Titel: Der Stand der Unterseebootfrage zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts.
Fundstelle: Band 315, Jahrgang 1900, S. 278
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Der Stand der Unterseebootfrage zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Der Stand der Unterseebootfrage zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Zahl der konstruierten oder auch nur entworfenen Unterseeboote ist eine beträchtliche. Allein der preussischdeutschen Marineleitung sind von 1861 bis Ende 1899 nicht weniger als 180 solcher Fahrzeuge angeboten, sei es direkt zum Kauf, sei es, um Mittel zur Ausführung zu erlangen. Die Marineleitung hat sich dazu durchweg ablehnend verhalten, und, wie es Prof. Busley in einem Vortrag am 5. Dezember 1899 betonteVortrag von Prof. Busley in der Technischen Hochschule Charlottenburg über Unterseeboote gehalten in Gegenwart Kaiser Wilhelm II. am 5. Dezember 1899., gedenkt sie diesen Weg auch weiterhin nicht zu verlassen, und somit haben in Deutschland die Konstrukteure unterseeischer Fahrzeuge wenig Aussichten, wenn sie auf Hilfe der Regierung rechnen. Damit ist auch das Schicksal des Bootes entschieden, von welchem vor kurzer Zeit in der Tagespresse mehrfach die Rede war und dessen Leistungen man rühmte. Dasselbe wurde auf der Howaldwerft zu Kiel gebaut, angeblich im Auftrag einer Berliner Firma, und machte am 25. Februar 1899 seine erste Probefahrt im Kieler HafenLe Yacht, 1. 1899. Voss. Ztg., 19. Januar 1899. Echo, 1899 S. 862.. Seit der Erbauung des Fahrzeuges, das der bayerische Unteroffizier Bauer im Jahre 1850 bei Schweffel und Howald in Kiel herstellen liess und mit dem er gegen die dänische Flotte zu operieren gedachte, wurden von der preussischen und deutschen Marine Proben mit Unterseebooten nicht gemacht. Mit dem damaligen Boot, das Bauer „Brandtaucher“ nannte, wollte der Konstrukteur am 1. Februar 1851 den Versuch machen, die den Hafen blokierenden dänischen Kriegsschiffe „Skjöld“ und „Freya“ anzugreifen. Zweimal tauchte das Boot im Kieler Hafen und gelangte an die Oberfläche, beim dritten Tauchen blieb es unten und wurde erst 36 Jahre später, 1881, gehoben. Die aus 3 Mann bestehende Besatzung konnte sich rettenJahrbücher der deutschen Armee und Marine, 11. 1898, Bauer's Brandtaucher von Schwarz-Flemming. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens, Pola, 1. 1887. Karl v. Bruchhausen, Berlin-Friedenau 1895, Taucherboote.. Die Franzosen dichten der deutschen Marine nichtsdestoweniger den Besitz von zahlreichen unterseeischen Fahrzeugen an, indem man letztere dort einfach mit Torpedobooten verwechselt. So schreibt man in „Les guerres navales de demain“, einem Buch, das zu Anfang der 90er Jahre bedeutendes Aufsehen machte: „L'Allemagne tient aujord'hui la tête, avec six torpilleurs sous-marins, dont trois en service depuis un an, et trois en essais à Kiel. Les trois sous-marins en service ont donné d'excellents résultats“Les guerres-navales de demain, Paris 1891. Z. Conndant und H. Montéchaut, S. 241.. Wenn sich nun aber auch das deutsche Marineamt ablehnend gegen die Unterseeboote verhält und mit der Ansicht, dass solche Fahrzeuge einen geringen Kriegs wert bei grosser Unzuverlässigkeit besitzen, durchaus nicht allein steht, so haben andere Marinen bedeutende Mittel aufgewandt und grosse Hoffnungen sind auf diese Objektegesetzt worden, Hoffnungen, welche allerdings zum grössten Teil als trügerische sich erwiesen. „Erfunden“ ist das Unterseeboot eigentlich längst, und der Konstrukteur eines solchen Fahrzeuges ist kaum mehr berechtigt, sich „Erfinder“ zu nennen. Es gibt und gab schon seit fast drei Jahrhunderten Fahrzeuge, mit welchen man ohne Gefahr unter die Oberfläche des Wassers tauchen kann, dort nach Belieben verweilen und sich bewegen und jederzeit an die Oberfläche zurückzukehren in der Lage ist. Die Zahl solcher Unterseeboote, die heute vorhanden sind und nach diesen Richtungen hin durchaus befriedigende Leistungen aufzuweisen haben, ist weit grösser, als man gemeinhin annimmt, aber trotzdem sind diese Leistungen trotz aller Neuerungen und Fortschritte auf technischem Gebiet nicht erheblich bedeutender, als sie es vor langer Zeit mit anscheinend sehr primitiven – gegen die modernen gehalten – Fahrzeugen gewesen sind. Ob wirklich Unterseeboote bei der Verteidigung von Syrakus durch Archimedes mitgewirkt haben, mag dahinstehen, wahrscheinlich nicht, denn es werden Archimedes doch gar zu viele Erfindungen zugeschrieben. Auch vom Borne-Boot, 1604, weiss man nichts näheres, als dass 1624 zwölf Personen, darunter König Jakob I. von England, in einem solchen durch zwölf Ruderpaare bewegten Fahrzeug unter dem Wasserspiegel der Themse von Westminster bis Greenwich fuhren – also 2 geographische Meilen. Wenn daran auch etwas Uebertreibung sein mag, so genügt die Thatsache, dass ein König sich solchem Taucherboot anvertraute, um die damaligen Ansichten über die Sicherheit solcher Konstruktionen darzuthunThe nautical magazine, 5. 1895. De Zee, 1887. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens, 9. 1887. Berliner Illustrierte Zeitung, 1899 Nr. 21. H. de Meville.. Mehr wie jenes Boot, das der Holländer Cornelius Jakob Drebbel, geboren 1575 zu Alkmar, gebaut hatte, leisten im allgemeinen die neuesten Unterseeboote auch nicht. Erst nach mehr als einem Jahrhundert, 1777, kommt der Amerikaner Bushnell mit einem unterseeischen Fahrzeug, welches aber bereits das Ziel verfolgt, das man bis heute noch nicht mit einiger Sicherheit erreicht hat: Es sollte feindliche Schiffe durch Minen – Torpedos – zerstören. Daher schreiben die Amerikaner sich die Erfindung der Unterseeboote zu, und leider findet man diese Ansicht auch in deutschen Schriften vertreten, obgleich auch Papin ein solches Fahrzeug gebaut hatte. Das Bushnell-Boot gelangte im Hafen von New York unter das Flaggschiff des britischen Admirals Lord Howe, das Linienschiff „Eagle“, mit 900 Mann Besatzung. Es konnte aber seinen Torpedo mit 150 Pfund Geschützsprengpulver nicht am Schiffskörper befestigen und musste unverrichteter Dinge umkehren. Niemand an Bord des englischen Geschwaders hatte von diesen Vorgängen eine Ahnung. Als das Boot auf dem Hudson die Engländer angriff, gelang es durch einen Schuss, dasselbe zum Sinken zu bringenTechnische Rundschau des Berliner Tageblatt, 1897. Karl v. Bruchhausen, Berlin-Friedenau 1895.). Das ist eine Leistung, die heute in der Wirklichkeit noch nicht übertroffen ist, denn alle Uebungen, bei welchen mit Torpedos Erfolge erzielt wurden, krankten mehr oder weniger an Voraussetzungen, die der Wirklichkeit nicht entsprechen, wie: Günstiges Wetter, genau bekannte Entfernung des Angriffsobjekts, Beschaffenheit und Lage desselben, Sicherheit vor gegnerischen Unternehmungen, beste Vorbereitungen. Es ist also das Unterseeboot erfunden, desgleichen das unterseeische Torpedoboot, um das es sich als Kriegswaffe handelt; denn abgesehen von einigen Booten, mit welchen man beabsichtigt, Gegenstände vom Meeresboden zu heben, sind alle anderen Fahrzeuge mit der ausgesprochenen Absicht konstruiert, durch Torpedos dem Gegner auf dem Wasser Schaden zuzufügen; nur sahen die Erfinder das sichere Lancieren von Torpedos zumeist als Nebenzweck an und gaben sich der Meinung hin, wenn man erst ein Fahrzeug besässe, mit dem man tauchen und sich unter Wasser bewegen könne, so sei das Lancieren von Torpedos nicht allzu schwierig. Dies ist ein Irrtum! Denn es ist sehr fraglich, ob eines der neuesten Boote wirklich als eine kriegsbrauchbare Waffe gelten kann. Zwar hat der frühere Marineminister Frankreichs, Lockroy, in der Kammer. zu Anfang 1899 die Ergebnisse der Uebungen des „Gustave Zédé“ sehr gelobtLockroy, Rede, 17. März 1899., und aus Amerika kamen Ende 1899 Nachrichten von den bewunderungswürdigen Leistungen des Holland-Bootes, aber Lockroy ist kein Seemann, er ist ein Anhänger der sogen. jeune école, also ein Gegner der grossen Schlachtschiffe und ein Freund von Torpedos in jeglichem Fahrzeug. „Gustave Zédé“, früher „la Sirène“ genannt, ist keineswegs neu, sondern bereits Oktober 1890 in Toulon vom Stapel gelaufen, wurde vielfach vom Unglück verfolgt, und aus dieser einen, nach einem Zeitraum von 8 Jahren geglückten Uebung kann man nach so vielen Unglücksfällen und Aenderungen keineswegs den Schluss ziehen, in diesem Boot eine zuverlässige Kriegswaffe zu besitzenZédé, Quellen: Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens, 8./9. 1893; 8. 1894; 2. 1895. Iron, 1893. Militärisches Wochenblatt, 62. 1893. La Marine de France, Jahrgang 1893, 1894, 1895. Moniteur de la flotte, 11. 1894. Army and Navy Gazette, 29. Dezember 1894 und 28. Januar 1899. Pariser Tagespresse, 1899.. Aehnlicher Jubel hat auch in Frankreich schon öfter geherrscht, wenn ein neues Unterseeboot erschien, und deren sind nicht wenige gewesen. Es seien genannt: Der „Plongeur“ des Admiral Bourgeois, der „Gymnote“ und „Goubet“ von Zédé und Goubet, beide in mehreren Ausführungen; von letzterem wurden sogar zwei Exemplare nach Brasilien verkauft. Mit dem Jubel ist es ein eigen Ding auf diesem Felde. Als der Spanier Peral, gestorben zu Berlin im Mai 1895, mit dem nach ihm benannten Boot gelegentlich des Karolinenstreites hervortrat, meinte man in Spanien, mit einigen „Perals“ die Weltherrschaft auf den Meeren erringen zu können. Die Türkei besitzt zwei Nordenfelt-Boote von hervorragenden Leistungen, Griechenland hat auch zwei, und die Zahl der amerikanischen Wunderfahrzeuge ist sehr gross, aber – weder im griechisch-türkischen noch im spanisch-amerikanischen Kriege hat man es bei allen vier Mächten gewagt, an ein Indienststellen der Boote auch nur zu denken, obwohl für die Amerikaner in Westindien geradezu ideale Verhältnisse für die Verwendung solcher Fahrzeuge herrschten. Was den „Gustave Zédé“ angeht, so ist er mit 266 t Deplacement das grösste aller Unterseeboote. Sein Bau wurde mit grosser Heimlichkeit betrieben, wie man denn überhaupt sich bemüht, die Konstruktion solcher Fahrzeuge in einen möglichst dichten geheimnisvollen Schleier zu hüllen. „Zédé“, nach Plänen von Romanzotti gebaut, wird durch Elektrizität bewegt, welche in 300 Sammlern aufgespeichert ist, während die meisten Boote sonst für Fahrten an der Oberfläche Dampf, für solche unter Wasser Elektrizität anwenden und ihre Sammler an der Oberfläche aus eigener Kraft laden können. Dieses System ist auch in Frankreich bei den Nachfolgern des „Zédé“, „Morse“, abgelaufen am 8. Juli 1899, ebenfalls nach Plänen von Romanzotti, und „Narval“, abgelaufen am 27. Oktober 1899 zu Cherburg nach Plänen von Laubeuf, des Siegers aus einem Preisbewerb, ausgeschrieben 1896, beibehalten. Dann kamen die Fahrten des „Zédé“, und sofort nahm man zahlreiche Unterseebootein Angriff. Der Pariser Matin sammelte Geld für zwei, „le Français“ und „l'Algérien“, die in Cherbourg aufgelegt wurden, vier weitere, nach Plänen von Maugros: „Farfoudet“, „Gnome“, „Korrigan“ und „Lutin“, erhielt Roquefort in Bestellung. Triton wird in Cherbourg, „la Sirène“ in Lorient gebautBroad Arrow, 1899. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens, 2. 1899; 4. 1899; 12. 1899; 2. 1900. Echo, 23. April 1899. Army and Navy Gazette, 25. September 1897. Royal Unit. Serv. Instit., 5. 1899. und wahrscheinlich liegen noch weitere Boote im allgemeinen Typ Narval zu Brest (Q 6 und Q 7), so dass Frankreich sich in der That eine Torpedoflotte schafft. Mit zu dem Entschlusse mag beigetragen haben, dass man glaubt, einen brauchbaren Unterwasserlancierapparat für Fischtorpedos in der Konstruktion des russischen Ingenieurs Drzewiecki gefunden zu haben, dessen Konstruktion ganz besonders geheim gehalten wird. Von ihm ist bekannt, dass der Torpedo mittels eigenartig geformter Klauen in einem horizontalen Rahmen, ausserbords des Unterseebootes, gehalten wird, welcher Rahmen um eine vertikale im Boote befindliche Achse drehbar istMitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens, 9. 1898.. In der Ruhelage liegt der Rahmen längsseit des Fahrzeuges. Eingehende Versuche mit diesem Apparat wurden allerdings am „Surcouf“ gemacht, dieses Fahrzeug ist aber kein Unterseeboot, sondern ein Kreuzer. Eine Nachricht der United Service Gazette vom 3. Februar d. J. besagte zwar, dass nach den Ergebnissen des amerikanischen Holland-Bootes am 9. November 1899 alle Bauten an Unterseebooten in Frankreich sistiert seien, doch beantragte noch am 14. Februar der Deputierte Fleury-Ravarin in der Kammer die sofortige Inangriffnahme zahlreicher solcher Boote, also dürfte jene englische Nachricht auf Irrtum beruhenBerliner Blätter vom 15. Februar 1900.. Ob man nun in Frankreich auch in leitenden Kreisen an die Furchtbarkeit dieser neuen Seewaffen als Zerstörungsmittel feindlicher Schiffe glaubt? Schwerlich! Aber da die Begeisterung vorhanden ist, benutzt man sie und will, wenn zahlreiche Boote da sind, mit ihnen den blokierenden Gegner nervös machen. Ihr gelegentliches erfolgloses Auftauchen allein genügt, um das feindliche Geschwader zu einer Wachsamkeit zu veranlassen, deren Anstrengungen auch die eisernsten Nerven auf längere Zeit nicht gewachsen sind, und damit haben die Boote, wovon jedes rund – von den neuesten – 650000 Frcs. kostet, vollständig ihren Zweck erfüllt. Der „Zédé“ hat bei Uebungen auf der Reede von Toulon gegen das Linienschiff „Magenta“, sowohl vor Anker als in Fahrt, erfolgreich Torpedos lanciert. Wenn er solche Leistungen mit Sicherheit aufweist, sind sie allerdings beachtenswert. Lange vor dem Erscheinen des Gustave Zédé als gutes Boot, also vor Herbst 1898, waren es Leistungen von zwei Fahrzeugen, die viel Aufsehen machten, der „Nautilus“ von Campbell in England und des Nordenfelt-Bootes Nr. 2, für die Türkei geliefert, wo es in den Listen unter „Abd-ul-Medjid“ geführt wird; ersteres übte 1886 in den Westindiendocks zu London, letzteres am Goldenen Hörn 1887. Das Deplacement des „Nautilus“, der auf der Werft von Fletscher in Limmerhouse gebaut wurde, kann durch Einziehen oder Ausschieben der Rohre um ½ t geändert werden, so dass ein natürlicher Auftrieb hergestellt wird. Das Boot hat einen 3 t schweren, abwerfbaren Bleikiel, zwei Schrauben, Dynamomaschinen, System Edison-Hopkinson, von 45 PS, 180 Sammler, die für einen Betrieb von 10 Stunden ausreichen, und die Luft genügt für sechs Personen 2 Stunden. Die Uebungen im Westindiendock Ende 1886 ergaben grosse Zuverlässigkeit im Tauchen, auch eine Geschwindigkeit von 6 Meilen etwa, und eine solche ist, wenn auch wenig befriedigend, thatsächlich unter Wasser selten von anderen Booten übertroffen worden. Es ist leider nicht bekannt, was aus diesem Fahrzeug, dessen Uebungen Lord Beresford und General Collingwood beiwohnten, geworden istLondoner Correspondenz, 15. Dezember 1886. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens, 12. 1886; 1. 1887. Times, 12. 1896.. Die Boote von Nordenfelt zeichnen sich durch grosse Sicherheit aus, die sie ihren Insassen gewähren und durch Präzision der Bewegungen. Sie tauchen durch Einnehmen von Wasserballast und Wirkung horizontaler Schrauben. Das erste Boot, das, charakteristischerweise, Griechenland kaufte, war bei allen seinen sonstigen guten Eigenschaften zum Lancieren von Torpedos nicht geeignet und musste mehrfach Aenderungen unterworfen werden. Nordenfelt hat später noch eine ganze Reihe von Booten gebaut, und es ist anzunehmen, dass es ihm gelang, diesen Fehler bis zu einem gewissen Grade zu heben, so dass auch diese Boote Torpedos lancieren können, vorausgesetzt, dass sie eine genügend geschulte Besatzung haben. Ein solches Boot wies in den Gewässern von Southampton Ende der 80er Jahre sehr gute Resultate auf, und verschwand dann spurlos aus der Oeffentlichkeit, wie das mit Booten schon öfter geschehen ist, die in England geprobt wurden, ein Beweis anscheinend dafür, dass man dort durchaus nicht so unempfänglich für Unterseebootfragen ist, wie es nach aussen hin den Anschein hat. Ein unmittelbarer Vorgänger dieses Fahrzeuges war der „Abd-ul-Medjid“ der Türkei. Dieses Boot übte vor dem Sultan am Goldenen Hörn am 7. Juni 1887, manövrierte mit grosser Sicherheit zwischen den zahlreichen dort liegenden Schiffen, griff bei Skutari ein Ziel an, sank, fuhr unter dem Kiel des Angriffsobjekts hinweg, dampfte mit 8 Meilen (à 1852 m) Fahrt über Grund gegen die starke Strömung des Bosporus an und blieb anstandslos 5 Stunden unter DampfIron, Herbst 1882. Reichspatentblatt, 12. 1882. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens, 7./8. 1887.). Bevor wir uns zu den amerikanischen Booten und deren neuestem, dem jetzt epochemachenden Holland wenden, sei ein kurzer Ueberblick über die Fahrzeuge dieser Art, soweit sie noch nicht erwähnt sind, gegeben. Fast alle Nationen haben sich bemüht, sich auf diesem Gebiet geistig zu bethätigen. Die Franzosen sind aufgezählt, von Engländern seien genannt: Day 1774, der mit seinem Boot sank; Scott Russel 1855; Delaney 1856; Joseph Jones 1877; Garett 1879; Davis 1883; Middleton 1883; Waddington 1886The nautical magazine, 1895. Internationale Revue über die gesamten Armeen und Flotten, Dresden, 6. 1897. Gäa, 1888 S. 472. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens, 1. und 2., 1886 S. 356. Patentblatt des Deutschen Reichspatentamts, 1883 (Patent Nr. 28178 für Davis' Boot). United Service Gazette, 25. Februar 1893 (Englisches Patent Nr. 15253 für H. Middleton)., dessen Boot auch aussenbords Fischtorpedos in Klauen hielt, also ähnlich wie der Drzewiecki'sche Apparat bei Gustave Zédé; endlich sei der Vollständigkeit wegen des Schmugglers Johnson gedacht, der auch als Franzose unter dem Namen Johmon vorkommt. Er bot den Franzosen an, Napoleon von St. Helena mittels eines Unterseebootes zu entführen, und als Napoleon's Tod 1821 diesen Plan vereitelte, ging er zu den Engländern und soll bei Greenwich mit sechs Gefährten 6 Stunden lang unter dem Wasserspiegel verweilt haben. Von Russen sind erwähnenswert: Alexandrowski, Mitte der 60er Jahre; Freiherr von Tiefenhausen, erstes Projekt 1862; Apostoloff, nahm 1890 D. R. P. Nr. 56300; Szewenetzki, probte 1882 Unterseeboote mit Tretmotoren, deren eine ganze Anzahl gebaut wurde. Damals tauchte auch die Nachricht auf, Russland besässe oder beschaffe 50 Goubets, die sich als eine fette Ente erwies. Die Szewenetzki-Boote führten zwei Torpedos auf Deck in Kautschuksäcken, die sich durch Auftrieb in dem Schiffskörper des Angriffsobjekts festsaugen sollten und durch Elektrizität entzündet wurden. Im Jahre 1896 soll ein Boot von Pukaloff zu Kronstadt im Bau gewesen sein, das auf Schiffen mitgeführt werden kann. Näheres hat man nicht vernommenQuellen: Le Yacht, 10. 1896. Deutsche Marine-Rundschau, 12. 1896. Patentblatt des Deutschen Reichspatentamts, 1890 (D. R. P. Nr. 56300 für Apostoloff-Boot). Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens, 1885 und 1887.. In Dänemark beschäftigten sich Keifler und Hoogaard mit der Lösung der Frage. Ersterer entwarf 1885 ein vereinfachtes Nordenfelt-Boot, und es verlautete, dass man auch in maritimen Kreisen Deutschlands viel von der Konstruktion halte. HoogaardPersönliche Notiz aus Prof. Busley's Vortrag vom 5. Dezember 1899. baute 1888 das erste Fahrzeug des Typs, den Prof. Busley „Ueberflutungsboote“ nennt, zu welchem Typ alle neueren gehören, denn sie sollen mit der Kuppel über Wasser möglichstdem Angriffsobjekt sich nähern und erst tauchen, wenn sie befürchten müssen, entdeckt oder beschossen zu werden. Ein ganz absonderliches Fahrzeug hat der Norweger Möller aus Christiania entworfen – wenn wir uns nicht irren – erst 1899. Bei diesem Boot ist die Stabilität durch absonderliche Form und einen Bleikiel angestrebt. Das Fahrzeug ist 22 m lang, 4 m breit und 6 m hoch. Wie man sieht, ist dasselbe sehr – vielleicht zu sehr – geräumig und wird durch Dampf über Wasser getrieben; man hofft auf 12 Meilen Fahrt (?) unter Wasser. Bemerkenswert und eigenartig ist die Einrichtung, dass zur Lancierung bezieh. Anbringung der auf Deck befindlichen Torpedos ein Mann in einer Art Taucherausrüstung teilweise ausserbords geschoben wird, aber mit dem Innern des Fahrzeugs in Verbindung bleibt und von dorther die Luftzufuhr erhält. Mancherlei scheint an der Konstruktion etwas wundersam, und es will scheinen, dass dieses Boot noch nicht zur Ausführung gekommen ist, sondern dass der Konstrukteur nach einer ausführenden Firma herumsucht. Wie Möller der einzige Norweger ist, scheint Don Fontes Pereira de Hello der einzige Portugiese zu sein, der sein Vaterland mit einem Boot beglückt hat. Er konstruierte ein solches zu Anfang der 90er Jahre, das angeblich einen „Optical tube“ besitzt, mit dem man unter Wasser etwas besser sehen soll. In den Flottenlisten Portugals stehen einige dürftige Angaben über dieses Boot, „Fontes“ benanntArmy and Navy Gazette, 9. April 1892. Almanach, Pola 1899. Jahrbuch des deutschen Flottenvereins, 1900.. Was das Sehen unter Wasser bezw. aus einer Kuppel über Wasser anbelangt, so hat man in letzterem Falle, des niedrigen Standpunktes über der Wasserfläche wegen, natürlich keinen besonderen Ueberblick, und bei geringer Bewegung des Wassers, die bei solchen Fahrzeugen bereits Seegang bedeutet, wird der Ausblick durch das überkommende Seewasser, wie bei den weit höher liegenden Türmen der Torpedoboote, trotz allen Bürstens und Wischens, fast ganz unmöglich gemacht. Unter der Oberfläche kann man selbst im klaren Wasser, wie beispielsweise im Mittelmeer, nur einige 20 m weit sehen, von Umblick ist keine Rede. Lockroy behauptet nun zwar, die französischen Unterseeboote wären nicht mehr blind unter Wasser, und thatsächlich haben die Schiffsfähnriche Violette und Davelny in neuester Zeit eine Seevorrichtung erfunden, die sehr geheim behandelt wird, aber möglicherweise handelt es sich auch nur um das seit 1892 bekannte Periskop, eine teleskopartige Vorrichtung, welche, an der Spitze über Wasser ragend, ein Prisma trägt, das die horizontal aufgefangenen Lichtstrahlen vertikal, nach unten auf einen Spiegel oder eine weisse Fläche, wie in der Camera obscura, wirft. Diese Periskope leisten aber in der Praxis keineswegs das, was man ihnen theoretisch zuschreibt, und gelöst ist durch sie die Frage der Orientierung unter der Oberfläche nicht. Die Italiener haben eine ganze Anzahl von unterseeischen Fahrzeugen; drei allein stehen in den Listen ihrer Kriegsmarine: „Pullino“, der unter Bewachung von Carabinieri zu Spezzia im Arsenal gebaut wurde, und dort am 20. März 1892 ablief, benannt nach seinem Konstrukteur; „Delfino“, abgelaufen 1895, und „Audace“, der nach einer Angabe (Jahrbuch des deutschen Flottenvereins, 1900) sich noch im Bau befinden soll, während er nach zahlreichen anderen Quellen schon am 4. Juli 1892 auf der Werft der Gebrüder Migliardi zu Savona ablief. Er kommt auch vor als „Balla nautica“ oder wird nach seinen Konstrukteuren „Peter degli Abbati“ oder „Migliardi“ genanntPrometheus, Jahrgang IV, Heft III. La Marine de France, 15. Mai 1895. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens, 6./7. 1893. United Service Gazette, 1893. Iron, Januar 1893.. Weiterhin taucht ein „Balsamello“ auf, der Herbst 1890 zu Civita Vecchia geübt haben soll, und Ende September 1896 wurde zu Spezzia mit negativem Erfolge eine Taucherkugel von Corzetto geprüft. Sie sank auf den 12 m tiefen Boden des Bassins und blieb liegen. Mit Hebezeugen wand man sie nach 9 Stunden mit halb oder ganz ohnmächtiger Besatzung emporTechnische Rundschau des Berliner Tageblatt, 1896 Nr. 47.. Die Zahl der bekannteren Boote, soweit sie von Europäern konstruiert wurden, dürfte damit so ziemlich erschöpft sein. Zu erwähnen wäre noch der nicht für Kriegszwecke bestimmte „Unterseeische Arbeiter“ des Italieners Piatti dal Pozzo und des Franzosen Délisle, der Lasten vom Meeresgrunde heben soll, und sowohl auf der Seine bei Choisy le Boy wie bei Havre übte. Ein nach dem Prinzip der Telegraphie ohne Draht vom Lande aus zu lenkendes Boot hat Tesla entworfen, der es bescheiden einen Segen der Menschheit nennt; ein Boot stammt von einem Deutschen, Vogel, Dresden 1885, und eins von Montgéry, 1823, deshalb merkwürdig, weil sein Konstrukteur beabsichtigte, es durch – Pulver zu treibenDeutsche Marine-Ztg., 21. Mai 1899. Buch für Alle, 6. 1897. Berliner Illustrierte Zeitung, 1899.. Die Vereinigten Staaten, das Land der Erfindungen, aber auch des Humbugs, haben eine grosse Zahl von Unterseebooten aufzuweisen, und eines derselben hat auch den einzigen thatsächlichen Erfolg, den solche Boote erreicht haben, zu verzeichnen. Durch ein solches aus Kesselblech hergestelltes, durch acht Mann mit Handbetrieb in Bewegung gesetztes Fahrzeug, das vordem bereits dreimal mit insgesamt 24 Menschen gesunken war, wurde am 17. Februar die unionistische, 1240 t grosse, fast neue Korvette „Housatonic“, gegenüber Fort Sumter, zum Sinken gebracht. Das Boot sank mit, die Besatzung von 9 Mann ertrank. Alle Amerikaner und ihre erfundenen Boote aufzuzählen, würde zu weit führen, und ist ziemlich interesselos, da die meisten samt ihren Werken, trotz aller Reklame, verschwunden sind. Auf den bereits erwähnten Bushnell folgte der geniale Fulton, der Begründer der Dampfschiffahrt, um die Wende des 19. Jahrhunderts. Er bot seine Erfindung 1800 Napoleon an, der ihm auch Mittel zuweisen liess, und 1801 war der „Nautilus“ fertig für Hebungen zu Havre. Das aus Kupfer gefertigte Fahrzeug, durch ein Rad mit Handkraft bewegt, tauchte und steuerte tadellos, brachte in Gegenwart des Generals Villarez unter einem Schiffe eine Mine an und entzündete dieselbe. Als die französische Regierung Fulton weitere Mittel verweigerte, ging er nach Amerika zurück und soll dort 1812 mit seinem Boot, das durch Privatbeiträge erbaut war, unter den Kiel des britischen Linienschiffes „Ramillies“ bei New London gelangt sein; doch führte er den Anschlag nicht aus. Fulton's Tod machte den Versuchen ein Ende. Das erste Boot mit Dampf soll dann ein gewisser Alsitt für die Konföderierten konstruiert habenBusley's Vortrag, 5. Dezember 1899 zu Charlottenburg., das bereits alle technischen Eigenschaften aufzuweisen hatte, die man an diesen Fahrzeugen erst in weit späterer Zeit fand. Zu diesen gehörten angeblich Wasserballast, Schraube mit Dampfbetrieb, komprimierte Luft, zwei Steuer, Glasdom, Torpedos mit Schlippervorrichtung vom Inneren aus zu leiten; als Zündung war Elektrizität vorgesehen. Da man nichts weiter von diesem Fahrzeug vernommen hat, so dürfte es auch so, wie man es beschrieb, niemals existiert haben. Der „Stromboli“, von Wood entworfen, machte am 25. Oktober 1864 auf dem Hudson hervorragende Uebungen. Er lancierte Bomben von 50 bis 200 Pfund Gewicht und soll mittels einer Schraube, die 50 Umdrehungen in der Minute machte, 10 Meilen in der Stunde gelaufen sein. Dieses Fahrzeug war wohl eher ein Vorgänger der Torpedoboote als ein ausgesprochenes Unterseeboot, denn es findet sich kein Beweis dafür, dass es gänzlich tauchte. Es ging nach Hampton Roads, um gegen die Schiffe der Konföderierten zu wirken, langte dort auch am 6. Dezember 1864 an, aber man hörte nichts von seinen Erfolgen. Nach dem Sezessionskriege trat in Amerika für längere Zeit ein gewisser Stillstand ein, bis Admiral Aube in Frankreich die Frage wieder anregte, und Goubet auf seine Veranlassung den „Gymnote“ konstruierte. Da drängten die Projektanten die Regierung, und es gelang ihnen, sie zu einem Ausschreiben für den Wettbewerb zu veranlassen, das vom 26. November 1887 datiert wurde. Vorher hatte Hotchkiss 1880 Patente, auch ein deutsches, auf ein Boot genommen, das durch bewegliche Schwimmer tiefer gesenkt werden konnte, Haight, New Haven, erhielt ein deutsches Patent 1886, und Prof. Josias Tuck zu San Franciscowar der geistige Urheber der „Peacemaker“, 1885, geworden, eines Bootes von 19,5 m Länge mit Wasserballast und einem 20 t schweren (!) Bleigewicht, getrieben durch Dampf, mit Natronkesseln (nach anderer Angabe getrieben durch komprimierte Luft) und Minen mit Schwimmern, die zu je zwei durch Ketten verbunden waren, die durch Elektromagnete gehalten werden, und sich magnetisch an den Körper des anzugreifenden Schiffes klammern solltenElectrical Review, 1885, brachte eine Beschreibung. Gäa, 1887 S. 430. Sonst über amerikanische Boote Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens, Jahrgang 1885 bis 1900. Army and Navy Journal. New York Herald, Juli 1897. Echo, 1899. Iron, 1892.. Das Preisausschreiben hatte zahlreiche Projekte gezeitigt, aber die Regierung war entschlossen, nur wirklich Brauchbares anzukaufen, und so ist bis heute – Mai 1900 – noch kein Fahrzeug direkt angenommen. Erwähnt seien: Der „Detroit“ von George Baker, der angeblich unter der Oberfläche 10 Meilen gelaufen sein soll, an der Oberfläche mit Dampf, unter Wasser durch Elektrizität aus Sammlern getrieben, mit Petroleumheizung, Blei- und Wasserballast und 4 t natürlichem Auftrieb. Das Senken geschah durch Verstellung der Achsen der beiden Propeller. Für zwei Boote sollte die Regierung 200000 Doll. bewilligt haben, doch stellte sich diese Meldung als falsch herausIron, 1892 und Januar 1893. Deutsche Heeres-Zeitung, 1. Juni 1892. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens, 7. 1895.. Erwähnt seien noch das Rogars-Boot, dessen Schiffskörper sich um 6 m teleskopartig verlängern und verkürzen liess, wodurch ein Unterschied des Deplacements, von 4 t entstand und das Raddatz-Boot, abgelaufen am 18. Juni 1897 zu Oshkosk, Wisconsin, das auf dem Fox River noch in dem Monat seines Ablaufs vielgerühmte Proben machteDeutsche Marine-Rundschau, 9. 1897.. Sehr bald aber wandte sich das Hauptinteresse J. P. Holland zu, der von der Zeit des Preisausschreibens eine ganze Anzahl von Booten entwarf und ausführte. Schon 1893 empfahl die Kommission die Annahme seiner Konstruktionen; dass die Abnahme eines seiner Unterseeboote bis heute nicht erfolgt ist, beweist, dass man auch in den Vereinigten Staaten seitens der leitenden Marinekreise sich keineswegs grossen Illusionen hingibt, denn alle Holland-Boote wurden als wahre Wunder gepriesen. Die Holland-BooteFür Holland-Boote sind folgende Quellen benutzt: Allgemeine Militär-Zeitung, 1893 Nr. 66. United Serv. Mag., Philadelphia, 6, 1893. Deutsche Marine-Rundschau, 9. 1897. Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens, 7. 1895; 6. 1896; 2. 1900. Deutsche Marine-Zeitung, 3. Mai 1899, Armg and Navy Journal, Januar 1900. zeigen alle Einrichtungen moderner, unterseeischer Fahrzeuge, sie sind dabei gross – untergetaucht bis 252 tNach D. p. J. 1900 315 113 besteht die Besatzung aus nur 7 Personen, auch soll das Boot bei 16,2 m Länge, 3,3 m Durchmesser nur 75 % Wasser verdrängen, ein weiterer Beleg für die Unsicherheit der Meldungen. – und unterscheiden sich dadurch von den meisten, dass sie Geschosse und Torpedos aus dem Inneren, aus zentraler Lage abgeben. Das Boot, welches am 6. November 1899 in Gegenwart einer Marinekommission zwischen Little Hog Neck und Great Hog Neck die epochemachenden Uebungen machte, und das gegenwärtig den modernsten Typ der Unterseeboote repräsentiert, ist am 20. Juni 1897 auf der Crescent-Werft von Nixon in Elizabeth, New York, vom Stapel gelaufen, hat bei 24 m Länge 3,25 m Breite, Zigarrenform und verdrängt, aufgetaucht, 196, untergetaucht 252 t Wasser. Es führt 53 t Wasserballast, wird an der Oberfläche mittels eines Petroleummotors von angeblich bis 1500 PS (?), unter Wasser durch Elektrizität aus Sammlern getrieben. Es hat fünfzehn Personen Besatzung und ist armiert mit zwei pneumatischen Geschützen, entweder Konstruktion Zalinski oder Graydon und zwei Lancierrohren für Whitehead-Fischtorpedos. Die näheren Angaben schwanken beträchtlich, und auch die Zeichnungen, soweit sie erschienen sind, geben wenig zuverlässige Details, was ganz natürlich ist, denn obige Marinekommission soll zum sofortigen Ankauf des „Holland“ geraten haben, „um ein Bekanntwerden des Geheimnisses zu verhüten“, auch dafür gewesen sein, eine Schule zu errichten, in welcher das Personal für Unterseebote auszubilden sei. Nach D. p. J. 1900 315 179 leistet der bei der Electric Dynamic Comp., Philadelphia, gebaute Motorgenerator bei 800 Umdrehungen 50 PS, bei 1200 Umdrehungen 150. Eine Gasolinmaschine soll das Boot über Wasser mit 11,12 km Fahrt treiben, während es unter der Oberfläche 6 Stunden hindurch 8 km stündlich durchlaufen kann. Das wären geringe, längst weit übertroffene Geschwindigkeiten, denn 11,12 km sind gleich 6 unter der Oberfläche, 4,32 Meilen gegen etwa 14 und 8 des „Gustave Zédé“. Jene Uebungen im November 1899 verliefen – aller Aufbauchungen entkleidet – folgendermassen: „Holland“ lief, voll ausgerüstet und mit drei – ungeladenen – Torpedos an Bord, in 6,07 m Tiefe über Deck tadellos. Beim Angriff ging es auf 1,8 m Tiefe über Deck 1 Meile (1852 m) in 9 Minuten durchlaufend gegen ein durch Flaggenstangen markiertes Ziel vor, tauchte 122 m vor demselben auf und gab nach 10 Sekunden gegen dasselbe einen 378 kgNach Mitteilungen aus dem Gebiete des Seewesens, Pola, II. 1900. Nach D. p. J. 1900 815 179 und Royal United Service Institution wog der Torpedo 450 kg bezw. 840 Pfd. engl. = 382 kg, was im Grunde genommen gleichgültig ist. schweren Torpedo ab, welcher das Ziel auf 7,6 m Entfernung passierte. „Holland“ sank nach dem Schuss, wandte auf dem 1½fachen seiner Länge und kehrte zum Ausgangspunkt zurück. Auf einer zweiten Fahrt tauchte „Holland“ mehrfach nach Belieben, lancierte Torpedos und lief gegen Strom und Wind eine Viertelmeile, an der Oberfläche 8 Meilen. Soweit die nackten Berichte, an denen mancherlei weniger glänzend erscheint. So ist die Leistung eine Viertelmeile, also ganze 463 m, ferner 8 Meilen Fahrt zu machen, während man vorher von 14 und auch 18 Meilen stundenlang einzuhalten sprach, nichts Besonderes, und das erschreckend genau vor dem Ziele erfolgte Auftauchen dürfte in Wirklichkeit wohl sich anders gestalten. Jedenfalls aber sind diese Leistungen niemals übertroffen, so dass nur das Zögern etwas befremdlich erscheint, das die Marinebehörden beim Kauf auch jetzt noch zeigen. Man weist darauf hin, dass eine Verteidigung New Yorks durch Unterseeboote fünfzig „Hollands“ bei Long Island notwendig machen würde. Das ist etwas „amerikanisch“ gedacht und ist gewissermassen erklärlich für das Zögern, denn eine solche Beschaffung ist nicht billig und sie erfordert sehr bedeutende Kosten für Anlage von Depots, Häfen, Docks, Aufschleppvorrichtungen, sowie für Ausbildung eines grossen Personals nach bisher unbekannten Grundlagen. Zudem haben die Vereinigten Staaten mehr als zwanzig grosse Häfen zu verteidigen, die sich gegenseitigmit solchen Fahrzeugen nicht unterstützen können, und endlich wird sobald keiner leitenden Marinebehörde einfallen, neben der, trotz aller Unterseeboote, ganz unentbehrlichen Flotte ein halbes Tausend unterseeischer Fahrzeuge nur für Defensivzwecke beschaffen zu wollen. Die Amerikaner haben vor Havana, St. Jouan de Puertorico und namentlich vor San Jago de Cuba glänzende Gelegenheiten gehabt, die Brauchbarkeit und oft betonte Furchtbarkeit ihrer zahlreich vorhandenen, gerühmten und aller Welt zum Kauf angebotenen Unterseeboote zu erweisen. Bessere Gelegenheiten wie vor San Jago mit seiner miserabel gesperrten und verteidigten Einfahrt und dem schlecht ausgerüsteten und bemannten Geschwader Cerveras in der Bai, gibt es für Unterseeboote nicht, um zu zeigen, dass sie überhaupt etwas leisten können. Die Gelegenheiten in den letzten Kriegen sind unbenutzt geblieben, man sprach von den Fahrzeugen gar nicht; jetzt, nach den Kriegen, sind sie wieder furchtbar, aber ausser Frankreich und den Vereinigten Staaten glaubt man nicht recht an diese Furchtbarkeit, und in diesen beiden Staaten hat in solchen Angelegenheiten das Publikum häufig mehr zu sagen als die Marinebehörde. Es ist zu bezweifeln, ob Amerika sich Unterseebootflotten beschaffen wird. Der Wille war bereits 1864 vorhanden, als, nach dem Auftreten des „Stromboli“, der Kongress beschloss, zwanzig „Strombolis“ bauen zu lassen, jedoch die Ausführung unterblieb. So wird denn voraussichtlich Frankreichs Marine die einzige vorläufig bleiben, welche so zahlreiche Unterseeboote besitzt, dass sie im Kriegsfall ihr Vorhandensein nicht gut mit Stillschweigen übergehen kann, und sie in den Docks, beschaulicher Ruhe pflegend, liegen lässt, wie das mit allen neueren Booten – soweit sie mit Maschinen getrieben werden – bisher in Kriegszeiten der Fall gewesen ist, während sie in Friedenszeiten zahlreich sich zeigen. Experimente auf diesem Gebiet sind sehr interessant, aber auch sehr teuer. So existiert ein Brief des russischen Oberst Scheliha von 1872 an die Redaktion der Army and Navy Gazette, in dem er mitteilt, dass die Versuche mit einem Unterseeboot, ausgestattet mit allen Neuheiten, damals bereits 60000 Pfd. Sterl. gekostet hätten, und wenn daher die deutsche Marineleitung für kostspielige Ausgaben nicht zu haben ist, bevor die Leistungen der Unterseeboote durch den Krieg als wirklich sichere und genügende erkannt sind, so ist das wohl erklärlich, namentlich da eine begreifliche Scheu davor herrscht, die durch die rapide fortschreitende Technik immer komplizierter sich gestaltenden und schwerer zu handhabenden Seewaffen noch um eine weitere, besonders difficile, zu vermehren. Die Fortschritte auf dem Gebiet des Unterseebootwesens können deshalb doch scharf beobachtet werden, was auch sicherlich geschieht.