Titel: Die Anwendung des überhitzten Dampfes im Dampfmaschinenbetriebe.
Autor: O. Herre
Fundstelle: Band 312, Jahrgang 1899, S. 34
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Die Anwendung des überhitzten Dampfes im Dampfmaschinenbetriebe. Von O. Herre, Ingenieur und Lehrer. (Fortsetzung des Berichtes S. 17 d. Bd.) Die Anwendung des überhitzten Dampfes im Dampfmaschinenbetriebe. C. Konstruktion der Ueberhitzer. Die Ueberhitzungsanlagen lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Man unterscheidet: I. Anlagen mit mässiger Ueberhitzung, bei welchen die zur Verwendung kommende Temperatur eine konstruktive Aenderung der üblichen Ausführung der Dampfmaschine nicht erfordert; II. Heissdampfanlagen mit hoher Ueberhitzung, bei denen die Konstruktion der Dampfmaschine den hohen Temperaturen angepasst werden muss, also erhebliche Abweichungen gegenüber der üblichen Bauart zeigt. Die Anlagen der ersten Gruppe sind naturgemäss viel häufiger als diejenigen der zweiten Gruppe. Bei den ersteren können alte Anlagen, die bisher mit gesättigtem Dampfe arbeiteten, ohne weiteres mit Ueberhitzungsapparaten versehen werden. Die Ueberhitzung wird dann so Weit getrieben, wie es ein störungsfreier Betrieb der vorhandenen Maschine zulässt. In einem solchen Falle ist es daher nur notwendig, die Kesselanlage einer Veränderung durch Einbau des Ueberhitzers zu unterziehen, während die Maschine unberührt bleibt, höchstens, dass die vorhandenen Hanfpackungen der Stopfbüchsen durch Metallpackungen ersetzt werden und die Schmiervorrichtungen vermehrt bezw. verbessert werden. Bei Heissdampfanlagen kann es sich dagegen nur um Neuanlagen handeln. Im günstigsten Falle liessen sich die vorhandenen Kessel verwenden, indem sie in Heissdampfkessel umgebaut würden. Die zur Ueberhitzung dienenden Apparate bestehen aus einer Gruppe geheizter Rohrelemente, in welche der gesättigte Dampf, der in üblicher Weise erzeugt wird, eintritt, hier Wärme aufnimmt und als überhitzter Dampf der Maschine zuströmt. Die Ueberhitzer werden entweder mit eigener Feuerung versehen oder in die Feuerzüge des Dampfkessels eingebaut. Die zweite Ausführungsart ist die gebräuchlichere; sie hat den Vorteil, dass nur verhältnismässig geringe bauliche Veränderungen an der Kessel-Anlage notwendig sind, dass die Anschaffungskosten gering ausfallen und dass die besondere Bedienung einer weiteren Feuerung nicht erforderlich wird. Dagegen hat sie den Nachteil, dass eine sichere und schnelle Regulierung der Dampftemperatur schwer zu erreichen ist. Die Ueberhitzer mit besonderer Feuerung kommen gewöhnlich dort zur Verwendung, wo für die Unterbringung Von Kesselüberhitzern nicht genügend Raum vorhanden ist, da erstere an jedem beliebigen Orte aufgestellt werden können. Neben diesem Vorteil hat diese Anordnung noch den weiteren Vorzug, dass die Ueberhitzungstemperatur ganz unabhängig vom Betriebe des Dampfkessels reguliert werden kann und dass Störungen im Betrieb des Ueberhitzers den Gesamtbetrieb nicht hindern, da eine leichte Ausschaltung des Ueberhitzers möglich ist. Andererseits Werden jedoch die Anschaffungskosten und in der Regel auch die Bedienungskosten höher, da eine Feuerung mehr zu versehen ist. Auch darf nicht vergessen werden, dass die Ausnutzung des Brennmaterials in der Kesselfeuerung allgemein eine bessere ist als in der relativ kleinen Sonderfeuerung des Ueberhitzers. Die Einteilung der verschiedenen Ueberhitzersysteme kann nach verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen. Nach dem hauptsächlich verwendeten Material unterscheidet man: 1. Ueberhitzer aus Gusseisen; 2. Ueberhitzer aus Schmiedeeisen. Das verwendete Material bestimmt wesentlich die Form und auch die Wirkungsweise der Ueberhitzer. Gusseiserne Ueberhitzer werden mit grösserer Wandstärke auszuführen sein als schmiedeeiserne. Infolgedessen ist bei sonst gleichen Verhältnissen für denselben Wärmedurchgang bei gusseisernen Ueberhitzern eine grössere Temperaturdifferenz erforderlich. Man wird daher gusseiserne Ueberhitzer höheren Temperaturen der Feuergase aussetzen müssen als schmiedeeiserne. Da aber Gusseisen den Feuergasen gegenüber widerstandsfähiger ist, auch die Gefahr des Durchbrennens der grösseren Wandstärke wegen geringer ist, so bedeutet dies keinen Nachteil. Die grössere Masse der gusseisernen Rohre vermag eine bedeutende Wärmemenge aufzuspeichern, die bei Temperaturschwankungen der Feuergase eine willkommene Reserve zur Erzielung möglichst gleichmässiger Ueberhitzungstemperatur bildet. Um grosse Heizflächen zu erzielen, werden die gusseisernen Rohre mit Rippen versehen. Da sich die Zwischenräume aber leicht mit Russ und Flugasche füllen, so kann die Leistungsfähigkeit der Ueberhitzer leiden, wenn dieselben nicht zugänglich angeordnet werden und Vorrichtungen zum Reinigen fehlen. Bezüglich der Anordnung der Rohrelemente kann man unterscheiden: 1. Ueberhitzer mit hintereinander geschalteten Rohrelementen, wenn der Dampf die einzelnen Rohre des Ueberhitzers hintereinander durchströmt; 2. Ueberhitzer mit parallel geschalteten Rohrelementen, wenn der Dampf ström geteilt wird und jedes Rohrelement nur von einem Teil des Dampfes durchströmt werden soll. Bei Hintereinanderschaltung fällt die Dampfgeschwindigkeit in den Rohren relativ gross aus; ebenso ist der Querschnitt des Dampfstromes ein grösserer. Bei Parallelschaltung ist es umgekehrt: die Dampfgeschwindigkeit ist kleiner, da der Gesamtquerschnitt aller parallel geschalteten Rohre verhältnismässig gross ist; trotzdem haben die einzelnen Dampfströme nur kleinen Querschnitt. Nun hat sich gezeigt, dass die Dampfgeschwindigkeit auf das Resultat der Ueberhitzung von gewissem Einfluss ist. Ruhender Dampf nimmt nur schwer Ueberhitzungswärme an. Es mag dies durch die Thatsache erklärbar sein, dass sich nur die äusseren Teile der Dampfmasse überhitzen, welche dann als schlechte Wärmeleiter die weitere Wärmeaufnahme erschweren. Bei strömendem Dampfe findet dagegen wohl stets eine etwas wirbelnde Bewegung statt, besonders wenn der Dampf veranlasst wird, seine Bewegungsrichtung häufig zu wechseln. Auch ist wohl anzunehmen, dass der ruhende Dampf seine Wärme rückwärtsleitend dem Kesselinhalt zuführt und hier die Bildung gesättigten Dampfes veranlasst. Grössere Dampfgeschwindigkeiten können daher vorteilhaft sein, doch ist der Einfluss der Geschwindigkeit auf die Wärmeaufnahme noch so wenig festgestellt, dass eine Bestimmung der günstigsten Werte nicht erfolgen kann. Jedenfalls ist es zweckmässmg, bei der Dimensionierung des Ueberhitzers die Dampfgeschwindigkeit zu beachten. Bei den meisten ausgeführten Anlagen finden sich Geschwindigkeiten von etwa 18 bis 50 m in der Sekunde. Besonders wichtig ist es aber, den Querschnitt des Dampfstromes möglichst klein zu machen, wenn man eine gleichartige Ueberhitzung erreichen will; bei grossen Querschnitten überhitzt sich nur die Peripherie der Dampfmasse. Daher ist auch von einer Konstruktion, bei welcher die Heizgase im letzten Zuge den Dampfsammler umspülen, höchstens ein oberflächlich getrockneter, niemals aber überhitzter Dampf zu erwarten. Werden die Rohrelemente hintereinander geschaltet, so muss der Dampfstrom notwendigerweise seine Richtung häufig wechseln; üblich ist die - oder S-förmige und die spiralförmige Führung des Dampfes. Sind die Rohre parallel geschaltet, so können sie entweder sämtlich gerade sein und parallel angeordnet werden, so dass der Dampf im Ueberhitzer seine Richtung nicht wechselt, oder sie sind auch bogenförmig, dann meistens - oder S-förmig ausgeführt. Auch Doppelrohre finden bei einzelnen Systemen Anwendung. Charakteristisch ist allen Ueberhitzern mit Parallelschaltung das Vorhandensein zweier Dampfkammern. Die erste ist mit gesättigtem Dampf gefüllt und steht mit dem Kessel in Verbindung; ihre Aufgabe besteht in der Zerteilung des Dampfes. Die zweite Kammer sammelt den in den Rohren überhitzten Dampf wieder und führt ihn der Maschine zu. Die Dampfkammern sind sehr verschiedenartig konstruiert und werden aus Gusseisen und auch aus Schmiedeeisen hergestellt. Wir wenden uns nunmehr zur Besprechung der einzelnen Systeme. I. Ueberhitzer für mässige Ueberhitzung. 1. Ueberhitzer aus Gusseisen. Die Rohrelemente sind hintereinander geschaltet. a) Der Ueberhitzer von Schwörer, Colmar i. E. Bei diesem System, welches gegenwärtig wohl das verbreitetste ist, werden gusseiserne Rohre verwandt, welche aussen mit radialen, innen mit axialen Rippen versehen sind. Die Aussenrippen vermehren die wärmeaufnehmenden Flächen, die Innenrippen die wärmeabgebenden Flächen. Durch letztere wird auch der Querschnitt des Dampfstromes in sehr zweckmässiger Weise zerteilt, so dass die Ueberhitzung auch im Kern des Dampfstromes eine gute ist. Schliesslich erlangt das Rohr infolge dieser Formgebung eine grosse Festigkeit, was mit Rücksicht auf hohe Dampfspannungen nur erwünscht ist. Die Verbindungsstellen der Rohre sind dem Feuer ausgesetzt und erfordern daher besondere Beachtung, wenn sie dauernd dicht halten sollen. Die Verbindung der Rohre erfolgt nach Schwörer's Patent mit eingelegtem Stahlring und durch einen besonderen feuerfesten Kitt. Klagen über undicht gewordene Verbindungen sind nicht bekannt geworden. Die Anordnung des Ueberhitzers am Kessel ist aus den Fig. 3 bis 8 auf S. 253 bis 255 Bd. 300 dieses Journals ersichtlich. Die Fig. 1 und 2 an derselben Stelle zeigen einen Schwörer-Ueberhitzer mit besonderer Feuerung. Von den vielen exakt durchgeführten Versuchen, welche die Vorzüglichkeit des Schwörer'schen Ueberhitzers erkennen lassen, mögen hier neben dem schon erwähnten Versuche an der Maschine der Firma Ed. Vaucher und Co. (vergl. Tabelle VIII) nur noch zwei Versuche besprochen werden. Professor M. Schröter berichtet in der Zeitschr. d. Ver. d. Ing., 1896 S. 249 u. f. sehr ausführlich über eine Reihe vergleichender Versuche, die er an der Dreifach-Expansionsmaschine der Kammgarnspinnerei Augsburg ausgeführt hat. Wegen der Einzelheiten dieses interessanten Berichtes muss auf die Quelle verwiesen werden; hier sollen nur die wichtigsten Ergebnisse Erwähnung finden. Die Maschine ist mit geteiltem Niederdruckcylinder und zwei um 90° versetzten Kurbeln ausgeführt und soll bei 11 at Admissionsdruck normal 1500 i leisten. Der Hochdruckcylinder und ein Niederdruckcylinder wirken auf eine Kurbel, der Mitteldruckcylinder und der zweite Niederdruckcylinder auf die andere. Die bestehende Kesselanlage lieferte jedoch nur Dampf von 6 at Spannung, da von der Anschaffung einer neuen Kesselanlage für die neue Maschine zunächst noch Abstand genommen worden war. Es wurden 3 Hauptversuche mit überhitztem und 3 mit gesättigtem Dampf vorgenommen. Um die Wirkung des Dampfmantels bei überhitztem Dampf zu untersuchen, wurden beim ersten Versuch alle Mäntel geheizt. Beim zweiten und dritten Versuch wurden dagegen der Mitteldruckcylinder und die zwischen Hoch- und Mitteldruckcylinder liegende Beikammer (Receiver) nicht geheizt. Der Dampfmantel des Hochdruckcylinders liess sich leider nicht ausschalten. Bei den beiden ersten Versuchen betrug die Leistung 1200 , beim letzten 1000 . Bei den 3 Versuchen mit gesättigtem Dampfe wurden alle Mäntel geheizt. Die Leistung betrug beim ersten Versuch 1200 , beim zweiten und dritten 1000 . Beim dritten Versuch wurde noch die Anzahl der Kessel von 9 auf 5 vermindert, um den Einfluss der Dampfnässe zu ermitteln. Die erzielten Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle enthalten. Tabelle IX. Textabbildung Bd. 312, S. 34 Ueberhitzter Dampf; Gesättigter Dampf; Alle Mäntel geheizt; Cylinder II und Beikammer I nicht geheizt; Versuchsdauer; Indizierte Leistung; Admissionsdruck aus den Diagrammen; Vacumeter; Dampftemperatur beim Einlass; Temperatur des Einspritzwassers; Temperatur des Luftpumpenwassers; Effektives Speisewasser pro HPi und Stunde; Verdampftes Speisewasser pro qm Heizfläche und Stunde Für den Vergleich mit gesättigtem Dampf wären die Versuche II und III zu benutzen, da Versuch I mit voller Mantelheizung ausgeführt wurde. Man erkennt, dass die Mantelheizung selbst bei der nur schwachen Ueberhitzung um etwa 50° C. schon nachteilig wirkt. Der Unterschied wäre gewiss noch viel deutlicher hervorgetreten, wenn es möglich gewesen wäre, auch den Hochdruckcylinder ohne Heizung zu benutzen. Die Dampfersparnis gegenüber der Verwendung gesättigten Dampfes beträgt bei 1200 (Versuch II und IV) 6,39 – 5,66 = 0,73 kg oder \frac{0,73\,.\,100}{6,39}=11,4%. Bei 1000 Leistung ergibt sich, wenn man das Mittel aus den Ergebnissen von Versuch V und VI wählt, eine Ersparnis von 5,97 – 5,38 = 0,59 kg oder \frac{0,59\,.\,100}{5,97}=9,9%. Berücksichtigt man, dass der Dampfverbrauch der mit gesättigtem Dampf arbeitenden Maschine an sich schon ausserordentlich gering ist, vielleicht der geringste, der bei 6 kg Anfangsspannung erreicht wurde; ferner, dass die Ueberhitzung nur eine sehr mässige war, so wird man den Erfolg der Ueberhitzung als einen ausgezeichneten ansehen müssen. Grössere Ueberhitzung als bis 215° C. liess sich nicht anwenden, da sonst der Maschinenbetrieb nicht mehr tadellos war. Ueberraschend ist noch das Ergebnis des letzten Versuches VI. Die Ausschaltung von 4 Kesseln blieb ohne nachteiligen Einfluss auf das ökonomische Resultat, da die geringe Verminderung des Dampfverbrauches wohl belanglos ist. Es folgt hieraus, dass die Qualität des Dampfes selbst bei einer Beanspruchung von 24,34 kg pro Quadratmeter Heizfläche und Stunde sich bei der benutzten Kesselanlage – Cornwall-Kessel mit 2 Flammrohren – nicht verschlechterte. Der Bayerische Dampfkesselrevisionsverein führte im Mai 1893 eine Reihe von Leistungsversuchen an der mit Schwörer'schen Ueberhitzern versehenen Dampfanlage der Baumwollfeinspinnerei in Augsburg aus. Dem Berichte des Direktors Gyssling sei hier folgendes entnommen: Die Kesselanlage besteht aus 5 Bouilleurkesseln mit je 1 Oberkessel, 2 Siedern, 2 seitlichen Vorwärmern und Unterfeuerung mit Jordan-Rost. Von der Kesselanlage führt eine 50 m lange und gut isolierte Leitung von 210 mm lichter Weite zur Maschine. Diese ist als Compound-Maschine mit Kondensation und Sulzersteuerung von der Maschinenfabrik Augsburg gebaut. Die Cylindermäntel und -deckel werden mit Kesseldampf geheizt. Die Hauptabmessungen der Anlage sind folgende: Heizfläche eines Kessels 80 qm Rostfläche    „         „ 1,8 Betriebsüberdruck 7 at Durchmesser des Hochdruckcylinders 676,4   mm         „              „   Niederdruckcylinders 1050,75         „            der Kolbenstangen 115 Hub der Maschine 1350,25 Umdrehungszahl in der Minute 66 Kolbengeschwindigkeit 2,97 m Es wurden 3 Versuche am 25., 26. und 30. Mai vorgenommen. Die beiden ersten Versuche wurden mit überhitztem Dampfe ausgeführt. Es waren 4 Kessel im Betrieb. Beim dritten Versuche, bei dem gesättigter Dampf benutzt wurde, waren alle 5 Kessel im Betrieb. Der Dampfmantel des Receivers und des Niederdruckcylinders waren bei Versuch I und III geheizt, bei Versuch II nicht geheizt. Die Ergebnisse sind in Tabelle X im Auszuge wiedergegeben. Tabelle X. Textabbildung Bd. 312, S. 35 Ueberhitzter Dampf; Gesättigter Dampf; Mantel am Receiver u. Niederdruckcylinder geheizt; Mantel am Receiver u. Niederdruckcylinder nicht geheizt; Dauer des Versuches; Sohlen verheizt; In der Stunde auf 1 qm Rostfläche, 1 qm Heizfläche; Speisewasser verdampft; In der Stunde auf 1 qm Heizfläche; Temperatur des Speisewassers; Dampfspannung im Ventilkasten; Dampftemperatur hinter den Ueberhitzern, im Sammelrohr, im Ventilkasten; 1 kg Kohle verdampft Wasser; Heizwert der Kohle; Wärmebilanz; Nutzbar gemacht zur Dampfbildung, Ueberhitzung; Gesamte nutzbar gemachte Wärme; Verloren im Aschenfall; Verloren im Kamin; Rest (Strahlung u.s.w.); Summe-Heizwert; Gesamtleistung; Dampfverbrauch pro HPi und Stunde; Dampfersparnis; Ersparnis an Kohlenkosten Die Ueberhitzung, die hier, gemessen am Ventilkasten, etwa 75° C. beträgt, veranlasst bereits eine Dampfersparnis von 20,21 % und eine Kohlenersparnis von 18,45 %. Ferner ist aber noch zu beachten, dass die 4 benutzten Kessel etwa ebenso stark beansprucht werden als 5 Kessel bei Verwendung gesättigten Dampfes. Es kann daher nicht nur ein Heizer erspart werden, sondern es ist auch noch ein Kessel zur Reserve vorhanden. b) Der Ueberhitzer von Gebr. Böhmer in Magdeburg. Auch dieser Ueberhitzer hat radiale Aussenrippen, dagegen sind die Rohre innen glatt. Eine Wand teilt das Innere in zwei Hälften, so dass der Dampf gezwungen wird, jedes Rohrelement zweimal in entgegengesetzter Richtung zu durchströmen. Fig. 5 bis 7 zeigen die Konstruktion im Detail. Besondere Sorgfalt ist auch hier den Flanschdichtungen zugewendet. Wie Fig. 8 und 9 erkennen lassen, erfolgt die Dichtung durch einen elastischen schmiedeeisernen Ring, der sich beim Anziehen der Flanschschrauben gegen die eingelegten Drahtseile presst. Der noch verbleibende Zwischenraum wird von feuerfestem Kitt ausgefüllt. Textabbildung Bd. 312, S. 35 Ueberhitzer von Gebr. Böhmer. Die Anordnung des Ueberhitzers am Kessel ist in den Fig. 10 bis 14 dargestellt. Textabbildung Bd. 312, S. 36 Flanschendichtung beim Ueberhitzer von Gebr. Böhmer. Fig. 10 und 11 zeigen den Ueberhitzer in stehender Anordnung. Die Heizgase treffen die Rippenrohre nach dem Verlassen der Flammrohre, also am Ende des ersten Feuerzuges. Die Stromrichtung des Dampfes ist an den eingezeichneten Pfeilen leicht zu verfolgen. Der Dampf strömt aus dem Dome nach hinten, passiert den Ueberhitzer und gelangt wieder nach vorn, um dem Maschinenhause zugeführt zu werden. Die zweite der Praxis entnommene Ausführung zeigt in den Fig. 12 bis 14 einen liegend angeordneten Ueberhitzer. Auch hier ist derselbe am Ende des ersten Zuges eingebaut. Der Dampfsammler ist bei Betrieb mit überhitztem Dampf ausser Benutzung. Nur wenn eine Ausschaltung des Ueberhitzers notwendig werden sollte und demnach mit gesättigtem Dampf gearbeitet werden müsste, kommt derselbe zur Verwendung, indem dann die drei Ventile geschlossen werden müssen, die den Ueberhitzer absperren. Die Führung des Dampfstromes vom Dome nach den Ueberhitzern, die Vereinigung des überhitzten Dampfes beider Kessel und die Abführung zur Maschine ist aus den eingetragenen Pfeilen ersichtlich. Die Rückwand der Ueberhitzerkammer ist mit Reinigungsöffnungen versehen, um mittels eines Dampfstrahles Flugasche und Russ von den Rippenrohren abblasen zu können. Zur Abführung des Kondensationswassers ist am tiefsten Punkte des Ueberhitzers eine Entwässerungsleitung angeordnet. Als ein Vorteil der Ueberhitzerkonstruktion ist noch anzuführen, dass sich die Rohre bei der Erwärmung frei ausdehnen können, und dass besonders die Dichtungen von diesen Formveränderungen unbeeinflusst bleiben, da sie sämtlich nur an einem Ende liegen. Es ist dies für die Haltbarkeit der Dichtungen von grossem Nutzen. Der Ueberhitzer wird auch bei Bedarf mit besonderer Feuerung versehen. Nach einem Bericht des Magdeburger Vereins für DampfkesselbetriebFlugblatt, 1896 Nr. 7. ergaben sich bei vergleichenden Versuchen, die mit gesättigtem und überhitztem Dampfe an der liegenden Verbundmaschine mit Kondensation von etwa 70 des Mühlenbesitzers A. F. Deissner in Frohse bei Schönebeck im Juli 1896 angestellt wurden, zu Gunsten der Ueberhitzung eine Dampfersparnis von 26,5 % und eine Kohlenersparnis von 20 %. Ein guter Beweis für die Zweckmässigkeit der Konstruktion. 2. Ueberhitzer aus Schmiedeeisen. Die Rohrelemente sind parallel geschaltet. α) Ueberhitzer mit U- oder S-förmigen Röhren. a) Der Ueberhitzer von Hering-Nürnberg. Bei diesem System werden geschweisste starkwandige Schmiedeeisenrohre verwendet. Fig. 15 und 16 zeigen, wie die Rohre gewöhnlich angeordnet werden. An einer gusseisernen Kammer, dem Dampfzerteiler, sind eine Anzahl dieser Rohre angeschlossen, die in mehrmalige -förmigen Windungen zu einer zweiten gusseisernen Kammer, dem Dampfvereiniger, führen. Die Dichtungen der Rohrverbindungen und die Dampfkammern liegen ganz ausserhalb der Feuerung. Die Anordnung des Ueberhitzers am Kessel ist in den Fig. 17 bis 19 wiedergegeben, welche die Ueberhitzungsanlage der Firma Vonwiller und Co. in Senftenberg darstellen. Die Kesselanlage besteht aus drei Steinmüller-Wasserrohrkesseln mit einer Gesamtheizfläche von 320 qm. Einer dieser Kessel ist mit einem Hering'schen Ueberhitzer von 30 qm Heizfläche versehen. Dieser ist an dem Kessel seitlich angebaut. Fig. 17 zeigt einen senkrechten Längsschnitt, Fig. 18 einen senkrechten Querschnitt und Fig. 19 einen Horizontalschnitt durch den Ueberhitzer. Die eingetragenen Pfeile lassen die Führung der Heizgase leicht erkennen. Durch Drehklappen lässt sich die Zugstärke und damit auch die Dampftemperatur regeln. Nötigenfalls kann auch der Ueberhitzer ganz aus den Feuerzügen ausgeschaltet werden. Textabbildung Bd. 312, S. 36 Ueberhitzer von Gebr. Böhmer (stehende Anordnung). An dieser Anlage sind von der Dampfkesseluntersuchungs- und Versicherungsgesellschaft a. G. in Wien am 13. und 14. Oktober 1897 zwei Versuche mit überhitztem und gesättigtem Dampfe ausgeführt worden, welche den grossen Vorteil der Ueberhitzung nachweisen. Dem Berichte des Leiters dieser Versuche, Ingenieur K. Kubat, ist hier folgendes entnommenZeitschr. d. Dampfk.-Unters, und Vers.-Ges. a. G. Wien, 1898 Nr. 1, und auch Mitt. a. d. Prax. d. Dampfk.- u. Dampfmaschinenbetriebe, 1898 S. 172.. Textabbildung Bd. 312, S. 37 Ueberhitzer von Gebr. Böhmer (liegende Anordnung). a Dampfablass; b Sicherheitsventil; c Thermometer; d Kondenswasserableitung; e Fuchs. Textabbildung Bd. 312, S. 37 Ueberhitzer von Hering. Die Kesselanlage lieferte bei den Versuchen den Dampf 400 bezw. 650 mm Compound-Maschine mit Kondensation, 400 bezw. 650 mm Cylinderdurchmesser, 900 mm Hub und 72 Umdrehungen in der Minute; ferner für einen stehenden Compound-Schnellläufer mit Kondensation, 300 bezw. 460 mm Cylinderdurchmesser, 300 mm Hub und 210 bis 220 Umdrehungen in der Minute. Bei dem am 13. Oktober vorgenommenen Versuch mit überhitztem Dampf liess sich die Dampfspannung leicht konstant halten, dagegen war dies am 14. Oktober, wo mit gesättigtem Dampf gearbeitet wurde, nur schwer möglich. Der Spannungsverlust in der Leitung bis zur grossen Betriebsmaschine betrug bei gesättigtem Dampfe nur 0,6 at, bei überhitztem Dampfe war dagegen eine Spannungsabnahme überhaupt nicht zu konstatieren gewesen. Bei den Versuchen fand nur 1 Kessel Verwendung. Die Leistung der Maschinen wurde durch Indizieren ermittelt. Die wichtigsten Resultate sind in folgender Tabelle XI wiedergegeben. Tabelle XI. Versucham 13. Okt.Mit Ueber-hitzung Versucham 14. Okt.Ohne Ueber-hitzung Versuchsdauer Std.     9,5     9,5 Heizfläche des Kessels qm 91,2   91,2 Rostfläche des Kessels     2,5    2,88 Heizfläche des Ueberhitzers     30 Heizwert der Kohle Kal. 6426   6426 Temperatur des Dampfes °C.   242   170,7 Temperaturd. Essengase vor dem Ueberhitzer.hinter dem Ueberhitzeram Ende des 3. Zuges   480  390  330     400 Temperatur des Speisewassers   6,5      6,5 Verbrauchan Kohlen im ganzenpro Stundepro 1 qm Rostfläche     und Stunde kg 1774186,7  74,6   2565  270,0   93,7 Verbrauch anSpeisewasser im ganzenpro Stundepro 1 qm Heizfläche     und Stunde 10040  1057   11,6 13927  1466   16,0 1 kg Kohle verdampft Wasser     5,65    5,43 Mittlere Dampfspannung       8,1      7,5 Wirkungsgrad der Kesselanlage   0,605   0,551 Mittlere Leistung der Maschinen i     129      129 Dampfverbrauch pro Stunde und i kg    8,19   11,36 Dampfersparnis %      28 Kohlenersparnis      31 Textabbildung Bd. 312, S. 38 Ueberhitzungsanlage von Vonwiller und Co. Sowohl die Dampf- wie die Kohlenersparnis fiel hier sehr bedeutend aus. Dass die letztere grösser ist als die erstere, ist wohl hauptsächlich auf den besseren Kesselwirkungsgrad bei Ueberhitzung zurückzuführen. Ein Kessel scheint in diesem Falle bei gesättigtem Dampf schon überlastet zu sein. Bei anderen mit Hering'schen Ueberhitzern vorgenommenen Versuchen haben sich ähnliche Resultate ergeben, so z.B. an der Neuanlage der Firma Baroper Walzwerk, Akt.-Ges., Barop, wo im April 1898 angestellte Versuche 20 % Dampfersparnis und 35 % Kohlenersparnis zu Gunsten der Ueberhitzung ergeben haben. (Fortsetzung folgt.)