Titel: Die Mechanik des Wollens, Wissens und Wirkens im Lichte der Vibrationstheorie.
Autor: Rudolf Mewes
Fundstelle: Band 315, Jahrgang 1900, S. 592
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Die Mechanik des Wollens, Wissens und Wirkens im Lichte der Vibrationstheorie. Von Rudolf Mewes, Ingenieur und Patentanwalt. Die Mechanik des Wollens, Wissens und Wirkens im Lichte der Vibrationstheorie. Die glänzende Entwickelung der auf dem exakten Naturwissen aufgebauten Technik im 19. Jahrhundert hat im Laufe der letzten Jahrzehnte zu mannigfachen Versuchen geführt, eine Philosophie der Technik zu begründen. Einen Ueberblick über die wichtigsten Arbeiten auf diesem neuen Gebiete und ausserordentlich interessante Beiträge zur philosophischen Begründung der Technik findet man in den wohldurchdachten Arbeiten von Ingenieur P. K. v. Engelmeyer-Moskau, welche in D. p. J. 1899 und 1900 veröffentlicht sind. In Allgemeine Fragen der Technik (s. S. 295 d. Bd.) werden aus dem Werke von Lester Word: Psychic factors of Civilisation (1896) folgende Grundanschauungen wiedergegeben: „Der Intellekt bezwingt die Natur vermöge der ihm innewohnenden Fähigkeit, dort einen Umweg zu wählen, wo kein direkter Weg führt. Naturerscheinungen befolgen unabänderliche Gesetze. Hat die Naturkunde sie ergründet, so entsteht die Kunst der absichtlichen Einleitung der Erscheinungen. Die Bethätigung des Intellektes ist somit grundverschieden von der Natur . . . . Das Tier wird von der umgebenden Natur modifiziert; der Mensch dagegen modifiziert seine Umgebung.“ Es kann nicht bestritten werden, dass in diesen Ausführungen ein Kern von Wahrheit enthalten ist; ebenso sicher steht aber auch fest, dass dieselben in vollem Umfange und streng nicht Geltung haben. Gerade die Unabhängigkeit des Menschen von der Natur oder nach dem alten philosophischen Schlagwort die Freiheit des menschlichen Willens hat viel für sich, aber auch viel gegen sich, wie der jahrhundertelange Streit der Philosophen über dies schwierige Problem lehrt. Auch die moderne Naturwissenschaft hat sich mit diesem Problem ebenso, wie dies jetzt die Philosophie der Technik unternimmt, in ernster Geistesarbeit beschäftigt; ich verweise in dieser Hinsicht auf eine der jüngsten Arbeiten des bekannten Physikers Raoul Pictet, nämlich auf „Étude critique du matérialisme et du spiritualisme par la physique expérimentale“ (Genf 1896), besonders auf die Kapitel „Le mécanisme de la liberté. La vraie définition en physique expérimentale“ (23), „L'homme et les limites de la liberté“ (24) u.s.w. Auch ich bin in folgerichtigem Entwickelungsgang bei meinen physikalischen Arbeiten auf die Beziehungen und den Zusammenhang des Menschen, seines Wollens, Wissens und Wirkens, mit dem ihn umgebenden und auf ihn einwirkenden Naturvorgängen geführt worden. Die Grundlage für meine physikalischen und chemischen Forschungen bildete die Ueberzeugung, dass das Wesen der Materie in ihrer Raumzeitlichkeit beruht, dass deshalb die Gesetze ihres Wirkens nicht blosse Raum- oder blosse Zeitgesetze sein können, sondern raumzeitlicher Natur sein, d.h. auf in Raum- und Zeitelementen erfolgenden Schwingungen unveränderlicher Elementarteile beruhen müssen. Von diesem Standpunkte aus versuchte ich sämtliche Zweige des exakten Naturwissens auf Grund der alten Huyghens'schen Schwingungstheorie zu erklären und den für Vorgänge und Kräfte, welche bisher unverständlich waren und nur in einem zufälligen Zusammenhang miteinander zu stehen schienen, wie Wärme, Elektrizität und Schwerkraft, einfache und umfassende Erklärungen zu bringen. Allein das Bestreben der Spekulation, die Wellentheorie oder Aetherhypothese immer weiter auszudehnen und zu vervollkommnen, birgt etwas Dämonisches in sich; denn sie zwingt den menschlichen Geist bei konsequenter Durchführung dazu, Vorgänge und Erscheinungen, welche auf den ersten Blick in keinem gesetzlichen Zusammenhange zu stehen scheinen, von der weiten Perspektive der Undulationstheorie aus zu betrachten und unter dieselben Gesetze zu bringen. Für sämtliche Zweige der exakten Naturwissenschaft ist dies freilich geglückt, da ja nach dem zweiten Teile von „Elementare Physik des Aethers“ („Kraft und Masse“) auch die allgemeine Massenanziehung auf die Wirkung der Aetherschwingungen zurückzuführen ist. Ausserdem haben die über weite Zeiträume sich erstreckenden Beobachtungen ergeben, dass die kosmischen und terrestrischen Aeusserungen der Wärme, der Massenanziehung, der Elektrizität und des Magnetismus, sowie die klimatischen Vorgänge in denselben auf- und absteigenden Perioden erfolgen. Mit Recht konnte daher Professor Heinrich Hertz seine nachgelassene Mechanik mit den Worten einleiten: „Es ist die nächste und in gewissem Sinne wichtigste Aufgabe unserer bewussten Naturerkenntnis, dass sie uns befähige, zukünftige Erfahrungen vorauszusetzen, um nach dieser Voraussicht unser gegenwärtiges Handeln einrichten zu können“ Wenn dies auch für die engere Naturwissenschaft allgemein als richtig zugegeben wird, so dürfte man doch mit Hohnlächeln und Achselzucken der Behauptung begegnen, dass dieselben Grundgesetze auf unser Denken und Handeln, auf die politische und soziale Entwickelung der Menschheit anzuwenden sind. Gleichwohl hoffe ich durch die nachfolgenden Darlegungen den Grundgedanken beweisen zu können, dass sich die Wellentheorie bis in die verborgensten Gebiete des Waltens der Natur im menschlichen Organismus verfolgen lässt; denn ebenso wie der Mechanismus der toten Natur, bethätigt sich auch die Mechanik des menschlichen Geistes und Willens trotz ihrer scheinbaren Autonomie in ganz gleicher Weise in denselben ab- und aufsteigenden periodischen Schwankungen. Die wichtigsten Faktoren, welche unser soziales und wirthschaftliches Leben beeinflussen, sind ja unstreitig die Produktionen des menschlichen Geistes und die Unternehmungen und Thaten, welche aus Willensregungen und Trieben hervorgehen; denn auf diese beiden Faktoren kommen ja schliesslich alle übrigen Momente, welche den Gang der Zivilisation bestimmen, im Grunde genommen doch zurück, wie beispielsweise die epochemachenden Verkehrsmittel und technischen Erfindungen auf die Leistungen des Willens und der Intelligenz zurückzuführen sind. Es dürfte daher nicht nur von rein wissenschaftlichem Interesse sein, die allgemeinen Bethätigungsgesetze des Denkens und Wollens, zumal wegen ihrer Beziehung zu den unten zu besprechenden Naturvorgängen, auf Grund unzweifelhafter Thatsachen und Beobachtungen festzustellen, sondern sogar von sehr praktischer Bedeutung sein, da man dadurch die Möglichkeit erhält, die weltbewegenden Aeusserungen dieser beiden Grundfähigkeiten des Menschengeschlechtes vorauszusehen und nötigenfalls in gewisse Bahnen zu lenken. Das menschliche Denken ist, wie ich schon 1884 in meiner philosophischen Prüfungsarbeit darlegte, gerade so wie der Wille der Ausfluss einer Naturkraft, und diese Vermögen unterliegen somit selbst als Kräfte gleich allen anderen Kräften der Natur den allgemeinsten Gesetzen über die Wirkungsweise der Kräfte. Jegliche Kraft kann ihr Wesen und ihren Charakter nur dadurch offenbaren, dass dieselbe in Wirkung tritt, also eine andere Kraft überwindet. Da nun gerade der Widerstand, den eine Kraft findet, deren Erkenntnis erst ermöglicht, so dürfte man wohl zu dem Schlusse berechtigt sein, dass die Natur des Hindernisses für die überwindende Kraft von massgebender Bedeutung sein kann. Bei sämtlichen uns bisher bekannt gewordenen Naturkräften hat die Wissenschaft endgültig nachweisen können, dass thatsächlich die sich aneinander bethätigenden und messenden Kräfte wesensidentisch, also nicht spezifisch voneinander verschieden sind. In der exakteren Forschung gilt also thatsächlich der alte Grundsatz der Stoiker: „Ομοιον όμοίῳ γιγνώσκεται“ Sollte nun das Verhältnis der Dinge zum Denken und Wollen von dieser sonst allgemein anerkannten Ansicht wirklich abweichen, so müssten dafür gewichtige Gründe angeführt werden, denn anderenfalls liegt keine Veranlassung vor, den Sachverhalt anders denken zu sollen. Dieser Forderung hat weder Kant, auf dessen Untersuchungen man bei dieser Frage stets zurückgehen muss, noch einer der späteren Philosophen entsprochen; denn Kant und seine Anhänger glauben ja, gerade von der Annahme der Existenz einer solchen unüberbrückbaren Kluft zwischen dem rein gedanklich Subjektiven und dem sachlich Objektiven ausgehen zu müssen. Er stellt ja die Alternative, dass entweder die Dinge oder das Denkvermögen die Erkenntnis der Dinge bedingen. Und doch kann ohne den Beweis des Gegenteils die Möglichkeit nicht als absolut ausgeschlossen betrachtet werden, dass zwischen den Dingen und dem Denken derselben ein innerer Zusammenhang besteht, dass also, damit die Denkkraft zum Auffassen der Dinge soll im stände sein können, zwischen ihr und der Welt eine Gemeinsamkeit, eine gewisse Gleichartigkeit des Wesens existieren müsse. Ja, wenn man auf die Vorbedingungen und die Entstehung des geistigen Lebens sein Augenmerk lenkt, wird man sogar zu der Schlussfolgerung genötigt, dass das Wesen der Materie die Bedingung unseres Denkens bildet, also auch unsere Denkfunktionen nur gemäss der Organisation funktionieren, welche sich nach mechanischen Gesetzen aus der materiellen Welt hat bilden müssen. Das Leben, wenigstens das denkende Leben in der menschlichen Gestaltung, ist eben im Gegensatz zu der Behauptung mancher Philosophen nicht wie die Materie von Ewigkeit dagewesen, sondern es hat, wenn es auch als Kraft unzerstörbar und darum das Preyer'sche Gesetz von der Unzerstörbarkeit des Lebens gültig ist, doch in dem obigen Sinne einen Anfang gehabt. „Die exakte Naturforschung,“ sagt Liebig in den chemischen Briefen I, S. 368, „hat bewiesen, dass die Erde in einer gewissen Periode eine Temperatur besass, in welcher alles organische Leben unmöglich ist; schon bei 78° Wärme gerinnt das Blut. Sie hat bewiesen, dass das organische Leben auf Erden einen Anfang hatte. Diese Wahrheiten wiegen schwer und wenn sie die einzigen Errungenschaften dieses Jahrhunderts wären, sie würden die Philosophie zum Dank an die Naturwissenschaften verpflichten.“ Es kann demnach das denkende Leben, wie ja vom wollenden kaum noch bezweifelt wird, nur durch mechanische Ursachen, bezw. durch physikalisch-chemische Vorgänge in einem bestimmten Zeitpunkte auf der Erde entstanden sein, in dem eben die notwendigen Vorbedingungen einer solchen Entstehung sich herausgebildet hatten. Nach dem Satze „causa aequat effectum“ muss demnach das Produkt der materiellen Kräfte auch die wesentlichen Eigenschaften derselben bewahrt haben. Man dürfte daher gar nicht so unrecht haben, wenn man im Gegensatz zu den Idealisten der Ansicht huldigte, dass nicht das Denken, sondern, wenn man der Sache tiefer auf den Grund geht, schliesslich doch die Materie, die Welt der Dinge und Naturkräfte, das bestimmende Moment in der Wissensbeschaffung ihrer selbst bilden, wie dies zweifellos bei der Willensbethätigung der Fall ist. Die Richtigkeit der vorstehenden theoretisch-philosophischen Deduktionen kann nur durch Beobachtung oder auf experimentellem Wege nachgewiesen werden. Zu diesem Behufe muss also die Abhängigkeit des menschlichen Geistes und Willens von der materiellen Aussenwelt nachgewiesen und der gesetzmässige Zusammenhang zwischen den intellektuellen und moralischen Kräften des Menschen und den mechanisch-physikalischen Wirkungen der Welt aufgedeckt werden. In dieser Hinsicht ist in einzelnen Gebieten bereits viel gearbeitet und sind höchst interessante Resultate gefunden worden, wie der glänzende Aufschwung der physiologischen Psychologie zur Genüge beweist. Ich will hier nur an das Fechner-Weber'sche psychophysische Grundgesetz erinnern, das von mir auf Grund der Undulationstheorie zum Schluss dieses Abschnitts erklärt wird. Besonders wichtig ist jedoch in dem vorliegenden Falle die unumstössliche Thatsache, dass das menschliche Denken und Wollen – ich verweise z.B. auf den bekannten Tropenkoller – in ganz bedeutendem Masse von dem Klima des Landes, von der umgebenden Natur und dem Charakter des Wetters beeinflusst wird. Der geographische und physikalische Charakter eines Landes bestimmt nicht nur den Typus seiner Flora und Fauna, sondern auch den Charakter und das Wesen seiner Bewohner. Denn da Klima und Bodenbeschaffenheit im grossen und ganzen nicht von der pflanzen- und Tierwelt abhängig sind, so müssen eben diese, wenn sie nicht untergehen wollen, den vorhandenen Bedingungen ihres Standortes oder Wohnsitzes sich anschmiegen. Dieses Anpassungsvermögen, das beim Menschen beispielsweise besonders gross ist, gestattet den einzelnen Tieren und Pflanzen, sich über ihr eigentliches Lebensgebiet hinaus in andere Gegenden zu verbreiten, wobei jedoch gewisse Grenzlinien nicht überschritten werden können. Das Gedeihen eines Tieres sowohl wie dasjenige des Menschen in einer Gegend ist abhängig von der Temperatur, dem Grade der Feuchtigkeit und den Nahrungsverhältnissen; ebenso wie bei den Pflanzen pflegen auch bei ihnen niedrige Mitteltemperaturen weniger nachteilig zu sein, als gewaltige Schwankungen der Wärmegrade. Die grossen Raubtiere der alten Welt z.B. sind mittelbar an das Vorkommen von grasreichem Weideland gebunden, da nur auf diesem die ihnen zur Nahrung dienenden grösseren Säugetiere leben können. Der Kampf ums Dasein spielt hier eine nicht unbedeutende Rolle; es dürfen eben nicht zu mächtige Feinde vorhanden sein. Wie das üppige Pflanzenleben, so haben sich die Tropen auch die reichste Tierwelt bewahrt. Diese besitzt dort die mannigfaltigsten Formen und meisten Arten, die grösste Beweglichkeit, die lebhaftesten Farben und die schärfsten Gifte, während im Gegensatz dazu, je näher man den Polen kommt, die Einförmigkeit der Farben und Arten mit der Abnahme der Beweglichkeit und Bösartigkeit gleichen Schritt hält. Dasselbe gilt auch von dem Menschen; denn der Südländer besitzt ein lebhaftes, hitziges Naturell, während der Nordländer sich durch sein bedächtiges und phlegmatisches Wesen kennzeichnet. Da demnach die Pflanzen- und Tierwelt, welche dem Menschen die notwendige Nahrung liefern, nach der neueren Forschung vom Klima in hohem Masse abhängig sind, so wird natürlich auch der Charakter der Menschen, wie dies ja auch ziemlich bekannt ist und schon oben betont wurde, vom Klima wesentlich beeinflusst. Daraus folgt nach dem alten Grundsatze: „Gleiche Ursachen, gleiche Wirkungen“, dass die Modifikationen des Klimas, der Temperatur, der Feuchtigkeitsverhältnisse der Atmosphäre und im Boden in gewisser Weise auf den Intellekt und den Willen des Menschen einwirken müssen, wenn damit auch nicht behauptet werden soll, dass es ausserdem nicht noch andere wichtige Bestimmungsmomente dafür gibt. Freilich lässt sich nach dem heutigen Stande der Wissenschaft für den einzelnen Menschen die Abhängigkeit oder der gesetzliche Zusammenhang seiner Geistesprodukte und seiner Willensäusserungen mit den klimatischen Schwankungen eines Jahres oder noch kleinerer Zeitintervalle noch keineswegs nachweisen; gewisse Anhaltspunkte gewähren im einzelnen die jetzt geführten Verbrechenstatistiken u. dgl. Das auf diesem Gebiete gesammelte Material genügt jedoch noch nicht, um daraus beweiskräftige Schlüsse ziehen zu können. Dagegen kann man, da ja das für den einzelnen Menschen gültige Gesetz erst recht im Leben der Gesamtmassen, d.h. der Völker, zum Ausdruck kommt, schon jetzt an der Hand der Geschichte der grossen Kulturvölker und im besonderen an der Hand der Geschichte der deutschen Nation einen solchen inneren Zusammenhang mit grösseren Wetterperioden deutlich darthun, wie dies in ausführlichster Weise in meiner kleinen Broschüre „Die Kriegs- und Geistesperioden im Völkerleben und Verkündigung des nächsten Weltkrieges. Eine astrologisch-physiologische Skizze“ (Berlin NW., Pritzwalkerstr. Nr. 14) bereits im Jahre 1896 für die ganze Weltgeschichte geschehen ist. Textabbildung Bd. 315, S. 594 Geschichte Frankreichs. Schwarz bedeutet Kriege; Weiss bedeutet Frieden. Ferner verweise ich auf die leider wenigbeachteten, früheren Arbeiten von Herrn Baurat Ernst Sasse über Das Zahlengesetz in der Völkerreizbarkeit (Vom Fels zum Meer, Jahrg. 1887/88). In der That beweist die Geschichte unseres Volkes, dass nicht nur die grossen weltbewegenden Thaten, durch die es sich in der allgemeinen Völkergeschichte den ruhmvollsten Platz mit schweren Opfern erkämpft hat, sondern auch die geistigen Errungenschaften desselben, die glänzenden und herrlichen Erfolge, welche seine Dichter, Künstler, Wissenschafter und Techniker in den einzelnen Epochen gezeitigt haben, in einem eigenthümlichen und höchst bemerkenswerten Abhängigkeitsverhältnisse mit den gleichlaufenden grossen und kleinen Perioden der Sonnenflecken, Nordlichter, des Erdmagnetismus und des Wetters stehen, welche nach den wissenschaftlichen Untersuchungen der letzten Dezennien völlig gesetzmässig verlaufen und offenbar durch den periodisch sich steigernden oder schwächenden Einfluss der grossen Planeten Jupiter, Saturn und Uranus in erster Linie verursacht werden. Professor K. W. Zenger hat nämlich in seinem wirklich gediegenen Werke „Die Meteorologie der Sonne und ihres Systems aus einer sehr grossen Anzahl von Beobachtungen den Schluss gezogen, dass erstens alle grossen Erdstürme solaren Ursprungs sind, dass zweitens elektrische Entladungen des Sonnenkörpers gegen den interplanetaren Raum die veranlassende Bildung von cyklonalen Bewegungen in demselben sind. Durch nicht minder zahlreiches Beobachtungsmaterial ist von demselben Forscher der zahlenmässige Nachweis geführt worden, dass die grossen Erdstürme, Cyklonen, Nordlichter, elektrischen und magnetischen Gewitter nicht nur Abbilder der solaren Strömungen sind und untereinander in kausalem Nexus stehen, sondern ebenso wie diese von der Stellung der grossen Planeten Jupiter, Saturn und Uranus zur Sonne gesetzmässig abhängen und demgemäss für grosse Zeiträume sich sowohl nach rück- wie auch nach vorwärts mit ziemlicher Genauigkeit berechnen lassen. Zenger hat bereits im Jahre 1876 in einer Abhandlung „Ueber die Ursache der Sonnenfleckenperiode“ die Aufgabe gestellt, dass der Einfluss der grossen Planeten Jupiter, Saturn und Uranus in erster Reihe zu untersuchen wäre, indem man das Sonnensystem gleichsam als doppeltes, dreifaches und vierfaches Sternsystem betrachtet und in allen diesen Fällen die Uebereinstimmung mit den beobachteten Perioden der Variation, der Intensität des Erdmagnetismus und der Deklination untersuche. Da jedoch die einfache Jupiterperiode von etwa 11 Jahren, welche durch Schwabens langjährige Beobachtungen für die Sonnenflecken nachgewiesen wurde, nicht hinreichte, die zwischen 10 und 16 Jahren schwankende Periodizität der magnetischen Variationen und ihres Parallelismus mit der Veränderlichkeit der Sonnenfleckenperiode zu erklären, so schritt er zu der Kombination der Einwirkung der Jupiter- und Saturn Stellung gegen die Sonne, indem er das Sonnensystem als dreifaches Sternsystem betrachtete. Es ergab sich ihm so eine Periode von etwa 59 Jahren, denn das Jupiterjahr ist 4333 Tage, das Saturnjahr 10759 Tage, so dass man, um das angenäherte Verhältnis zu haben, durch Bildung eines Kettenbruches erhält: \frac{4333}{10759}=\frac{1}{2}_{+\frac{1}{2}_{+\frac{1}{14}_{+\frac{1}{4}_{+\frac{1}{6}}}}}, also die Näherungsbrüche \frac{2}{5},\ \frac{29}{72},\ \frac{118}{263} u.s.w. Es sind also 5 Jupiterjahre oder 21665 Tage sehr nahe gleich 2 Saturnjahren, d.h. 21518 Tagen, noch genauer 72 Jupiterjahre gleich 29 Saturnjahren u.s.w. Nach dieser Zeit stehen also zwei Planeten wieder in denselben heliozentrischen Längen, d.h. in denselben Positionen gegen die Sonne, also in nahezu 59,2 Jahren. Nimmt man noch Uranus hinzu, so folgt, dass alle drei Planeten, da die Umlaufszeit des Jupiter nahezu gleich 11,9 Jahren, des Saturn 29,4 Jahren und des Uranus 84,8 Jahren ist, im Mittel nach 675,5 Jahren wieder in derselben Position zur Sonne stehen; denn es sind 57 Jupiterjahre 678,3, 23 Saturnjahre 676,2 und 8 Uranusjahre 672,0 Jahre. Nun gibt Wolf in der Arbeit „Périodicité des taines solaires et du magnetisme terrestre“ (Comptes rendus 1857) für die grössere Periodendauer der Sonnenfleckenmaxima 55,55 Jahre an, so dass man für deren doppelte Wiederkehr 111,1 Jahre erhält. Hieraus folgt, dass die grosse säkulare Periode von 675,5 Jahren aus sechs solchen Doppelperioden von Wolf besteht; denn es ist der Quotient aus 675,7 und 6 gleich 112,6, also sehr nahe gleich 111,1. Würde man auch die kleinen, aber sonnennahen Planeten berücksichtigen, so müssten sämtliche Perioden etwas kürzer ausfallen, so dass man für die Doppelperiode mit grosser Annäherung den Wert 111,3 Jahre setzen, die durchschnittliche kleine Sonnenfleckenperiode gleich 11,13, die Periodendauer der Sonnenfleckenmaxima in Uebereinstimmung mit den besten Beobachtungen gleich 55,65 und somit die Zeitdauer zwischen je einem Maximum und Minimum der Sonnenflecken gleich 55,65/2 = 27,825 Jahren, also letztere nahezu gleich einem Saturnjahre setzen kann. Ferner hat Reis in seiner Schrift „Die periodische Wiederkehr von Wassersnot und Wassermangel im Zusammenhange mit den Sonnenflecken, den Nordlichtern“ u.s.w. (Leipzig 1883) folgende Ergebnisse gefunden: Die Wasser- und Wettererscheinungen wiederholen sich in Perioden von 110 bis 112 Jahren; eine solche Periode ist gleich der doppelten grossen Periode der Sonnenflecken, Nordlichter und erdmagnetischen Erscheinungen (5 . 11 ⅓ = 56 ⅔ Jahre). Jede Periode zerfällt in vier gleiche Abteilungen von 27 bis 28 Jahren, eine Maximalzeit (des Wassers) erster Klasse, eine Minimalzeit erster Klasse, eine Maximalzeit zweiter Klasse, eine Minimalzeit zweiter Klasse. Diese Bezeichnungen rühren davon her, dass in den Maximalzeiten die höchsten, grössten und häufigsten Ueberschwemmungen eintreten, während die Minimalzeiten nur geringe und wenige Hochwasser, dagegen die niedrigsten Wasserstände von längster Dauer enthalten. In der verflossenen grossen Periode war von 1770 bis 1792 die erste Maximalzeit, von 1798 bis 1826 die erste Minimalzeit, von 1826 bis 1854 die zweite Maximalzeit, von 1854 bis 1876 die zweite Minimalzeit; die letzten zwei sind den ersten zwei gegenüber nur gemässigter. Natürlich ist damit auch ausgesprochen, dass die Maximalzeiten von überwiegend feuchtem Wettercharakter, die Minimalzeiten von mehr trockenem Charakter sind; wird es ja in dem Büchlein dadurch nachgewiesen, dass die Minimalzeiten seit 1000 Jahren mehr und stärkere Trockenzeiten enthalten als die Maximalzeiten u.s.w. Man darf also nicht missverstehen, dass in den trockenen Perioden keine Hochwasser, keine nassen Monate vorkommen, vielmehr sind die Maximalzeiten nur im Durchschnitt reicher an Wasser, an Schnee- und Regenfällen, als die Minimalzeiten. Indessen kommen doch in den zwei Minimalzeiten (1798 bis 1826 und 1854 bis 1876) nicht entfernt so bedeutende Hochwasser vor wie 1882/83 oder 1845 oder gar 1784, und ebenso sind die niedrigen Wasserstände der nassen Zeiten nicht im geringsten zu vergleichen mit den niedrigsten Wasserständen der Trockenperioden, wo Felsplatten zum Vorschein kommen, über welche die Schiffe bei Mittelwasser unbesorgt wegfahren; so war vor einigen Jahren in unserer seit 1876 begonnenen nassen Periode der Rhein einmal bis 16 cm über den Nullpunkt des Mainzer Pegels gesunken; was will das aber besagen gegenüber den enorm niedrigen Wasserständen unserer letzten Trockenperiode, wo 1857 der Rhein fast das ganze Jahr nahe am Nullpunkt stand und 1858, wo er wochenlang sogar 20 cm unter den Nullpunkt gegangen war. Diese Trockenheit dauerte nur 22 Jahre statt 28; solche Abweichungen kommen vor; sind sie ja auch bei der 11 jährigen Periode verhältnismässig noch stärker; gibt es ja in unserem Jahrhundert 7 jährige, aber auch 13 jährige kleine Perioden der Sonnenflecke; der Mittelwert bleibt 11; so ist die mittlere Wasserperiode 28 Jahre, wenn auch kleinere und grössere nasse und trockene Perioden vorkommen. Mit diesen je nach der Stellung der Hauptplaneten wechselnden Wasser- und Trockenperioden unseres Planeten ist auch, wie zahlreiche Beobachtungen zeigen, die Entwickelungdes Menschengeschlechts in gleichmässigem Rhythmus zwischen Geistes- und Kunstperioden einer- und Kriegsperioden andererseits erfolgt und wird voraussichtlich in Zukunft in ewigem Wechsel erfolgen, so lange die Erde steht und Winter und Sommer, Frost und Hitze, Regen und Sonnenschein miteinander wechseln. Dass im Laufe der Weltgeschichte sich wirklich ein solcher periodenmässiger Wechsel zwischen Krieg und Frieden, zwischen kriegerischer und geistiger Thätigkeit der Völker offenbart, habe ich a. a. O. dadurch nachgewiesen, dass ich mit Hilfe der Zahl 111,3 vom Jahre 1848 ab bis in die ältesten Zeiten die säkularen Perioden zurückgerechnet und die darin enthaltenen, etwa je 28 Jahre dauernden, zweimal miteinander wechselnden Geistes- und Kriegsperioden mit den wirklich beobachteten Geschichtsperioden verglichen habe. Dieser Vergleich hat als eine unumstössliche historische Thatsache ergeben, dass erstlich die grossen Kriegsthaten, welche eine weltbewegende Bedeutung besessen haben, ausnahmslos in den Perioden grosser Dürre, d.h. in den Zeiten eines niedrigen Grundwasserstandes, stattgefunden haben, dass dagegen zweitens die grossen Blüteperioden der Litteratur, Kunst und Wissenschaft, sowie die gewaltigen Errungenschaften der Technik und Industrie gerade in die Maximalperioden des Grundwasserstandes fallen. Nach dem hier abgebildeten Diagramm, das Herr Baurat Ernst Sasse für die Geschichte der leicht erregbaren französischen Nation aufgestellt und mir zu verwerten erlaubt hat, lässt sich sogar der Einfluss der kleineren Sonnenfleckenperiode, welche mit der Umlaufszeit des Jupiters um die Sonne nahezu zusammenfällt, ziemlich deutlich erkennen, während die Maximal- und Minimalzeiten und die grossen Doppelperioden von je zwei Halbperioden zu 55,55, also mit einer Gesamtdauer von 111,3 Jahren, sich scharf abheben. Zur inneren Begründung der vorgenannten Thatsache ist zu bemerken, dass unsere Organe uns nur durch die Absorption gewisser Wellenbewegungen, welche von den wirksamen Körpern ausgesandt werden, über die Vorgänge ausser uns Aufklärung verschaffen können. Es muss daher auch die Intensität der Empfindungen zu den sie verursachenden Reizen in derselben gesetzlichen Beziehung stehen, wie z.B. in der Physik die Temperatur zu dem mit der Zeit sich ändernden Absorptions- und Emissionsvermögen. Thatsächlich beherrscht auch dasselbe Gesetz unsere Empfindungen und deren Reize, wie es sich zwischen der Temperatur und dem Absorptionsvermögen zeigt, denn beide Vorgänge werden durch dieselben mathematischen Formeln innerhalb gewisser Grenzen exakt dargestellt. Um sich hiervon zu überzeugen, braucht man Fechner's psychophysische Massformel nur mit der Emissionsformel der Aetherwellen zu vergleichen. Die erstere lautet nämlich, wenn man dieselbe auf den oberen Schwellenwert als Ausgangspunkt umschreibt, r=0\,.\,e^{-\frac{s}{m}}, d.h. der Endreiz nimmt, wenn 0 der Anfangsreiz ist, in geometrischer Reihe ab, während die Empfindung in arithmetischer Reihe wächst. Die Emissionsformel der Wärme lautet dagegen t = t0 . e – px , d.h. die Endtemperatur nimmt, wenn t0 die Anfangstemperatur ist, in geometrischer Reihe ab, während die Zeit x in arithmetischer Reihe zunimmt. In der vorstehenden Formel sind die Grössen m, p und 0 bekannte Konstanten. Was für die Wärme gilt, gilt auch für alle übrigen Aetherschwingungen, so dass die durch die Theorie und die Beobachtungen begründete Behauptung, dass auch der Organismus den Grundgesetzen der Mechanik unterworfen ist, ebenfalls vom psychophysischen Standpunkte aus berechtigt ist und demgemäss die Uebereinstimmung der Geistes- und Kriegsperioden im Völkerleben mit den Sonnenfleckenperioden nicht mehr als wunderbar erscheinen kann. Mit der Eingangs besprochenen Freiheit des Menschenwillens ist es nach den vorstehenden Ausführungen keineswegs so sicher bestellt, als man gewöhnlich annimmt. Im Gegenteil ist der Mensch, wenn er auch ein ζῶον πολιτικόν ist, nach Beschaffenheit und Fähigkeiten ein Produkt der Natur und als solches ist er, wenn er auch nach gewissen Richtungen hin sich seinen Anlagen und seinen Trieben gemäss frei entwickeln und ausleben kann, an die Gesetze der Natur unwandelbar und unweigerlich gebunden. In noch höherem Masse gilt jedoch dies für das Leben und die Entwickelungen der Völker und Rassen des Erdenrunds. Ebenso sicher wie man nach dem Eingangs angeführten Prinzip von Professor Hertz aus den für lange Zeiträume beobachteten Fleckenperioden der Sonne auf deren regelmässige Wiederkehr gemäss dem Umlauf der sie verursachenden Planeten für die Zukunft zu schliessen berechtigt ist – ebenso sicher darf man daher auch nach den bisher durch die Geschichte als thatsächlich bewiesenen und damit gleichlaufenden periodischen Schwankungen zwischen den Geistes- und Kriegsperioden im Völkerleben ebenfalls auf deren Wiederkehr einen Schluss ziehen, zumal da im letzten Jahrhundert die beiden fraglichen Periodenreihen sogar in den einzelnen Abstufungen dem Grade nach miteinander übereinstimmen. Hieraus folgt, dass nachAblauf der wasserreichen Periode von 1876 bis etwa 1900 ein ähnlicher Weltkrieg wie derjenige Bonaparte's die Völker der Welt aufeinanderplatzen lassen wird. Das drohende Gespenst des kommenden Weltkrieges wirft in der That schon jetzt seine Schatten und lässt seine fahlen Lichter durch dräuende Wetterwolken, unheimliche Gluten bergend, hindurchscheinen, wie dies auf dem von Kaiser Wilhelm H. dem Kaiser von Russland geschenkten Bilde in künstlerischer Weise dargestellt und, wie die jetzigen Wirren in China zeigen, richtig vorausgeschaut worden ist. Bezüglich des Vordringens der Mongolen, das auf dem Gemälde durch den chinesischen Kriegsdrachen versinnbildlicht wird, ist zu bemerken, dass nach einer 550- bezw. 220- und 110 jährigen Periode zu schliessen, im nächsten Weltkriege die Mongolen zurückgedrängt, aber in der zweiten Kriegsära des 20. Jahrhunderts mit einer Gewalt gleich derjenigen Tamerlans oder Attilas auf die Völker Europas losstürmen werden. – Qui vivra verra!