Titel: Zur Weltausstellung in Paris 1900.
Fundstelle: Band 314, Jahrgang 1899, S. 177
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Zur Weltausstellung in Paris 1900Vgl. D. p. J. 1899 314 * 14.. Zur Weltausstellung in Paris 1900. Der deutsche 25-t-Montagekran. Textabbildung, Bd. 314, S. 177 Fig. 1. Den Lesern von Dingler's polytech. Journal sind schon die Lage, Grösse und Einteilung des für den allgemeinen Maschinenbau und die Elektrizität bestimmten Teiles des von der französischen Ausstellungsleitung errichteten Hauptgebäudes auf dem Champ de Mars bekannt gegeben worden. An dieser Stelle treten die beiden „Galeries de 30 mètres“ hervor, welche als besonders imposante Schauplätze sich darbieten werden. Die Bezeichnung 30-m-Galerie rührt von dem Umstände her, dass jeder der beiden Plätze von zwei, 30 m voneinander abstehenden Galerien flankiert wird. In jeder der 30-m-Galerien wird ein Montagekran von 25 t Tragkraft in Betrieb sein, teils zum Entladen von Eisenbahnwaggons, teils zum Aufbauen der grossen Maschinen, insbesondere der Dampfdynamos. Da die eine an die Avenue de la Bourdonnais anstossende und deshalb „Usine Bourdonnais“ benannte Seite die spezifisch französische Zentrale bildet, hat hier auch nur ein französischer Kran in Frage kommen können. In die an die Avenue de Suffren angrenzende „Usine Suffren“ teilen sich jedoch hehrere Staaten und es hat deshalb als ein besonders Richtiges Moment angesehen werden können, dass die französische Ausstellungsleitung gerade Deutschland anging, den Bau des so wichtigen Hebezeuges zu übernehmen. Aus der Reihe auf dem einschlägigen Gebiete leistungsfähiger Firmen zeigte sich die Maschinenfabrik Karl Flohr in Berlin trotz der von vornherein ersichtlichen Schwierigkeiten mancherlei Natur geneigt, die Ausführung und den Betrieb des Kranes zu übernehmen; so übertrug denn der deutsche Reichskommissär die Arbeit der genannten Firma. Das ursprüngliche französische Projekt zeigen Fig. 2 und 3. Es ist zunächst der Querschnitt der Maschinenhalle ersichtlich, an welche sich rechts und links die 7 m hohen Galerien anschliessen. Unabhängig von der Gebäudekonstruktion sollten eiserne Ständer errichtet und auf diesen Längsträger verlegt werden, welche zur Aufnahme von Schienen bestimmt waren. Diese in Galeriehöhe gedachten Schienen hatten den Zweck, als Fahrgeleise von 26,66 m Spurweite für das Krangestell zu dienen. Das Ausstellungsterrain wäre demnach frei von dem Hebezeug geblieben, welches sich unbehindert hätte bewegen können. Bestimmungsgemäss hätte das Fahrgeleise von der französischen Ausstellungsleitung zur Verfügung gestellt werden müssen; andererseits waren die Kosten einer gegen Schwankungen sicheren, in der projektierten Weise auszuführenden Bahn wohl als hoch zu veranschlagen. Kurzum, die französische Ausstellungsleitung hatte sich veranlasst gesehen, nachdem diesseits die Vorarbeiten schon in Angriff genommen waren, das Projekt dahin zu ändern, dass der Kran auf ebener Erde laufen sollte. Französischerseits wurde dabei der sogen. pivotierende Kran ins Auge gefasst, eine Hebezeugart, welche man insbesondere in Frankreich häufig als Uferkran ausgebildet, zum Entladen von Schiffen u.s.w. dienend, vorfindet. Die Durchführung des Planes hätte sich in der Weise abgespielt, dass man parallel zu dem durch die Längsachse der Halle gelegten Eisenbahngeleise ein weiteres für den Kran verlegt hätte. Das Gerüst des letzteren würde so ausgebildet worden sein, dass es in der Mitte das Normalprofil für die Eisenbahnwagen freigelassen, andererseits aber auch die Maschinenplätze zur Rechten und zur Linken nicht behindert hätte. Eine von den mannigfachen, auch von Karl Flohr in dieser Richtung ventilierten Bauweisen zeigen Fig. 4 und 5, welche ohne Kommentar verständlich sein dürfte. Thatsächlich gelangt ein derartiger Schwenkkran in der französischen Abteilung zur Ausführung. Bestimmend für diesen Entschluss scheint die Möglichkeit gewesen zu sein, den Kran nach vollendeter Montage an eine Treppe heranrücken zu können, so dass das Terrain frei bleibt. Deutscherseits war man in eingehende Erwägung über die Zweckmässigkeit des französischen Vorschlages eingetreten. Wenn auch die Ausführbarkeit natürlich von vornherein nicht angezweifelt werden konnte, so erregte die Zweckmässigkeitsfrage Zweifel, die noch durch die örtlichen Verhältnisse unterstützt wurden. Die Zweifel verdichteten sich sehr bald zu dem Ergebnis, dass für die Montagedienste der Schwenkkran nicht empfehlenswert erschien. Textabbildung Bd. 314, S. 178 Ursprüngliches französisches Projekt der Mascinenhalle. Es blieb nunmehr noch eine Lösung, welche in der Ausführung eines Portalkranes bestand. Aber auch diese Lösung bot mancherlei technische Schwierigkeiten. Gegeben war die Tragkraft von 25 t und die Hubhöhe von 12,5 m. Andererseits war die Bedingung gestellt, das Gerüst zwischen den bereits bis auf Millimeter festgelegten Maschinenplätzen und der Gebäudekonstruktion frei beweglich zu machen. Die äusseren Maschinenprofile und die inneren Gebäudeteile thaten das Ihrige, um dem Statiker und Maschinenbauer die Aufgabe zu erschweren. Das Ergebnis der Ueberlegungen war die in Fig. 6 und 7 schematisch wiedergegebene Ausführung des Portalkranes, dem eine Spurweite von 27,6 m gegeben werden musste. Aus Fig. 1 ersieht man das Krangerüst innerhalb der Halle, sowie die beiden einander vollkommen gleichen Füsse. Jeder der letzteren ist auf zwei Wagen zu je vier Rädern montiert. Vier Räder auf jeder Seite werden durch Schnecken angetrieben und zwar erfolgt der Antrieb vollkommen zwangläufig durch Wellenübertragung, da auf eine äusserst gleichmässige Fortbewegung ein Hauptaugenmerk zu richten gewesen ist. Textabbildung Bd. 314, S. 179 Umladekrana Eisenbahngeleise; b Ballast; c Krangeleise; d Ausladung; e Stromabnehmer; f Elektrische Winde. Die Bewegungsarbeit verrichten vier Elektromotoren. Zum Fahren des Krans, das mit 0,5 m pro Sekunde erfolgen kann, sind 26 erforderlich; das Heben der Maximallast mit einer Geschwindigkeit von 0,04 m pro Sekunde erfordert 36 und die Traversiergeschwindigkeit von 0,3 m wird mit 8 erreicht. Als Energie dient Gleichstrom von 220 Volt. Das Gewicht des Krangerüstes beträgt rund 70000 kg, dasjenige der mechanischen Teile, der Laufkatze, Motoren u.s.w. rund 28000 kg. Zum Transport dienten zehn Waggons, welche nacheinander in der Zeit vom 22. September bis zum 4. November expediert wurden. Die Montage hatte am 4. Oktober d. J. begonnen und der Kran wird wohl schon längere Zeit im Betrieb sein, wenn diese Zeilen im Druck erscheinen. Sicher ist, dass die Firma Karl Flohr mit ihrem Kran ein würdiges Stück deutschen Könnens in den Wettkampf gesandt hat. Wilh. Gentsch. Textabbildung Bd. 314, S. 179 Montagekran. Es kann von der deutschen Industrie nur mit Freude begrüsst werden, dass demjenigen Industriezweige, der im Bau von Hebezeugen in den letzten Jahren so ausserordentliche Fortschritte gemacht und insbesondere in der Ausführung von grösseren Hebe- und Transportwerken bei Hafenanlagen so Hervorragendes geleistet hat, nun bei der Pariser Weltausstellung die Gelegenheit geboten ist, ein solches Ausstellungsstück, für welches unter gewöhnlichen Verhältnissen schon der erforderliche Platz nur schwer zu beschaffen und auf welches bei der Konstruktion der Baulichkeiten von vornherein Rücksicht zu nehmen ist, der gesamten technischen Welt vor Augen führen zu können. Schon jetzt läuft einer Reihe von Zweigen der deutschen Industrie das Urteil voraus, dass sie aus dem grossen Wettbewerb mit Triumph hervorgehen werden; um so erfreulicher ist es, dass auch die deutsche Industrie für Hebezeuge, der gegenwärtig viele ausländische, insbesondere amerikanische Ausführungen vorbildlich sind, auf der Weltausstellung würdig vertreten sein wird durch eine Anlage, die nicht nur durch den glücklichen Konstruktionsgedanken und ihre äusseren, konstruktiv gefälligen Formen Aufsehen erregen, sondern die Zweckmässigkeit ihrer Konstruktion und ihre praktische Leistungsfähigkeit bei Gelegenheit der Aufstellung und Abmontierung der zur Ausstellung gelangenden Maschinen erweisen wird, wobei bekanntlich infolge Zeitmangels und Verwendung fremder Arbeitshilfe die Anforderungen an einen Montagekran aussergewöhnliche sind. (D. R.)