Titel: Faserstoffe.Neuerungen in der Papierfabrikation.
Autor: Alfred Haussner
Fundstelle: Band 310, Jahrgang 1898, S. 48
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Faserstoffe.Neuerungen in der Papierfabrikation. Von Prof. Alfred Haussner, Brünn. Mit Abbildungen. Neuerungen in der Papierfabrikation. Zerkleinerung der Rohfasern. a) Holländer. Die Grösse der Holländer, insbesondere der Holländertröge muss in einen gewissen Zusammenhang mit der Erzeugungsmenge gebracht werden. Diese hängt aber wieder mit der Art der Erzeugung zusammen. Handelt es sich um besondere Qualitätspapiere, so geht es nicht wohl an, sehr grosse Stoffmengen auf einmal zu arbeiten, zu verkleinern, weil es sonst nicht so leicht möglich ist, auf den Arbeitsvorgang, was den gleichmässigen Verkleinerungszustand betrifft, zu achten. Handelt es sich um Massenerzeugung, um die Herstellung von Papieren, an welche nicht so hochgeschraubte Forderungen, wie bei den erstgenannten, gestellt werden, so können grössere Holländer weitaus weniger Bedenken erwecken. Die Vortheile derselben, einfachere Anlage für eine bestimmte Erzeugung, billigere Arbeit u. dgl. treten dann als ausschlaggebend hervor. Auch die Arbeit selbst, welche geleistet werden soll, bestimmt die Grösse des Troges. Für die Gewinnung von Halbstoff, wobei energische Formänderungsarbeit geleistet werden muss, ist kleinerer Rauminhalt empfehlenswerth; beim Ganzstoffmahlen, für innige Mischung u. dgl. bei grösseren, gleichmässig herzustellenden Stoffmengen, empfiehlt es sich auch, grosse Holländer zu gebrauchen. Für solche Zwecke kommen jüngster Zeit wahre Ungethüme vor. So ist vor kurzem in der Strohstoffabrik Tännicht bei Coswig in Sachsen ein elektrisch betriebener Holländer von 4000 kg Eintrag in einen 14 m langen Trog angelassen worden. Dabei beansprucht die Füllung 40 bis 45 Minuten, die Entleerung 5 bis 10 Minuten. Das Material, welches da verarbeitet wird, ist Strohstoff. Der bedeutende Zeitaufwand für das Füllen, wofür gerade das eben erwähnte Beispiel ein Beweis ist, vertheuert begreiflicherweise die Erzeugung. Dass man dies ganz wohl erkannt hat, zeigt der Versuch einer Abhilfe bei der Niagara Falls Paper Co. Sie erbaute oberhalb der Holländer einen 120 Fuss langen, 5 Fuss breiten und hohen Behälter, in welchen der Halbstoff aus Stoffkästen ununterbrochen gepumpt wird, welche sich unterhalb der Holländer befinden. Der obere Stoffbehälter wird immer möglichst gefüllt erhalten. Was zuviel zugepumpt wird, fliesst durch einen Ueberfall zurück, nach unten. Der bedeutende Rauminhalt des oberen Stoffreservoirs lässt thatsächlich den oben angedeuteten günstigen Erfolg zu. Textabbildung Bd. 310, S. 48 Fig. 1. Holländer von Schmidt. Noch immer scheint man mit den Bestrebungen, den Holländer selbst in seinen einzelnen Theilen zu verbessern, nicht zum Stillstande kommen zu sollen. Die bereits in den vorangegangenen Berichten erwähnten Ausführungen haben anscheinend noch nicht genug gethan, indem keine so durchzugreifen vermochte, dass ihr unbestritten die Vorherrschaft geblieben oder deren Sieg so vollständig gewesen wäre, dass weitere Verbesserungsversuche sich als überflüssig dargestellt hätten. Vielleicht ist allerdings bei manchen jetzt gebauten Holländerconstructionen die Aengstlichkeit der Erzeuger mit Schuld daran, dass der Erfolg kein durchgreifender ist, indem der unabhängigen Kritik oft und sehr oft Hindernisse in den Weg gelegt werden, so dass ein richtiger sicherer Einblick nicht zu gewinnen ist. So wird letzter Zeit ein verbesserter Eichhorn-Holländer von der Maschinenfabrik Wagner und Co. in Cöthen, welche ihn baut, warm empfohlen. Aber eine dringende Bitte des Berichterstatters um Aufklärung über das Wesen der Sache und zwar mehr, als durch die Bilder der Ankündigungen, aus denen gerade nichts Besonderes zu entnehmen ist, blieb ohne Erwiderung. Gewissgeschieht dies nicht überall, was anerkannt werden muss. Aber leider steht die, nach Anschauung des Berichterstatters, unrichtige Auffassung über den Werth unabhängiger Kritik und über den Austausch von Erfahrungen nicht vereinzelt da. Von den jetzt vorliegenden Neuerungen beanspruchen das meiste Interesse der Schmidt-Holländer, welcher von der Maschinenbau-Gesellschaft Zweibrücken erzeugt wird, und der Unterlaufholländer nach Patent Hemmer. Ersterer ist in den Fig. 1 bis 4 (vgl. Papierzeitung, 1897 S. 3614) dargestellt, wobei die Fig. 2 bis 4 dazu bestimmt sind, genauer über die ganz eigenthümliche Stoffleitung, bezw. über die Stoffbewegung aufzuklären. Wir erkennen aus Fig. 1, dass der Trog dreitheilig ist, und zwar wirft die Walze d den Stoff über den Kropf gegen den keilartigen Vorsprung c, welcher den Stoffstrom lothrecht abtheilt und je eine Hälfte für die beiden Seitenkanäle c1 und c2 abtrennt, welche passend zur Verkleinerung des Flüssigkeitsreibungswiderstandes unten halbrund geformt sind. An die unteren Enden der Kanäle c1 und c2, und zwar senkrecht gegen deren Richtung, schliessen Gehäuse, welche zwei entgegengesetzt gewundene Transportschnecken s1 und s2 enthalten. Textabbildung Bd. 310, S. 49 Holländer von Schmidt. Diese saugen den Stoff an und schieben ihn gegen den Mittelkanal weiter. Weil eine gründliche Stoffmischung erzielt werden soll, so wird durch eine schräg beginnende und dann wagerecht auslaufende, daher windschiefe Zunge w erzwungen, dass dieselbe Stoffmenge, welche bei e (Fig. 1) genöthigt worden ist, sich lothrecht zu theilen, bei der wagerecht auslaufenden Zunge w sich so vereinigt, dass die beiden Stoffantheile in wagerechter Ebene zusammentreffen, um neuerlich von der Walze erfasst zu werden. Textabbildung Bd. 310, S. 49 Fig. 4. Holländer von Schmidt. Weil die Stoffbewegung nicht mehr von der Messerwalze zu veranlassen, sondern besonderen Mechanismen, den Schnecken s1 und s2 zugewiesen ist, können die Messer verhältnissmässig kurz gehalten und damit für eine bestimmte Stärke widerstandsfähiger gemacht werden. Ueberdies ist der Holländer offen und kann bequem gereinigt werden, so dass er gewiss viele Vortheile bietet. Auch der Unterlaufholländer von Hemmer in Neidenfels, wofür dem Berichterstatter freundlichst eine Zeichnung von Seiten der Maschinenfabrik Hemmer zur Verfügung gestellt worden ist, besitzt eine besondere Bewegungsvorrichtung für den Stoff, welche auch gewiss zum Mischen beiträgt. Wir bemerken in den Fig. 5 und 6, dass die Walze nahe an das eine Ende des Troges gelegt ist, welcher sowohl im Ober- wie im Unterlaufe gegen das der Walze entgegengesetzte Ende geneigt ist. Der Walze a fliesst der Stoff hier von links zu. Er wird zwischen ihr und dem Grundwerk b gemahlen, nach rechts ausgeschleudert und hinter der Walze, bei c1 und c2, durch zwei Kanäle abwärts geleitet zu einem Gehäuse d, welches, auf derselben Achse e sitzend, zwei entgegen gewundene Transportschnecken enthält. Diese fassen die beiden durch die Kanäle bei c1 und c2 herabgekommenen Stoffströme und drücken sie gegen die Mitte, wo sie sich vereinigen und durch den sich allmählich auf die Obertrogbreite ausweitenden Unterlauf f gegen links, zum Aufstieg in den Oberlauf, geschafft werden. Was die Stoffstromtheilung und Mischung anbelangt, so ergibt sich zwischen der Schmidt'schen und der Hemmer'schen Ausführung eine grosse Aehnlichkeit, obwohl erstgenanntes System für wagerecht, letzteres für lothrecht umlaufenden Stoff gebaut ist. Die übrige Ausstattung des Hemmer'schen Holländers ist ganz hübsch gedacht. Der Trog ist bei kleineren Holländern, etwa bis zu 300 kg Stoffeintrag, aus einem Stück, sonst in der aus der Fig. 5 ersichtlichen Weise getheilt gedacht. Textabbildung Bd. 310, S. 49 Unterlaufholländer von Hemmer. Vor dem Grundwerk, welchesmit -Schienen ausgestattet ist, befindet sich der Sandfang g, aus dem durch Hahn h der Schlamm bequem abgelassen werden kann. Die Neigung des Unterlaufes kann manche principielle Bedenken gegen die Anwendung des Unterlaufes zerstreuen. Eine Verbesserung des 1896 300 268 beschriebenen Holländers von Hofsümmer plant nach D. R. P. Nr. 86065 Ferd. Andres in Düren. Allerdings ist bei Andres eine der beiden Messerwalzen, welche Hofsümmer vorschlägt, durch ein Schaufelrad bei b ersetzt (Fig. 7 und 8), welches offenbar den Stoffumlauf befördern soll. Dieser, sowie das Mischen soll aber noch weiter verbessert werden durch die ganz eigenthümliche Gestalt des Troges und durch die lebendige Kraft von Spritzwasserstrahlen. Anschliessend an den Kropf b des Schaufelrades und an den Kropf a der Messerwalze sind Stoffrinnen h und g ausgebildet, deren Böden bei der Mittelwand sehr hoch stehen und gegen aussen allmählich abfallen. Dabei wird der Stoff mittels Zungen d und c mehr nach aussen gedrängt, wodurch auch der mehr in die Nähe der Mittelwand gekommene Stoff gezwungen wird, einen grösseren Weg zurückzulegen, als wie dann, wenn die Zungen c und d nicht vorhanden wären. Dieser Umstand trägt gewiss einiges zur Vergleichmässigung des Troginhaltes bei. Was nun noch die Beförderung des Stoffumlaufes durch Spritzwasser anbelangt, so bemerken wir Rohre k, welche durch kegelig zulaufende Mundstücke l und halbrunde Schlitze m Wasser in die Laufrichtung des Stoffes pressen; ausserdem sind noch mehrere Wasserröhrchen n mit oder ohne Düsen eingefügt, durch welche ebenfalls Wasser in der Stofflaufrichtung entsendet wird. Das erinnert lebhaft an eine Holländerconstruction von Kron (1888 268 490). Textabbildung Bd. 310, S. 50 Holländer von Andres. Ein Untergrundholländer mit sich drehendem Grundwerk wurde nach U. S. P. Nr. 569321 an Augustus F. Brown in Fort Madison geschützt. In Fig. 9 und 10 bemerken wir, dass gesonderter Antrieb für die gewöhnliche Messerwalze b und für die Grundwerkswalze l angewendet wird, und zwar empfiehlt der Erfinder die Walze b dreimal soviel Umdrehungen machen zu lassen als die Walze l. Offenbar hat diese Angabe nur für ein bestimmtes Durchmesserverhältniss der Walzen Bedeutung, weil doch nicht die Umdrehungszahl unmittelbar, sondern die von ihr veranlasste Umfangsgeschwindigkeit als maassgebend betrachtet werden muss. Nun, abgesehen von den Bedenken, welche der bei diesem Unterlaufholländer wieder in der Stofflaufrichtung ansteigende Unterkanal erwecken muss, sei gefragt, was eigentlich durch das sich drehende Grundwerk bezweckt wird? Durch die sich drehenden Walzen b und l, die verschiedene Umfangsgeschwindigkeiten besitzen, wird, wenn wir auf das Wesen der dadurch zu erzielenden Formänderung für die Fasern eingehen, eine zwischen dem Walzen und dem Schaben stehende Arbeit erzielt. Textabbildung Bd. 310, S. 50 Untergrundholländer von Brown. Das Walzen für sich hätte doch für die Verkleinerung des Fasermateriales keinen Sinn. Es bleibt also nur die schabende Wirkung, welche nur von der Zahl der zusammenarbeitenden Messer und von der relativen Geschwindigkeit der an einander vorübergehenden Messerflächen abhängt. Diese relative Geschwindigkeit ist aber hier, sofern wir für die Messerwalze b gleich grosse Umfangsgeschwindigkeit wie bei feststehendem Grundwerk annehmen, entschieden kleiner und damit auch die schabende Wirkung. Letztere wird auch noch geringer dadurch, dass weniger Messer gleichzeitig zusammenarbeiten. Danach ist es gar nicht anzunehmen, dass diese Construction mit drehbarem Grundwerk, welche eben wegen des letzteren schon merklich verwickelter ist, als ein Holländer mit feststehendem Grundwerk, oder dass irgend eine der anderen, in dem bezeichneten Patente angeführten Abänderungen in der Praxis Erfolg haben dürfte. Textabbildung Bd. 310, S. 50 Fig. 11. Holländer von Cadwgan und der Kelly Co.. Auch der Holländer mit drei Walzen von C. Cadwgan und der O. S. Kelly Co. in Springfield nach D. R. P. Nr. 87577 sieht keineswegs vertrauenerweckend aus undmag es wohl sehr bezweifelt werden, ob der beabsichtigte Zweck, bei ununterbrochener Arbeit und einmaligem Durchgang durch den Holländer erreicht wird. Wir sehen in Fig. 11 die drei Holländerwalzen b1, b2 und b3 in dem Kasten a gelagert und mit Grundwerken c1, c2 und c3 zusammenarbeiten, welche auf der schiefen, mit Hilfe von Keilen f in Löchern f1 einstellbaren Platte sich befinden. Der Stoff soll bei e aufgegeben, mit Wasser durch die Rohre a2 und Brausen a3 verdünnt und bei ununterbrochener Arbeit so verfeinert werden, dass er, links über das Sieb d1 gehend, durch dieses den grössten Theil des Wassers nach unten gegen d abgibt, während die Fasern bei e1 den Apparat verlassen. Wenn wir auch den Umstand ins Auge fassen, dass die Walzenmesser von einer Walze zur anderen näher zusammengestellt werden sollen, so bleibt doch der Stoff mit den Werkzeugen so wenig in Berührung, dass, von Ausnahmsfällen abgesehen, wohl nicht anzunehmen ist, dass der Stoff bei e1 genügend für den Ganzzeugholländer zerkleinert austritt. Es ist allerdings nicht ausdrücklich gesagt, dass Lumpen bei e eingeworfen werden sollen. Doch scheint die ganze Fassung darauf hinzudeuten. Etwas anders stünde es, wenn nicht Hadern, sondern gekochter Holzstoff (Zellstoff, Holzschliff o. dgl.), der nicht wieder festgeworden ist, gemeint wären. Textabbildung Bd. 310, S. 51 Walze von Hartenstein. Ganz eigenthümlich nehmen sich die beiden im Folgenden erwähnten Vorschläge, den „Zug“ im Holländer zu verbessern aus. Max Hartenstein in Campulung empfiehlt nach D. R. P. Nr. 88036 eine kegelige Walze (Fig. 12 und 13), welche an ihrer Umfläche mit einer Anzahl gewindeartiger Züge b versehen ist, welche den Stoff aufheben und auf den Kropf niederfallen lassen sollen. Gewiss ist es nur zu billigen, wenn grössere Räume in dem Transportapparate für den Stoff geschaffen werden. Ob sich die Walze aber dazu eignet, ob das Unterbrechen der Messerfolge so, wie es aus der Figur unmittelbar zu entnehmen ist, wirklich gut thut, mag bezweifelt werden. Textabbildung Bd. 310, S. 51 Fig. 14. Trog von Geucke. Auf einem Wege, der ganz von den bisher betretenen abweicht, sucht H. Geucke in Görlitz nach D. R. P. Nr. 8s607 der erwähnten Aufgabe beizukommen. Wir erkennen in Fig. 14 einen kreisförmigen Trog a, in welchem sich zwei Messerwalzen b und b1 befinden, die mit je einem Grundwerk zusammenarbeiten. Dabei wird aber nicht daran gedacht, dass der sehr dick eingetragene Stoff wesentlich von den Walzen befördert werde, sondern der Trog a erhält nach der Pfeilrichtung Drehbewegung, während Grundwerke und Walzen an Ort und Stelle bleiben. Dadurch soll der Stoff den Walzen zu- und von ihnen weggeführt werden. Der Erfinder schreibt: „Bei einer Umdrehung des Troges wiederholt sich das Mahlen so oft, als Mahlwalzen in diesem vorhanden sind.“ Das ist allerdings unbestreitbar. Aber es fragt sich nur, was gemahlen wird? Doch nicht die ganze Füllung? Das ist einfach undenkbar, weil der Stoff sich einfach vor den Walzen aufstauen wird, und die Walzen aus diesem gestauten Material so viel aufnehmen und so viel weiter schaffen, als sie mittels ihrer Verhältnisse können. Die Drehbewegung des Troges a wird sie dabei nicht unterstützen, so dass diese Einrichtung aus dem genannten Grunde, sowie auch wegen der Schwierigkeit in der Ausführung nicht zu empfehlen ist. Textabbildung Bd. 310, S. 51 Fig. 15. Einrichtung von Richter zum Egalisiren und zum Anpassen des Grundwerks an die Walze. Von Alois Richter in Bausnitz finden wir im D. R. P. Nr. 87962 ein Verfahren zum Egalisiren und zum Anpassen des Grundwerks an die Walze. Das Wesen der Sache, welche deshalb kaum als neu zu bezeichnen ist, weil ganz Aehnliches schon anderwärts geübt wird, ist, dass statt des Grundwerks ein Schmirgelstein eingelassen und an diesem die Holländerwalze in normaler Lage abgeschliffen wird. Nachdem dies geschehen ist, wird das Grundwerk mit Hilfe eines Lehrbügels c (Fig. 15), dessen Achse b an Stelle der Walzenwelle in deren Lager gelegt und durch Handgriffe i gedreht wird, richtig festgestellt. (Fortsetzung folgt.)