Titel: | Materialprüfung. |
Fundstelle: | Band 312, Jahrgang 1899, S. 55 |
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Materialprüfung.
Materialprüfung.
W. H. Warren's Prüfungsmaschine.
Für die Versuchsanstalt in Sydney ist unter Mithilfe von A.
B. W. Kennedy in Westminster nach Wicksteed's
Patent eine Prüfungsmaschine von ungewöhnlicher Stärke für Zug-, Druck-, Biegungs-
und Drehungsfestigkeitsversuche gebaut worden. Nach The
Engineer, 1893 II. Bd. 76 * 8. 233, kann mittels Druckwasserpressen eine
Kraftstärke von über 100 t auf Zerreissstücke von 50 mm Durchmesser bei 3000 mm
Länge ausgeübt werden, während Träger Verschiedenster Bauausführung aus Walzeisen,
Blech, Gusseisen oder Holzbalken von 900 mm Höhe und 500 mm Breite bei 4,5 m
Unterstützungsweite in wenigen Minuten gebrochen werden können. Die Maschine ist in
genietete Blechträger a (Fig.
1) eingebaut, welche auf gusseisernen Tragsäulen b ruhen, über welche die Stützen c mit den
hydraulischen Kraftkolben d angeordnet sind, welche auf
den zu prüfenden Balken f wirken, der seine mittlere
Unterstützung in der Wägeschale g findet, die am
Wagebalken h angehangen ist. Dieser findet in einer der
zwei vorgesehenen Pfannen i seine Lagerung, welche je
nach der Kraftstärke
von 50 oder 100 t gewählt werden, wobei das 2 t schwere Laufgewicht k bei 25- bezw. 50facher Hebelübersetzung die äusserste
Lage am Hebelende einnimmt. Den Lagerstützpunkt erhält der Wagebalken am Holm l der Presse, deren Zugstangen m die Verbindung mit der Grundplatte n
herstellen, in welcher der feste Standkolben für den übergestülpten hydraulischen
Cylinder o angebracht ist. An diesem mittels
Presswasser bewegten Cylinder o sind Tragschrauben s eingesetzt, welche das Querhaupt q bei Druckversuchen heben. Dagegen wird bei
Zugversuchen der Cylinder o festgelegt und der nach
abwärts gerichtete Kolben frei gemacht, an dem nun die das Querhaupt haltenden
Schrauben angeschlossen werden.
Textabbildung Bd. 312, S. 56
Fig. 1. Warren's Prüfungsmaschine.
T. Olsen's Prüfungsmaschine.
In der beigegebenen Fig.
2 und 3 ist
nach Revue industrielle, 1895 * S. 374, eine
Festigkeitsprüfungsmaschine von Tinius Olsen in
Philadelphia dargestellt, welche zur Ergänzung einer früheren Beschreibung (vgl. D. p. J. 1892 286 * 272)
gewiss erwünscht sein dürfte. Diese Maschine wirkt mit Kraftschrauben und Hebelwage,
bei der die Zugbelastung des lotrecht eingespannten Zerreissstückes z als Druck auf eine Plattform und von dieser auf eine
doppelte Hebelwage wirkt, von der die obere mittels Läufergewicht einspielt. Vier
Schrauben b halten die Spannkopfplatte a, welche mittels Spindelmuttern c1 durch aufgekeilte
Stirnräder d2 von einem
Mittelrade d1 aus von
Winkelrädern gleichzeitig und gleichmässig betrieben werden, wozu übersetzende
Räderwerke d und e, sowie
die durch eine zwischenliegende Reibungskuppelung i
einrückbaren Riemenscheiben f und g dienen. Zur. Erzielung einer besonders langsamen
Gangart des Spannwerkes ba ist an die kleinere
Riemenscheibe g noch ein Kettentriebwerk k1 angeschlossen, durch
welches eine fliegend angeordnete Keilnutscheibe k
bethätigt wird, welche auf der Vorgelegewelle sitzt, auf der die
Kuppelungshülse i aufgekeilt ist. Diese wird durch den
Handhebel i1, das
Kettentriebwerk für die Keilnutscheibe k durch den
Handradkettenzug k2,
und das Vorgelege e durch den Handhebel e1 aus- und eingerückt.
Die obere Spannkopfplatte r wird durch gusseiserne
Ecksäulen s, die sich auf die viereckige Plattform t stützen, getragen, welche wieder den durch das
Zerreissstück z ausgeübten Druck aufnimmt. Der auf die
Plattform ausgeübte Druck wird von einem doppelten Hebelwerke aufgefangen, deren
Unterstützungsstellen AA1 mittelrichtig zur Belastungskraft z bezw.
zu den Ecksäulen s verteilt sind. Dagegen liegen die
Unterstützungspunkte B und B1 für die Gabelhebel m und m1 links davon in einem entsprechenden Verhältnisse,
welches durch die Gleichheit der Uebersetzung in den beiden Hebeln m und m1 bedingt ist. Da nun beide Hebel einen
gemeinschaftlichen Angriffspunkt C für die Wägekraft
besitzen, so folgt für den längeren inneren Hebel m1 mit dem Unterstützungspunkte B1 das Hebelverhältnis
L1 : λ1
= L : λ, welches dem
Verhältnis des kürzeren Hebels mit B als Unterstützung
gleicht. Am frei tragenden Winkelarm l ist ferner der
Unterstützungspunkt D für den zweiten Wagehebel n, dessen Belastungspunkt C ist, angeordnet, welcher mittels Zugstange n1 mit dem oberen Skalenhebel o mit Läufergewicht p in
Verbindung steht, der seine Unterstützungsstelle in E
findet. Auf diesem Hebel lagert längsseits eine Schraubenspindel v, durch welche das Läufergewicht p bei Mitwirkung eines Elektromagneten u, welcher am Hebelende o1 angebracht ist, selbstthätig verlegt
wird, indem ein Reibungsgetriebe w je nach Abweichung
des oberen Skalenhebels o von der Wagerechten nach
einer der beiden Drehrichtungen in Thätigkeit gesetzt wird, wozu zwei fortlaufend
kreisende Reibungsrollen vorgesehen sind, zwischen welchen die Reibungsscheibe w spielt. Dieses in Fig. 2 und 3 nicht gezeichnete
Stellwerk, sowie die Einrichtung des mit diesem Stellwerk in Verbindung stehenden
Drehungszeigers ist ausführlich bereits früher (vgl. D. p.
J. 1892 286 * 273) beschrieben worden, weshalb
darauf hingewiesen wird.
Textabbildung Bd. 312, S. 56
Olsen's Prüfungsmaschine.
Neel-Clermont's registrierender Dehnungszeiger.
Ein von A. Berthélemy in Paris gebauter, sehr
ѳinnreicher Dehnungszeiger dient zum Aufzeichnen der Dehnungen eines Prüfstabes innerhalb
der Proportionalitätsgrenze, also in der Hauptsache zur Bestimmung der Streck- oder
Elastizitätsgrenze. Diese Vorrichtung wird daher beim Ueberschreiten der
Streckgrenze vom Probestabe entfernt, an welchem derselbe unmittelbar angebracht
war. Diese von dem Vorstande der Materialprüfungsanstalt Neel und des Betriebsingenieurs Clermont
ersonnene interessante und äusserst empfindliche Vorrichtung besitzt nach Bulletin de la Société d'Encouragement, 1892 Bd. 91 Nr.
81 * S. 575, die in Fig.
4 bis 8
ersichtlichen Besonderheiten. An dem oberen Mark des Prüfstabes a ist mittels Schräubchen b ein Rahmen c angeschraubt, welcher zwei
Blattfedern d und f, die
durch freie Röllchen gespreizt werden, trägt. An der linken Blattfeder d hängt, zwischen Spitzenschräubchen h schwingend, der Aussenrahmen k mit der langen Zeigerfeder i, während an
der rechtsseitigen Blattfeder f der innere Rahmen l zwischen Spitzenschräubchen m drehbar aufgehangen ist. Nun ist mittels Spitzenschräubchen n die gelenkige Verbindung des Innen- mit dem
Aussenrahmen, also l mit k
in der Weise hergestellt, dass die in den Prüfstab a in
der neutralen Faserlängsschicht einsetzenden Mittelschrauben o genau mittelrichtig zwischen n und m liegen, also gleich grosse Hebelarme om = on aufweisen, während in diesem Falle der Hebelarm
oh > om sein wird. Andererseits kann, wie in Fig. 7 geschehen, das
Uebersetzungsverhältnis abgeändert werden. Bezugnehmend auf Fig. 7 kann, wenn r die der Zeigerausschwingung pq entsprechende Dehnung der neutralen Faserschicht des Prüfstabes a ist, die Beziehung zwischen r und pq aus dem Hebelübersetzungsverhältnis
leicht ermittelt werden.
Textabbildung Bd. 312, S. 57
Neel-Clermont's registrierender Dehnungszeiger.
Textabbildung Bd. 312, S. 57
Neel-Clermont's registrierender Dehnungszeiger.
Es verhält sich
r : s =
mo : mn
ebenso wie
s : pq =
hn : hp
bezw. durch Multiplikation der beiden Verhältnisse
\frac{r}{s}\,.\,\frac{s}{p\,q}=\frac{m\,o}{m\,n}\,.\,\frac{h\,n}{h\,p}
folgt, woraus der Wert des Schwingungsbogens s im Zeigerhebel verschwindet und das Grundverhältnis
zwischen
\frac{r}{p\,q}=\frac{m\,o}{m\,n}\,.\,\frac{h\,n}{h\,p}
entsteht. Wird nun, wie eingangs erwähnt,
mo = on
also
\frac{m\,o}{m\,n}=\frac{1}{2}
gemacht, so vereinfacht sich diese Beziehung auf
\frac{r}{p\,q}=\frac{1}{2}\,\frac{h\,n}{h\,p}
und wenn ferner das bekannte Hebelverhältnis
\frac{h\,n}{h\,p}=i
der Zeigerfeder i konstant
erhalten bleibt, so ist das Verhältnis der Stabdehnung zum Zeigerbogen bestimmt
\frac{r}{p\,q}=\frac{i}{2}=C
Konstante.
Wird nun für gleich grosse Zwischenbelastungen, z.B. für je 500 kg, eine
Proportionalität zwischen den einzelnen Zeigerbogen nachgewiesen, so liegt die
Dehnung innerhalb der Streck- oder Federgrenze. Fällt aber, wie in der Schaulinie
(Fig. 9) gezeigt, der Endpunkt q ausserhalb dieser Proportionalität, so hat die
Belastungssumme den Betrag für die Federgrenze überschritten, so dass diese sogen.
Elastizitätsgrenze bestimmbar wird. Da nun die Bestimmung dieser Streckgrenze des
Materials für den Konstrukteur eine weitaus höhere Wichtigkeit als die Bruchgrenze
besitzt, und dieser Streckgrenze ausschliesslich eine praktische Bedeutung zukommt,
so wird die Verwendung dieses empfindlichen Apparates bei Materialprüfungen von
Wichtigkeit sein. Um aber das Zeigerspiel festzulegen, dient eine in Fig. 6 skizzierte
Einrichtung.
Textabbildung Bd. 312, S. 57
Fig. 9.
An einem festen Säulenständer ist ein Rahmen im Punkte t
pendelnd aufgehangen, in welchem eine berusste Glasplatte u eingeschoben wird, an der die hakenförmig abgebogene Zeigerspitze i spielt, so zwar, dass bei noch freiliegenden
Schräubchen o der von p
bis q reichende Bogen in die Russschicht eingeritzt
werden kann. Nun wird das Rähmchen t durch Einwirkung
von Elektromagneten v angezogen, welche bei jedem
Stromschluss eine Pendelbewegung veranlassen, so dass die Zeigerspitze Querstriche
in dem Grundbogen pq einritzt, welche bei angekuppelten
Schräubchen o die Dehnungsmarken des Prüfstabes für die
jeweilige Belastung vorstellen. Nun wird mittels eines mit Quecksilber gefüllten, am
Wagebalken w angebrachten Näpfchens x durch die am festen Ständer der Prüfungsmaschine
sitzenden Hakennadel y der Stromschluss in der
Gleichgewichtslage des Läuferhebels w bewirkt.
Wenn nun bei jedem Belastungswechsel das Ritzen des Querstriches erfolgt, so kann von
der geritzten Glasplatte ein Lichtbild abgenommen werden, aus welchem die absolute
Grösse bezw. die Veränderungen der Dehnungen beurteilt werden können. So wird im
Querstrich p17 (Fig. 9) bei (1 + 17 . 0,5) = 9,5 t Belastung und 102
mm Bogenlänge die Streckgrenze erreicht und bei q = 1 +
19 . 0,5 = 10,5 t und 148 mm Bogenlänge weitaus überschritten sein.
Da nun der Prüfstab bei 200 mm Länge zwischen den Marken und bei 19,85 mm
Quadratseite einen Querschnitt von F = 394 qmm besitzt,
so wird bei P = 9,5 t Belastung der
Festigkeitskoeffizient an der Streckgrenze
p = (P :
F) = 9500 : 394 = 24,1 kg/qmm
betragen.
Es beträgt ferner die wirkliche Bogenlänge für eine Belastung zwischen Grenzen
von 1000 bis 9500 kg, also für 9500 – 1000 = 8500 kg, wie bereits angegeben, 102,5
mm, so dass die reduzierte Bogenlänge für 9500 kg 9500 kg
L=\frac{9500}{8500}\,.\,102,5=114,6\mbox{ mm}
beträgt.
Da nun für den Versuchsapparat die halbe Uebersetzung, die Konstante C=\frac{1}{500}
beträgt, so wird die effektive Stabdehnung bei P = 9,5
Belastung
\frac{114,5}{500}=0,23\mbox{ mm}
für L = 200 mm Länge, oder
\lambda=0,23\,.\,\frac{1000}{200}=1,15\mbox{ mm}
auf 1 m Stablänge betragen.
Textabbildung Bd. 312, S. 58
Henning's Dehnungszeiger.
Hieraus kann ohne weiteres der Elastizitätsmodul E, d.
i. die ideelle Belastung von 1 qmm Stabquerschnitt für die Stabverlängerung gleich
1000 mm (also gleich der ursprünglichen Länge) berechnet werden, also
E=p\,.\,\frac{1000}{\lambda}=\frac{24100}{1,15}\,\sim\,21000\mbox{ kg}.
Weil nun der Zeigerbogen auf die Stabdehnung bis zur Streckgrenze beschränkt ist, so
wird bei weiterer Fortsetzung der Zerreissversuche dieser Dehnungszeiger vom
Prüfstab zu entfernen sein.
G. C. Henning's Dehnungszeiger.
Im wesentlichen besteht diese Vorrichtung (Fig. 10 und 11) aus zwei mittels
ausschiebbaren Stangenröhrchen verbundenen Rahmen, die an die Endmarken des
Versuchstabes angeklemmt werden und beim Bruch des Prüfstabes sich vollständig
auslösen. Ein am unteren Klemmrahmen angebrachter, mit Parallelführung
ausgestatteter Zeigerhebel steht mittels eines Zugdrahtes mit dem oberen Klemmrahmen
in Verbindung und spielt an einer vom Läufergewicht des Wagebalkens bethätigten
Papiertrommel, wozu Reduktionsrollen zur Hubverminderung dienen. Bei den aus den
beiden Bewegungen folgenden Schaulinien stellen die wagerechten Grundlinien
Belastungen, die dazu senkrechten Höhenabstände Stabdehnungen vor. Bemerkenswert ist
das Diagramm (Fig. 12)
eines Gussstahldrahtes von J. A. Roebling's Sohn Co. in Trenton, N. J., von d = 4,9 mm Durchmesser (Nr. 6) bezw. f =
18,86 qmm Querschnittsfläche und einer Inanspruchnahme pr = 114 kg/qmm an der Streck- bezw. pr = 135,7 kg/qmm an der
Bruchgrenze. Vom Punkte a bis b erstreckt sich die Proportionalität zwischen Dehnung und Belastung, und
während der kritische Wendepunkt c den Anfang der
bleibenden Stabdehnung bezeichnet, gibt d die
Bruchgrenze an, wobei die Dehnungen 5mal, die Belastungsstrecken (1 : 6)mal dem
wirklichen Wege entsprechen. Bei stärkeren Prüfstäben, z.B. Stahl 38 zu 38 mm im
Quadrat bei 203 mm Länge bezw. 1444 qmm Querschnittsfläche steigt, die Bruchlast bis
auf 66,4 t, weshalb der Verschiebungsweg des Läufergewichtes eine mehrfache Drehung
der Papiertrommel bedingt, so dass die Schaulinie die aus Fig. 13 ersichtliche
dreimalige Unterbrechungzeigt. Die Streckgrenze a bis
wird bei 28 kg/qmm; die erste bleibende Dehnung in c mit der
kritischen Spannung 29,1 kg/qmm und die Bruchspannung bei 30,4 % Verlängerung in
d mit 45,9 kg/qmm erreicht. Der zurücklaufende Zweig im Diagramm
entspricht dem Bruchvorgange, wobei das Läufergewicht zurückgeführt wird, bis im
linksseitigen Endpunkte die eigentliche Trennung der gerissenen Teile erfolgt. Aus
diesen Diagrammbeispielen kann die praktische Verwendbarkeit dieses
Dehnungszeichners leicht beurteilt werden. (American
Machinist, 1897 Bd. 20 Nr. 28 * S. 522.)
Textabbildung Bd. 312, S. 58
Henning's Dehnungszeiger.
Nach Engineering, 1897 II * Bd. 64 S. 241, wird am
Versuchsstab a (Fig. 10 und 11) das obere Rähmchen
b mit Stellschrauben c
festgelegt. Ebenso wird an der unteren Marke des Versuchsstabes a ein ähnliches Rähmchen d
festgemacht, in dessen Augenansätzen die Papiertrommel f und die Hubverminderungsrollen g angeordnet
sind. Nun sind am unteren Rähmchen d die Lenker h für den Haupthebel i
angebracht, während der letztere durch die am oberen Rähmchen b angelenkte Zugstange k
nach Massgabe der eintretenden Stabdehnung bethätigt wird.
(Schluss folgt.)