Titel: Wärmetechnik.Ueber Condensation in Dampfleitungen und Wärmeschutzmittel.
Autor: Joh. Russner
Fundstelle: Band 310, Jahrgang 1898, S. 4
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Wärmetechnik.Ueber Condensation in Dampfleitungen und Wärmeschutzmittel. Von Dr. Joh. Russner in Chemnitz. Mit Abbildungen. Ueber Condensation in Dampfleitungen und Wärmeschutzmittel. In Dresden wird in der nächsten Zeit ein Fernheizhaus errichtet werden, welches Dampf für die Heizung mehrerer staatlicher Gebäude zu liefern hat. Während in Amerika schon seit längerer Zeit mehrere solche Anlagen im Betriebe sind, wird das in Dresden zu errichtende Fernheizhaus das erste in Europa sein. Da der Dampf hier auf grosse Entfernungen fortgeleitet werden muss, ist es gewiss für weitere Kreise nicht uninteressant, den Wärmeverlust einer Dampfleitung und die Mittel zur Verminderung desselben kennen zu lernen. Ist ein Körper wärmer als seine Umgebung, so verliert derselbe auf zweierlei Weise Wärme, durch Strahlung und durch Berührung mit der umgebenden Luft. Die durch Strahlung abgegebene Wärmemenge S ist unabhängig von der Form des Körpers, sie hängt nur von der Beschaffenheit der Oberfläche, der Temperaturdifferenz zwischen Körper und Umgebung und der Temperatur der letzteren ab. Die Grösse dieses Wärmeverlustes für 1 qm und 1 Stunde lässt sich für jeden einzelnen Fall rechnerisch bestimmen nach einer Formel des Physikers Péclet (Péclet, Traité de la chaleur, Bd. I), deren Richtigkeit durch Versuche bestätigt gefunden wurde. Diese Formel ist: S=124,72\ K\cdot 1,0077^{t_1}\,(1,0077^t-1). In dieser Formel bedeutet t die Temperaturdifferenz zwischen Körper und Umgebung, t1 die Lufttemperatur und K den Strahlungscoëfficienten, eine von der Beschaffenheit der Oberfläche abhängende Zahl. Den Strahlungscoëfficienten hat Péclet für eine Reihe von wichtigen Körpern ermittelt, und zwar wie folgt: Silber 0,13 Kupfer 0,16 Zinn 0,215 Zink 0,24 Messing 0,258 Gusseisen 3,17 Mauersteine, Gyps, Textilstoffe 3,60 bis 3,65 Oelfarbe 3,71 Wasser 5,31 Oel 7,24 Nebst Péclet hat auch der Physiker Stefan ein Strahlungsgesetz aufgestellt;Wüllner, Physik, 1885 Bd. 3 S. 249. nach diesem ist die Gesammtmenge der ausgestrahlten Wärme eines Körpers der vierten Potenz der absoluten Temperatur proportional. Ist T die absolute Temperatur des strahlenden Körpers, T1 jeneder Umgebung, gegen welche er strahlt, so ist nach Stefan S = A (T 4T 41), worin A den Strahlungscoëfficienten, eine von der Beschaffenheit des strahlenden Körpers abhängige Constante bedeutet. Die Richtigkeit dieses Strahlungsgesetzes ist in neuester Zeit durch Versuche in der physikalischen Reichsanstalt bestätigt worden. Für nicht zu grosse Temperaturdifferenzen geben beide Formeln übereinstimmende Werthe und in der Folge soll nur die Formel von Péclet angewendet werden, weil die Strahlungscoëfficienten für die Stefan'sche Formel sehr kleine Zahlen sind. Der durch die Berührung mit der Luft veranlasste Wärmeverlust ist unabhängig von der Beschaffenheit der Körperoberfläche und von der Temperatur der Umgebung, er hängt nur von der Temperaturdifferenz des Körpers und der Umgebung, sowie von der Form und den Dimensionen des Körpers ab. Dieser Wärmeverlust L für 1 qm und 1 Stunde wird nach Péclet durch die Formel bestimmt: L = 0,522 K1 t 1,233, in welcher t die Temperaturdifferenz des Körpers und der Umgebung, und K1 eine Zahl darstellt, welche je nach der Form und den Dimensionen des Körpers verschieden ist. Für ebene senkrechte Oberflächen von der Höhe h ist K_1=1,764+\frac{0,636}{\sqrt{h}}. Der Wärmeverlust einer ebenen senkrechten Fläche von bestimmter Grösse wird demnach mit zunehmender Höhe kleiner. In Fig. 1 ist der stündliche Wärmeverlust einer Eisenplatte von 1 qm Fläche für verschiedene Höhen und für t = 100° dargestellt. Textabbildung Bd. 310, S. 5 Fig. 1. Wärmeverlust einer senkrechten Eisenplatte von 1 qm Oberfläche, für 1 Stunde und t = 100°. Aus dieser Darstellung ersieht man, dass bei einer Höhe der Platte von 0,2 m die Wärmeverluste durch Strahlung und durch Berührung mit der Luft einander gleich sind, und dass der durch letzteren entstandene Verlust für kleinere Höhen als 1 m sehr rasch zunimmt, für grössere Höhen langsam abnimmt. Für wagerechte Cylinder ist K_1=2,058+\frac{0,0382}{r}, in welcher Formel r den Halbmesser des Cylinders bezeichnet. Auch hier wird der Wärmeverlust durch Berührung mit der Luft um so kleiner, je grösser der Halbmesser des Rohres ist. Bei grösserem Halbmesser kann die an der unteren Seite des Rohres befindliche Luft durch Erwärmung nicht so leicht aufwärts steigen und sich durch andere Luft erneuern, als bei engen Röhren. Der Wärmeverlust einer gegebenen Fläche durch Berührung mit der Luft wird überhaupt um so kleiner, je mehr die Fläche in der Höhenrichtung ausgedehnt ist, da dann die an den unteren Theilen schon vorgewärmte Luft den oberen, an denen sie vorbei streicht, weniger Wärme entzieht. In Fig. 2 ist der Wärmeverlust eines Kupfer- und eines Eisenrohres von 1 qm Oberfläche, für 1 Stunde, verschiedene Werthe von r, t = 100° und t1 = 15° dargestellt. Man ersieht hieraus, dass der Wärmeverlust des Kupferrohres durch Strahlung verschwindend klein ist gegenüber dem Wärmeverluste durch Berührung mit der Luft. Bei dem Eisenrohre sind die beiden Arten des Wärmeverlustes bei einem Halbmesser von 35 mm einander gleich; während jedoch der Verlust durch Strahlung immer gleich bleibt, nimmt derjenige durch Berührung mit der Luft für engere Röhren sehr rasch zu, für weitere Röhren langsam ab. Textabbildung Bd. 310, S. 5 Fig. 2. Wärmeverlust eines wagerechten Kupfer- und Eisenrohres von 1 qm Oberfläche für 1 Stunde und t = 100°. Hat ein Cylinder eine senkrechte Stellung, so ist der Wärmeverlust desselben nicht nur von dem Halbmesser,sondern auch von seiner Höhe abhängig. Der Werth von K1 ist von Péclet durch folgende Gleichung dargestellt worden: K_1=\left(0,726+\frac{0,0345}{\sqrt{r}}\right)\,\left(2,43+\frac{0,8758}{\sqrt{h}}\right). Setzt man in dieser Formel r = ∞, so erhält man die schon angegebene Formel für eine ebene, senkrechte Fläche. Besitzt der Cylinder einen Neigungswinkel α, so ist K_1=\left(2,058+\frac{0,0382}{r}\right)\,cos\,\alpha+\left(0,726+\frac{0,0345}{\sqrt{h}}\right)\,\left(2,43+\frac{0,8758}{\sqrt{h}}\right)\,sin\,\alpha. Für kugelförmige Körper vom Halbmesser r ist K_t=1,778+\frac{0,13}{r}. Wenn Dampf von 5 at Druck durch eine wagerechte, eiserne Dampfleitung von 100 mm Durchmesser strömt, so ist der gesammte Wärmeverlust V für 1 qm und 1 Stunde: V=S+L=124,72\cdot 3,36\cdot 1,0077^{15}\,(1,0077^{136}-1)+0,552\,\left(2,058+\frac{0,0382}{0,05}\right)\cdot 136^{1,233}=1530\mbox{ Calorien} Da nun 1 k Dampf bei der Condensation 500 Calorien abgibt, so entsteht durch diesen Wärmeverlust 3,06 k Condenswasser. Nimmt man ferner die Länge der Dampfleitung zu 100 m an mit einer äusseren Oberfläche von 31,4 qm, so condensiren in 1 Stunde 96 k Dampf; in Folge dieser Condensation tritt Dampf mit einer Geschwindigkeit von 1,44 m in der Secunde in die Leitung ein. Hätte die Leitung nur 60 mm äusseren Durchmesser, so wäre die Menge des durch Abkühlung sich bildenden Condenswassers für 1 qm und 1 Stunde 3,835 k, für die ganze Leitung 72 k und der einströmende Dampf in Folge der Condensation würde eine Geschwindigkeit von 2,4 m in der Secunde erlangen. Den Einfluss der Temperaturverhältnisse auf die Wärmeabgabe möge folgende Zusammenstellung veranschaulichen.Ch. Pasquay, Wärmeschutz im Dampfbetrieb, S. 6. Bei einer mittleren Aussentemperatur von 20° verliert eine eiserne Dampfleitung von 100 mm Durchmesser für 1 qm und 1 Stunde bei Dampf von 100° (1 at)   172° (8 at)   250° (überhitzter Dampf) 673 1612 3308 Calorien. Bei überhitztem Dampf ist somit der Wärmeverlust beinahe 5mal, bei 8 at über 2,5mal so gross als bei Dampf von 100°. Die Zahlen, die man durch Anwendung von Péclet's Formeln für die Wärmeabgabe nackter Rohre erhält, sind nun durchweg kleiner als die sich in der Praxis ergebenden. Seine Formeln, die durch äusserst genaue Laboratoriums versuche ermittelt wurden, setzen ruhende Luft voraus, eine Bedingung, die sich aber selbst in geschlossenen Räumen, noch weniger in Fabrikräumen, wo die Bewegung der Menschen und Maschinen, oder in Schächten und Kanälen, wo die Temperaturunterschiede immer eine gewisse, in ihrer Stärke kaum näher zu bestimmende Luftbewegung hervorrufen, nicht findet. Es ist aber bekannt, dass stark bewegte Luft einen erwärmten Körper bedeutend stärker abkühlt. Aber gerade weil es so schwer ist, in der Praxis den wirklichen Wärmeverlust an grösseren Leitungen, wo senkrechte und wagerechte Rohre von verschiedenen Durchmessern in Räumen von verschiedener Temperatur mit wechselnden Luftströmungen vorkommen, genau zu bestimmen, ist es gut, eine Formel zu besitzen, welche das Minimum angibt, welches im günstigsten Falle verloren geht. Um ein Bild zu erhalten, was dieser Wärmeverlust für eine Fabrik bedeutet, die ein einigermaassen bedeutendes Rohrnetz hat, kann man den Verlast in Kohlenverbrauch umrechnen und soll als Beispiel eine Dampfleitung von 100 mm Durchmesser und 30 qm Oberfläche, die mit Dampf von 8 at gespeist sei, angenommen werden. Dieselbe verliert bei 20° Lufttemperatur stündlich 30 . 1612, täglich 12 . 30 . 1612 und jährlich 300 . 12 . 30 . 1612 = 174000000 Calorien. Man kann ferner als Durchschnitt annehmen, dass bei Verwendung einer mittleren Kohlensorte aus 1 k Kohle 4000 Calorien nutzbar gemacht werden, so dass also zur Erzeugung obiger 174 Millionen Wärmeeinheiten 43500 k Kohlen nutzlos verbrannt werden. Dieses Quantum ist aber als Minimum zu betrachten, das in den meisten Fällen in der Praxis bedeutend überstiegen wird. Nach den neuerdings häufiger vorkommenden Dampfanlagen mit überhitztem Dampf ist es nach dem Gesagten von ganz besonderer Wichtigkeit, die Leitungen so vollkommen wie möglich einzuhüllen, indem sonst bei einiger Länge der Leitung sehr leicht der Nutzen der Ueberhitzung durch die Abkühlung wieder verloren geht. Wie oben angegeben, verliert 1 qm Rohroberfläche bei Dampf von 250° mehr als doppelt so viel, wie bei Dampf von 8 at. In der angenommenen Leitung von 30 qm würde in diesem Falle im Jahr ein Wärmeverlust stattfinden, welcher einem Verbrauche von 90 t Kohlen entspricht. Bei so starkem Wärmeverlust darf man aber auch keine Kosten scheuen, um nur wenige Procente mehr zu ersparen; denn der einmaligen grösseren Ausgabe steht im anderen Falle ein dauernder Oohlenmehrverbrauch gegenüber. Pasquay ist eine Färberei bekannt, in welcher drei Dampfkessel zum Betriebe der Anlage nicht genügten. Trotz wiederholten Rathes liess der Besitzer, weil zu theuer, die weitverzweigten Leitungen ohne Isolirung und zog es vor, einen vierten Kessel anzulegen. Doch auch die vier Kessel reichten nicht mehr aus, und nun entschloss er sich endlich, seine Dampfrohre isoliren zu lassen; die drei ersten Kessel lieferten nun genug Dampf, und hätte die Ausgabe für den vierten Kessel gespart werden können. Bei Dampfleitungsröhren aus Kupfer ist wegen der geringen Wärmestrahlung der Wärmeverlust bedeutend kleiner als bei eisernen. Der Wärmeverlust eines wagerechten Eisenrohres von 80 mm Durchmesser für 1 qm Oberfläche in 1 Stunde und bei einem Temperaturunterschied von 100° zwischen Rohr und Luft beträgt 1000 Calorien, während bei einem gleichen Kupferrohr dieser Verlust nur 520 Calorien beträgt, somit nur etwa die Hälfte des ersten Werthes. Statt theure Kupferröhren anzuwenden, kann man die Oberfläche eiserner Rohre mit einem Ueberzuge versehen, welcher ein geringes Strahlungsvermögen besitzt. Bei einem verzinnten oder mit Zink- oder Weissblech überzogenen Eisenrohre beträgt unter den angenommenen Bedingungen der Wärmeverlust 530 Calorien, was angestellte Versuche stets bewiesen haben. Die zweite Methode, den Wärmeverlust einer Dampfleitung zu vermindern, besteht darin, dass man dieselbe mit einem schlechten Wärmeleiter umgibt. Dadurch wird die Oberflächentemperatur und, gleiches Strahlungsvermögen vorausgesetzt, auch der Wärmeverlust vermindert. Nachstehend sind die Wärmeleitungscoëfficienten einiger Körper nach Versuchen von Péclet angeführt.Péclet, Traité de la chaleur, Bd. 1 S. 553. Diese Zahlen geben die Wärmemenge an, welche in 1 Stunde durch eine Platte von 1 qm Fläche und 1 m Dicke geht, wenn der Temperaturunterschied der beiden Oberflächen 1° beträgt. Glas 0,75 Gebrannter Thon 0,63 Gyps 0,33 Fichtenholz, parallel zu den Fasern 0,17 Kokspulver 0,16 Kork 0,143 Fichtenholz, senkrecht zu den Fasern 0,094 Holzkohlenpulver 0,079 Sägespäne 0,065 Holzasche 0,06 Baumwolle 0,04 Druckpapier 0,034 Zur Berechnung des Wärmeverlustes V1 für 1 m Länge und für 1 Stunde bekleideter Rohre hat Péclet folgende Formel aufgestellt: V_1=\frac{(K+K_1)\,C\cdot t}{C+(K+K_1)\,R\cdot m\cdot (log\,R-log\,r)}\cdot \frac{R}{r} In dieser Formel ist C der Wärmeleitungscoëfficient, R und r der äussere und innere Radius der Umhüllung, m der Modul der natürlichen Logarithmen = 2,3025 und t die Temperaturdifferenz zwischen Dampf und Luft. Textabbildung Bd. 310, S. 7 Fig. 3. Wärmeverlust eines mit schlechten Wärmeleitern bekleideten Dampfleitungsrohres von 0,05 m Halbmesser, für 1 m Länge, 1 Stunde und t – t1 = 85°. Wird ein Dampfleitungsrohr mit einem schlechten Wärmeleiter bekleidet, so nimmt die Oberflächentemperatur mit zunehmender Dicke der Umhüllung ab, aber die Oberfläche selbst und somit die strahlende Fläche wird grösser. In Fig. 3 ist der Wärmeverlust eines Rohres von 0,05 m Halbmesser, 1 m Länge, für 1 Stunde und einen Temperaturunterschied von 85° zwischen Rohr und Luft dargestellt, wenn dasselbe mit schlechten Wärmeleitern von verschiedener Dicke umhüllt ist. Aus dieser Darstellung ersieht man, dass der Wärmeverlust sich sehr schnell mit der Zunahme der Dicke von der Umhüllung vermindert, wenn ihre Leitungsfähigkeit sehr gering ist, und dass die Veränderungen mit zunehmender Dicke nur unbedeutend sind, wenn der Wärmeleitungscoëfficient den Werth von 0,5 erreicht. Für grössere Coëfficienten als 0,5 nimmt der Wärmeverlust mit zunehmender Dicke der Umhüllung nicht mehr ab, sondern zu, und wird bei einer gewissen Dicke grösser als der des unbekleideten Rohres. Wenn der Wärmeleitungscoëfficient 0,64 ist, so hat eine 10 mm dicke Bekleidung eine bessere Wirkung als eine solche von 20 bis 90 mm, und erst bei einer Dicke von 100 mm wirkt dieselbe wieder besser als bei einer solchen von 10 mm. Bei einem Wärmeleitungscoëfficienten von 1,28 ist die Wirkung der Umhüllung desto besser, je kleiner ihre Dicke ist; hat diese Umhüllung die Dicke von 65 mm erreicht, so ist der Wärmeverlust des bekleideten Rohres ebenso gross, als der des nackten Rohres. Aus Fig. 3 ersieht man ferner, dass ein Dampfleitungsrohr von Kupfer nur mit den schlechtesten Wärmeleitern bekleidet werden darf, um den Wärmeverlust desselben zu vermindern. Eine Umhüllung vom Leitungsvermögen 0,16 und 20 mm Dicke vermindert bei einem Eisenrohr den Wärmeverlust auf die Hälfte, während dieselbe bei einem Kupferrohr noch keine Verminderung des Wärmeverlustes bewirkt. Um den Wärmeverlust des Kupferrohres auf die Hälfte zu erniedrigen, müsste diese Umhüllung in einer Dicke von 100 mm angewendet werden. Die neuesten und umfassendsten Versuche über die Wirksamkeit der jetzt gebräuchlichen Wärmeschutzmittel sind von Pasquay in Wasselnheim im Elsass angestellt worden (Ch. Pasquay, Wärmeschutz im Dampfbetrieb, S. 23). Aus diesen Versuchsresultaten und denen von mir selbst angestellten geht hervor, dass die Kieselguhrmassen, in einer Stärke von 25 bis 35 mm aufgetragen, eine Ersparniss von 60 bis 80 Proc. an Condenswasser bewirken. Aus der sehr verschiedenen Wirksamkeit der im Handel vorkommenden Kieselguhrmassen folgt, dass Besitzer von Dampfleitungen die ihnen angebotene Masse zunächst auf ihre Isolirfähigkeit untersuchen lassen sollen, zu welchem Zwecke ich mir einen Versuchsapparat eingerichtet habe. An dieser Stelle will ich nochmals erwähnen, dass die einfache Bekleidung einer eisernen Dampfleitung mit Zink- oder Weissblech schon eine Ersparniss von mehr als 50 Proc. bewirkt. Nach den Kieselguhrmassen sind am wirksamsten Korkschalen und die besten Wärmeschutzmittel sind Haarfilz und Seidenabfall: letzteres Wärmeschutzmittel wird von Pasquay in Form von Zöpfen und Polstern in den Handel gebracht. Es ist allgemein bekannt, dass die Luft und alle anderen Gase zu den schlechtesten Wärmeleitern gehören. Ich stellte deshalb schon vor 10 Jahren Versuche mit Luftschichten an, indem ich um ein Dampfleitungsrohr Mäntel aus Weissblech anordnete (Jahresbericht der TechnischenStaatslehranstalten zu Chemnitz, 1891 S. 33). Aus den angestellten Versuchen ergab sich, dass eine Luftschicht von etwa 15 mm Stärke die beste Wirkung hatte. Bei kleinerer Dicke der Luftschicht geht mehr Wärme durch Leitung zum Mantel, und bei grösserer Dicke kommt die Luft in Bewegung und überträgt auf diese Weise Wärme vom Dampfrohr zum Mantel. Bei 1 at Dampfdruck ergab ein Mantel von Weiss- oder Zinkblech 77 Proc. Ersparniss an Condenswasser. Die vorzügliche Wirkung eines solchen Mantels beruht darauf, dass derselbe die vom Eisenrohr kommenden Wärmestrahlen fast vollständig zurückwirft und nach aussen wenig Strahlen aussendet, da das Strahlungsvermögen von Zink und Zinn sehr gering ist. Ueber die Wirksamkeit von Blechmänteln sind auch Versuche in den Centralwerkstätten der Sächsischen Staatsbahnen zu Chemnitz angestellt worden, deren Ergebniss ich nachstehend mittheile: Dampf-druck Luft-tempe-ratur NacktesRohr Zinkblech-mantel Weissblech-mantel Weissblech-mantel unddarüber15 mm Filzund Mantel ausSchwarzblech at ° C. k Condenswasser für 1 qm und 1 Stunde 5 27 3,982 0,742 0,630 0,343 4 27 3,711 0,630 0,622 3 27 3,343 0,546 0,561 2 27 2,869 0,459 0,495 1 27 2,312 0,346 0,433 Ersparniss in Procenten:      83,4 83 91,4 Die hier mitgetheilten Zahlen beweisen die Richtigkeit meines Versuchsresultates und die Thatsache, dass die Ersparniss bei grösserem Dampfdruck um einige Procent mehr beträgt als bei 1 at Druck. Kein anderes Wärmeschutzmittel gewährt bei 15 mm Stärke die Ersparniss wie ein Blechmantel, und die gewöhnlichen Kieselguhrmassen müssten wenigstens 35 mm stark aufgetragen werden, um gleiche Wirkung wie ein Blechmantel zu besitzen. Wird der Blechmantel mit 15 mm starkem Kesselfilz bekleidet, so steigt die Ersparniss noch um 8 Proc. und mit 30 mm starkem Filz wird man etwa auf 95 Proc. kommen. Man ersieht aus dieser Zunahme, dass die weitere Ersparniss langsam ansteigt, weil mit der stärkeren Filzlage die strahlende Oberfläche grösser wird. In der Praxis wird man des besseren Aussehens wegen über dem Filz noch einen dünnen Mantel aus Zink- oder Weissblech anbringen, welcher auch wegen seines geringen Strahlungsvermögens die Ersparniss noch etwas erhöht. Die Anbringung eines Blechmantels an einer Dampfleitung geschieht sehr einfach. Das Blech von der erforderlichen Breite wird auf einer Maschine zu einem Rohr so geformt, dass die Enden etwas über einander greifen. Nun biegt man dieses Rohr mit den Händen wieder so weit auf, dass es über die Dampfleitung gebracht werden kann. An beiden Enden wird das Blechrohr unterstützt, damit es concentrisch zur Dampfleitung zu liegen kommt, und dann an zwei oder mehreren Stellen mit Draht fest gebunden. Jeder Klempner oder Schlosser wird leicht eine geeignete Unterstützung ausfindig machen. Ein sehr wesentlicher Vortheil der Blechmäntel ist der, dass man ein Dampfleitungsrohr bis an die Flanschen und diese selbst durch besondere Blechhülsen bekleiden kann, was mit anderen Wärmeschutzmitteln nicht bewirkt werden kann; die hierdurch erzielte Ersparniss ist noch eine ganz beträchtliche. Die Kosten eines einfachen Blechmantels aus Zink-, Weiss- oder verzinktem Eisenblech sind niedriger und die Anbringung einfacher als die aller anderen Wärmeschutzmittel. Nachdem ich meine Versuche schon längere Zeit beendet hatte, brachte ich in Erfahrung, dass Pasquay in Wasselnheim, Fabrikant von Wärmeschutzmasse aus Seidenabfall, auch schon die isolirende Wirkung von Luft anwendete. Pasquay liess in Blechstreifen reibeisenartige Erhöhungen herstellen und wickelte diese Streifen spiralförmig über das Dampfleitungsrohr; über diese Blechbekleidung kamen dann noch Zöpfe und Polster aus Seidenabfall. Schon dieser Mantel mit sehr vielen Stützpunkten und einer Luftschicht von nur wenigen Millimetern Dicke ergab eine sehr gute Wirkung. Nach meinen Mittheilungen stellte Pasquay auch Versuche mit Mänteln nach meinem Verfahren an, und nachdem dieselben sehr günstig ausgefallen sind, hat er sein altes Verfahren aufgegeben. Während Pasquay in Wasselnheim den Blechmantel noch mit Zöpfen und Polstern aus Seidenabfall bekleidet, nimmt Ernst Mauersberger in Chemnitz zu demselben Zwecke den fast ebenso wirksamen Haarfilz. Trotz der angeführten Versuchsresultate findet diese wirksamste Methode der Bekleidung von Dampfleitungen in der Praxis wenig Verbreitung. Die Ursache hiervon liegt in dem Umstande, dass die meisten Techniker und Ingenieure über die erforderlichen Eigenschaften eines guten Wärmeschutzmittels nicht genügend unterrichtet sind. Wenn eine Kieselguhrmasse recht fest am Rohr hält und sich kalt anfühlt, dann glaubt man das Rohr gut bekleidet zu haben. Nach meinen Versuchen von Kieselguhrmassen bin ich zu der Ueberzeugung gelangt, dass in sehr vielen Fällen nur etwa 50 bis 60 Proc. Condenswasser durch die Bekleidung erspart werden wird. Wollte man die Blechmäntel nach dem Gefühl beurtheilen, so würde man dieselben verwerfen, denn diese fühlen sich sehr warm an, obzwar ihre Temperatur nicht viel höher ist, als die von Kieselguhrmassen. Die Erklärung für diese Erscheinung ist dieselbe als für die, dass im Winter ein Stück Metall sich kälter anfühlt, als ein gleich kaltes Stück Holz. Berührt man den warmen Blechmantel mit der Hand, so wird dieser durch die gute Leitungsfähigkeit des Metalls fortwährend Wärme aus der Umgebung zugeführt. Bei Kork oder Kieselguhrmasse entzieht die Hand der Berührungsstelle Wärme, ohne dass diese aus der Umgebung sofort wieder ersetzt würde; die Berührungsstelle kühlt sich deshalb bis auf die Temperatur der Hand ab. In neuerer Zeit werden an technischen Hochschulen Maschinenlaboratorien eingerichtet; es ist nun sehr zu wünschen, dass auch Versuchsapparate für Wärmeschutzmittel angeschafft werden, mit denen Professoren und Studirende vergleichende Versuche anstellen können.