Titel: | Versuche über die Lichtentwickelung von Acetylen und Leuchtgas. |
Fundstelle: | Band 312, Jahrgang 1899, S. 93 |
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Versuche über die Lichtentwickelung von Acetylen
und Leuchtgas.
Versuche über die Lichtentwickelung von Acetylen und
Leuchtgas.
Im Anschluss an unseren Artikel über die Gewinnung von Acetylen und dessen
Benutzung zur Herstellung von Leuchtgas, Alkohol u.s.w. (vgl. 1899 311 162) sind im nachstehenden einige Versuche
beschrieben, welche von W. Wedding in Berlin über die
Lichtentwickelung von Acetylen, gemischt mit Luft im freien Raum und im
Regenerativbrenner, sowie die Lichtentfaltung von Acetylen, gemischt mit Leuchtgas
im Bray-Brenner bei verschiedenen Zusammensetzungen ausgeführt wurden. Das
hierzu benutzte Calciumkarbid stammte aus drei verschiedenen Quellen, und zwar von
der Firma Julius Pintsch, zweitens aus Neuhausen und
drittens war im elektrochemischen Laboratorium ein Quantum Calciumkarbid hergestellt
worden.
Das Acetylen wurde in einem Kipp'schen Apparate
entwickelt, aus welchem zuvor die Luft durch Kohlensäure verdrängt worden war. Das Gemisch von
Kohlensäure und Acetylen wurde durch Kalilauge behufs Absorbierung der Kohlensäure
geleitet und das Acetylen in einem Gasometer aufgefangen, welcher vorher durch
Füllen mit Wasser genau auf sein Volumen von 2 zu 2 l geprüft worden war.
Textabbildung Bd. 312, S. 94
Fig. 1.
Die Ergebnisse der drei verschiedenen Sorten von Calciumkarbid waren ganz
verschiedene. Von dem Pintsch'schen ergaben 150 g ohne
Auswahl 10,65 l, mithin wurden aus 1 kg Calciumkarbid 64,5 l Acetylen gewonnen. Von
demselben Material ergaben 150 g ausgewählter Stücke 18,39 l, mithin 1 kg
Calciumkarbid 115,7 l Acetylen.
Von dem Neuhausener ergaben 250 g ohne Auswahl 24,20 l, d.h. 1 kg 96,8 l
Acetylengas.
Das im Laboratorium hergestellte Calciumkarbid ergab ohne Auswahl für 100 kg 25,43 l
Acetylen oder aus 1 kg 254,3 l.
Die Ergebnisse schwanken daher zwischen 64,5 und 254,3 l, während nach Dr. Frank aus 1 kg Calciumkarbid theoretisch 348 l
Acetylengas gewonnen werden sollen.
Die Gasmengen waren stets auf 0° und 760 mm Quecksilbersäule reduziert. Für die
photometrischen Messungen wurde das aus dem Neuhausener Calciumkarbid gewonnene
Acetylen benutzt. Die Versuchsanordnung war folgende:
In Fig. 1 bezeichnet g1 den mit Acetylen gefüllten Gasometer, aus welchem
das Gas durch den fein regulierbaren Hahn h1 in die möglichst kurze Leitung strömt. Vor der
Vereinigungsstelle v mit Luft oder Leuchtgas ist ein
Wassermanometer angebracht. Aus dem Gasometer g2 strömt auf der anderen Seite die Luft oder aus der
Gasleitung durch einen Experimentiergasmesser das Leuchtgas, nimmt den Weg durch den
Hahn h2 am Manometer
vorbei zur Verbindungsstelle v und vereinigt sich vor
dem Brenner mit dem Acetylen.
Der erste Versuch wurde mit einem Bray-Brenner, einem Schnittbrenner, welche in
Berlin zur Strassenbeleuchtung u.s.w. vielfach gebraucht werden, ausgeführt. Ein
solcher Brenner braucht für 1 Hfl. ungefähr 13,3 l Gas in der Stunde. In diesem
Brenner gab ein Gemisch von 42,5 l Acetylen und 47,4 l Luft eine nicht blakende,
normal brennende Flamme. Durch eine geringe Luftzufuhr entstand Ausscheidung von
Kohlenstoff, durch eine grössere entstand über der Flamme ein schwach leuchtender
Mantel. Rechtwinklig zur flachen Seite der Flamme, in horizontaler Richtung
gemessen, entwickelte das Gemisch 52,4 Hfl. Ein Gemisch von Acetylen mit Luft
erfordert also im Bray-Brenner verbrannt 0,81 l Acetylen für 1 Hfl. Das Gemisch
enthielt 47,3 % Acetylen. Zur normalen Lichtentwickelung ist aber ausser der Menge
von 47,4 l Luft noch die frei aus der Atmosphäre an die Flamme herantretende Luft
nötig.
Textabbildung Bd. 312, S. 94
Fig. 2.
Wedding hält dieses Ergebnis für ein günstiges, da das
Auer'sche Gasglühlicht 2 l für 1 Hfl. gebraucht.
Diese Verbrennungsart wird jedoch in der Praxis nie angewendet werden, sondern das
Gas wird ohne vorherige Mischung mit Luft verbrannt, indem man in eine
Regenerativlampe das Gas aus einem Brenner ausströmen lässt und an der
Austrittsstelle erst mit Luft mischt.
Zu diesem Versuche wurde eine Regenerativgaslampe der Firma Schülke, Brandhold und Co. mit einem (sich für Oelgas am besten eignenden)
Zweilochbrenner benutzt. Die Form der Flamme war von der gewöhnlichen
Fischschwanzform, wie sie bei den Beleuchtungskörpern in Eisenbahnwagen meistens
angetroffen wird. Dieselbe brannte ohne Russ hell und ruhig. Der Versuch wurde
wie oben, jedoch ohne Zufuhr von Luft angestellt. Das Acetylen strömte während einer
längeren Versuchszeit unter einem mittleren Druck von 32,78 mm Wassersäule in den
Brenner, wobei der Acetylenverbrauch in der Stunde auf 0° und 760 mm
Quecksilbersäule bezogen, 21,41 l betrug. Aus 18 Einstellungen am Photometer ergab
sich in horizontaler Richtung rechtwinklig zur flachen Seite der Flamme eine
Lichtmenge von 33,9 Hfl., mithin ein Gasverbrauch von 0,632 l für 1 Hfl. Der
Effektverbrauch ist somit gegenüber dem Gasglühlicht über dreimal geringer.
Weitere Versuche fanden statt mit einer Mischung von Acetylen und Leuchtgas, wobei
der in vorstehender Figur veranschaulichte Apparat und ein Bray-Brenner benutzt
wurde. Der Brenner wurde anfangs nur mit Gas gespeist, später so lange nach und nach
Acetylen zugelassen, bis die Flamme anfangen wollte zu russen, wobei der
Leuchtgasverbrauch bei den verschiedenen Mischungsverhältnissen fast constant
gehalten wurde.
Textabbildung Bd. 312, S. 94
Fig. 3.
Die Ergebnisse sind in folgender Tabelle angegeben. In dieser bedeuten T die Temperatur der beiden Gase, D der Druck in Millimetern kurz vor der
Vereinigungsstelle v der Gase, G der Gasverbrauch in Litern pro Stunde, G'
die auf 0° und 760 mm Quecksilbersäule reduzierte Gasmenge, L die Lichtstärke in Hefnerflammen. Unter Effektverbrauch ist verstanden
das Verhältnis \frac{G'}{L}, d.h. der Gasverbrauch des Gemisches zur Erzeugung von 1
Hfl., % schliesslich ist der Prozentgehalt an Acetylen in dem Gemisch, d.h. in der
Summe G'1 + G'2.
Tabelle I.
T
Leuchtgas
Acetylen
L
Effekt-ver-brauch
%
D
G
G'
1
D
G
G'
1
24,5
26,31
432
393,5
–
–
–
25,6
15,4
–
25,6
26,3
442
401,2
?
?
0,4 (?)
26,8
15,0
0,1 (?)
26,2
26,3
432
391,4
25,0
2,28
2,07
30,2
13,1
0,53
26,4
27,0
430
389,6
25,0
5,13
4,65
34,2
11,5
1,18
26,2
27,8
421
381,4
25,0
11,4
10,33
44,7
8,76
2,64
26,2
26,0
398
360,6
25,0
19,8
17,9
55,6
6,81
4,73
25,8
27,8
405
366,9
25,0
24,0
21,7
64,0
6,08
5,60
26,0
28,8
409
370,6
27,0
32,4
29,4
72,0
5,56
7,34
25,8
29,5
398
360,6
28,5
50,6
45,8
94,5
4,30
11,29
22,7
29,0
384
352,1
30,8
68,4
62,7
109,6
3,78
15,15
21,5
29,0
373
343,3
29,0
76,6
70,5
123,8
3,34
17,05
22,2
31,8
357
327,9
31,0
95,7
87,9
135,9
3,06
21,15
Trägt man nun den Effektverbrauch als Funktion des Prozentgehaltes an Acetylen in dem
Gemisch auf, so ergibt sich die in Fig. 2
dargestellte Kurve, aus welcher zu ersehen ist, dass geringe Mengen von Acetylen
genügen, um den Effektverbrauch wesentlich zu erniedrigen oder die Leuchtkraft
wesentlich zu
erhöhen. Ein Zusatz von 4 % Acetylen erhöht die Leuchtkraft beinahe auf das Doppelte
des Leuchtgases.
Was nun die Kosten der Beleuchtung mittels eines Gemisches von Acetylen- und
Leuchtgas anbetrifft, so lassen sich dieselben insofern schwer feststellen, als der
Preis für Calciumkarbid nach grösserer Verbreitung des Acetylens selbstverständlich
bedeutend sinken würde. In seiner Kostenberechnung musste jedoch Wedding als Ausgangspunkt für dieselbe den
gegenwärtigen Preis, d. i. für 1 kg Calciumkarbid = 96,8 l Acetylen = 50 Pf.
annehmen. Demzufolge kostet 1 l 0,517 Pf. oder 1 Hfl. 0,326 Pf. Für das Leuchtgas
nimmt derselbe die Berliner Preise, 1 cbm = 16 Pf. an und benutzt bei der Berechnung
die in Tabelle I gefundenen Zahlen. Es ergeben sich nun die in Tabelle II
zusammengestellten Kosten.
Tabelle II.
Kosten zur Erzeugung von 1 Hfl.
Acetylen-gehaltin %
desGemisches
1 l Acetylen =
0,517 Pf.
0,418 Pf.
0,316 Pf.
0,167 Pf.
0,050 Pf.
0,027 Pf.
1 l Leuchtgas = 0,016 Pf.
– 0,1 0,53 1,18 2,64 4,73 5,60 7,3411,2915,1517,0521,15
0,2460,2480,2430,2560,2570,2720,2680,2930,3120,3470,3390,372
0,2460,2450,2360,2390,2340,2390,2340,2530,2640,2900,2830,309
0,2460,2450,2290,2250,2090,2060,1990,2110,2150,2520,2250,243
0,2460,2420,2190,2050,1760,1580,1480,1510,1420,1470,1390,147
0,2460,2410,2110,1890,1480,1200,1090,1030,0860,0809,0730,071
0,2460,2400,2090,1860,1430,1130,1010,0940,0740,0670,0600,056
Regenerativ-lampe
0,326
0,254
0,199
0,106
0,032
0,017
Der Preis zur Erzeugung von 1 Hfl. steigt nun bei dem verschiedenen Gehalt an
Acetylen stetig von 0,246 Pf. für reines Leuchtgas bis 0,372 Pf. für ein
21prozentiges Gemisch mit Acetylen. Nimmt man eine Preisermässigung von 0,517 auf
0,418 Pf. für 1 l Acetylen an, so ergeben sich die Zahlen in der dritten Reihe der
Tabelle. Der Preis für das Licht in der Regenerativlampe stellt sich mithin auf
0,254 Pf. Nimmt man den Preis so an, dass bei einem Gehalt von 21 % Acetylen die
Kosten zur Erzeugung 1 Hfl. gleich hoch sind wie für die Verbrennung von reinem
Leuchtgas im Bray-Brenner, so erhält man für 1 l Acetylen 0,316 Pf.
Angenommen, es steige die Ausbeute an Acetylen bei 50 Pf. für 1 kg Calciumkarbid auf
300 l, so würde sich der Preis für 1 l Acetylen auf 0,167 Pf. stellen. Es ergeben
sich dann für das Gemisch die Zahlen der 5. Reihe.
Bei einem Vergleich der Acetylenbeleuchtung mit dem Gasglühlicht stellt sich der
Preis des letzteren für 1 Hfl = 2 l auf 0,032 Pf. Da die Acetylenbeleuchtung im
Regenerativbrenner für 1 Hfl 0,632 l Acetylen erfordert, so müssen diese 0,032 Pf.
oder 1 l 0,0507 Pf. kosten. Es ergeben sich daher die Zahlen der 6. Reihe.
Zum Schluss sei noch die Kostenrechnung angegeben, welche W.
Wedding auf Grund der in unserem anfangs bezeichneten Artikel enthaltenen
Zahlen von Dr. Frank aufgestellt hat.
Dr. Frank nahm die Kosten für die Gewinnung von 1 t
Calciumkarbid mit 80 M. an. Vorausgesetzt, man würde aus 1 kg Calciumkarbid 300 l
Acetylen erzeugen, so kostet 1 l Acetylen 0,027 Pf. Wird das Acetylen mit Leuchtgas
gemischt, so ergeben sich die in der letzten Reihe der Tabelle II enthaltenen
Zahlen; das Acetylenlicht stellt sich hierbei auf 0,017 Pf. oder auf die Hälfte der
Kosten des Gasglühlichtes.
Wedding trägt nun die in der Tabelle II berechneten
Kosten für das Gasgemisch bei den verschiedenen Preisen des Acetylens als Funktion
des Prozentgehaltes an Acetylen im Gasgemisch graphisch auf, woraus sich die Kurven
in Fig. 3 ergeben.
Bei einem Acetylenpreis von 0,517 Pf. steigt die erste geradlinig mit wachsendem
Acetylengehalt auf. Bei sinkendem Acetylenpreis sinkt die Kurve und das am Anfang
liegende Minimum geht nach rechts. Bei einem Preise von 0,167 Pf. für 1 l Acetylen
verläuft die Kurve fast asymptotisch, so dass es sich gleich bleibt, ob dem
Leuchtgas 8 oder bis 21 % Acetylen zugesetzt werden. Bei weiter sinkendem Preise für
Acetylen sinkt der Preis mit wachsendem Acetylengehalt in dem Gemisch bedeutend, da
sich die starke, dem Leuchtgas überlegene Leuchtkraft des Acetylens immer
bemerkbarer macht.
In diesen Berechnungen wurde nur ein Sinken des Preises für Acetylen bei konstanten
Gaspreisen vorausgesetzt, weshalb sich der Preis für die Anwendung des Acetylens
sehr günstig gestaltet. Es lässt sich jedoch voraussehen, dass bei Verbreitung der
Acetylenbeleuchtung auch die Gaspreise naturgemäss sinken werden, infolgedessen dann
die hier aufgestellten Berechnungen ebenfalls eine Aenderung erfahren müssen.