Titel: Altägyptische Weberei.
Autor: Aug. Braulik
Fundstelle: Band 311, Jahrgang 1899, S. 11
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Altägyptische Weberei. Eine Studie von Ingenieur Aug. Braulik. Altägyptische Weberei. Erster Teil. Im Jahre 1896 hatte ich die seltene Gelegenheit gehabt, eine reichhaltige Sammlung alt ägyptischer GewebeBereits im Jahre 1894 habe ich eine grössere Anzahl Mumiengewebe aus der ägyptischen Sammlung in Wien untersucht, doch ist das Manuskript, die Resultate dieser Untersuchungen enthaltend, bei dem plötzlichen Tode des damaligen Custos Dr. Bergmann in Verlust geraten. fachlich zu untersuchen, die einen Zeitraum von mehr als 3000 Jahre umfasst; dieselben sind in den Gräbern aus der Zeit der 6., 11., 17., 18., 19., 20., 21., 22. und 26. Dynastie, so auch aus der griechisch-römischen Periode in Aegypten, gefunden worden. Die Zusammenstellung aller Untersuchungsergebnisse bildet eine umfangreiche Arbeit, die demnächst in Druck gelegt werden dürfte; mit der vorliegenden Studie verfolge ich den Zweck, in kurzen Umrissen die verschiedenen Gewebearten der alten Aegypter zu besprechen und die Vorrichtungen zu beschreiben, die hierbei Verwendung gefunden haben. In der genannten GewebesammlungDer Eigentümer der Sammlung ist der durch seine Funde in Aegypten bekannte Wiener Kaufherr Theodor Graf. befinden sich Gewebereste, die als die ältesten bezeichnet werden dürfen, welche sich bis auf unsere Zeiten erhalten haben und fachlich untersucht worden sind. Es sind dies die Mumienbinden der Könige der 6. Dynastie und zwar des Pepi I. (Meri-Rà), Sokar-emsaf (Mer-en-Rà) und Pepi II. (Nefer-ka-Rà); Gewebe, die nach den neuesten Forschungsergebnissen minimal 2750 v. Chr. (nach Brugsch 3300 v. Ohr.) bereits Benutzung fanden – daher mindestens 4650 Jahre alt sindDie Mumienhüllen des Berliner Museums (16 Zeugabschnitte von 11 Mumien), darunter auch solche von Pepi 1. und Mer-en-Rà der 6. Dynastie, wurden in der letzteren Zeit auch von C. Heinrich Löbner untersucht, siehe sein Werk: Studien und Forschungen über Wolle und andere Gespinstfasern, 1898. Die Resultate dieser Arbeit decken sich in vielen Fällen mit meinen Erfahrungen.. Die Pyramiden dieser Könige wurden von II. Brugsch Pascha eröffnet und die gefundenen Reste der Königsleichen mit Mumienbinden in das ägyptische Museum in Kairo gebracht. Die Gewebe aus der Zeit der 17. bis 21. Dynastie und teilweise der 22. Dynastie stammen aus dem grossartigen Leichenfund in der Cachette von Der-el-Bahari im Juli des Jahres 1881, wo Emil Brugsch, erster Konservator im Museum zu Kairo, die Leichen von beinahe 40 Personen königlicher Abstammung fand, darunter die des Thutmes' III. und des Sesostris der Griechen, Ramses' II. Die Gewebe aus der griechisch-römischen Zeit entstammen den Funden in Achmim, Erment, Sakkara u.s.w., die von G. Maspero, Direktor des ägyptischen Museums in Kairo, gemacht wurden. Ich muss bemerken, dass die Untersuchung dieser Gewebereste eine recht schwierige Arbeit gewesen, indem einesteils viele Gewebe sehr brüchig waren, und eine Untersuchung nur mit der grössten Vorsicht möglich war, anderenteils die Gewebereste nicht merklich verkleinert werden durften; auch der Umstand, dass beinahe alle Gewebe mehr oder weniger mit gummi- oder harzähnlichen Stoffen imprägniert waren, erschwerte ein Dekomponieren derselben ungemein. Die textilen Erzeugnisse des alten Kulturvolkes im Nilthale, die in den verschiedensten Sammlungen sich befinden, wurden bis jetzt wenig beschrieben, und wo dies geschah, mehr oder weniger einseitig und selten fachlich. Der Umstand, dass der altägyptische Zeichner in vielen Fällen öfters eine Schablonenarbeit lieferte, die mehr die Ausfüllung leerer Wände bezweckte, und die Darstellungsart mehr oder weniger auf feststehenden Prinzipien erfolgte, lässt auch verschiedene Erklärungen jener Darstellungen zu, die uns an den Gräberwänden die Arbeiten der Weberei und Spinnerei vorführen sollen. Ferner kann es leicht vorkommen, dass Darstellungen von Stoffen irrig als Gewebe beurteilt werden, während sie in Wirklichkeit aus bemalten Lederstücken zusammengesetzt waren, wie es der von G. Maspero gefundene Baldachin der Prinzessin Isemchebt, einer Tochter des Hohenpriesters Masahirta, aus der Zeit der 21. Dynastie bestätigt. Dieser zu Der-el-Bahari gefundene Baldachin zeigt stellenweise ein sehr kompliziertes und figurenreiches Motiv, und man kann auch annehmen, dass die im Grabe Ramses' III. gemalten Schiffe mit figurenreichen Segeln solche aus Lederstücken zusammengesetzt besassen, indem die Damenbrettmuster, Geier und fabelhaften Tiere gerade so aus Leder ausgeschnitten sein konnten, wie die Geier und Gazellen der Prinzessin Isemchebt. Dagegen sind Malereien, die man öfters als Darstellungen gestickter oder gewirkter Stoffe beurteilte, höchst wahrscheinlich wirkliche Dekorationsgewebe, die man mit unseren Teppichen vergleichen muss. So sind wahrscheinlich, wie ich später noch zu beweisen trachten werde, die Darstellungen an der Westwand des Ptah-hotep-Grabes zu Sakkara aus der Zeit der 5. Dynastie, mindestens 2850 v. Chr. (nach Brugsch 3566 v. Chr.), gelungene Darstellungen von Geweben, die in den Wohnräumen der Reichen als Wandbekleidung, Vorhänge oder Teppiche Benutzung fanden. Ein weiterer Umstand, dass der altägyptische Zeichner die perspektivische Darstellungsweise nicht kannte, war die Ursache gewesen, dass bei verschiedenen Beschreibungen von Darstellungen, z.B. „Webstühlen“, diese nach einem Bericht als horizontal, dagegen nach anderen Angaben als vertikal beurteilt wurden. Wir werden diese Gegensätze später noch zu erklären trachten. Es ist mehr als ein Zufall, dass die 300 Stück Gewebe der genannten Sammlung, die ich untersucht habe, und die in einem Zeitraume von mehr als 3000 Jahren erzeugt wurden, bis auf ein einziges Exemplar sämtlich aus Leinengarnen gewebt erscheinen. Die einzige Ausnahme bildet ein orangerotes Tuch aus Schafwolle, zu Sakkara gefunden, höchst wahrscheinlich aus der römischen Epoche stammend. Nebst Mumienhüllen von Pers/nen königlicher Abstammung und Funden in verschiedenen Gräbern enthält die Sammlung auch Gewebe, die zur Kleidung gedient haben mussten, und wir können hieraus die Behauptung aufstellen, dass nebst der Kleidung der Leichen auch die Kleidung der Lebenden im alten Aegypten seit der Zeit der 6. Dynastie beinahe ausschliesslich aus Leinen erzeugt wurdeWenn auch die Engländer bei der Eröffnung der Men-Kau-Rà-Pyramide zu el-Gise die Reste der Königsmumie in Wollhüllen vorgefunden haben sollten, so muss man erst den fachlichen Befund abwarten.. Und bereits bei den Geweben dieser grauen Vorzeit kann man eine bewunderungswürdige Feinheit und Dauerhaftigkeit kennen lernen. Die Flachsfaser ist mit der heutigen beinahe vollkommen identisch, es hat sich daher die Struktur der Flachsfaser durch 5000 Jahre nicht merklich geändert. Die MumieNach einer Mitteilung von G. Ebers nur „die Hand“ des Königs. des Königs Pepi I. (Meri-Rà) ist in Leinenhüllen gefunden worden (Nr. 9 bis 11 der Sammlung), die aus Kettengarn Nr. 200 engl. und Einschlaggarn Nr. 300 engl.Etwa 120 und 180 km Garn auf 1 kg Gewicht., eher noch feiner, gewebt wurden. Wenn nun das Spinnen so feiner Garne eine besondere Fingerfertigkeit erforderte, so ist jedenfalls das Verweben dieser feinen Garne eine wirkliche Kunst gewesen. Gewebe Nr. 10: Flachsfaser sehr fein, Battistgewebe sehr fein, zusammengefaltet, Kettendichte 60 per 1 cm, die Kette scheint vor dem Verweben imprägniert, das Gewebe sehr stark gummiert, von schöner rotbrauner Farbe. Ein Kettenfaden besteht aus etlichen 10 Flachsfasern und ist stark gedreht, der Schussfaden aus etlichen 4 bis 6 Flachsfasern, lose gedreht, Schussdichte nicht bestimmbar, etwa 12 Faden per 1 cm. Gewebe Nr. 3 ist eine Mumienhülle des Mer-en-Rà. Flachsfaser fein, brüchig. Kettendichte 36 bis 40, Schussdichte 12 bis 16, Kette Nr. 140 bis 160 engl., Schuss Nr. 200 bis 240 engl. Die Kettenfäden sind regelmässig gedreht und wurden im gefärbten Zustande (jetzt indisch-rot) verarbeitet. Der Schussfaden wurde ungefärbt verwebt (jetzt wie Goldocker), dann das Gewebe stark mit Gummi- oder Harzmasse imprägniert. Aus der Zeit der 6. Dynastie waren 16 Stück Gewebe in der Sammlung gewesen, und die mehrfach bei diesen beobachtete grosse Faserfeinheit lässt deutlich beweisen, dass die Aegypter schon früher als vor 5000 Jahren auch die Flachskultur ganz vorzüglich verstanden haben, indem diese auf die Faserfeinheit direkten Einfluss ausübt. Diese weiten chronologischen Rückblicke werden in Europa noch nicht genügend gewürdigt – in jenem Weltteile, dessen Alter, von der sagenhaften Gründung Roms 753 v. Chr. an gerechnet, weit hinter jenem der memphitischen Periode (4000 bis 2300 v. Chr.) und des alten thebaischen Reiches (2100 bis 1700 v. Chr.) zusammen genommen zurücksteht und kaum dem des neuen thebaischen Reiches (1500 v. Chr.) nahe kommt, wenn wir seine Dauer bis über die Zeit nach der Eroberung durch Alexander 332 v. Chr. und zwar bis zur Eroberung Nordafrikas durch die Araber 638 bis 640 n. Chr. ausdehnen. Die ausschliessliche Verwendung der Flachsfaser zur Erzeugung der Kleiderstoffe brachte es mit sich, dass die Aegypter in der Verarbeitung derselben eine von uns nicht erreichbare Routine erlangt hatten. Die auf zahlreichen Denkmälern dargestellten Kleiderstoffe und Trachten, die, durchsichtig, mehr zeigen als sie verhüllen sollen, sind nichts anderes als feine Flachsgewebe, die beinahe immer blendend weiss gebleicht und mit farbigen Kanten verziert wurden. Die Sammlung enthält viele solcher Bordüren, die entweder durch eingeschweifte farbige Kettenfäden oder durch mehrfarbigen Broschirschuss als Fransengewebe hergestellt wurden. Aus späterer Zeit, besonders bei Schärpen und Bändern, können wir Verzierungen, durch Nadelarbeit hervorgebracht, in der Sammlung finden. Das Flachsgewebe Nr. 62 der Sammlung, in welches die Finger und Hände des Königs Thutmes' III. aus der 18. Dynastie, minimal 1500 v. Chr. (nach Brugsch 1700 v. Chr.), eingewickelt gewesen, ist so wunderbar fein, dass man es mit dem feinsten indischen Musselin vergleichen kann. Die Flachsfaser ist ausserordentlich fein, ganz wenig brüchig, die KettendichteAnzahl Faden auf 1 cm Länge. ist 60 Faden, die SchussdichteAnzahl Faden auf 1 cm Länge. 30 Faden; das Gewebe ziemlich regelmässig gearbeitet. Ein doppelter Faden ist immer noch feiner als das feinste Leinengarn Nr. 160 engl., das gegenwärtig noch gesponnen wird. Es ist daher der Kettenfaden noch feiner als Nr. 320 engl.Die englische Fadennummer gibt an, wie viel Gebinde à 300 Yard auf 1 Pfund engl. gehen., etwa Nr. 400 engl., indem es viel schwächer gedreht ist, als es bei dem gegenwärtigen Leinengarn der Fall ist. Wir können uns die Feinheit vorstellen, indem erst mehr als 200 Kilometer dieses Garnes ein Kilogramm schwer sind. Diese Fäden bestehen aus 6 bis 8 Flachsfasern, die, hierzu ausgesucht, mit ihren Enden, angedreht wurden und so den Faden bilden. Die Drehung ist sehr gering und höchst wahrscheinlich ohne Spindel, durch Fingerarbeit bewirkt. Das Gewebe ist heute noch schön erhalten, etwas gummiert, glänzend und hat infolge der Imprägnierung (ursprünglich weiss) eine Färbung angenommen, die lebhaft an Rohseide erinnert. Solche Gewebe waren gewiss sehr geschätzt und für vornehme Personen bestimmt. Das Geschenk des Königs an Joseph, Kleidungsstücke, die man durch einen Siegelring durchziehen konnte, waren Gewebe, die man mit Nr. 62 der Sammlung in Verbindung bringen muss, und welche von den Griechen als Byssus bezeichnet wurden. Die neuesten Untersuchungsresultate an Geweben, die uns als Byssus überliefert wurden, bestärken mich nur in der Annahme, dass die wertvollen und feinen Gewebe, die man allgemein mit Byssus bezeichnete, nichts anderes waren als solche feine Flachsgewebe, die man an mehreren Exemplaren in der Graf'schen Sammlung bewundern kann. Das Leinengewebe Nr. 100, welches eine der innersten Hüllen der Mumie einer Königin Hontau-oui aus der 21. Dynastie (minimal 1050 v. Chr., nach Brugsch 1100 v. Chr.) bildete, ist aus sehr gleichmässig gesponnenen Kettenfäden erzeugt, die feiner als Nr. 300 engl. sind. Desgleichen ist die Dichte der Kette mit 44 Faden per 1 cm im ganzen Gewebe sehr gleichmässig. Das Leinengewebe Nr. 114, von der Mumie des Hohenpriesters Masahirta stammend, ist aus noch feinerem Garn erzeugt und hat eine Dichte in der Kette von 72 Faden per 1 cm. Eine der acht verschiedenen Hüllen, in denen die Leiche dieses Hohenpriesters eingewickelt gewesen, Gewebe Nr. 115, hat sogar eine Dichte von ISO Faden per 1 cm, also beinahe dieselbe, die man gegenwärtig bei feinem Seidenatlas finden kann. Die Leiche des Königs Seti I. war in 8, die des Ramses II.Die Leiche Ramses' II. wurde am 1. Juni 1886 im Museum zu Bulag von Maspero und Emil Brugsch ausgewickelt und nebst Leichentuchen und Binden von 0,2 m Breite und schmalen Streifen zusammengenähte Kleidungsstücke gefunden, die durch schmale Bänder eng an den Körper geschmiegt waren. und Ramses III., der 19, und 20. Dynastie (1400 und 1200 v. Chr.), in 12 verschiedenen Mumienhüllen eingewickelt gewesen. Die innerste Leichenhülle bei Ramses III. ist aus solch feinen Garnen gewebt (Nr. 853 der Sammlung), dass sie, nach der Grösse des Durchmessers beurteilt, über Nr. 300 engl. gehen, und so weich und locker (Dichte 22 Faden), dass man den Namen hierfür: „gewebte Luft“ anwenden kann. Doch nach der 21. Dynastie, etwa 1000 Jahre v. Chr., ist ein merklicher Verfall ersichtlich, so dass wir besonders aus der griechischen Periode Mumienhüllen toter Funktionäre vorfinden (siehe weiter Hüllen aus dem Grabe des Res-mouth und Oun-nofre in Achmim, Gewebe Nr. 194 bis 199), die man gegenwärtig mit grober Leinwand bezeichnet. Indem die feinen schleierartigen Gewebe bereits zur Zeit der 6. Dynastie kunstvoll erzeugt wurden, kann man annehmen, dass dieselben auch schon früher in Benutzung waren. Indem sie mit der 21. Dynastie ihr Ende gefunden haben, hat sich die Leinenindustrie in Aegypten durch mindestens 2600 Jahre auf gleicher Höhe erhalten, also gerade so lange, wie das Alter der Stadt Rom gegenwärtig ist. Diese hohe Ausbildung der Textilindustrie in Aegypten hat durch die Herrschaft der Hyksos nicht gelitten, indem sich in der Sammlung unter Nr. 877 und 878 Gewebereste von der Mumie des Raskenen Tāa befinden (des legitimen Dynasten in Theben und einer der ersten. Kämpfer gegen die Hyksos), bei denen das Garnmaterial Nr. 200 engl. erreicht und in jeder Hinsicht mit den älteren und jüngeren Geweben identisch ist. Textabbildung Bd. 311, S. 13 Fig. 1. Gewebe Nr. 36. Alle Gewebe der Sammlung sind beinahe ausnahmslos Leinwandgewebe, d.h. in Leinwandbindung (zweischäftig) erzeugt. Doch die zahlreichen in der Sammlung vorkommenden Leinwandgewebe mit Fransen bieten eine ungeahnte Fülle der verschiedensten Abbindungen in der Saumleiste des Gewebes. Textabbildung Bd. 311, S. 13 Fig. 2. Gewebe Nr. 38. Textabbildung Bd. 311, S. 13 Fig. 3. Gewebe Nr. 53. Selten trifft man dieselbe Abbindung des Fransenschusses zweimal vor, so auch selten dieselbe Knotung der Fransenfäden. Verschieden färbige Fransenschüsse und eingeschweifte Fäden am Geweberande geben oft ganz prächtige Verzierungen. Bei vielen Geweben ist die Farbenfrische und die gelungene Farbenzusammenstellung ganz merkwürdig. Man kann hieraus schliessen, dass die ägyptischen Weber keine Sklavenarbeit lieferten, sondern einem Stande angehörten, bei welchem auf eine Individualität und hohen Grad von Raffinement bei Bestimmung der Fadendichte, Fadendicke und hierzu entsprechender Abbindung in der Gewebeleiste geschlossen werden muss. Die zur Besprechung gelangenden Gewebe der Sammlung wären: Textabbildung Bd. 311, S. 13 Fig. 4. Gewebe Nr. 65. Gewebe Nr. 36. Von der Mumie des Königs Thutmes II., 18. Dynastie, etwa 1450 v. Chr. (nach Brugsch 1700 v. Chr.). Fundort: Cachette Der-el-Bahari. Flachsfaser sehr fein, sehr gut erhalten, Kettendichte 40, Feinheit Nr. 26 engl. Schussdichte 10 Faden, im Grund Nr. 26 engl. Fransenschuss ist Nr. 40/2 5fach eingetragen. Auf 1 cm sind 10 Fransenschuss, daher in der Leiste per 1 cm 10 + 50 = 60 Schussfäden. Die Abbindung in der Kante ist aus Fig. 1 ersichtlich. Der Grundschuss a bindet durchwegs Leinwand, der Fransenschuss b geht über die ersten 5 Kettenfäden hinweg, bindet bis Faden 12 in Leinwand und geht von da auf der unteren Gewebeseite flottliegend zum Fangfaden zurück. Gewebe Nr. 38. Dieselbe Abstammung wie Nr. 36. Die äusserste Hülle der Königsmumie gewesen, da es sehr stark mit Gummi oder Harz imprägniert gewesen. Farbe des Gewebes wie gebrannte Sienna. Die Flachsfaser ist fein, sehr brüchig. Kettendichte 40, sehr ungleich, Feinheit Nr. 70 bis 90 engl., ungleich. Schussdichte 30, Feinheit Nr. 130 engl., ungleich. Eine Schärpe mit Fransen, in der Kettenrichtung etwa 14 cm lang. Ein Fransenfaden nach Fig. 2 ist aus 5 Strähnchen zusammengeflochten und jedes Strähnchen erhält etwa 8 zusammengedrehte Kettenfäden. Damit sich der Fransenfaden nicht aufdrehe, ist ca. 1 cm vor dem Ende ein einfacher Knoten gemacht. Es gehen auf 1 cm ein Fransenfaden. Derlei Fransen werden bis heute im Orient gemacht. Gewebe Nr. 53. Von der Mumie des Hohenpriesters Nessita neb ashir aus der Zeit der 21. Dynastie, etwa 1100 v. Chr. Eine Schärpe nach Fig. 3, ursprünglich ganz weiss, gegenwärtig etwas grau. Die Knotung der Franse aus der Zeichnung ersichtlich, unterhalb des Knotens noch etwa 7 cm lang. Flachsfaser ist fein, gut erhalten, Kettendichte 20, Feinheit Nr. 55. Schussdichte 18, Feinheit Nr. 55, ungleich. Gewebe Nr. 56. Aus der Zeit der 18. Dynastie, etwa 1500 v. Chr., von einer unbekannten Königsmumie. Flachsfaser ausserordentlich fein, sehr gut erhalten, Dichte 40 Kette, 20 Schuss, Feinheit Nr. 200, eher noch feiner. Schweifzettel in der Leiste: 24 blau, 4 weiss (4 blau, 4 weiss), 2mal, 4 weiss, 5 blau, 1 weiss, 1 blau. Die blauen Fäden sind prächtig lebhaft (indigo) erhalten; Grundgewebe etwas gelblich, sehr gut erhalten. Gewebe Nr. 65. Aus der Zeit der 18. oder 19. Dynastie, 1500 bis 1400 v. Chr., minimal (nach Brugsch 1700 oder 1400 v. Chr.), von einer unbekannten Königsmumie stammend. Flachsfaser mittelfein, gut erhalten, Kettendichte im Fond 30, Garn Nr. 50, ungleich; Schussdichte im Fond 16, Garn Nr. 130. Der Fransenschuss ist 5fach, Garn Nr. 35 engl. und per 1 cm Leistenlänge 16mal geschossen. Es ist daher die Schussdichte in der Leiste 16 + 16 . 5 = 96 Faden per 1 cm. Die Abbindung in der Leiste ist nach Fig. 4, wobei a der Grund-, b der Fransenschuss ist. Fransenlänge 45 mm, meist aufgeschnitten, Gewebe etwas imprägniert, Farbe wie Lichtocker. Textabbildung Bd. 311, S. 14 Fig. 5. Gewebe Nr. 66. Die nun folgenden Gewebe Nr. 66 bis 69 und Nr. 71 stammen aus derselben Zeit wie Nr. 65 und wurden bei unbekannten Mumien von Personen königlicher Abstammung und von Hohenpriestern in der Cachette bei Der-el-Bahari (bei Theben) gefunden. Textabbildung Bd. 311, S. 14 Fig. 6. Gewebe Nr. 67. Textabbildung Bd. 311, S. 14 Fig. 7. Gewebe Nr. 69. Gewebe Nr. 66. Leinwand mit Fransen, Farbe licht chamois, Flachsfasser mittelfein und sehr gut erhalten. Kettendichte im Grund 38 Fäden, Schussdichte im Grund 12 Fäden, Kettengarn ist Nr. 35, Schussgarn Nr. 60, ersteres ungleich, letzteres etwas besser gesponnen. Fransenschuss ist 5fach, Nr. 70/2 engl., per 1 cm 12mal geschossen. Gesamtschussdichte in Leiste 12 + 12 . 5 = 72 Fäden. Fransenlänge 35 mm. Abbindung in der Leiste ist aus Fig. 5 ersichtlich, wobei a der Grundschuss, b der Fransenschuss ist. Der Fransenschuss bildet Schlingen, ist daher nicht aufgeschnitten worden. Gewebe Nr. 67. Leinwand mit Franse, Flachsfaser mittelfein, gut erhalten. Kettendichte 30, Schussdichte 12. Kettengarn Nr. 55 engl., Schussgarn Nr. 60 engl., Fransenschuss 7fach Nr. 120/2. Auf 1 cm Leiste sind 12 Grund- und 12 Fransenschuss. Die Abbindung des Fransenschusses ist aus Fig. 6 ersichtlich, Grundschuss ab bindet in zweifadiger Leinwand ab, der Fransenschuss c liegt im selben Fach wie Grundschuss a, d geht unterhalb ohne Bindung zurück. In vielen Geweben ist der letzte Grundfaden y ein Zwirnfaden, um die Leistenfäden besser zu markieren. Gewebe Nr. 69. Leinwand mit Franse, Flachsfaser fein, etwas brüchig. Kettendichte 40, Schussdichte 14, Kettengarn Nr. 40 und 80,2, Schuss Nr. 80. Fransenschuss Nr. 40 5fach. Es ist 14 Grund- und 14 Fransenschuss auf 1 cm Leistenlänge abgeschossen. Farbe des Gewebes creme. Die Abbindung der Grundschüsse a, b und der Fransenschüsse c, d ist aus Fig. 7 ersichtlich. Textabbildung Bd. 311, S. 14 Fig. 8. Gewebe Nr. 71. Gewebe Nr. 71. Leinwand mit erhabener Leiste und mehrfarbigem Fransenschuss. Letzter Kettenfaden ist 12-fach, Flachsfaser fein, etwas brüchig und imprägniert. Kettendichte in Leiste 40, Garn Nr. 70, Schussdichte 14, Garn Nr. 140 engl. Broschierschuss Nr. 70 engl. 6fach eingetragen auf 1 cm 14mal und zwar in drei Farben und für jede Farbe ein anderer Schützen nach folgender Schussfolge: (2 Grundschuss, 2 Broschierschuss 6fach Grundfarbe) 12mal, (2 Grundschuss, 2 Broschierschuss 6fach drapp) 12mal, (2 Grundschuss, 2 Broschierschuss 6fach dunkelbraun) 12mal u.s.w. Die Abbindung in der Leiste ist aus Fig. 8 ersichtlich. Textabbildung Bd. 311, S. 14 Fig. 9. Gewebe Nr. 72. Gewebe Nr. 72. Leinwand mit Franse aus der Zeit der 18. Dynastie (1500 bis 1700 v. Chr.) in Theben gefunden, Flachsfaser mittelfein brüchig, Gewebe etwas imprägniert, Farbe wie Lichtocker. Kettendichte im Fond 70, Schussdichte 20, Kettengarn Nr. 45, Schussgarn Nr. 120. Fransenschuss ist Nr. 45 aber 11fach eingetragen. Gesamtdichte in Leiste 20 + 20 . 11 = 240 Schuss. Fadenlänge der Franse, 30 mm nicht aufgeschnitten, die Abbindung in der Leiste nach Fig. 9 erklärlich. (Fortsetzung folgt.)