Titel: Elektrotechnik.Fortschritte der angewandten Elektrochemie.
Autor: Franz Peters
Fundstelle: Band 310, Jahrgang 1898, S. 56
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Elektrotechnik.Fortschritte der angewandten Elektrochemie. Von Dr. Franz Peters. (Fortsetzung des Berichtes S. 35 d. Bd.) Fortschritte der angewandten Elektrochemie. C. Organische Elektrochemie. Technisch werden organisch-elektrochemische Processe fast noch gar nicht angewendet. Fast allein in die Zuckerindustrie und die Gährungsgewerbe schafft sich der elektrische Strom in etwas grösserem Maasstabe Eingang. Von Laboratoriumsversuchen beanspruchen nach wie vor die über die Reduction von Nitroverbindungen das grösste Interesse. Der Einfluss der dunklen elektrischen Entladungen auf verschiedene organische Verbindungen ist ziemlich eingehend studirt worden. Die Erfolge der organischen Elektrochemie bespricht M. Krüger (Elektrochemische Zeitschrift, 1898 Bd. 5 S. 1, 31, 72). W. Löb (Chemiker-Zeitung, 1898 Bd. 22 S. 355) behandelt die Factoren, die bei der Elektrolyse gegenüber den rein chemischen Methoden in Anwendung zu bringen sind. Die durch elektrische Entladungen ausgeübten chemischen Wirkungen hat Berthelot (Comptes rendus, 1898 Bd. 126 S. 561, 567, 609, 616, 671, 681, 691, 775) näher studirt. So viel als möglich wurde mit gasförmigen Systemen oder solchen, die geeignet waren, diesen Zustand beim Versuche anzunehmen, gearbeitet. Meist befanden sich die untersuchten Substanzen in dem ringförmigen engen Raum zwischen zwei concentrischen Röhren. Die Entladungen lieferte ein durch fünf Accumulatoren gespeister Ruhmkorff'scher Apparat mit Leydener Flasche und Marcel Depretz-Unterbrecher. Jeder Versuch dauerte 24 Stunden. Im Allgemeinen finden zwei Vorgänge statt: Die Zersetzung, die Wasserstoff und die einfachsten binären Verbindungen trennt, und die Condensation oder Polymerisation, die complexe Verbindungen höchsten Grades liefert. Die Wirkungen der Entladung nähern sich vielleicht den chemischen Umwandelungen, die im Verlaufe der Ernährung und Entwickelung der Lebewesen eintreten. Im Allgemeinen wird unter charakteristischer Wasserstoffentwickelung Stickstoff gebunden, und zwar als Ammoniakderivat, d.h. als Amid oder Amin, besonders als Polyamin. Die Acetylenkohlenwasserstoffe CnH2n–2 verlieren wenig Wasserstoff und bilden condensirte Polymere, während die Aethylenkohlenwasserstoffe CnH2n dabei viel Wasserstoff abgeben, so dass die entstehenden Derivate (CnH2n)m-H2 (m = 4 oder 5 oder ein Mehrfaches) unzweifelhaft cyklische Verbindungen von ähnlicher Zusammensetzung wie die Camphene sind. Aehnliche Derivate scheinen die Methankohlenwasserstoffe CnH2n+2 unter Verlust von höchstens 2 Atomen Wasserstoff für 1 Molekül zu bilden. Alle Kohlenwasserstoffe binden ausserdem Stickstoff unter Bildung von Polyaminen (wahrscheinlich Tetraminen aus den Aethylen- und Methankohlenwasserstoffen, Diaminen aus den Acetylenkohlenwasserstoffen). Unter dem Einflusse des elektrischen Stromes entstehen bei der Wirkung von Kohlenoxyd und Kohlendioxyd auf überschüssigen Wasserstoff durch Condensation Kohlenhydrate, bei theilweisem Fehlen von Wasserstoff höher oxydirte condensirte Verbindungen. Gemenge von Wasserstoff, Stickstoff und nicht überschüssigen Kohlenstoffoxyden geben sehr stickstoffreiche Verbindungen von den Formeln (COH3N)n oder (COH3N)n–mH2O, die denjenigen der Harnstoff- und Xanthinreihe entsprechen. Bei Ueberschuss von Kohlenoxyden erhält man ähnliche Verbindungen und solche von der Constitution der Ureïde. Bildet sich bei der Reaction freies Wasser (Kohlendioxyd Ausgangsmaterial), so sieht man Ammoniumnitrit auftreten. Die Alkohole bilden mit Stickstoff unter der Mitwirkungdes Stromes Amidine und verwandte Körper. Zugleich verliert Methylalkohol 1 Atom Wasserstoff, während Aethyl- und Propylalkohol ähnlich den Kohlenwasserstoffen CH4 und C2H6 2 Atome abgeben und Allylalkohol keinen Verlust erleidet. Die Phenole binden verschieden schnell Stickstoff in wechselnden Mengen, wobei sie nicht mehr Wasserstoff verlieren als die entsprechenden Kohlenwasserstoffe, so Hydrochinon, das sonst leicht 2 Atome abspaltet, nur eins. Bei den Alkoholen der Fettreihe wird auf 2 Atome ausgeschiedenen Wasserstoff (vgl. oben) 1 Atom Stickstoff gebunden. Es wird also 1 Atom Stickstoff gebunden von 2 Molekülen Methylalkohol und von 1 Molekül Aethyl- und Propylalkohol, 2 Atome Stickstoff von 3 Molekülen Allylalkohol. Von isomeren Verbindungen binden normaler Propylalkohol und Isopropylalkohol gleiche, die drei zweiwerthigen Phenole sehr verschiedene Mengen Stickstoff. Der Wasserstoffverlust, den die Kohlenwasserstoffe und gesättigten Alkohole unter dem Einfluss des elektrischen Stromes erleiden, steht in gewisser Beziehung zu der Bindung des Stickstoffs. Man kann die entstehenden Verbindungen vielleicht als Aldehydderivate von cyklischer Constitution betrachten, so dass sie sich der Pyridin- und Chinolinreihe nähern würden. Aldehyde binden ebenfalls Stickstoff, und zwar im Allgemeinen viel unter Bildung condensirter Verbindungen, besonders der Glykosine, Glyoxaline und der wenig Wasserstoff enthaltenden Polyamine. 1 Molekül Aethylaldehyd bindet etwas weniger als 1 Atom Stickstoff, 1 Molekül des primären und des secundären Propylaldehyds bindet je 3 Atome Stickstoff. Bei den Aldehydäthern (Dimethylmethylal) erfolgt die Bindung jedenfalls mit den Resten ihrer beiden Bestandtheile zugleich. Von den Aldehydpolymeren binden die eigentlichen, wie Paraldehyd und Trioxymethylen, Stickstoff langsam und schwach, Aldol schneller und energischer, nicht aber das ähnlich constituirte Benzoin. Bei Glukose und den Cellulosederivaten ist die Bindung wegen der Condensation des Moleküls ebenfalls schwach. Die Wasserstoffverluste hierbei sind weit weniger bestimmt als bei den entsprechenden Kohlenwasserstoffen und Alkoholen, z.B. bei Acetaldehyd etwa ½ Atom, beim primären und secundären Propylaldehyd weniger als 1 Atom, bei den Polymeren sehr wenig, bei den Aldehyden der Benzol- und Camphorreihe nur Spuren oder gar keine. Isomere Aldehyde liefern interessante Vergleiche. Bei ihnen und den condensirten Derivaten nimmt die Menge des an 1 Molekül gebundenen Stickstoffs in dem Maasse ab, wie das Molekül mehr condensirt wird. Noch geringer bis verschwindend werden die Wasserstoffverluste, welche die Säuren bei der Bindung des Stickstoffs erleiden. Essig- und Propionsäure nehmen 1½ Atome Stickstoff auf je 1 Molekül auf, binden aber davon nur 1 Atom, während der Rest mit dem gleichzeitig entstehenden Wasser Ammoniumnitrit bildet. Bei der Ameisensäure findet die Stickstoffbindung langsam durch eine Art secundärer Reaction statt. Die verschiedenen ein- und zweibasischen Säuren binden je nach ihrem physikalischen Zustande und ihrer Constitution verschieden schnell Stickstoff. Fumarsäure gab zum Unterschied von der Maleïnsäure keine merkliche Absorption. Im Allgemeinen bleibt der Sauerstoff gebunden. Ausnahmen finden statt bei der Ameisen-, Maleïn- und Pyruvinsäure, die beträchtliche Mengen Kohlenoxyd entwickeln, und der Glykolsäure, bei der Kohlendioxyd frei wird. Im Gegensatze zur Ameisensäure absorbiren die Ameisensäureester beträchtliche Mengen Stickstoff und entwickeln neben Kohlenoxyd noch Kohlensäure. Solche gleichzeitigen Reactionen auf die Einzelbestandtheile der Ester finden auch beim Methylessigäther statt. Ausser Fumar- und Maleïnsäure (vgl. oben) verhalten sich auch verschieden die drei Oxybenzoësäuren, sowie Salicylaldehyd und Benzoësäure. Auf organische Flüssigkeiten wirkt die Entladung wie auf Gase, indem sie Polymerisation und Abscheidung von Wasserstoff hervorruft, aber die Einwirkung ist weit langsamer und schwächer. Terpentinöl lieferte 3 Proc. Diterebenthen, Olivenöl eine schwärzliche Ablagerung, Alkohol ein Gas (und zwar in 24 Stunden 34 cc aus 10 cc Alkohol), das Wasserstoff (30,1 cc) und Aethan (3,9 cc) enthielt. In der Flüssigkeit befand sich Aldehyd und wenig eines höheren Kohlenwasserstoffs. Die organischen Stickstoffverbindungen binden bei Gegenwart von freiem Stickstoff (Chemiker-Zeitung, 1898 Bd. 22 S. 271) meist, sogar so hoch molekulare wie das Albumin, eine neue Menge Stickstoff und bilden Polyamine, Polyamide und condensirte Derivate. Ausnahmen machen Aethylamin, Allylamin, Phenylhydrazin, Thioharnstoff und Aethylen- und Propylendiamin, die unverändert bleiben. Methylamin und Nitromethan verloren sogar Stickstoff. Die Verbindungen, die sich an die Fettreihe anschliessen, verlieren Wasserstoff, während sie zugleich Stickstoff binden; dieser Verlust entspricht demjenigen der Kohlenwasserstoffe und Alkohole derselben Reihe. Er ist beträchtlich höher, etwa 3 Atome Wasserstoff, bei Methylamin, Aethylamin und Propylamin, 2 Atome bei Allylamin und bei Aethylen- und Propylendiamin. Es bilden sich so Verbindungen von ähnlicher Formel, deren cyklischer Charakter um so ausgesprochener ist, je grösser die im ursprünglichen Molekül enthaltene Zahl von Kohlenstoffatomen ist. Ausnahmen beobachtet man bei den sehr sauerstoffhaltigen Verbindungen, wie Nitroäthan und Glykokoll (Amidoessigsäure), genau wie bei den an Sauerstoff reichen Fettsäuren. Die Verbindungen der Benzolreihe, das Pyrrol, Indol, verlieren keinen Wasserstoff bei der Absorption des Stickstoffs, ebenso wenig wie die Kohlenwasserstoffe und Phenole derselben Reihe und das Pyridin, während Piperidin bei der Bindung des Stickstoffs seinen überschüssigen Wasserstoff entwickelt, und anscheinend sogar noch 1 Atom mehr, genau wie Aethylamin und die Analogen verglichen mit den Alkoholen und ursprünglichen Carbüren. Bei einem gleichen Gewichte Stickstoff wächst die Condensation des Carbürs von dem Derivat des Carbürs zu dem des Alkohols (ausser bei der Methylreihe) und von dem Derivat des Alkohols zu dem des primären Amins (ausser bei der Aethylreihe); sie ist doppelt für das Derivat des Diamins im Vergleiche mit dem des Monoamins. Die isomeren Körper verhalten sich in gleicher Weise. Dagegen absorbirt das Benzylamin schlechter Stickstoff als das Toluidin, das Methylanilin besser. Die ansammelnde Wirkung zeigt sich noch besser beim Dimethylanilin im Vergleiche mit Aethylamin und bei Trimethylamin verglichen mit den Propylaminen. Diese Basen, abgeleitetvon mehreren Molekülen Alkohol, binden auch in den verschiedenen Fällen mehr Stickstoff als die primären Basen, die von nur einem Molekül abgeleitet sind. Die Menge Stickstoff, die von den Aminen der drei Grade gebunden wird, scheint der Zahl der Moleküle des erzeugenden Alkohols proportional, dasselbe Polyamin scheint erzeugt durch die drei von ein und demselben Alkohol abgeleiteten Basen. Die anhäufende Beziehung findet sich übrigens in einer allgemeineren Form wieder bei der Einwirkung des elektrischen Stromes auf Aether, die abgeleitet sind einerseits von zwei Alkoholmolekülen, andererseits von einem Aldehyd- und zwei Alkoholmolekülen oder von einem Säure- und einem Alkoholmolekül. Die Beziehung ist allgemeiner und lässt sich auch anwenden auf die Verbindungen, die Stickstoff durch einfache Addition ohne Wasserstoffeliminirung binden, wie auch die Function dieser Verbindungen sei: Carbüre, Alkohole, Aldehyde, Säuren, Basen. A. v. Hewptinne (Zeitschrift für physikalische Chemie, 1898 Bd. 25 S. 284) hat auf die Dämpfe organischer Stoffe, die sich in einer Glasröhre befanden, zwischen Zinnblechen, die mit den Drähten eines Lecher'schen Apparates verbunden waren, elektrische Schwingungen wirken lassen. Dabei wird das Molekül gesprengt. Isomere Stoffe liefern in einigen Fällen dieselben Zersetzungsproducte, in anderen merklich verschiedene. Die Alkohole, Aldehyde, Acetone, Säuren und Aether, die nicht mehr als 1 oder 2 Atome Sauerstoff enthalten und eine verhältnissmässig einfache Constitution besitzen, scheinen das gemeinsam zu haben, dass stets ein Kohlenstoffkern sich als Ganzes aus dem Molekül herauslöst und sich vom übrig bleibenden Sauerstoff, Kohlenoxyd oder Kohlendioxyd abtrennt. Bei denjenigen Stoffen, die mehr als 2 Moleküle Sauerstoff enthalten, wie Glycerin oder Glykolsäure, scheint das Molekül an mehreren Stellen zu zerreissen. Die Verbindungen der Benzolreihe geben zu complicirte Producte, so dass sich ihre Zersetzung nicht durch einfache Annahmen erklären lässt. Zerlegte Bredig (Zeitschrift für Elektrochemie, 1898 Bd. 4 S. 514) Wasser unter Erdöl durch einen Kohlenlichtbogen von 30 Volt und 6 Ampère, so erhielt er ein dem Pintsch'schen Fettgase nahe stehendes hell leuchtendes Gas mit 30 Proc. schweren Kohlenwasserstoffen und 6 bis 8 Proc. Acetylen. Versucht man Spiritus auf elektrolytischem Wege zu entfuseln, so beobachtet man nach G. Osswald (Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1898 Bd. 21 S. 116), wenn auch Spannung, Stromdichte und Temperatur variirt werden, dass der Aethylalkohol viel leichter oxydirt wird als die Fuselöle, so dass, ganz abgesehen von der schlechten Stromausnutzung, grosse Alkoholverluste entstehen. Diese treten bei hoher Spannung und Temperatur in solcher Menge auf, dass die unter diesen Versuchsbedingungen erhältliche erhebliche Abnahme des Fuselöls dagegen nicht viel besagen will. Den im D. R. P. Nr. 86650 (vgl. D. p. J. 1897 304 283) beschriebenen Apparat hat St. Frum Nachf. (D. R. P. Nr. 94490) so abgeändert, dass der Schlitz, durch den die alkoholhaltige Flüssigkeit fliesst, regulirbar ist. Zu diesem Zwecke wird er von einem axial verstellbaren Kegel und einem darum liegenden Ringe aus Platin o. dgl. gebildet. Beide Theile sind mit je einem Pole der Elektricitätsquelle verbunden. Angaben über die Behandlung saurer Weine durch Elektricität, die nur Altes aufwärmen, macht die Elektrochemische Zeitschrift, 1898 Bd. 4 S. 256, nach einem Artikel der Elektrotechnischen Rundschau. Zum künstlichen Altern alkoholischer Flüssigkeiten setzt sie Deininger (U. S. P. Nr. 584050) bei Temperaturen zwischen –15° und +20° hochgespannten Wechselströmen aus. Treillard nimmt die Alterung (L'Électricien; L'Éclairage électrique, 1897 Bd. 13 S. 574) in Tournus nach dem Verfahren von Broyer und Petit vor. Als Ozonisator dient eine 45 cm lange und 1 cm weite Glasröhre, die innen und aussen zwei symmetrische Aluminiumspiralen hat und von einem Glasmantel umgeben ist. Drei solcher Röhren genügen für drei Kufen von je 5 hl Inhalt, die von Holz und hermetisch verschlossen sind. Das Ozon tritt in sie der Reihe nach von unten ein. Der Alkohol wird auf 50° erwärmt und mit dem 5fachen Volumen an ozonisirtem Sauerstoff behandelt. 1 hl Alkohol absorbirt etwa 50 l. Nach der Ozonisation lässt man den Branntwein 4 bis 5 Monate lagern, zieht dann von den Oxydationsproducten ab und filtrirt. Während sich bei der Einwirkung dunkler elektrischer Entladungen auf Kohlenoxyd und Wasserdampf im Berthelot'schen Ozonisator mit 2 bis 3 mm Wandentfernung nach Losanitsch und Joritschitsch (D. p. J. 1897 304 283) überwiegend Ameisensäure bildet, erhielt A. de Hemptinne (Bulletin Académ. roy. Belg., 1897 Ser. 3 Bd. 34 S. 269) hauptsächlich Kohlensäure und nur etwas Ameisensäure; daneben entstanden noch Aldehyd und seine Polymeren, wahrscheinlich durch Zersetzung des Wassers und Einwirkung des entstandenen Wasserstoffs auf Kohlenoxyd. Diese Reaction für sich konnte ebenfalls erzielt werden. Essigsäure hat derselbe Forscher in Ozonisatoren mit geringer Wandentfernung, die im Allgemeinen günstiger als solche mit weiter (7 mm) wirken, aus Aethylalkohol und Sauerstoff erhalten. Um Wiederzersetzung zu vermeiden, ist es vortheilhaft, den unteren Theil des Apparates zu kühlen, so dass die Säure fest wird. Aldehydartige Substanzen wurden durch dunkle elektrische Entladungen aus Kohlenoxyd und Methan, am besten in engen Ozonisatoren, Aceton aus Kohlenoxyd und Aethan unter Anwendung einer Kältemischung erhalten. Bei dem Durchschlagen des elektrischen Funkens durch ein Gemisch von Schwefelkohlenstoff und Sauerstoff, das den directen Sonnenstrahlen ausgesetzt ist, erhält man nach Berthelot (Acad. des sciences vom 12. April 1898; Chemiker-Zeitung, 1898 Bd. 22 S. 327) eine äusserst heftige Reaction. Zuckersäfte will Bouillant (Französisches Patent Nr. 264950) nach der Behandlung mit Baryt der Einwirkung des elektrischen Stromes aussetzen. Zur Saftreinigung durch Elektrodialyse nach ihrem bekannten Verfahren (vgl. Peters, Angewandte Elektrochemie, Bd. 3 S. 70) verwenden Javaux, Gallois und Dupont (Sucrerie belge, 1898 Bd. 26 S. 444) Dqm = 30 bis 50 Ampère und E = 4 bis 5 Volt. Nach 1½ bis 2½ Stunden geben die Säfte mit Bleiessig keine Fällung mehr und haben fast 100 Reinheit, ohne dass Zuckerverluste, Inversion oder Säuerung eintreten. Die technische Verwerthung des Verfahrens, das für Syrupe und Melassen unbrauchbar ist, scheiterte bisher an der Polarisation der Elektroden. Durch das geheim gehaltene Verfahren von Say-Gramme wurde nach Hahne (Deutsche Zuckerindustrie, 1898 Bd. 23S. 640) im Kiemen und in einer Rohrzuckerfabrik im Grossen weitgehende Reinigung der Rohsäfte erreicht. Die Anlage ist allerdings kostspielig. Claassen (Centralblatt für Zuckerindustrie, 1898 Bd. 6 S. 617) räth deshalb, und weil die Zuckerverluste nicht bekannt sind, zur Vorsicht. Die schon von mehreren anderen (vgl. Peters, Angewandte Elektrochemie, Bd. 3 S. 76) vorgeschlagene Reinigung der Rübensäfte durch Ozon will auch A. Verley (Oesterreichisches Privilegium Nr. 47/5128) ausführen. Der Saft wird erst mit Kalk versetzt und mit Kohlensäure behandelt, so dass eine Alkalinität von etwa 1,5 g Kalk für 1 l bleibt. Besser als Ozon allein wirkt nach meinen Versuchen die gemeinsame Verwendung von Ozon und Elektricität (vgl. D. p. J. 1898 308 21). Zur Herstellung von Cellulosezucker behandelt Sartig (Französisches Patent Nr. 269192) Holz in Pulverform mit überhitztem Wasser und dann mit dem elektrischen Strom in Gegenwart einer Lösung von Kochsalz oder eines anderen Salzes, das bei der Elektrolyse oxydirend wirkt. Harnstoff erhielt Slosse (Association belge des chimistes vom 18. Juni 1898; Chemiker-Zeitung, 1898 Bd. 22 S. 577) durch Einwirkung der dunklen elektrischen Entladung auf 1 Vol. reines und trockenes Kohlenoxyd und auf 2 Vol. ebensolchen Ammoniaks. Aus 1 Vol. reinem und trockenem Kohlenoxyd und 2 Vol. ebensolchen Wasserstoffs entstand Zucker. Bei der Einwirkung des Stickstoffs auf Carbide kann er nach N. Caro und A. Frank (D. R. P. Nr. 95660) ausser auf die früher beschriebene Art (vgl. D. p. J. 1897 304 284 und 1898 308 21) auch durch Oxyde zur Cyanbildung angeregt werden, die man der Reactionsmasse von vornherein zusetzt oder in ihr (aus Sulfaten, Carbonaten u.s.w.) erzeugt. Die bekannte Methode zur Gewinnung von Cyaniden und Ammoniak im elektrischen Ofen nach C. H. Mehner (D. p. J. 1898 308 21) behandelt L'Industrie électrochimique, 1898 Bd. 2 S. 31, ohne Neues zu bringen. Unter Zusatz von Alkalibicarbonat konnte W. Vaubel (Chemiker-Zeitung, 1898 Bd. 22 S. 331) Kaliumferrocyanid leicht in das Ferrisalz umwandeln unter Abscheidung von Berlinerblau an der Anode. Die Chemische Fabrik auf Actien vorm. F. Schering (D. R. P. Nr. 95623) fand, dass die Reduction des Triacetonamins und analoger Acetonaminbasen vortheilhafter durch den elektrolytischen Wasserstoff als durch Natriumamalgam bewirkt wird. Am besten, häufig gezwungen, verwendet man schwach alkalische Lösungen und zweckmässig ein Diaphragma. Auf diese Weise erhält man aus Triacetonamin glatt ohne gleichzeitige Bildung der Pseudoverbindung das Triacetonalkamin. Aus den unsymmetrischen Acetonaminbasen, wie Vinyl-, Benzal-, Valer-, Oenanth- und Piperonylendiacetonaminen entstehen ausschliesslich nur die labilen Formen der betreffenden Alkamine. Auch das Tropinon liefert (D. R. P. Nr. 96362) keine Pseudoverbindung, wie durch Natriumamalgam, sondern nur Tropin. Die Lösung von 10 g Tropinon in 100 cc 15procentiger Ammoniumsulfatlösung wird mit Ammoniak alkalisch gemacht und als Kathodenflüssigkeit verwendet, während die Anodenzelle 10procentige Schwefelsäure enthält. J = 4 Ampère, E = 5 Volt. Nach Elbs (Zeitschrift für Elektrochemie, 1898 Bd. 4 S. 499) kann man bei der Reduction von Nitroverbindungen zu Azokörpern mit Dqm = 1000 bis 2000 Ampère, bei der Reduction von Azo- zu Hydrazosubstanzen mit Dqm = 200 bis 600 Ampère arbeiten. Um die Reduction an einem bestimmten Punkte zu unterbrechen, kann man nach W. Löb (Zeitschrift für Elektrochemie, 1898 Bd. 4 S. 429) entweder die Spannung entsprechend wählen, oder das gewünschte Zwischenproduct durch Zusatz geeigneter Substanzen dem weiteren Einflusse des Stromes entziehen. Bei der Wahl der ersten Methode zeigt es sich, dass noch mehr als die Spannung eine grosse Stromdichte wichtig ist. Gute Resultate erhält man auf einfache Weise, wenn man eine Substanz wählt, die nicht nur auf einen Reductionsgrad, sondern mit den verschiedenen Zwischenphasen reagirt und durch Aenderung der Spannung und Stromdichte das Eintreten der Condensation auf einen ganz bestimmten Reductionsgrad zu lenken sucht. Eine geeignete Substanz ist Formaldehyd. Unter Verwendung von verdünnter Schwefelsäure (1 : 10) als Anodenflüssigkeit, einer Platinscheibe als Anode und eines Bleicylinders von 18 cm Höhe und 5 cm Durchmesser als Kathode, wurde bei der kathodischen Einwirkung eines Stromes von 5 Volt und 2 Ampère auf eine Lösung von 10 g Nitrobenzol in 35 g rauchender Salzsäure, 25 cc einer 40procentigen Formaldehydlösung und 70 cc gewöhnlichen Alkohol, am besten bei 45 bis 60° das salzsaure Salz eines polymeren p-Anhydrohydroxylaminbenzylalkohols von der Formel (D. p. J. 1898 308 22) \left(\mbox{C}_6\mbox{H}_4\left<{{\mbox{NH.OH}}\atop{\mbox{CH}_2\mbox{OH}}}\right-\mbox{H}_2\mbox{O}\right)\,x erhalten, der identisch ist mit dem von Kalle und Co. im D. R. P. Nr. 87972 beschriebenen. Die 35 g Salzsäure kann man durch 10 g concentrirte Schwefelsäure ersetzen und die Reaction bei gewöhnlicher Temperatur durch Kurzschluss eines entsprechend aufgebauten Elements (vgl. D. p. J. 1897 304 283) ausführen. Wird die Spannung erniedrigt (auf 2,8 bis 3, höchstens 3,5 Volt, wobei J = 1 Ampère ist) und unter Einhaltung einer Temperatur von 30° so lange elektrolysirt, bis regelmässige Wasserstoffentwickelung eintritt, so geht in salzsaurer Lösung die Reduction weiter zum Methylen-di-p-Anhydroamidobenzylalkohol \left(\mbox{C}\mbox{H}_2\left<{{\mbox{HN}.\mbox{C}_6\mbox{H}_4.\mbox{CH}_2}\atop{\mbox{HN.C}_6\mbox{H}_4.\mbox{CH}_2}}\right>\mbox{O}\right)\,x. Verwendet man als Kathodenflüssigkeit eine Lösung von 10 g p-Nitrotoluol in 80 cc Alkohol, der eine Mischung von 35 cc 40procentiger Formaldehydlösung und 35 g rauchender Salzsäure (oder 10 g concentrirter Schwefelsäure) zugesetzt ist, so erhält man durch 24stündige Einwirkung eines Stromes von 1,6 Ampère und 4 bis 4,5 Volt bei Zimmertemperatur ein Gemenge von je etwa 5 g p-Dimethyltoluidin und Dimethylenditoluidin von der Formel \mbox{CH}_3.\mbox{C}_6\mbox{H}_4.\mbox{N}\left<{{\mbox{CH}_2}\atop{\mbox{CH}_2}}\right>\mbox{N.C}_6\mbox{H}_4.\mbox{CH}_3. Ohne Zusatz des Formaldehyds wird aus p-Nitrotoluol in alkoholisch-salzsaurer und salzsaurer Lösung p-Toluidin, in alkalischer Lösung p-Azotoluol, beide in quantitativer Ausbeute gewonnen. Elektrolysirt man nach Haber (Zeitschrift für Elektrochemie, 1898 Bd. 4 S. 506) eine alkoholisch-alkalische Nitrobenzollösung (25 g Nitrobenzol, 40 g Aetznatron, 50 g Wasser, 350 g Alkohol) zwischen platinirten Platinplatten mit Diaphragma und sorgt dafür, dass die Kathode nie mehr als 0,93 Volt gegen die Decinormalelektrodenegativ wird, so erhält man mit 76 Proc. Stromausbeute fast nur Azoxybenzol. Kleine Mengen Azobenzol, sowie Spuren von Anilin und Hydrazobenzol entstellen nebenbei. Der Vorgang wird so erklärt, dass aus Nitrobenzol erst Nitrosobenzol entsteht, das sofort zu Phenyl-β-Hydroxylamin weiter reducirt wird. Dieses reagirt mit nachgebildetem Nitrosobenzol unter Bildung von Azoxybenzol. Bei tieferen Potentialen wird das Phenylhydroxylamin mit einer Geschwindigkeit gebildet, die es zwei anderen Reactionen überliefert: dem Zerfall unter Einwirkung von Alkali und der Reduction zu Anilin. Azoxybenzol depolarisirt schwach und geht dabei in Hydrazobenzol über, das Spuren von Anilin liefert. Bei Wiederholung der Häussermann'schen Versuche in alkoholisch-schwefelsaurer Nitrobenzollösung wurde neben den schon von jenem Forscher gefundenen Producten: Azoxybenzol, Benzidin und etwas Anilin noch reichlich p-Amidophenol und das p-Phenetidin erhalten, die beide die intermediäre Bildung von Phenylhydroxylamin beweisen. Phenyl-β-Hydroxylamin liefert mit Nitrosobenzol, allerdings träger als in alkalischer Lösung, Azoxybenzol. Dieses wird zu Hydrazobenzol reducirt, das theils zu Benzidin umgelagert, theils weiter zu Anilin reducirt wird. Durch die Trägheit der Umsetzung mit Nitrosobenzol werden grosse Mengen Phenyl-β-Hydroxylamin im Elektrolyten angehäuft, die zum grössten Theil zu p-Amidophenol und Phenetidin umgelagert, zum kleineren zu Anilin reducirt werden. Nitrosobenzol als Zwischenstufe liess sich leicht durch die Entstehung von tiefrothem Benzolazo-α-Naphtol nachweisen, wenn die alkoholischalkalische Nitrobenzollösung mit α-Naphtol und Hydroxylaminchlorhydrat versetzt und bei –0,9 bis –0,92 Volt Kathodenpotential 2 Stunden mit 0,5 bis 0,6 Ampère Stromstärke elektrolysirt wurde, oder bei der Elektrolyse einer Lösung von 2 cc Nitrobenzol, 35 cc Alkohol, 2,5 cc concentrirter Schwefelsäure, 30 cc Wasser, 2 g Hydroxylaminchlorhydrat und 1 g α-Naphtylamin mit dem Kathodenpotential – 0,54 Volt und Dqdm, k = 2,2 Ampère. Phenyl-β-Hydroxylamin ist leicht darzustellen, wenn der Elektrolyt von kleiner Acidität, d.h. eine Säure von geringer Leitfähigkeit ist, eine niedrige Temperatur, eine hohe Stromdichte und gleichzeitig eine nicht zu geringe Stromstärke herrscht. In einem Becherglase mit Thonzelle wird benutzt als Kathodenflüssigkeit eine Lösung von 10 g Nitrobenzol in 215 cc Eisessig, die mit Wasser auf 425 cc verdünnt ist, eine blanke Platinkathode von 25 qc einseitiger Fläche, eine Stromdichte von anfangs 1,5, später 1 Ampère und verdünnte Schwefelsäure als Anodenflüssigkeit. Wegen der hohen Anfangsspannung von 80 Volt, die allmählich allerdings auf 36 sich vermindert, muss Anoden- und Kathodenraum mit gläsernen Kühlschlangen versehen und die Kathodenflüssigkeit durch Kohlensäure kräftig gerührt werden, um die Temperatur unter 20° zu halten. An der Kathode muss sich dauernd schwach Wasserstoff entwickeln. Dass man die bei der Reduction aromatischer Nitroverbindungen als Zwischenproducte entstehenden Hydroxylaminderivate fixiren kann, wenn man dem Elektrolyten einen Aldehyd zusetzt, hat schon früher (D. p. J. 1897 304 285) L. Gattermann gezeigt. Die Darstellung dieser Condensationsproducte haben sich die Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer und Co. schützen lassen (D. R. P. Nr. 96564). Ausser der bereits erwähnten Nitrobenzolmischung können folgende Elektrolyte, am besten unter Kühlung, verwendet werden: 1) 10 k m-Nitrobenzoesäure und 6,3 k Benzaldehyd werden in 30 k Eisessig und 30 k concentrirter Schwefelsäure gelöst. 2) 10 k Nitrobenzol, 24,6 k Vanillin (1 Mol. : 1 Mol.), 40 k Eisessig, 40 k concentrirte Schwefelsäure; Dqm = 500 Ampère. Beim Erhitzen mit verdünnter Schwefelsäure werden die Condensationsproducte in Aldehyde und p-Amidophenolderivate gespalten. (Fortsetzung folgt.)