Kathodenabtheilung. Sofort nach Stromschluss wird das Kathodenwasser durch eindiffundirendes Kali- und Kalkhydrat alkalisch; Flocken von Metallhydroxyden scheiden sich ab. Gerbstoff bleibt im Anodenraum und reichert sich dort an, bis zu einer bestimmten Grenze um so mehr, je höher die Stromstärke und je länger die Wirkungsdauer ist. Stromdichte und Spannung müssen so gewählt werden, dass die Gerbsäure nicht zersetzt wird. Die Kathode besteht aus Kupfer oder Kohle, die Anode am besten aus Kohle. Als Diaphragma ist Pergamentpapier verwendbar. Enthalten die Extracte auch Mineralsäuren, so bringt man sie am besten in eine zwischen den Elektroden angeordnete poröse Mittelzelle. Bei Eichenholzbrühen erhöhte die Behandlung mit 8 Volt und 1 Ampère-Stunde in 1 l von 2,5° Bé. den Gerbstoffgehalt so, dass er um 6 Proc. auf 100 Trockensubstanz mehr betrug als vorher. Blaue beizenfärbende Farbstoffe stellt die Badische Anilin- und Sodafabrik (D. R. P. Nr. 92800 und Nr. 92998) durch elektrolytische Reduction von Dinitroanthrachinon, das in rauchender Schwefelsäure bei gewöhnlicher Temperatur gelöst ist, dar. Der durch Diaphragma abgeschiedene Anodenraum ist mit Schwefelsäure von 66° Bé. gefüllt. Man lässt den elektrischen Strom nur so lange wirken, bis alles Dinitroanthrachinon in Lösung gegangen ist und eine in Wasser gegossene Probe noch keinen oder nur sehr wenig unlöslichen Farbstoff abscheidet. Bei der Elektrolyse von Nitrosopiperidin hat Felix B. Ahrens früher (D. p. J. 1897 304 287) eine Base erhalten, die als Dipiperidyl, C10H20N2, angesprochen wurde. Bei näherer Untersuchung (Ber. d. d. chem. Gesellsch., 1897 Bd. 30 S. 533) erwies sie sich als ein Dipiperideïn, C10H18N2, das bei Reduction mit Zinn und Salzsäure zwei isomere Basen lieferte, unter denen sich Piperidin nicht befand. Zu ihrer Darstellung wird am besten die Lösung von 5 g Nitrosopiperidin in 60 g 30procentiger Schwefelsäure mit DA, qdm = 12 bis 15 Ampère und E = 4 bis 5 Volt 2 Stunden lang elektrolytisch oxydirt, wobei die Elektroden aus Platin bestehen and die Kathodenflüssigkeit 30procentige Schwefelsäure ist. Man erhält ein dickes Oel, das bald Krystalle abscheidet. Diese schmelzen nach dem Umkrystallisiren aus Aceton glatt bei 96 bis 97° und riechen schwach narkotisch. Ein Dipiperideïn entsteht (Ber. d. d. chem. Gesellsch., 1897 Bd. 30 S. 533) neben Kohlendioxyd durch elektrolytische Oxydation von 5 g Nitrosopiperidin in 30procentiger Schwefelsäure mit DA, qdm = 12 bis 15 Ampère und E = 4 bis 5 Volt. Dimethylpyrazin haben F. Ahrens und G. Meissner (Ber. d. d. chem. Gesellsch., 1897 Bd. 30 S. 532) durch elektrolytische Reduction einer Lösung von 10 g Isonitrosoaceton in 200 g 5procentiger Schwefelbalancirt mit Dk, qdm = 3 bis 7 Ampère unter Benutzung von Bleikathoden gewonnen. Im Anodenraum befand sich Platin in 5procentiger Schwefelsäure. Cotarnin führen R. Wolffenstein und E. Bandow (D. R. P. Nr. 94949) durch elektrolytischen Wasserstoff quantitativ in sofort reines Hydrocotarnin über. Zur Darstellung von Kampher elektrolysirt J. C. Richardson (Englisches Patent Nr. 3555/1896) Terpentinhydrochlorid in geschmolzenem Zustande oder in alkoholischer oder alkalisch gemachter Lösung in Essigsäure o. ä. Farblacke erzeugt die Electro Water Proofing and Dye Fixing Company (Englisches Patent Nr. 8318/1896) auf Gespinnstfasern, indem sie den Stoff mit natürlichen Farbstoffen sättigt oder bedruckt und dann einen elektrischen Strom hindurchgehen lässt von einer Anode aus oxydirbarem Metalle zu einer Kathode aus Kohle oder anderem geeigneten Material. Um Holz und andere Zell- oder Fibersubstanzen mit Flüssigkeit zu tränken, unterstützen L. A. Bretoneau und A. L. C. Nodon (Englisches Patent Nr. 13242/1895) die Capillaritätswirkung durch Elektrolyse. Zur Conservirung des Fleisches bringt es A. B. Pinto (Englisches Patent Nr. 2176/1896 und Französisches Patent Nr. 257401) in eine Lake mit 30 Proc. Kochsalz und lässt zwischen Platinelektroden den Strom übergehen. Dann wird es in einem Luftstrome bei 60° getrocknet. Für 1000 k genügt (The Electrical Review; L'Éclairage electr., 1897 Bd. 10 S. 48) ein Bad von 3000 l und ein Strom von 100 Ampère und 8 Volt. (Fortsetzung folgt.)