Titel: Die Dampfmaschinen der Pariser Weltausstellung.
Autor: Fr. Freytag
Fundstelle: Band 315, Jahrgang 1900, S. 597
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Die Dampfmaschinen der Pariser Weltausstellung. Von Fr. Freytag, Chemnitz. (Fortsetzung von S. 581 d. Bd.) Die Dampfmaschinen der Pariser Weltausstellung. Die Aktiengesellschaft der Maschinenfabriken von Escher, Wyss und Cie. in Zürich hat eine mit Dynamo der Maschinenfabrik Oerlikon direkt gekuppelte liegende Verbundtandemmaschine mit Rundschiebersteuerung von normal 1000 PS (maximal 1200 PS), ferner eine stehende Dreifach-Expansionsmaschine von 260 bis 300 PS mit Flachschiebersteuerung ausgestellt. Beide Maschinen zeigen wohl durchdachte Konstruktionen und saubere Ausführungen der Einzelteile; sie gehören zu den besten Dampfmaschinen der Ausstellung. Die in Fig. 11 (s. f. S.) dargestellte Dampfdynamo hat Cylinder von 650 bezw. 1100 mm Durchmesser für 1200 mm Kolbenhub; sie ist für eine normale Tourenzahl von 105 in der Minute und für 9 bis 10 at Admissionsüberdruck gebaut. Um die Betriebssicherheit der Maschine nach jeder Hinsicht zu wahren, ist auf möglichste Einfachheit in der Konstruktion aller bewegten Teile besondere Rücksicht genommen. Die Abmessungen der sich reibenden Flächen sind derart bemessen, dass trotz der hohen Tourenzahl auch bei Dauerbetrieb ein Warmlaufen derselben ausgeschlossen bleibt. Der Niederdruckcylinder ist direkt mit dem mittels drei breiten Füssen auf dem Fundament gelagerten Bajonettbalken verschraubt, während der Hochdruckcylinder hinterdem Niederdruckcylinder liegt – eine Anordnung, welche eine hintere Kolbenstangenführung entbehrlich macht. Das mit dem Bajonettbalken zusammengegossene Kurbellager von 400 mm Durchmesser und 750 mm Länge hat vierteilige, mittels Schrauben nachstellbare Schalen. Die Gleitbahn des Kreuzkopfes ist mit Wasserkühlungversehen. Das die beiden Cylinder verbindende, auf kräftigem Fuss ruhende Mittelstück ermöglicht zufolge eines genügend weiten Ausschnittes das bequeme Ausheben des Niederdruckkolbens. Im Inneren des Mittelstückes ist eine nachstellbare Kolbenstangenführung angebracht. Die Kolbenstange selbst ist in den Stopfbüchsen der Dampfcylinder mit beweglichen Pakkungen (United States Metallic Packing) geführt. Jeder Dampfcylinder ist mit seinem Mantel und den Hahngehäusen aus einem Stück gegossen. Die Mantelheizung des Hochdruckcylinders erfolgt durch direkten Kesseldampf, während der Niederdruckcylinder vom Receiverdampf umspült Wird. Textabbildung Bd. 315, S. 597 Fig. 12.Dreifach-Expansionsmaschine von Escher Wyss und Cie. Die Kolben der Dampfcylinder tragen gusseiserne Ringe, System Ramsbottom. Zur Steuerung der Maschine sind an jedem Cylinder vier Corliss-Rundschieber angeordnet. Jede der beiden Steuerungen wird durch ein besonderes Exzenter der Schwungradwelle angetrieben. Am Niederdruckcylinder ist die von Hand verstellbare Steuerung zwangläufig ausgebildet, während am Hochdruckcylinder ein Ausklinkmechanismus – ähnlich, wie bei der bekannten Fricart-Steuerung – in Anwendung gebracht ist, wobei die zweite Bewegung des aktiven Mitnehmers von der Regulatorwelle abgeleitet wird. Textabbildung Bd. 315, S. 598 Fig. 11.Verbundtandemmaschine von Escher, Wyss und Cie. mit Dynamo der Maschinenfabrik Oerlikon. Um der Steuerung ein möglichst einfaches und ruhiges Aussehen zu geben, ist von der Anordnung der bei Corliss-Maschinen sonst üblichen, inmitten der Cylinder liegenden Schwingscheiben Abstand genommen. Durch die besondere Anordnung der äusseren Steuerung ist dabei noch erreichtworden, dass die den meisten Hahnsteuerungen eigenthümliche, aus der Pufferkraft resultierende starke Belastung der Hahnspindeln nahezu vollständig in Wegfall gekommen ist. Der Federregulator, welcher in der vorliegenden Konstruktion von Escher, Wyss und Cie schon seit vielen Jahren ausgeführt wird, ist mit einem Mechanismus versehen, der auch während des Ganges der Maschine ein Verstellen der Tourenzahl derselben – bis zu 10 % – von Hand gestattet. Der Ungleichförmigkeitsgrad bleibt hierbei konstant. Der Antrieb des Regulators erfolgt durch ein Präzisionsrädergetriebe, welches, wie bereits erwähnt, auch den Antrieb der Reguliervorrichtung am Auslösemechanismus der Hochdrucksteuerung besorgt. Der Einspritzkondensator mit horizontal angeordneter, vom Kurbelzapfen aus angetriebener doppeltwirkender Luftpumpe von 480 mm Kolbendurchmesser und 550 mm Hub ist vorn unten im Maschinenfundament untergebracht. Das Dampfschaltwerk der Maschine, dessen Bewegungen mittels Schnecken- und Stirnradgetriebe auf den am rotierenden Anker der Dynamomaschine angebrachten Schaltzahnkranzübertragen werden, besteht aus drei einfach wirkenden Dampfcylindern von je 100 mm Bohrung und 100 mm Kolbenhub, die bei 300 minutlichen Umdrehungen etwa 12 PS entwickeln. Die Steuerung der Cylinder erfolgt in einfacher Weise mittels kleiner Kolbenschieber von einer unrunden Steuerscheibe aus. Das gleichzeitig als Schwungrad ausgebildete Magnetrad der von der Maschinenfabrik Oerlikon gebauten Dynamo – ein 1300 Kilo-Voltampère-Drehstromgenerator für 5500 Volt Spannung – ist direkt auf der Schwungrad welle der Dampfmaschine befestigt. Auf der Ausstellung arbeitet der Generator als Einphasenstromerzeuger für 1000 bis 1200 PS bei 2200 Volt Spannung mit Parallelschaltung der Armaturwickelung. Das aus Gusseisen gefertigte Dynamogehäuse von 6200 mm äusserem Durchmesser dient zur Aufnahme des aus weichen Stahlblechen von je 0,35 mm Dicke zusammengesetzten Armaturkörpers, in dessen offene Nuten auf besonderen Maschinen gewickelte, durch Fiberkeile gehaltene Spulen eingesetzt sind. Das zweiteilige Gehäuse ruht beiderseits auf besonderen Grundplatten, die ein genaues Einstellen desselben sowohl in senkrechter, als wagerechter Richtung gestatten. Auf den Schwungkranz des Magnetrades sind 64 Magnetpole aufgesetzt. Die Befestigung derselben geschieht durch schwalbenschwanzförmige Keile, die mittels Schrauben am Schwungkranz befestigt sind. Die aus 1 mm- dickem Eisenblech zusammengesetzten Pole tragen die Magnetspulen, die ihrerseits auf Blechspulengehäuse aufgewickelt sind. Die Erregerdynamo ist eine 12 polige Gleichstrommaschine. Die direkt auf die Nabe des Magnetrades aufgesetzte Armatur des Erregers hat eine Grammringwickelung. Das aus Stahlguss hergestellte Gehäuse steht auf einer in die Grube des Generators eingebauten Konsole. Die 12 Stahlgusspole sind mittels je zweier Schrauben am Gehäuse befestigt. Textabbildung Bd. 315, S. 599 Fig. 13.Verbundtandemmaschine von der Prager Maschinenbau-A.-G. vorm. Ruston und Co. Die in Fig. 12 (s. S. 597) ersichtliche, stehende Dreifach-Expansionsdampfmaschine der genannten Firma ist ebenfalls für direkte Kuppelung mit einer entsprechenden Dynamo gebaut; sie hat Cylinder von 320, 520, 800 mm Durchmesser für 450 mm Kolbenhub und entwickelt mit 175 minutlichen Umdrehungen bei einem Admissionsüberdruck von 12 bis 13 at eine Leistung von 260 bis 300 PSe. Die Dampfcylinder sind auf kräftigen, gusseisernen Ständern und Stahlsäulen gelagert, die ihrerseits wieder mit der eigentlichen Fundamentplatte verschraubt sind. Behufs leichter Zugänglichkeit aller Steuerorgane liegt der Hochdruckcylinder zwischen dem Mitteldruck- und Niederdruckcylinder. Alle drei Cylinder sind mit Dampfmänteln versehen, von denen derjenige des Hochdruckcylinders mit Frischdampf, diejenigen der beiden anderen Cylinder mit Receiverdampf geheizt werden. Der Hochdruckcylinder hat Rider-Kolbenschiebersteuerung mit innerer Einströmung, so dass die Stopfbüchsen nur gegen den Receiverdampf abzudichten haben. Mittel- und Niederdruckcylinder werden von je einem Penn'schen Flachschieber, dessen Gewicht von einem Entlastungskolben aufgenommen wird, gesteuert. Zum Regeln der Geschwindigkeit der Maschine dient ein horizontal angeordneter Federpendelregulator ohne Gewichtsbelastung; derselbe ist mit einer Vorrichtung zum Verstellen der Tourenzahl während des Ganges – um ± 5 % der normalen Umdrehungszahl – versehen. Der Antrieb des Regulators erfolgt mittels Stahlgelenkkette von der Maschinenwelle aus. Letztere ist mit ihren drei unter 120° stehenden Kurbeln aus einem Stück geschmiedet und trägt an dem einen Ende – für Anschluss der Dynamowelle – einen angeschmiedeten Kuppelungsflansch. Auf der anderen Seite der Maschine (Niederdruckseite) befindet sich die unter Flur liegende einfachwirkende Luftpumpe stehender Anordnung mit dem Einspritzkondensator. Behufs Anlassens der Maschine in jeder Kurbelstellung sind besondere Ventile zur Einführung von Frischdampf in jeden der drei Cylinder angeordnet. Die Prager Maschinenbau-A.-G. vorm. Ruston und Co. in Prag führt eine ebenfalls vorzüglich ausgeführte liegende Verbunddampfmaschine mit einem auf der Schwungradwelle sitzenden Krizik-Drehstrommotor vor; dieselbe soll nach der Ausstellung zur Stromerzeugung für die elektrische Beleuchtung des Bahnhofs in Pilsen (Böhmen) dienen. Die in Fig. 13 bis 16 ersichtliche Maschine hat Cylinder von 370 bezw. 600 mm Durchmesser für 700 mm Kolbenhub und kann mit 150 minutlichen Umdrehungen laufen. In Pilsen wird die Maschine mit 120 minutlichen Umdrehungen bei einem Admissionsdruck von 10 at normal etwa 240 PSi entwickeln. Sie kann mit gesättigtem und überhitztem Dampf, ferner mit oder ohne Kondensation betrieben werden. Bemerkenswert ist die Steuerung der Maschine, welche nach dem insbesondere in Oesterreich gebräuchlichen Typus schnell laufender Dampfmaschinen bei dem Hochdruckcylinder durch Ventile, bei dem Niederdruckcylinder durch Corliss-Schieber bewirkt wird. Textabbildung Bd. 315, S. 600 Fig. 14.Verbundtandemmaschine von der Prager Maschinenbau-A.-G. vorm. Ruston und Co. Diese Anordnung bietet wesentliche Vorteile, von denen insbesondere diejenigen des Rundschiebers als Auslassorganhervorzuheben sind. Der Corliss-Schieber gestattet die schädlichen Räume auf den kleinsten Betrag herabzumindern; er gibt kurze, einfach geformte Dampfwege, kleine Abkühlungsflächen, gestattet geräuschlose Bewegungen der Steuerungsorgane bei einfachster Anordnung der äusseren Steuerteile, macht seine Bahn sich selber frei, falls fremde Körper am Schieberspiegel die Dichtheit gefährden, und gewährt, da beim Abschluss jeder Stoss oder Schlag vermieden wird, die Sicherheit, dauernd dicht zu bleiben. Die Ventilsteuerung am Hochdruckcylinder wiederum gestattet bei hohem Dampfdruck und hohen Temperaturen des Arbeitsdampfes die Anwendung Verhältnis massig grosser Umdrehungszahlen. Die Cylinder sind mit Dampfmänteln versehen, von denen derjenige des Hochdruckcylinders mit Frischdampf, derjenige des Niederdruckcylinders mit Receiverdampf geheizt wird. Das Packungsmaterial der Stopfbüchsen ist mit Rücksicht auf die Verwendung überhitzten Dampfes gewählt. Die Erregerdynamo wird durch ein auf der Kurbelscheibe der Hochdruckseite der Maschine befestigtes Zahnrad angetrieben; dasselbe steht mit einem Getriebe in Eingriff, dessen Achse mittels biegsamer Ausrückkuppelung mit derjenigen der Erregermaschine verbunden ist. Der Hochdruckcylinder hat verbesserte Radovanovic-Steuerung, die unter Mitwirkung eines Pröll'schen Regulators arbeitet. Bei der ursprünglichen Radovanovic-Steuerung (Fig. 17) werden die Einström- und Ausströmventile durch ein auf der Steuerwelle a befestigtes Exzenter b bethätigt. Am Bügel c desselben ist mittels Bolzen d die Stange e befestigt, welche durch den auf der Fläche h wälzenden Hebel h mit dem Auslassventil verbunden ist. Die Verlängerung des Bügels c bildet einen zweiten, die Schlitzscheibe f umfassenden Bügel, der mittels der bei A angreifenden Zugstange e1 und eines auf der Fläche h1 wälzenden Hebels k1 das Einlassventil bethätigt. Die Schlitzscheibe gleitet auf einem Stein g der Welle r, dessen jeweilige, vom Regulatorstande abhängige Lage die Dauer der Dampfeinströmung in den Cylinder bestimmt. Bei der verbesserten Radovanovic-Steuerung sind, wie Fig. 16 zeigt, die einfachen Hebel k und k1 behufs Vermeidung eines Wechsels in den Kraftäusserungen, denen die zur Bethätigung der Ventile dienenden Stangen ausgesetzt sind, durch analog arbeitende Doppelhebel ersetzt. Die nach den Einlassventilen führenden Stangen wirken jetzt drückend, diejenigen, welche die Auslassventile bethätigen, nur ziehend. Textabbildung Bd. 315, S. 601 Fig. 15.Verbundtandemmaschine von der Prager Maschinenbau-A.-G. vorm. Ruston und Co. Die Doppelhebel verhüten im übrigen auch jede seitliche Bewegung der Steuerungsteile, so dass sich die Ventile sanft und sicher öffnen bezw. schliessen lassen. Die im unteren Teile des Niederdruckcylinders liegenden vier Corliss-Schieber werden, wie Fig. 13 erkennen lässt, durch zwei Exzenter der Schwungradwelle direkt bethätigt. Die doppelt wirkende Luftpumpe stehender Anordnung wird von der verlängerten Kolbenstange des Niederdruckcylinders aus betrieben. Zum Anstellen der Maschine dient ein auf der Kurbelwelle befestigtes Schneckenrad, welches mittels Schraube ohne Ende bezw. durch einen auf deren Achse sitzenden Klinkenhebel gedreht wird, der sich, falls die Maschine unbeabsichtigt in Bewegung kommen sollte, selbstthätig auslöst. Textabbildung Bd. 315, S. 602 Fig. 16.Verbunddampfmaschine von der Prager Maschinenbau-A.-G. vorm. Ruston und Co. Die Schmierung aller bewegten Teile der Maschine erfolgt, auch während des Ganges derselben, von zwei auf den Schutzgehäusen der Kurbelscheiben sitzenden Behältern aus mittels Rohrleitungen, die nach den verschiedenen Schmierstellen hinführen. Hier enden sie in je einem Hahn, der auf seinem unteren Teile das sichtbare Abfliessen des Oeles erkennen lässt und entsprechend eingestellt werden kann. Die Kurbelzapfen haben Zentrifugalschmierung. Zur Schmierung der Dampfcylinder dienen selbstthätige Oelpumpen. Eine mit Ventilsteuerung und Achsenregler, Patent Knoller, arbeitende liegende Verbundmaschine mit Kondensation hat die Aktiengesellschaft für Maschinenbau vorm. Brand und Lhuillier in Brunn ausgestellt. Die Gesamtanordnung der mit einer Drehstromdynamo der Firma Siemens und Halske in Wien direkt gekuppelten Maschine zeigen Fig. 18 und 19. Sie hat einen Hochdruckcylinder von 360 mm und einen Niederdruckcylinder von 550 mm Durchmesser für 600 mm gemeinsamen Kolbenhub. Mit120 minutlichen Umdrehungen soll die Maschine bei 10 at Admissionsspannung des Arbeitsdampfes 150 PSi entwickeln. Die Maschine ist gleich wie die vorbesprochene Verbunddampfmaschine der Prager Maschinenbau-A.-G. vorm. Ruston und Co. mit einer Ventilsteuerung auf der Hochdruckseite und einer Corliss-Hahnsteuerung auf der Niederdruckseite ausgerüstet. Fig. 20 und 21 zeigen die zwangläufige Ventilsteuerung, Patent Knoller, des Hochdruckcylinders. Für jedes Einlassventil sind auf der Steuerwelle zwei Daumenscheiben unmittelbar nebeneinander angeordnet, von denen die dem Lager der Steuerwelle am nächsten liegende auf dieser festgekeilt ist und das Anheben (Oeffnen) des Ventils bewirkt. Die andere sitzt lose auf der genannten Welle und wird mittels Zugstangen vom Regulator entsprechend verstellt; sie bewirkt das Schliessen des Ventils. Textabbildung Bd. 315, S. 602 Fig. 17.Ursprüngliche Radovanovic-Steuerung. Auf den Daumenscheiben läuft je eine Rolle – Oeffnungsrolle bezw. Schliessrolle –, die an den Enden eines kurzen, winkelförmigen Verbindungsstückes drehbar befestigt sind. Letzteres selbst schwingt um einen Zapfen, dem es die kombinierte Ausschlagbewegung der beiden Rollen mitteilt, die dann durch einen am Steuerwellenlager drehbar gelagerten Zwischenhebel auf die Ventilstange übertragen wird. Textabbildung Bd. 315, S. 603 Verbundmaschine mit Kondensation der Aktiengesellschaft für Maschinenbau vorm. Brand und Lhuillier mit Drehstromdynamo von Siemens und Halske. Um die Stopfbüchsen der Ventilspindeln und damit ein Hängenbleiben des Ventils bezw. die Packungsschwierigkeiten bei Anwendung überhitzten Dampfes zuvermeiden, geschieht die Bewegungsübertragung auf das Ventil aber nicht direkt, sondern unter Zwischenschaltung eines im Ventilgehäuse gelagerten, mittels aufgeschliffenen Metallringes nach aussen abgedichteten kurzen Wellenstückes. Der am inneren Ende dieses Wellenstückes befestigte Hebel ist in der üblichen Weise durch ein Querhaupt mit der Ventilspindel verbunden. Der Aussenhebel trägt ein kleines Federgehäuse, durch welches die Ventilstange hindurchgeführt ist. Letztere trägt an ihrem oberen Ende eine einstellbare Anschlagplatte, die bei der Abwärtsbewegung der Stange das Ventil anhebt, bei aufsitzendem Ventil aber unter dem Einflüsse der Hilfsfeder sich frei nach abwärts bewegen kann. Hierdurch wird erreicht, dass die Rollen während der ganzen Umdrehung der Steuerwelle an den Daumenscheiben anlaufen. Der Berührungswechsel erfolgt an den ebenen Flächen der Anschlagplatte. Textabbildung Bd. 315, S. 603 Zwangläufige Ventilsteuerung, Patent Knoller. Während einer Umdrehung der Steuerwelle ergeben sich die folgenden charakteristischen Stellungen der Steuerung: 1. Anhubstellung (Fig. 22). Der Oeffnungsdaumen steht mit dem Anfangspunkte seiner Erhöhung unter der Oeffnungsrolle, während die Schliessrolle auf dem konzentrischen Aussenkreise ihres Daumens läuft. Die Ventilstange ist so eingestellt, dass die Anschlagplatte eben das Federgehäuse berührt. Bei Weiterdrehung der Steuerwelle wird die Oeffnungsrolle und damit das Ventil angehoben. Eine Verstellung des losen Schliessdaumens durch den Regulator kann in dieser Lage keine Hubbewegung hervorrufen; die Steuerung gibt also bei allen Regulator Stellungen konstante Voreinströmung. 2. Stellung bei ganz geöffnetem Ventil (Fig. 23). Beide Rollen laufen auf den Aussenkreisen ihrer Daumen. So lange dies der Fall ist, bleibt das Ventil ganz geöffnet und der Ventilhub ist von der Regulatorstellung abhängig. Bei weiterer Drehung der Steuerwelle kommt der Abfall des Schliessdaumens unter die Schliessrolle, so dass das Ventil schliesslich auf seinen Sitz zurückgelangt. 3. Schlusstellung (Fig. 24). Die Schliessrolle ist längs des Daumenabfalles bis zu dessen Ende am inneren Grundkreise gelangt, die Oeffnungsrolle läuft jedoch auf dem Aussenkreise ihres Daumens. Die Lage des Zwischenhebels ist daher dieselbe wie in der Anhubstellung – das Ventil wird eben aufsetzen. Die Schliessgeschwindigkeit ist dabei für alle Füllungsgrade dieselbe; durch Nachstellung der Ventilstangenlänge lässt sich dieselbe regeln, wobei der Schliesspunkt mehr oder weniger an den Auslauf des Daumens heranrückt. Die Steuerung gibt von den grössten Füllungen bis zu 15 % herunter ganze Eröffnung des Ventils; dann nimmt die Eröffnung langsam ab. Sie beträgt bei 7 % Füllung noch etwa 0,5, vermindert sich dann rascher und erreicht bei 3 % Füllung den Wert Null. Bei dieser Füllung fällt nämlich der Beginn des Anhubes mit dem Beginn des Schlusses zusammen. Während die eine Rolle gehoben wird, senkt sich die andere und zwar bei entsprechend gewählter Daumenform um dieselbe Grösse, so dass das Ventil in Ruhe bleibt. Man kann aber auch durch abweichende Formgebung des Daumens kleine Eröffnungen und Nacheinströmungen erzielen, was im Fig. 24. allgemeinen einen gleichmässigeren Gang beim Leerlauf sichert. In beiden Fällen erreicht man eine sichere Abstellung der Maschine ohne grosse Regulatorausschläge. Textabbildung Bd. 315, S. 604 Zwangläufige Ventilsteuerung, Patent Knoller. Durch besondere Wahl der Zugstangenlängen des Regulators und der Lage ihrer Aufhängepunkte werden vollkommen gleiche Füllungen auf beiden Kolbenseiten innerhalb der Füllungsgrenzen zwischen 3 % und 70 % erreicht. Der als Flachregler ausgebildete Regulator, PatentKnoller, sitzt direkt auf der Steuerwelle. Wie in Fig. 25 und 26 ersichtlich, sind die Federn desselben mit ihren inneren Enden an der Nabe des Regulatorgehäuses befestigt, während die äusseren Enden sich mittels Teller und Schneide gegen die kurzen Arme der beiden Gewichtspendel stützen. Textabbildung Bd. 315, S. 604 Regulator, Patent Knoller. Jeder Teller trägt einen von der Feder umgebenen Lenker, der mittels Rolle auf einer gekrümmten Bahn geführt wird. Um die nötige Anpressung zu erhalten, ist die Schneide am Federteller exzentrisch angeordnet. Der Berührungsdruck ist also ein gleichbleibender Bruchteil der ganzen Federkraft. Entsprechend der Steigung der Kurvenführung ergeben sich daraus kleine Zusatzkräfte parallel zur Federachse, welche gegenüber einem gleich dimensionierten Regulator gewöhnlicher Konstruktion, d.h. mit zentraler Schneide und ohne Führung, eine geringe Aenderung in der Tourenzahl des Regulators hervorrufen. Diese Aenderung ist in jeder Regulatorstellung der Neigung der Führungskurve in dem entsprechenden Punkte proportional. Textabbildung Bd. 315, S. 604 Fig. 27.Charakteristik eines Achsenregulators gewöhnlicher Konstruktion für verschiedene Federspannungen. Durch die Form dieser Kurve kann daher der Verlauf des Stabilitätsgrades innerhalb beliebig weiter Ausschlaggrenzen so gestaltet werden, wie es den Bedürfnissen einer genauen, aber durchaus stabilen Regulierung entspricht. Die Führungskurve bestimmt direkt die Gestalt der Charakteristik des Regulators. Bei gewöhnlichen Regulatoren ist die Form der Charakteristik bestimmt, sobald die Federspannung und damit der mittlere Stabilitätsgrad gewählt wurde; sie zeigt nur ein kurzes stabiles Ausschlagegebiet zwischen zwei labilen Kurvenzweigen. Textabbildung Bd. 315, S. 605 Fig. 28.Charakteristik eines Achsenregulators, Patent Knoller. Dieser verwendbare Ausschlag wird um so kleiner, je empfindlicher man den Regulator für die Mittelstellung macht. Man erhält daher fast immer Anordnungen, die in den Mittellagen zu unempfindlich sind, in den Grenzlagen aber die Tendenz zu Schwankungen zeigen. Dieselbe Charakteristik würde man bei dem vorstehend beschriebenen Regulator durch Verwendung einer kreisförmigen Führungsbahn erhalten, wobei aber der Halbmesser derselben eineAenderung des mittleren Stabilitätsgrades auch bei gegebener Federspannung gestattet. Führt man jedoch die Kurvenbahn gegen beide Enden allmählich in eine Gegenkrümmung über, so erhält man einen gleichbleibenden Stabilitätsgrad für beliebig weite Ausschlaggrenzen und herab bis zur vollständigen Astasie oder man kann für die Mittellagen einen nahezu konstanten, sehr niedrigen Stabilitätsgrad wählen, der nahe den Endlagen plötzlich rasch anwächst, so dass ein Hämmern des Regulators an den Hubbegrenzungen ausgeschlossen erscheint. Proportionalitätsfehler der Federn können ebenfalls leicht ausgeglichen werden. Fig. 27 zeigt die Charakteristik eines Flachreglers gewöhnlicher Konstruktion für verschiedene Federspannungen, Fig. 28 diejenige eines Achsenregulators, Patent Knoller. Die Steuerung der Niederdruckseite der Maschine erfolgt durch zwei im unteren Teile des Cylinders liegende Corliss-Rundschieber, deren Spindeln ebenfalls, bei Vermeidung von Stopfbüchsen, mittels eines aufgepassten Metallringes abdichten. Die Gesamtbauart der Maschine entspricht der normalen Form moderner liegender Dampfmaschinen mit hohen Umdrehungszahlen. Der kräftige Rahmen liegt in seiner ganzen Länge auf dem Fundament auf. Kurbeln und Schubstangen sind, um ein Verspritzen des Schmieröles zu vermeiden, mit gusseisernen. Hauben bedeckt. (Fortsetzung folgt.)