Titel: Neuerungen an Fahrrädern.
Fundstelle: Band 311, Jahrgang 1899, S. 138
Download: XML
Neuerungen an Fahrrädern. (Fortsetzung des Berichtes S. 123 d. Bd.) Neuerungen an Fahrrädern. b) Fahrräder mit Kraftbetrieb. Bekanntlich bestehen beim Rahmen des Zweirades die ungünstigsten Verhältnisse zur Anbringung des Motors. Diesem Rechnung tragend, ordnen G. L. C. Rivierre und L. A. V. Girardot in Paris nach D. R. P. Nr. 95613 den Motor oder die Motoren so an, dass dieselben, wie Fig. 53 zeigt, durch Bolzen cc1 am Rahmenrohr b gelenkig verbunden sind, während sie mit den Kurbelgehäusen durch ein Spann werk mm1 gestützt werden, mittels welchen die Mittelachse der Motoren auf das genaueste eingestellt werden kann. Textabbildung Bd. 311, S. 138 Fig. 53. Motorzweiradtandem von Rivierre und Girardot. Die Anordnung des Antriebes von den Kraftmaschinen aa1 auf das Hinterrad in Verbindung mit den Tretkurbeln ist folgende: Die Stirnräder ii1 der Kraftmaschinen greifen gemeinsam in das zwischen sie angeordnete Zahnrad h ein, dessen Achse in dem Mittelsteg e bei e1 gelagert ist. Auf dieser Achse sitzen zwei Kettenräder g und f, deren eines (b) den Antrieb mit dem vorderen Tretkurbellager durch Kette f2 und Kettenrad f1 , und deren anderes (g) den Antrieb mit dem hinteren Tretkurbellager durch Kette g2 und Kettenrad g1 verbindet. Von der Achse des letzteren erfolgt nun mittels Kette k2 und Kettenrad k1 der Antrieb auf die Hinterradachse k. Textabbildung Bd. 311, S. 138 Fig. 54. Motorzweirad von Holden. In Fig. 54 sehen wir das Motorrad Holden, welches nach der Crypto-Type gebaut ist (vgl. D. p. J. 1896 301 176 Fig. 5). Zum Betriebe dient ein kleiner Erdölmotor, der sich im unteren Teil des Rahmens befindet, und von hier aus mittels zweier Kurbelstangen das Hinterrad direkt antreibt. Die Zündung des Motors erfolgt durch eine elektrische Batterie, die in einem Kästchen hinter dem Sattel auf dem Rahmen angebracht ist. Zur bequemen Handhabung sind sämtliche Reguliervorrichtungen hinter dem Steuerrohr angeordnet. Zum Schutz gegen Verletzungen und Bespritzen von Strassenschmutz sind der Motor und der Karbureter in einem Kasten eingeschlossen. Um nun den Motor und somit das Fahrrad in Gang zu setzen, sowie bei grossen Steigungen die Kraft des Motors zu unterstützen, sind an der Vorderradnabe, welche einen Zahnräderübersetzungsmechanismus enthält, Pedale angeordnet (vgl. D. p. J. 1896 301 176 Fig. 7). Bei normalem Gang werden die Füsse auf die am Motorgehäuse angebrachten Fussrasten gesetzt. Das in D. p. J. 1898 308 214 besprochene Motorzweirad Werner frères, dessen Motor Fig. 55 zeigt, wird von der Fahrzeugfabrik Eisenach gebaut. Der an der Lenkstange montierte ¾--Erdölmotor, dessen Kolbenstange an einer Kurbel, deren Enden die Schwungräder a und b tragen, angreift, überträgt seine Kraft mittels Riemen auf eine mit dem Vorderrad verbundene Schnurscheibe (Fig. 56) dadurch, dass an das Schwungrad a ebenfalls eine Schnurscheibe angegossen ist. Die Zündflamme befindet sich in c, während bei d das Gasluftgemisch zuströmt. Textabbildung Bd. 311, S. 138 Motorzweirad der Fahrzeugfabrik Eisenach. Der Rahmen dieses Fahrzeuges besteht aus Doppelröhren, während die Vorderradgabel, wie aus Fig. 56 ersichtlich, so versteift ist, dass ein Bruch derselben ausgeschlossen ist. Die Pneumatiks haben einen Durchmesser von 50 mm, Tandem-Bandagen und Felgen. Die Fahrgeschwindigkeit kann bis zu etwa 45 km pro Stunde gesteigert werden, und der Verbrauch von Betriebsmaterial beträgt etwa 1½ Pf. pro Kilometer. Textabbildung Bd. 311, S. 138 Fig. 57. Motorzweirad von Girardot. Auch bei dem Motorrad Girardot (Paris) ist die Form unserer gebräuchlichen einsitzigen Zweiräder möglichst beibehalten, doch musste zur Anbringung des Motors und seiner Zubehörteile die Hinterradgabel verlängert werden, so dass das Fahrrad etwa ⅓ länger ist als ein gewöhnliches. Der Dattel, sowie die Pedale nehmen jedoch den gewohnten Platz ein. Wie Fig. 57 zeigt, ist der Motor (Dion und Bouton vgl. D. p. J. 1898 308 215 Fig. 21) im hinteren Teil des Rahmens montiert, und Verträgt seine Kraft mittels Stirnradgetriebes auf das Hinterrad. Das Reservoir, der Karbureter und die elektrische Batterie sind dieselben wie beim Dion und Bouton'schen Dreirad (D. p. J. 1896 299 179 Fig. 26), nur in anderer Weise angeordnet, so dass alles auf einen möglichst gedrängten Raum zusammengeht. Um das Fahrrad auch als ein gewöhnliches benutzen zu können, ist der Motor, sowie seine Zubehörteile leicht abnehmbar. Textabbildung Bd. 311, S. 139 Motorzweirad von Bluhm und Bauer. Das Bluhm und Bauer'sche Motorrad (D. R. P. Nr. 100306), Welches von den Triumph-Fahrradwerken in Nürnberg gebaut wird, entspricht sowohl in den Dimensionen, als in seiner Erscheinung dem eines gewöhnlichen Fahrrades, an dessen Tretkurbelgehäuse der Motor mit Antriebsvorrichtung eingebaut ist. Um dieses zu erreichen, ist das Tretkurbelgehäuse a so in den Rahmenbau eingeschaltet, dass es in der aus Fig. 58 ersichtlichen Weise gleichzeitig die inneren bezw. unteren Enden der Rahmenrohre und des Cylinders bereinigt. Zu diesem Zwecke wird dieses Gehäuse aus zwei Teilen a1 a2 gebildet, welche mittels Flansche und Dichtungen aneinander befestigt werden, und die oben gekannten Elemente zwischen sich aufnehmen. Die Hauptwelle des Motors läuft in Kugellagern des Gehäuses a und ist innerhalb desselben die Kurbel i1 mit Schwungmassen h versehen (Fig. 59), welche bei der durch Vermittelung der Pleuelstange k erfolgenden Drehung der Hauptwelle i als Schwungräder dienen. Die Vorgelege-Welle m des im Viertakt arbeitenden Motors läuft ebenfalls in Kugellagern des Gehäuses a. Direkt auf dieser Vorgelegewelle sitzt die Nockenscheibe c, welche zur Steuerung des Auspuffventils n dient, ein Umstand, welcher bedeutende Ersparnisse an Raum und Mechanismen und dadurch verhinderte Reibung im Gefolge hat. Die Nockenscheibe besitzt zwei Nocken, welche bei ihrer Drehung auf den Winkelhebel d einwirken, der infolgedessen in bestimmten Zeitzwischenräumen durch Vermittelung der Stange e das Auspuffventil öffnet. Der mit Reguliervorrichtung und mit Leitung zum Einlass- (Saug-) Ventil s versehene Benzinbehälter f ist am oberen Rahmenrohr lösbar befestigt, g ist der Auspuffbasten, welcher durch eine Leitung mit dem Gehäuse des Auspuffventils n in Verbindung steht. Auf der Vorgelegewelle, welche mit dem Hinterrad durch Kettenübersetzung Verbunden ist, sitzen die Tretkurbeln. Das Gehäuse a ist mit Oel gefüllt, so dass die Hauptachse i mit der Kurbel i1 und den Schwungrädern h, sowie auch die Vorgelegewelle m beständig in Oel laufen. Nachdem die hintere Cylindermündung b offen in das Gehäuse a hineinragt, erfolgt beim Rückgange des Kolbens eine Kompression der im rückwärtigen Cylinderteile bezw. im Gehäuse a über dem Oelniveau stehenden Luft, wodurch das Oel in die Lager hineingepresst wird. Die Ingangsetzung dieses Motorrades erfolgt durch die Pedale, während eine am oberen Rahmenrohr geführte Heb ei Vorrichtung während der schnellsten Fahrt die sofortige Ausschaltung des Motors ermöglicht, um die Weiterbewegung mittels Fussantrieb zu bewerkstelligen. Hinzuzufügen ist noch, dass ein mit diesem Motor ausgestattetes Dreirad etwa halb so schwer ist, als die bekannten Dion und Bouton-Dreiräder. Versuche, welche sowohl in der Ebene, als auch im Bergfahren gemacht wurden, haben gezeigt, dass pro Stunde 40 bis 50 km gefahren werden können. Textabbildung Bd. 311, S. 139 Fig. 60. Motorzweirad von Bütikofer. Auf eine neue und ganz eigenartige Weise ist der Motorantrieb von E. Bütikofer in Biel (Schweiz) konstruiert. Wie die Fig. 60 zeigt, ist die feststehende Achse des Hinterrades b als Motorcylinder a ausgebildet, auf welchem das Hinterrad, wie auf einer gewöhnlichen Achse, mittels Kugeln, Konusse und Lagertassen drehbar gelagert ist. Als Kraftquelle kommt ein eincylindriger Viertaktmotor für flüssige Kohlenwasserstoffe in Anwendung, dessen Cylinder an seinem Umfange mit Kühlrippen c versehen ist, welche von der durch die durchbrochene Nabe d des Laufrades b eintretenden Luft bestrichen werden. Die Kraft des Motors wird von der am Cylinder a und im Fahrradrahmen gelagerten Kurbelwelle e aus mit Hilfe der Zahnräder f und f1 auf das Hinterrad b übertragen. Auf dem Zahnrad f1 ist noch ein Kettenrad g angeordnet, durch welches das Hinterrad mittels Kette h auch von der Tretkurbel aus angetrieben werden kann. Auf der der Kurbelwelle e gegenüberliegenden Seite des Hinterrades ist auf der Nabe d eine Daumenscheibe i angeordnet, durch welche das Auspuffventil k bethätigt wird, l ist das Speiseventil, welches mit dem Reservoir des flüssigen Kohlenwasserstoffes verbunden ist. Die Zündung kann elektrisch oder mittels Zündstiftes erfolgen. Durch diese gedrungen zentrale Anordnung des Motors wird ein gefälliges Aussehen des Motorrades und eine kurze solide Uebertragung der Motorkraft auf das Treibrad erzielt. Die Motoren- und Fahrzeugfabrik von Blessing und Co. in Göggingen-Augsburg hat einen kleinen Motor konstruiert, der ohne weiteres an jedem Zwei- oder Dreirad angebracht und wieder abgenommen werden kann. Wie Fig. 61 zeigt, befindet sich am oberen Rahmenrohr nahe dem Sattelstützrohr das etwa 2 l haltende Benzinreservoir, aus welchem die Gase in den Motor eingesaugt, dort komprimiert und mittels Glührohr entzündet werden. Da der Benzinbehälter vom Glührohr. weit entfernt ist und nur Benzingase zum Motor geleitet werden, ist die Gefahr einer Explosion ausgeschlossen. Textabbildung Bd. 311, S. 140 Fig. 61. Motorzweirad von Blessing und Co. Durch ein entsprechend angebrachtes Ventil mit Schalldämpfer entweichen die Verbrennungsgase geräuschlos. Die Kraftübertragung von dem Motor auf das Hinterrad geschieht durch eine über Scheiben laufende Riemenschnur, welche mittels einer sogen. Spannrolle durch Druck auf einen nächst der Lenkstange angebrachten Hebel nach Bedürfnis gespannt und gelöst wird, wodurch es in das Belieben des Fahrers gestellt ist, die Motorkraft ganz oder teilweise auf das Rad einwirken zu lassen oder dieselbe auch ganz auszulösen. Bezüglich der Konstruktion des Motors ist noch zu bemerken, dass derselbe in zwei Modellen hergestellt wird. Modell A ist ein kleiner, etwa 6 kg schwerer, ¼--Hilfsmotor, während Modell B, etwa 10 kg schwer, ein selbständig treibender ½--Motor ist, bei dem die Pedale nicht mehr zum Treten, sondern nur als Fussstützen benutzt werden. Zu diesem Zwecke wird die Treibkette entfernt und die Pedale mittels Schellen festgelegt. Textabbildung Bd. 311, S. 140 Fig. 62. Motordreirad von Hille, Kretzschmar, sowie der Premier Cycle Co. Mit beiden Motoren werden Steigungen bis zu etwa 10 % überwunden und etwa 30 km in der Stunde zurückgelegt bei ungefähr 1000 Umdrehungen pro Minute, welche Tourenzahl sich nach Belieben vermehren oder vermindern lässt. Der Verbrauch von Benzin ist bei dem Hilfsmotor A etwa 2 l für 125 km, während bei dem Motor B 2 l für 100 km nötig sind. Das Motorfahrrad der Motorenfabrik von M. Hille, sowie dasjenige der Attilla-Fahrradwerke vorm. E. Kretzschmar und Co., beide in Dresden-Löbtau, hat die Form eines gewöhnlichen Dreirades von kräftiger Bauart. Ein Umschlagen desselben ist fast unmöglich, da die Räder 900 mm Spurweite haben und der Schwerpunkt dem Erdboden sehr nahe liegt. Der im Viertakt arbeitende Benzinmotor (ähnlich dem System Dion und Bouton) ist am hinteren Teil des Rahmens montiert und überträgt seine Kraft mittels eines Zahngetriebes auf die Hinterradachse, welche mit einem Wendegetriebe versehen ist. Textabbildung Bd. 311, S. 140 Fig. 63. Motordreirad von Hille, Kretzschmar, sowie der Premier Cycle Co. Dieses Dreirad (Fig. 62) ist mit Pedalen und Antretvorrichtung versehen, sowie mit einer Friktionsbremse auf der Hinterachse und einer zweiten auf dem Vorderrade. Der Fahrer kann von seinem Sitze aus alle Manipulationen zur Bedienung des Motors und des Rades vornehmen. Er kann ersteren anlassen und abstellen, sowie die Geschwindigkeit je nach Bedarf regeln. Die Anordnungen der Steuerungsteile sind bequem und leicht verständlich angeordnet, so dass jeder Laie in kurzer Zeit das Rad behandeln kann, was folgendermassen geschieht: Um das Motorrad betriebsfähig zu machen, füllt man das Benzinreservoir c1 (Fig. 63), welches zugleich als Vergaser dient, durch die Oeffnung p und zwar nahezu bis zu dieser Oeffnung. Sodann wird die Schraube i abgenommen und dem Motor durch diese Oeffnung Oel zugeführt; natürlich wird das alte zuerst bei o abgelassen. Nun stellt man die zur Zündung dienende Trockenbatterie m, deren Füllung für etwa 6000 bis 7000 km reicht, ein, und der Motor ist betriebsfertig. Der Fahrer öffnet jetzt, sobald er im Sattel sitzt, mittels des Hebels c den Kompressionshahn n, bringt das Fahrrad durch die Tretkurbeln in Bewegung und dreht den Handgriff a, der die elektrische Zündung ausrückt, welche durch den Schleifkontakt h begrenzt wird und im Zünder k erfolgt, auf „Marsch“, worauf der Motor sofort in Thätigkeit tritt. Der Kompressionshahn n wird jetzt geschlossen und das Fahrrad läuft, worauf dann die Füsse auf den Pedalen ruhig stehen, da sich letztere selbstthätig auslösen und der Motor das Rad allein fortbewegt. Will man anhalten, so dreht man den Griff a auf „Halt“. Der Motor stellt hierauf sofort seine Thätigkeit ein und das Rad steht still. Wenn nach längerer Fahrt angehalten wird, ist es nötig, dass in den offenen Kompressionshahn n einige Tropfen Petroleum gegossen werden und bei Offenhalten des Hahnes das Rad einige Meter geschoben wird, wodurch man das Festbrennen der Kolbenringe im Motor verhütet. Durch Verstellen der kleinen Hebel b und e, von denen ersterer zum Einlassen des Benzingases in den Motor dient, während durch letzteren der Hahn, welcher zum Regulieren des Gasgemisches dient, verstellt wird, kann mittels des Hebels d jede Gangart nach Belieben eingestellt werden. Man ist jederzeit in der Lage, ganz langsam zu fahren, sowie auch die Geschwindigkeit bis zu 40 km per Stunde zu steigern, wobei der Motor natürlich nicht wie gewöhnlich 1400 Umdrehungen in der Minute macht und entwickelt, sondern die Tourenzahl muss bis zu 2000 in der Minute gesteigert werden. Die Stellung des Hebels e muss während der Fahrt noch fixiert werden, bis der Motor keine Zündungen mehr auslässt. Wasserkühlung ist hier überflüssig, da Cylinder und Kopf mit Kühlrippen versehen sind. Textabbildung Bd. 311, S. 141 Fig. 64. Motordreirad mit Anhängewagen. Steigungen bis zu 10 % nimmt der Motor ohne Hilfe der Pedale, grössere dagegen durch Benutzung derselben. Das Gewicht des Rades beträgt etwa 75 kg. Der Verbrauch an Brennstoff ist ein minimaler, man kann mit einer Füllung des Reservoirs von 3 l Benzin etwa 80 km zurücklegen, wobei sich die Betriebskosten auf etwa 1 Pf. pro Kilometer belaufen. Zum Schutz gegen Eindringen des Staubes und der Nässe sind die Kurbelwelle, Schwungräder, sowie die Steuerungsteile in Aluminiumgehäusen l eingekapselt. Die Motorräder werden je nach ihrer Verwendung für verschiedene Geschwindigkeiten eingerichtet und eventuell mit Anhängewagen (Fig. 64) zur Personen- oder Gepäckbeförderung versehen. Man kann bei einer Geschwindigkeit von 20 km per Stunde zwei Personen bezw. 150 kg im Anhängewagen mitführen. Ein mit demselben Motor ausgestattetes Dreirad baut auch die Premier Cycle Co. in Doos bei Nürnberg. Eine ausführliche Beschreibung des Dion und Bouton-Motors, welcher dem Hille'schen sehr ähnlich ist, jedoch nach dessen Angaben eine andere Cylinderbefestigung, sowie einen anderen Vergaser hat, befindet sich in D. p. J. 1898 308 * 215. Textabbildung Bd. 311, S. 141 Fig. 65. Dion und Bouton-Motor von Cudell und Co. Dieser Motor (Fig. 65) wird jetzt in Deutschland von der Firma Cudell und Co. in Aachen hergestellt, und beträgt der äussere Durchmesser des Aluminiumgehäuses 220 mm, der des Cylinders 115 mm, und das ganze Gewicht des Motors 24 kg. Seine Tourenzahlist 1500 bis 2000 in der Minute, die Leistung gleich 1½ bis 2 Die Reguliervorrichtungen u.s.w., sowie das äussere Aussehen eines mit diesem Motor ausgerüsteten Dreirades (Fig. 66) sind dem vorbeschriebenen von Hille sehr ähnlich. Die Schnelligkeit und Leistungsfähigkeit der Cudell'schen Motordreiräder machten bald den Wunsch rege, auch ein gewisses Quantum Gepäck mitführen zu können. Vermöge einer einfachen Einrichtung am Hintergestell kann ein kofferähnlicher Behälter bis zu der Grösse 75 × 55 × 50 cm sicher mit transportiert werden, wobei die Schnelligkeit durch Mitnahme von Gepäck bis zu 100 kg nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Für umfangreichere Transporte dienen besondere Gepäckwagen als Anhängewagen. Der Kasten wird gefedert oder ungefedert in jeder beliebigen Grösse und Ausführung hergestellt, und können in demselben Lasten bis 200 kg transportiert werden. Ausser dem Gepäckwagen kommen Anhängewagen zur Personenbeförderung, ähnlich dem in Fig. 64 abgebildeten, oder Vorspannwagen zur Verwendung, was den Eindruck eines kleinen Motorwagens macht. Dieser Vorspannwagen, welcher einen bequemen, gepolsterten und gefederten Sitz nebst Rücklehne für eine Person und einen Kasten zur Mitnahme von Gepäck enthält, besitzt zwei lenkbare Räder und kommt derselbe an Stelle des herauszunehmenden Vorderrades. Textabbildung Bd. 311, S. 141 Fig. 66. Motordreirad von Cudell und Co. Dieselbe Firma baut ein mit demselben Motor ausgestattetes Tandem, welches speziell als Schrittmacherapparat bei Rennen dienen soll, und dessen Rahmen derjenige eines Triplets ist. Der Motor steht in der Mitte des Rahmens über dem sonst üblichen dritten Tretkurbellager, welches hier neben dem Kettenrad noch ein Stirnrad trägt, das von der Motorwelle angetrieben wird. Die elektrische Batterie ist am vorderen oberen Rahmenrohr angebracht, und der Benzinbehälter befindet sich hinter dem ersten Sattelstützrohr. Der ganze Apparat wird von dem hinten sitzenden Fahrer bethätigt, während der vorn Sitzende, der die Lenkung des Fahrzeuges übernimmt, den Motor ebenso wie der hinten sitzende Fahrer mittels der Pedale durch Treten unterstützt. Mit diesem Zweisitzer, dessen Länge 2,95 m beträgt, und ein Gewicht von 100 kg besitzt, können auf Bahnen mit genügend erhöhten Kurven 1000 m in der Minute eventuell sogar noch mehr zurückgelegt werden. Die Maschine kann 1 Stunde in Thätigkeit bleiben ohne Mannschaftswechsel, Füllung oder sonstige Operationen an der Maschine vornehmen zu müssen. Wird dann eine Füllung vorgenommen, so kann die Maschine nach wenigen Minuten für eine weitere Stunde arbeiten. Für die meisten Schrittmacherrennen dürfte infolgedessen, wo bisher ein Apparat von 10 Maschinen und 30 Mannschaften nötig war, ein Motortandem genügen. Die Firma Benz und Co., Rheinische Gasmotorenfabrik in Mannheim, bringt jetzt ebenfalls einen speziell für Dreiräder bestimmten Motor auf den Markt. Die Dimensionen dieses in Fig. 67 abgebildeten 1⅓--Motors sind: Durchmesser in der Richtung der Kurbelachse 310 mm, senkrecht zur Achse 240 mm, Höhe des Motors 560 mm, Tourenzahl: 1000 pro Minute, Gewicht des Motors mit sämtlichem Zubehör (Gasapparat, Induktionsapparat, Schalltopf, Akkumulator oder Trockenelemente, Schlüssel) 44 kg. Bei dem Motor der Automobil- und Motoren-Company (Henriod in Neuilly, Paris) sind zwei horizontale Cylinder angeordnet, deren Kolbenstangen um 180° auf der Kurbelwelle gegeneinander versetzt sind. Dieser für 2, 6, 8 und 10 gebaute Motor kann entweder mit Erdöl oder mit Spiritus betrieben werden. Textabbildung Bd. 311, S. 142 Fig. 67. Benz-Motor. Ein Hauptmerkmal ist, dass kein Karbureter im gewöhnlichen Sinne angeordnet ist, sondern mitten über dem Motor (Fig. 68) befindet sich ein spezieller Mischer von cylindrischer Form. Derselbe besteht aus einer oberen und einer unteren Abteilung, welche durch ein Ventil voneinander getrennt sind. Mit diesem Ventil ist durch eine abwärts gehende Stange ein zweites, welches die Verbindung zu den Zulassrohren schliesst, verbunden. Durch eine am Deckel befindliche Reguliervorrichtung wird der oberen Abteilung Luft zugeführt, wodurch beide Ventile geöffnet werden, und in die untere Abteilung Erdöl oder Spiritus gelangt, welches aber nicht vergast, sondern mittels der eingetretenen Luft zerstäubt, mit dieser gemischt, durch Röhren direkt den Cylindern zugeführt und dort mittels elektrischen Funkens entzündet wird. Textabbildung Bd. 311, S. 142 Fig. 68. Henriod-Motor. Die Steuerung der Maschine geschieht dadurch, dass das Saugventil mittels eines Druckkopfes, welcher an seinem Ende eine Rolle trägt, die stets mit einer Daumenscheibe in Verbindung steht, in Thätigkeit gesetzt wird. Diese Daumenscheibe sitzt auf einer Hilfswelle und wird von der Motorwelle bethätigt. Textabbildung Bd. 311, S. 142 Fig. 69. Motordreirad von Henriod. Das Triebwerk zum Wechseln der Fahrgeschwindigkeit, sowie zum Rückwärtsgang ist auf der Motorachse angeordnet, von welcher es seine Bewegungen auf das Fahrrad überträgt. Der Motor ist mit drei und vier Fahrgeschwindigkeiten versehen, welche nach und nach einrücken, wodurch ein sanftes Anfahren ohne Stösse erfolgt; die Kühlung des Motors erfolgt durch Kühlrippen. Als 2--Motor findet derselbe, jedoch in stehender Anordnung, für Dreiräder Verwendung (Fig. 69), wobei seine Kraft mittels eines auf der Motorwelle sitzenden kleinen Zahnrädchens, welches in ein grösseres, auf der Hinterradachse sitzendes eingreift, direkt auf das Fahrrad übertragen wird. Die Ingangsetzung erfolgt wie beim Motorrad Fig. 62. Textabbildung Bd. 311, S. 142 Fig. 70. Bidaud-Motor. Textabbildung Bd. 311, S. 142 Fig. 71. Bidaud-Motor. Ein wegen seines geringen Gewichtes, sehr kleinen Dimensionen und äusserst ökonomischen Verbrauches von Benzin bei grosser Kraftleistung beachtenswerter Motor ist der von E. Bidaud in Paris konstruierte (Fig. 70 und 71). Derselbe ist ein Viertaktmotor mit vier Cylindern, welche paarweise einander gegenüberliegend angeordnet sind. Die Cylinderpaare jeder Seite arbeiten gemeinsam je auf einer Kurbelschleife, deren Kurbeln unter einem rechten Winkel zu einander auf der Schwungradwelle sitzen. Auf diese Weise sind die toten Punkte wesentlich verringert und das Anlassen der Maschine wird sehr erleichtert. Jeder Cylinder ist seitlich mit zwei Ventilen versehen, von denen das eine a als Einlass-, das andere b als Auslassventil dient. Diese werden durch Stangen bethätigt, welche mittels der auf der Welle c befindlichen Daumen d und e bewegt werden; der Antrieb der Welle c, welche auch den die Zündung veranlassenden Daumen f trägt, geschieht von der Schwungrad welle aus mittels Zahnräder. Die Herstellung des explosiblen Gemisches geschieht mittels eines besonderen Karbureters, welcher nur die gerade erforderliche Menge Benzin zulässt, so dass eine Explosion des Benzinvorrates ausgeschlossen ist. Die Wirkung des Motors ist folgende: Angenommen der Kolben g des Cylinders h befindet sich am Ende des Hubes und man dreht nun das Schwungrad in der Richtung des Pfeiles, so öffnet sich das Zulassventil a des Cylinders h und das explosible Gemisch tritt in die Kammer i desselben ein. Hat nun der Kolben seinen ersten Hub vollendet, so sind die Ventile a und b geschlossen, und das Gasgemisch erfährt beim Rückgange des Kolbens eine Kompression. Die Zündung geschieht bei k durch einen überspringenden elektrischen Funken, wodurch der Kolben vorgeschleudert wird; sobald derselbe zum zweitenmal zurückkehrt, öffnet sich das Auslassventil b, durch welches die Verbrennungsgase austreten, und der Viertakt ist beendet. Die beiden verbundenen Kolben derselben Seite funktionieren abwechselnd; die Periode der Kompression in dem einen Cylinder entspricht der Einlassperiode des mit ihm verbundenen Cylinders. Hieraus folgt, dass der Motor beim Anlassen sofort funktioniert, und kann die Abstellung in jeder Stellung der Cylinder erfolgen; die Geschwindigkeit der Maschine kann durch Aenderung des Luftzutrittes geregelt werden. Wie schon bemerkt, sind die Dimensionen und das Gewicht dieses Motors im Verhältnisse zur Leistung sehr gering, denn ein 6--Motor wiegt 66 kg bei 600 mm Länge, 450 mm Breite, 220 mm Höhe; der Cylinderdurchmesser beträgt 70 mm, der Hub 100 mm, die Oeffnung der Ventile 18 mm. Diese Maschine braucht per Stunde und Pferdestärke 175 ccm Benzin. Für Fahrräder würde natürlich dieser Motor bedeutend leichter gekaut, da für diesen Zweck 1¾ bis 2 genügen. In dem unausgesetzten Bestreben, den Mechanismus der Motorräder fortwährend zu verbessern, hat man das äussere Aussehen der letzteren bis jetzt wenig beachtet. Der Motor, welcher meistens auf der Achse der Hinterräder steht, harmoniert, abgesehen von dem grauen Kühlrippenkörper, wenig mit der Hochglanzpolitur des schwarz emaillierten Rahmens. Das massige Aussehen des Motors tritt, sobald das Motorrad mit Anhängewagen gefahren wird, durch die lange Verbindungsstange des letzteren noch deutlicher hervor. Ohne nun an die Konstruktion besondere Ansprüche zu stellen, haben die Aurora-Fahrradwerke von J. Dressler und Co. in Breslau einen Schritt in der angedeuteten Richtung gethan, indem sie den Motor unter der Hinterräderachse weniger auffällig anordnen. Die Gabel des Anhängewagens ist nicht lang und schmal gehalten, sondern an ihre Stelle ist eine kurze Kuppelung getreten, und nach oben zu bildet ein hohes Schutzblech eine gefällige Verbindung mit dem Dreirad, wodurch der Eindruck eines einzigen ganzen Fahrzeuges hervorgerufen wird. Die Motoren sind nach dem System Dion und Bouton gebaut. Wie wir erfahren, soll das auf S. 112 (Fig. 23) abgebildete Mannschaftsfahrrad ebenfalls mit diesem Motor ausgestattet werden. (Fortsetzung folgt.)