Titel: Ueber Strahlturbinen und das Pelton-Rad.
Autor: W. Müller
Fundstelle: Band 312, Jahrgang 1899, S. 84
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Ueber Strahlturbinen und das Pelton-Rad.Unter teilweiser Benutzung meines Aufsatzes über das Pelton-Rad im Elektrischen Anzeiger, Berlin, Nr. 2 vom 6. Januar 1895, und des Vortrags: Das Pelton-Rad von Prof. Reuleaux, Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, Bd. 36. Von W. Müller in Cannstatt. Ueber Strahlturbinen und das Pelton-Rad. Durch die ausserordentliche Entwickelung der elektrischen Kraftübertragung vornehmlich mit Hilfe des hochgespannten Wechselstromes (Drehstromes) ist die Nutzbarmachung der Wasserkräfte in ein neues Stadium eingetreten. Amerika, das mit einer Fülle von gewaltigen Wasserkräften, wie kaum ein anderes Land, versehen, hat mit Bezug auf Vervollkommnung der Wasserräder und Turbinen eigene Wege eingeschlagen, die durch die Natur seiner Wasserkräfte und besondere Fabrikationsweise hydraulischer Kraftmaschinen bedingt sind. In neuerer Zeit ist es nach verschiedenen Versuchen gelungen, Räder mit grossem Wasserdruck zu betreiben und hierdurch hohe Nutzeffekte zu erzielen. Vor etwa 15 Jahren wurde ein neuartiges Wasserrad in die Technik der Kraftmaschinen eingeführt, das aus dem früheren Hurdy-Gurdy-Rad hervorgegangen ist, und nach seinem Erfinder Pelton-Rad genannt wird. Das Rad von Knight trat anfänglich in Wettbewerb mit Pelton; da demselben jedoch eine ungünstige Ausströmung, sowie einige Mängel bezüglich des Durchflusses anhaften, musste es dem Pelton-Rad den Vorrang überlassen. Knight wandte dichtgestellte Schäufelchen an, auf welche ein seitlich zutretender flacher Wasserstrahl wirkt, der gegenüber der Eintrittsstelle ausströmt, wobei es sich um teilweise radialen, teilweise seitlichen Abfluss eines tangential zwischen die Schaufeln tretenden Wasserstrahles handelt. Die löffelartigen Schaufeln sind einfach gebogen, so dass sie zwischen eiserne Kränze eingegossen, eine Art Schale bilden. Pelton dagegen brachte kleine weitgestellte, am Radumfang aufgeschraubte Becher an, deren Schnitt zwei zusammengerückte Turbinen schaufeln für seitlichen Ein- und Austritt darstellt; das Pelton-Rad kann somit, ähnlich wie das Poncelet-Rad, als eine doppelte, seitenschlächtige, teilweise beaufschlagte Druckturbine mit wagerechter Achse bezeichnet werden; dasselbe führt sich, seitdem seine Anwendung in Amerika grössere Ausdehnung erfahren, auch bei uns nach und nach ein. Pur Druckturbinen empfehlen sich bei hohen Gefällen möglichst viele enggestellte Schaufeln, beim Pelton-Rad trifft der treibende Strahl jedoch nicht nur die Mitte des Doppelbechers, welcher die Schaufel darstellt, sondern folgerichtig auch den äusseren Rand desselben, weshalb es schwierig ist, die äussere Eintrittskante, die gleichzeitig auch Austrittskante für das entweichende Wasser bildet, den günstigsten Bedingungen beider Bewegungsrichtungen anzupassen. Die Becherzahl kann der Druckhöhe bezw. Geschwindigkeit des Rades umgekehrt proportional gesetzt werden, dieselbe ist gleichfalls noch abhängig vom Raddurchmesser und der Aufschlagmenge. Zu enge Stellung der rückwärts schiefgestellten Becher ist zu vermeiden und deren Form so zu wählen, dass, wenn der Strahl auf einem Becher normal auftrifft, der nächstfolgende eben einzutreten beginnt. Nach bewährten Ausführungen beträgt der Becherabstand zwischen 80 bis 200 mm. Der austretende Wasserstrahl soll geschlossen, ohne dass die Fäden sich schneiden, aus der Düse strömen und in dieser möglichst wenig Reibung erleiden. Der Wasserquerschnitt lässt sich durch Einlegen einer Spindel mit Spitze verringern. Ueberall, Wo es sich um grösste Gleichförmigkeit der Geschwindigkeit handelt, wie z.B. beim Betrieb von Webereien, Spinnereien, elektrischen Anlagen, versieht man die Pelton-Turbine mit einem selbstthätigen Regler, der entsprechend der jeweilig erforderlichen Kraft die Reglungsglieder stellt. Kommt es darauf an, Wasser zu sparen, und kann der nichtverbrauchte Ueberschuss angesammelt werden, so wird der Regler eine Veränderung der Düsenweite bewirken. Lässt sich dies jedoch nicht durchführen, sofern der Wasserzufluss nicht gestört werden darf, so wird durch Ableitung des aus der Düse tretenden Wasserstrahles ein Teil des Aufschlagwassers seitlich abgelenkt, so dass nur so viel zur Wirkung gelangt, als der jeweilige Kraftbedarf erfordert. Um das Mundstück jederzeit zum Zweck der Reinigung oder Auswechselung gegen ein anderes herausnehmen zu können, ist in die Leitung zwischen Hauptrohr und Motor ein Absperrschieber einzuschalten. Geeignet zur unmittelbaren Kuppelung mit schnell laufenden Maschinen: Dynamos, Zentrifugalpumpen, Kreissägen, Ventilatoren u.s.w., arbeitet der Pelton-Motor mit günstigem Nutzeffekt namentlich bei hohem Wasserdruck und grosser Tourenzahl und findet Anwendung für Druckhöhen von 20 bis 300 m und mehr. Vielfach wird er auch als Motor zum Betriebe von Arbeitsmaschinen des Kleingewerbes, ärztlichen Maschinen, auch für Aufzüge u.s.w. im Anschluss an städtische Wasserleitungen, wenn der Wasserpreis ein mässiger ist und die Betriebskosten sich entsprechend nieder stellen, angewendet. Bei Neuanlagen ist der Reibungsverlust in der Rohrleitung sorgfältig zu ermitteln, ebenso auf Reinhaltung des Wassers von Laub, Bodengras, Holz und Eis zu achten; der Druckverlust im Zuleitungsrohr kann bei der Ausführung minimal gemacht werden. Pur mittlere Verhältnisse und bei einem Arbeitsdruck von über 4 at werden 70 % Nutzeffekt garantiert. Je grösser die Druckhöhe, um so günstiger gestalten sich die Verhältnisse für die Anwendung dieser Turbine und desto höher steigt der Nutzeffekt. Die Leistungsgrenze wird nur durch die zulässige Geschwindigkeit, mit der das Rad ohne Gefahr des Zerspringens laufen kann, bestimmt, in Amerika ist man schon bis 50 at Druck und darüber gegangen. Der Leitapparat besteht in einer Düse, was zwar die gute Regelung der Turbine und Zugänglichkeit zu allen Teilen erleichtert, dagegen auch die Anwendung dieses Turbinensystems begrenzt. Da aus praktischen Gründen die Grösse der Leitöffnung gewisse Masse nicht überschreiten darf, so kann für eine bestimmte Druckhöhe auch nur eine bestimmte Kraft erreicht werden. Die Leistung lässt sich zwar durch Vermehrung der Düsenzahl steigern, ebenso können auf eine Welle auch mehrere Räder nebeneinander gesetzt werden, doch hält die Steigerung des Nutzeffekts nicht gleichen Schritt mit Vermehrung der Zahl der Eintrittsöffnungen, da die Wasserzuführung in mehreren Strahlen erhöhte Reibungs- und Stossverluste hervorruft. Wird die Beaufschlagung durch mehrere Wasserstrahlen bewirkt, so müssen dieselben das Rad in solchen Abständen voneinander treffen, dass gegenseitige Störung als nahezu ausgeschlossen betrachtet werden kann. Ist der Kraftbedarf bei hinreichendem Wasserzufluss nicht veränderlich, so erhält die Düse kreisförmige Oeffnung; bei wechselndem Kraftbedarf und unregelmässigem Wasserzufluss kommen Stelldüsen zur Anwendung, welche mit beweglichen Einlagen bis zum völligen Schluss ausgerüstet werden. Der Druckverlust beim Austritt des Wassers aus der Düse beträgt, je nachdem das Mundstück mehr oder weniger fein poliert ist, oder sich Regelvorrichtungen in demselben befinden, die jedenfalls auch Reibungsverlust ergeben, 4 bis 6 %. Der kreisrunde Strahl ist eine der charakteristischen Eigenschaften des amerikanischen Pelton-Rades; seither benutzte man bei den Druckturbinen nur flach geformte Wasserstrahlen. Der Durchfluss des Wassers durch das Rad erfolgt hier in einer Form, welche von derjenigen bei Turbinen etwas abweicht, indem der Ein- und Austritt an der nämlichen Stelle des Rades vor sich geht und mit dem Durchgang der Schapfen (Tümmler) durch die mit grosser Geschwindigkeit strömenden Wasserstrahlen wiederholte Durchbrechung und damit verbundene nachteilige Wirkung, da das Wasser eine Strecke weit nicht geführt ist, entstehen. Es gibt für das Pelton-Rad nur eine günstigste Eintrittsstelle für das Wasser, jede andere Lage des Mundstückes ist daher weniger vollkommen, wodurch sich sofort erklärt, dass die amerikanische Art der Regelung durch Heben und Senken der Düse, welche teilweise zur Anwendung kommt, unvorteilhaft ist. Die Theorie für das Rad gestaltet sich ziemlich einfach. Bezeichnet c die Eintrittsgeschwindigkeit des Wassers aus der Einströmungsdüse, v die Geschwindigkeit der Schaufeln, dann gilt wie für alle Druckturbinen theoretisch: v=\frac{c}{2}. Auf Grund sorgfältiger Ermittelungen über den besten NutzeffektVgl. J. J. Reifer, Berechnung der Turbinen. Zürich. 2. Aufl. wird gesetzt v = 0,45 . c. Ausströmungsgeschwindigkeit des Wassers aus der Düse unter Berücksichtigung der Kontraktion sei c=0,95\,\sqrt{2\,g\,h}. h = Druckhöhe nach Abzug des Reibungswiderstandes in der Rohrleitung. Das Gefälle, welchem der Motor dienen soll, bedingt die Ausströmungsgeschwindigkeit c und die Umfangsgeschwindigkeit v des Rades, der Konstrukteur hat somit im Rahmen weiter Grenzen die Wahl bezüglich Raddurchmesser D und Umdrehungszahl n, er kann entweder die Tourenzahl annehmen und hiernach den Raddurchmesser berechnen oder umgekehrt. Als Raddurchmesser wird der doppelte Abstand der Mittellinie des Wasserstrahls von der Turbinenwelle gerechnet. Die Bestimmung der Ausflussweite der Düse d in m bezw. des Querschnitts vom Wasserstrahl erhält man durch die Gleichung Q=\frac{\pi}{4}\,d^2\,.\,c. Die Breite der Schaufeln beträgt mindestens das 7fache der Dicke des Wasserstrahls. Der Raddurchmesser richtet sich gewöhnlich nach der bei einem bestimmten Gefälle gewünschten Umlaufzahl und ist nach obigem an keine bestimmte Grenze gebunden. Es sind solche Turbinen ausgeführt von 150 mm bis zu 5 m Durchmesser. Bemerkenswert ist jedoch, mit wie wenig Modellgrössen für gewöhnliche Fälle ausgereicht wird; dabei ist der Umfang des Anwendungsgebietes des Pelton-Rades bei einigermassen hohen Gefällen, bei welchen auch die Wirkung günstig wird, fast unbegrenzt. Zur Uebertragung der Kraft kann ähnlich wie bei Partialturbinen mit horizontaler Achse Riemen-, Seiltrieb oder unmittelbare Kuppelung angewendet werden. Ueberall, wo grosser Wert auf gleichförmigen Gang gelegt wird, ist die Anbringung eines Schwungrades und selbstthätigen Reglers zu empfehlen. Grössenverhältnisse der Pelton-Räder. 2 at 3 at 4 at 5 at 6 at 7 at 8 at 9 at 10 at Rad-durchmesser Wassermenge in Liter in der SekundeUmdrehungen in der MinuteLeistung in 5,64001,1 7,05002,1 8,06003,2 9,06704,5 9,57505,7 10,58007,3 11,08509,0 12,090011,0 12,595012,5   400 mm Wassermenge in Liter in der SekundeUmdrehungen in der MinuteLeistung in 10,03502,0 13,04004,0 15,04506,0 17,05008,5 18,055011,0 19,060013,5 20,065016,0 22,067520,0 23,570023,5   500 mm Wassermenge in Liter in der SekundeUmdrehungen in der MinuteLeistung in 19,02303,8 23,02807,0 25,033010,0 30,036015,0 32,040019,5 35,045024,5 37,047030,0 40,050036,0 42,053042,0   700 mm Wassermenge in Liter in der SekundeUmdrehungen in der MinuteLeistung in 37,01707,5 45,020013,5 52,023021,0 58,026029,0 64,028038,5 67,030047,0 74,033059,0 78,035070,0 82,037082,0 1000 mm Wassermenge in Liter in der SekundeUmdrehungen in der MinuteLeistung in 45,01509,0 55,018016,5 63,021025,0 70,024035,0 78,026046,0 84,028058,0 90,030072,0 95,032085,0 100,0340100,0 1100 mm Wassermenge in Liter in der SekundeUmdrehungen in der MinuteLeistung in 54,014010,5 66,017020,0 75,020030,0 85,022042,0 93,024055,0 100,026070,0 106,027585,0 112,0290102,0 120,0300120,0 1200 mm Wassermenge in Liter in der SekundeUmdrehungen in der MinuteLeistung in 83,011016,5 102,013530,0 118,015547,0 130,017566,0 144,019086,0 154,0200110,0 166,0220132,0 176,0235160,0 186,0245186,0 1500 mm Das einfache Mundstück wird bei konstantem Kraftbedarf bezw. gleichbleibenden geringeren Wassermengen angewandt; bei Beaufschlagung durch zwei Mundstücke ist das erste durch einen Absperrschieber von Hand zu schliessen, der andere Einlauf erhält eine Regulierzunge, um jeden Teilbetrag des Aufschlagwassers ohne Gefällsverlust auf die Schaufeln zu bringen. Für besonders wasserreiche Zeit lässt sich durch Aufschrauben eines Mundstückes mit grösserer Durchflussweite die Kraftleistung steigern, umgekehrt bei Wassermangel durch Auswechselung des Mundstückes gegen ein engeres der Nutzeffekt auf annähernd gleicher Höhe halten. Bei Ausführung der Pelton-Räder ist besonders darauf zu achten, dass die Achse genau wagerecht in den mit Ringschmierung versehenen Lagern liegt; die Becher werden aus Hartbronze sauber poliert hergestellt, um Reibung des Wassers bei der Bewegung entlang derselben möglichst gering zu machen, die Becherkanten zugeschärft, damit dem Wasserstrahl keine erhebliche Störung widerfährt, wenn er von einer Schaufel in die andere übertritt. Der Radkörper selbst ist genau auszuwuchten und die Umdrehungszahl sorgfältig zu bestimmen, indem der wirksame Wasserdruck mittels eines Manometers bei laufendem Motor festgestellt wird, woraus sich Umdrehungszahl und Uebersetzungsverhältnis berechnen. Für langsam laufende Arbeitsmaschinen empfiehlt sich Friktionsantrieb. Bei amerikanischen Ausführungen sind die Becher auf das Rad aufgeschraubt, bei einer anderen Bauart besteht der Radkörper aus zwei Scheiben, zwischen welche die Becher schwalbenschwanzartig eingeklemmt sind. Eine Aussparung der beinahe schneidigscharfen Vorderfläche der Becher, um beim Auftreffen des Strahles auf die Schneide den Stoss zu vermindern, ist durch Patent geschützt. Die Schaufelwinkel sind, wie es bei Druckturbinen notwendig, dank der weiten Becherstellung verhältnismässig klein, der Eintrittswinkel beträgt 5 bis 10°, die Krümmung der Becherwände muss stetig sein, um jede plötzliche Ablenkung zu vermeiden, der Winkel, unter dem der austretende Wasserstrahl gegen die Mittellinie des Rades gerichtet ist (der Austrittswinkel) beträgt etwa 12°. Die Auseinanderstellung der Becher gestattet hier die Ausführung mit so kleinen Winkeln. Die Effektverluste rühren aus dem unvermeidlichen Stossverlust, Reibungsverlust, Luftwiderstand und dem Umstand her, dass der aus seiner runden Mündung tretende Wasserstrahl, wie es sich bei Feuerspritzen und Springbrunnen beobachten lässt, die gleichbleibende Lage seiner mit grosser Geschwindigkeit strömenden Wasserfäden nicht beibehält, sondern sich verwindet, sozusagen eine Wassergarbe bildet. Den Treibstrahl bei Wassermangel durch Einschieben von Regulierzungen zu verkleinern, ist mit vermehrtem Druckverlust verbunden, ebenso erweist sich die Regelung nach amerikanischem Vorbild, durch Heben oder Senken des Aufschlagrohrs unrationell, da sie nur die Umdrehungszahl, nicht aber die zugeführte Arbeitsstärke verändert. Bei nennenswerter Länge, d.h. bei mehr als 30 m ist sorgfältige Herstellung der Zuleitungsrohre wegen der durch Reibung verloren gehenden Fallhöhe wichtig, es ist Sache der Ausführung, den Druckverlust im Zuflussrohr minimal zu machen. In Deutschland werden Pelton-Turbinen bis jetzt nur von den Firmen: Breuer und de., Höchst a. M., Brigleb, Hansen und Cie., Gotha, und M. Müller, Cannstatt, in der Schweiz von J. J. Rieter, Wintertur und von den Maschinenwerkstätten Vevey, in Frankreich von Brault, Teisset und Gillet, Chartres u.a. gebaut. Escher, Wyss und Co., Zürich, liess sich in neuerer Zeit eine Hochdruckturbine ähnlicher Art patentieren, auf die weiter unten näher eingegangen werden soll. Wenn wir bei Betrachtung dieser Motorengattung länger verweilen, so ist dies teilweise in der Neuheit derselben, teilweise auch in dem Umstand begründet, dass alle bisher bekannten Turbinensysteme an dem Uebelstand leiden, dass bei verhältnismässig kleinen Wassermengen der relative Nutzeffekt bedeutend unter denjenigen herabsinkt, welchen man unter anderen Verhältnissen erreicht. Demnach bestand im Turbinenbau gewissermassen eine Lücke, dieselbe ist jedoch durch das Pelton-Rad inzwischen ausgefüllt worden. Textabbildung Bd. 312, S. 86 Fig. 1. Bei allen Strahlturbinen mit achsialem oder radialem Eintritt ins Laufrad muss eine möglichst enge Schaufelteilung gewählt werden, damit das Wasser gut geführt ist, bei grösserem Abstand der Schaufeln trifft der Wasserstrahl zum Teil in falscher Richtung auf die Druckflächen auf, wodurch ein Teil der Energie durch Stossverlust aufgezehrt wird; beim Pelton-Rad ergeben sich die Verhältnisse günstiger, der Strahl trifft den Becher während eines längeren Weges in annähernd gleich vorteilhafter Stellung, das Rad kann somit eine wesentlich weitere Schaufelteilung erhalten, nur beim Durchgang der Becher durch den Strahl entsteht ein Stossverlust. Textabbildung Bd. 312, S. 87 Fig. 2. Was die Ausführung der Strahlturbinen für höhere Geschwindigkeit betrifft, so ist grösste Genauigkeit geboten, die Schaufelflächen sind glatt zu bearbeiten, die Schneiden der Becher müssen in einer Vertikalebene liegen, und die Räder gut ausgewuchtet sein, um Kraftverlust zu vermeiden, im Mundstück soll möglichst wenig Reibung entstehen, der Strahl ohne Divergenz geschlossen aus der Düse treten. Das Anwendungsgebiet des Pelton-Rades beginnt von etwa 15 m an aufwärts, hauptsächlich für kleinere Wassermengen, doch ist es nicht nötig, sich auf einen Wasserstrahl zu beschränken, da an mehreren Punkten des Rades die Einströmung bewerkstelligt werden kann, um die Beaufschlagung und dadurch die Leistung auf das 2- bis 3fache zu steigern. Neuerdings werden in Amerika Versuche mit Modellen für Gefälle bis herab auf 5 Fuss engl. gemacht, über deren Ergebnis jedoch noch nichts bekannt geworden ist. Die Anwendung dieser Motoren bietet bei verhältnismässig kleinen Wassermengen und hohen Gefällen unbestritten Vorteile; von welcher Grenze der bekannten Turbinensysteme ab man zu diesem Rad greifen darf, muss von Fall zu Fall dem Ermessen des Konstrukteurs überlassen werden. Ueber den Wirkungsgrad des Systems liegen, abgesehen von amerikanischen Angaben, Versuche von Brigleb, Hansen und Cie. an einer Turbine von 800 mm Durchmesser (Fig. 3) bei 80 m Gefälle vor. Mit 430 minutlichen Umdrehungen und 98 l Wasser in der Sekunde leistete das Rad 84 , der Wirkungsgrad des Pelton-Rades ergibt sich hieraus ohne Berücksichtigung des Druck Verlustes in der Rohrleitung zu 80 %. Ein zweites Rad unter etwa 55 m Gefälle arbeitend, und bis zu 76 Effekt abgebend, zeigte, je nachdem mit einer oder zwei Düsen gearbeitet worden war, einen noch um einige Prozent höheren Wirkungsgrad an. Ueber letztere Versuche mögen Angaben über Feststellung des Nutzeffektes bezw. des Wirkungsgrades Platz finden. Nach dem Lieferungsvertrag sollte die wirkliche Arbeitsleistung mit dem Prony'schen Zaum gemessen und das wirksame Gefälle, für welches die um den Höhenunterschied zwischen Düsen- und Manometermitte vergrösserten, gehörig reduzierten Ablesungen gelten sollten, mit Hilfe eines zuverlässigen Manometers beobachtet werden. Wird das wirksame Gefälle für die einzelnen Düsen mit H1, H2 ... bezeichnet und mit F1, F2... die freien Querschnitte der Düsenmündungen in Quadratmeter, so sollte die Wassermenge Q aus Q = 0,98√2g (F1H1 + F2H2 +...) und die theoretische Leistung L aus L = 0,98√2g 1000 (F1H13 + F2H23 +...) m kg berechnet werden. In vorliegendem Falle waren zwei genau gleiche Düsen in Anwendung, deren Mündungsdurchmesser 50,03 mm, ihr freier Querschnitt daher 0,001966 qm betrug. Zur Vereinfachung obiger Gleichungen darf man somit setzen: F = F1+ F2= 2 × 0,001966 = 0,003932 qm und H=\frac{H_1+H_2}{2}, dann erhält man: Q = 0,98 √2g FW, oder mit Einsetzung der bekannten Werte √2g = 4,429447 und F = 0,003932 Q = 0,0170682√H; ferner L = 0,98√2g 1000 FHH = 17,0682√H3 oder in Pferdestärken zu 75 m/kg: N_1=\frac{17,0682}{75}\,\sqrt{H^3}=0,227586\,\sqrt{H^3}. Bezeichnet man die Manometerablesung mit M und den mittleren Abstand der Düsen von Manometermitte mit h1, so ist M + h1 = H. h1 wurde ermittelt zu \frac{1,215\,\times\,1,835}{2}=1,525\mbox{ m}. Die Ablesungen erfolgten an zwei nur wenig differierenden Röhrenfedernmanometern von Schäfer und Budenberg, die in genau gleicher Höhe angebracht waren, und deren Skalen die Druckhöhe in Meter und Decimeter unmittelbar abzulesen gestatteten. Während der Dauer eines Versuches wurden an jedem Manometer fünf Ablesungen gemacht und das arithmetische Mittel daraus = M gesetzt. Die Bremsleistung wurde nach üblicher Formel berechnet, jedoch die durch das Gewicht der Bremsvorrichtung vermehrte Lagerreibungsarbeit hinzugezählt. Die zusätzliche Reibungsarbeit wurde zu 0,39 bis 0,45 für die einzelnen Versuche angesetzt. Die mit 70 % garantierte Nutzleistung ist somit nicht nur erreicht, sondern überschritten worden. Textabbildung Bd. 312, S. 87 Fig. 3. Pelton-Rad von Brigleb, Hansen und Cie. in Gotha. Versuche, welche die Firma Ganz und Co. in Budapest mit einem Motor von 40 cm Raddurchmesser gemacht hat, ergaben ebenfalls 80 %. Bei vorstehenden Ergebnissen ist nicht ausser acht zu lassen, dass das der Rechnung zu Grunde gelegte Gefälle unmittelbar an der Turbine aus dem Manometerdruck bestimmt wurde. Berücksichtigt man den Druckverlust, so dürfte sich das hydraulische Güteverhältniss schon bei Gefällen von 30 m um etwa 2 bis 3 % ermässigen, bei höherem Druck es sich noch um erheblichere Verminderung desselben handeln. Auch diese Turbinenart muss, wie alle Strahlturbinen, möglichst tief am Fusse des Gefälles Aufstellung finden und verlangt den vollen Druck der Wassersäule über sich. Unter Umständen kann dies die Disposition der Gesamtanlage beengen. Schliesslich mag noch bemerkt werden, dass das Ausflussrohr gross genug sein muss, damit das Abwasser frei wegfliessen kann und nicht gegen das Rad staut, was den Nutzeffekt stark beeinträchtigt. Der Querschnitt des Ausflusskanals wird nach Massgabe der bestehenden Verhältnisse bestimmt. Bei dem verhältnismässig grossen Abstand der Becher voneinander kann der Wasserstrahl unbehindert austreten, es entsteht somit kein konstruktives Hindernis, den Schaufelwinkel beim Austritt sehr klein auszuführen; dadurch kommt man in die Lage, dem Wasserstrahl den grössten Teil der lebendigen Kraft zu entziehen. Allgemein wird die Ausführungsart mit horizontaler Achse bevorzugt, in einzelnen Fällen ist jedoch auch eine andere Lage derselben zulässig. Die Zapfenlager (Ringschmierlager) ruhen auf den Wänden des Schutzgehäuses oder sind auf Mauerwerk gelagert, in allen Fällen wird der Raum, in dem das Schaufelrad sich dreht, durch eine Schutzhaube abgeschlossen. Die von Escher, Wyss und Co. in Zürich ausgeführte Hochdruckturbine für grössere Druckhöhen und entsprechend kleine Wassermengen beruht auf dem Grundprinzip der Girard-Turbine mit äusserer Beaufschlagung. Der bezeichnende Unterschied liegt in der Form des Schaufelkranzes. Die Radschaufeln haben nach drei Richtungen annähernd die Form einer Girard-Schaufel, bilden somit eine Art Schale (Fig. 4). Eine seitliche Wasserführung ist im Laufrad nicht vorhanden, damit das Wasser auch seitwärts austreten kann. Der Leitapparat besitzt nur eine einzige Oeffnung, was namentlich einfache Regelung und Zugänglichkeit zu allen Teilen möglich macht. Auch bei dieser Turbine richtet sich der Raddurchmesser nach der bei einem gewissen Gefälle gewünschten Umlaufzahl und ist eigentlich an eine bestimmte Grenze nicht gebunden. Nur nach oben ist die Rücksicht auf zulässige Umfangsgeschwindigkeit des Rades, um gegen Brüche gesichert zu sein, gegeben. Das eigentliche Regulierorgan, die sogen. Zunge, ist ein doppelarmiger Hebel, wobei das eine Ende die Leitöffnung abschliesst, während das andere mit dem Regler oder der Handregelung in Verbindung steht. Durch einen Hebel wird die Bewegung der Reglerhülse auf ein Ventil übertragen, das geringen Bewegungswiderstand entgegensetzt. Wird das Ventil gehoben oder gesenkt, so regelt sich der Druck über dem hydraulischen Kolben, der auf seiner unteren Seite unmittelbar dem Wasserdruck des Gefälles ausgesetzt und mit der Zunge verbunden ist; die Bewegung des Kolbens von oben nach unten schliesst oder öffnet den Leitapparat. Um Ueberregulieren zu verhindern, ist eine sogen. Nacheilung (Relais) angebracht, das Wasser wird, ehe es das Ventil durchfliesst, vorher durch einen Filter geleitet. Der Oberteil des Gehäuses kann abgehoben werden, um zu allen Turbinenteilen zu gelangen. Auch bei dieser Turbine ist ein Absperrschieber unmittelbar am Gehäuse einzuschalten, der für grössere Druckhöhen mit Entlastungsvorrichtung zu versehen ist. Textabbildung Bd. 312, S. 88 Fig. 4. Hochdruckturbine von Escher, Wyss und Co. in Zürich. In neuerer Zeit ist unverkennbar zu beobachten, dass die Konstrukteure bestrebt sind, kleine Wassermengen bei hohem Druck vorteilhafter auszunutzen, als es bisher mit den üblichen Turbinentypen möglich war. Gebirgsländer, welche diese Art von Wasserkräften in grösserer Anzahl darbieten, bilden ein ergiebiges Feld für diese dankenswerten Anstrengungen. Kraftmaschinen mit hoher Tourenzahl, um passende Motoren zu unmittelbarer Kuppelung mit elektrodynamischen Maschinen zu bekommen, wird neuerdings allseitig Aufmerksamkeit geschenkt; ein sprechendes Beispiel auch im Dampfmaschinenbau bietet die Laval'sche Dampfturbine, auf welche wir demnächst zurückkommen. (Fortsetzung folgt.)