Titel: | Kinematische Untersuchung der Elastizität von Federn. |
Autor: | G. Ramisch |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 453 |
Download: | XML |
Kinematische Untersuchung der Elastizität von
Federn.
Von Prof. G. Ramisch,
Breslau.
Kinematische Untersuchung der Elastizität von Federn.
I.
In den Punkten A1 und
A2 zweier um den
Punkt G drehbaren ganz gleichen Backen ist eine sehr
dünne Feder, die von einer durch G gehenden Achse GH in zwei symmetrische Hälften zerlegt wird,
befestigt. Die Backen sind von zwei gleichen, aber entgegengesetzt gerichteten
Kräften, von denen jede P heisst und von G die Entfernung p hat,
beansprucht.
Unter der Voraussetzung, dass die Formänderung der Backen, verglichen mit der der
Feder, vernachlässigt wird, soll die Elastizität der letzteren untersucht
werden.
Wie man aus der Abbildung erkennt, ist der Punkt B der
Feder, welcher auf der Symmetrieachse GH liegt,
gezwungen, sich auf letzterer, also auf einer geraden Linie zu bewegen. Hierdurch
lässt sich die Aufgabe auf folgende zurückführen:
Mit einem um B drehbaren Backen, welcher von P beansprucht wird, ist in A1 eine Feder befestigt, deren Punkt B gezwungen ist, sich auf der Geraden HG zu bewegen. Es ist die Elastizität der Federhälfte
A1B zu untersuchen.
Textabbildung Bd. 316, S. 453
Dazu wollen wir noch die Forderung stellen, welche für die ganze Feder notwendig ist,
dass, nachdem die Feder ihre Formänderung ausgeführt hat, auch in der Endlage, sowie
in der Anfangslage GH Normale im Punkte B der Federkurve bleibt. Letzteres wird durch ein
Kräftepaar veranlasst, welches im Punkte B des
Federquerschnitts, den wir übrigens als überall konstant annehmen wollen, angreift.
Das Moment dieses Kräftepaares ist zugleich das Biegungsmoment der Feder im Punkte
B und soll mit M0 benannt und zunächst ermittelt werden.
Die Feder sei nur im Punkte C elastisch, so dass sie
sonst aus zwei starren Teilen besteht. Es ist dann C
gezwungen, um G sich zu drehen, während zugleich B auf GH sich bewegt. Es
dreht sich daher der Federteil B C momentan um den
Schnittpunkt \frakfamily{P} von GC
mit der Senkrechten BD im Punkte B auf GH. Der unendlich
kleine Drehungswinkel um \frakfamily{P} soll mit dτ bezeichnet werden. Gleichzeitig dreht sich die Backe
um G mit dem unendlichkleinen Winkel dα und die Federteile A1C und CB verändern ihre Lage im Punkte C um den unendlich kleinen Winkel dγ. Es finden nun folgende Beziehungen statt:
C\,G\,\cdot\,d\,\gamma=\frakfamily{P}\,G\,\cdot\,d\,\tau
und
C\,\frakfamily{P}\,\cdot\,d\,\gamma=\frakfamily{P}\,G\,\cdot\,d\,\alpha.
Man bezeichne die Abstände der Punkte C und G von BD bezw. mit y und b, so ist:
C\,G\,:\,C\,\frakfamily{P}\,\cdot\,\frakfamily{P}\,G=(y+b)\,:\,y\,:\,b.
Wir erhalten daher aus den vorigen Gleichungen:
(b + y) . dγ = b . dτ . . . . . 1)
und
y . dγ = b . dα . . . . . . 2)
Wie man sieht, bewirkt P die Bewegung des Federstückes
CB um \frakfamily{P} im Sinne
des Zeigers einer Uhr und leistet dabei die Arbeit: P . p .
dα. Das Kräftepaar M0 dagegen bringt die entgegengesetzte Drehung dieses Federstückes um
\frakfamily{P} hervor und wirkt daran direkt; es verrichtet
daher gleichzeitig die Arbeit: M0 . dτ. Diese Arbeiten
erzeugen die Arbeit des Biegungsmomentes in C; nennen
wir es M, so ist die davon geleistete Arbeit: M. dγ. Es muss nun sein:
M . dγ – Pp .
dα – M0 . dτ
und mit Rücksicht auf die beiden vorhergehenden Gleichungen
entsteht hieraus:
M=P\,p\,\cdot\,\frac{y}{b}-M_0\,\cdot\,\frac{y+b}{b} . . . . 3)
Wir nennen E den Elastizitätsmodul der Feder, J das Trägheitsmoment jedes Federquerschnitts in Bezug
auf die Schwerachse, um welche die Drehung bei der Biegung geschieht, und ds das Bogenelement der Feder; es ist dann erlaubt, da
ja die Feder als sehr dünn angenommen worden ist:
M=E\,\cdot\,J\,\cdot\,\frac{d\,\gamma}{d\,s} . . . . . . 4)
zu setzen, so dass wir aus den beiden letzten Gleichungen
erhalten:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,\frac{d\,\gamma}{d\,s}=P\,\cdot\,p\,\cdot\,\frac{g}{b}-M_0\,\cdot\,\frac{b+y}{b}
oder auch:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,d\,\gamma=\frac{P\,p}{b}\,\cdot\,g\,\cdot\,d\,s-\frac{M_0}{b}\,\cdot\,(b+y)\,\cdot\,d\,s . 5)
So können wir E . J . dγ für alle Querschnitte von B bis A1 bilden und addieren. Es entsteht dann weiter:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,\int\limits_B^{A_1}\,d\,\gamma=\frac{P\,p}{b}\,\cdot\,\int\limits_B^{A_1}\,y\,\cdot\,d\,s-M_0\,\cdot\,\int\limits_B^{A_1}\,d\,s-\frac{M_0}{b}\,\int\limits_B^{A_1}\,y\,\cdot\,d\,s.
Man bilde den Abstand e des Schwerpunktes der Federkurve
A1B von BD, und wenn s die Länge dieser Feder kurve, so ist:
\int\limits_B^{A_1}\,d\,s=s und \int\limits_B^{A_1}\,y\,\cdot\,d\,s=s\,e,
so dass wir jetzt erhalten:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,\int\limits_B^A\,d\,\gamma=\frac{P\,p}{b}\,\cdot\,e\,\cdot\,s-M_0\,\cdot\,s-\frac{M_0}{b}\,\cdot\,e\,\cdot\,s.
Da, wie wir bereits als Forderung aufgestellt hatten, auch in der Endlage HG Normale zur Federkurve in B bleiben soll, so muss:
\int\limits_B^A\,d\,\gamma=0
sein. Hierdurch wird:
\frac{P\,p}{b}\,\cdot\,e\,\cdot\,s-M_0\,\cdot\,s-\frac{M_0}{b}\,\cdot\,e\,\cdot\,s=0
und endlich das Biegungsmoment in B
M_0=\frac{P\,p\,\cdot\,e}{e+b} . . . . . . . 6)
Hiermit ist dasselbe berechnet und hat die vorausgesetzte Bewegungsrichtung.
Nunmehr ergibt sich aus der Formel 3 das Biegungsmoment im Punkte C:
M=P\,p\,\cdot\,\frac{y}{b}-P\,p\,\cdot\,\frac{e}{e+b}\,\cdot\,\frac{b+y}{b},
d.h.
M=\frac{P\,p}{b+e}\,\cdot\,(y-e) . . . . 7)
Wir nennen η den Abstand des Punktes C von der Schwerachse, so ist:
y – e = – η,
so dass auch:
M=-\frac{P\,\cdot\,p}{e+b}\,\cdot\,\eta . . . . . 7a)
ist. Im Punkt J0, wo die Schwerachse der Federkurve A1B schneidet, ist nach der letzten Gleichung das
Biegungsmoment gleich Null, für alle Punkte unter der Schwerachse ist es negativ und
über der Schwerachse positiv. Wir erhalten es für B
negativ und zwar mit Recht, weil es hier als wirkendes, vorher als widerstehendes
auftritt, und zwar ist es negativ am grössten. Für A1 ist es dagegen positiv am grössten. Nennen wir f den Abstand des Punktes A1 von der Schwerachse, so ist es für A1 gleich: +\frac{P\,p}{e+b}\,\cdot\,f
und für B gleich: -\frac{P\,p}{e+b}\,\cdot\,e. Wir erhalten daher zwei
Maximalmomente, welche verschiedene Vorzeichen haben. Die Stärke der Feder ist nach
dem absolut grössten Maximalmoment zu berechnen. Ist z.B. die Federkurve ein
Viertelkreis, so ist, wenn r der Radius desselben ist:
f=\frac{2\,r}{\pi} und e=r\,\left(1-\frac{2}{\pi}\right), also ist das absolut grösste Maximalmoment dafür in A1, nämlich:
\frac{P\,p}{e+b}\,\cdot\,\frac{2\,r}{\pi},
wobei noch e=r\,\left(1-\frac{2}{\pi}\right) ist. Ist z.B. der Federquerschnitt ein
Rechteck von der Höhe h, so ist die grösste
Spannung:
\frac{P\,p}{e+b}\,\cdot\,\frac{2\,r}{\pi}\,\cdot\,\frac{h}{2\,\cdot\,J},
welche nicht die zulässige überschreiten darf.
Da im Punkte J0 das
Biegungsmoment gleich Null ist, so findet dort keine Biegung statt. Ueber und unter
J0 ist das
Biegungsmoment mit dem entgegengesetzten Vorzeichen versehen, es ist daher J0 gewissermassen als
Wendepunkt anzusehen, weil sich in diesem Punkte die Federstücke J0A1 und J0B bei der Biegung verschieden drehen.
Es wird offenbar auf den Federquerschnitt in B ein Druck
D senkrecht darauf ausgeübt, welcher also in der
Linie BD wirkt. Zur Berechnung desselben nehmen wir G als Momentenpunkt an und erhalten:
Pp – M0 + D . b = 0,
woraus sich ergibt:
D=\frac{P\,\cdot\,p}{e+b} . . . . . . . 8)
Des positiven Vorzeichens wegen hat er die Richtung von P.
Der Druck in G ist endlich:
P-D=P\,\left(1-\frac{p}{e+b}\right).
Wir setzen p – e – b = q, so ist derselbe auch:
-\frac{P\,\cdot\,q}{e+b} . . . . . . . 9)
Derselbe ist zu P wohl parallel, aber dazu
entgegengesetzt gerichtet.
II.
Jetzt gehen wir dazu über, den Winkel a zu berechnen,
mit welchem sich beide Backen um G infolge der
Einwirkung von P gedreht haben. Da nach der Gleichung 2
d\,\gamma=\frac{b}{y}\,\cdot\,d\,\alpha ist, so ergibt sich aus der Gleichung 5:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,\frac{b}{y}\,\cdot\,d\,\alpha=\frac{P\,p}{b}\,\cdot\,y\,\cdot\,d\,s-\frac{M_0}{b}\,(b+y)\,d\,s.
Hieraus folgt:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,d\,\alpha=\frac{P\,p}{b^2}\,y^2\,d\,s-\frac{M_0}{b}\,\cdot\,y\,d\,s-\frac{M_0}{b^2}\,\cdot\,y^2\,d\,s.
Daher entsteht für alle Punkte von B bis A1:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,\int\limits_B^{A_1}\,d\,\alpha=\frac{P\,p}{b^2}\,\int\limits_B^{A_1}\,y^2\,d\,s-\frac{M_0}{b}\,\int\limits_B^{A_1}\,y\,d\,s-\frac{M_0}{b^2}\,\int\limits_B^A\,y^2\,d\,s.
Bezeichnet man mit T das Trägheitsmoment der Federkurve
A1B in Bezug auf die durch J0 gelegte Schwerachse, so ist:
T=\int\limits_B^{A_1}\,y^2\,d\,s-s\,\cdot\,e^2,
also ist:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,\int\limits_B^{A_1}\,d\,\alpha=\frac{P\,p-M_0}{b^2}\,(T+s\,e^2)-\frac{M_0}{b}\,\cdot\,e\,\cdot\,s.
Nun ist:
\frac{P\,p-M_0}{b^2}=\frac{P\,p\,\cdot\,b}{b^2\,(e+b)},
also erhält man:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,\int\limits_B^{A_1}\,d\,\alpha=\frac{P\,p}{b\,(e+b)}\,(T+s\,e^2)-\frac{P\,p\,\cdot\,e}{b\,(e+b)}\,\cdot\,e\,\cdot\,s,
d.h.
E\,\cdot\,J\,\cdot\,\int\limits_B^{A_1}\,d\,\alpha=\frac{P\,p}{b\,\cdot\,(e+b)}\,\cdot\,T.
Nähern sich beide Backen um den Winkel α, so ist:
\alpha=2\,\int\limits_B^{A_1}\,d\,\alpha,
also erhalten wir schliesslich:
\alpha=2\,\cdot\,\frac{P\,p}{b\,\cdot\,(e+b)}\,\cdot\,\frac{T}{E\,\cdot\,J} . . . . 10)
Hiermit ist derselbe gefunden.
Bei der Formänderung der Feder bewegt sich der Punkt B
auf HG und legt dabei einen gewissen Weg zurück,
welchen wir nunmehr bestimmen wollen.
Da sich B augenblicklich um
\frakfamily{P} dreht, so legt dieser Punkt dabei den
unendlich kleinen Weg \overline{\frakfamily{P}\,B}\,\cdot\,d\,\tau zurück.
Berücksichtigen wir hier die Gleichung 1 und nennen dσ
diesen Weg, so entsteht:
d\,\sigma=\overline{\frakfamily{P}\,B}\,\cdot\,\frac{b+y}{b}\,\cdot\,d\,\gamma.
Man nenne x den Abstand des Punktes C von HG, so ist:
x=\frac{b+y}{b}\,\cdot\,\overline{\frakfamily{P}\,B}, so dass sich ergibt:
dσ = x . dγ.
Nach der Gleichung 5 haben wir nun:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,\frac{d\,\sigma}{x}=\frac{P\,p}{b}\,\cdot\,y\,\cdot\,d\,s-\frac{M_0}{b}\,\cdot\,(b+y)\,d\,s,
d.h.
E\,\cdot\,J\,\cdot\,d\,\sigma=\frac{P\,p}{b}\,\cdot\,y\,x\,d\,s-\frac{M_0}{b}\,(b+y)\,x\,\cdot\,d\,s.
Setzen wir hierin den Wert für M0 ein, so erhalten wir weiter:
E\,J\,\cdot\,d\,\sigma=\frac{P\,p}{e+b}\,(y\,x\,\cdot\,d\,s-e\,x\,\cdot\,d\,s).
So kann man da für alle Punkte der Federkurve von
A1 bis B bilden und addieren. Man setze:
\int\limits_B^{A_1}\,d\,\sigma=\sigma,
so ist:
E\,J\,\sigma=\frac{P\,p}{e+b}\,\left(\int\limits_B^{A_1}\,x\,y\,\cdot\,d\,s-e\,\int\limits_B^{A_1}\,x\,\cdot\,d\,s\right).
Hierin ist \int\limits_B^{A_1}\,x\,y\,\cdot\,d\,s das Zentrifugalmoment in Bezug auf die Achsen HG und BD. Nennen wir Z das Zentrifugalmoment in Bezug auf die dazu
parallelen Schwerachsen und noch g den Abstand des
Schwerpunktes der Federkurve A1B von HG, so ist:
\int\limits_B^{A_1}\,x\,y\,\cdot\,d\,s=Z+e\,g\,s,
dann ist noch
\int\limits_B^{A_1}\,x\,\cdot\,d\,s=g\,s,
so dass sich endlich ergibt:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,\sigma=\frac{P\,p}{e+b}\,\cdot\,Z.
Hiermit ist der von B auf HG zurückgelegte Weg σ gefunden, nämlich:
\sigma=\frac{P\,p}{E\,\cdot\,J}\,\cdot\,\frac{Z}{e+b} . . . . . . 11)
Alle Punkte der Federkurve werden sich infolge der Biegung der Feder biegen und wir
wollen uns jetzt die Aufgabe stellen, die Lage zu bestimmen, welche der beliebige
Punkt K einnehmen wird, wenn B in seine Endlage gekommen ist.
Wir wissen bereits, dass wenn die Feder im Punkte C
allein elastisch ist, sich der Federteil CB momentan um
\frakfamily{P} dreht, und zwar geschieht diese Drehung mit
dem unendlich kleinen Winkel dτ. Es dreht sich daher
K ebenfalls um \frakfamily{P}
und legt senkrecht zur Verbindungslinie der Punkte \frakfamily{P}
und K den Weg \overline{\frakfamily{P}\,K}\,\cdot\,d\,\tau zurück. Diesen Weg zerlege man
parallel zu BD und zu HG
in die senkrecht zu einander stehenden Komponenten, welche wir bezw. dσ1 und dσ2 nennen wollen. Sind
nun u und v die Abstände
des Punktes K von HG bezw.
BD, so ist:
dσ1= v . dτ
und
d\,\sigma_2=(\overline{\frakfamily{P}\,B}-u)\,\cdot\,d\,\tau.
Da aber d\,\tau=\frac{b+y}{b}\,\cdot\,d\,\gamma ist, so ergibt sich:
d\,\sigma_1=v\,\cdot\,\frac{b+y}{b}\,\cdot\,d\,\gamma,
und weil noch \overline{\frakfamily{P}\,B}\,\cdot\,d\,\tau=x\,\cdot\,d\,\gamma ist, so ist:
d\,\sigma_2=x\,\cdot\,d\,\gamma-u\,\cdot\,\frac{b+y}{b}\,\cdot\,d\,\gamma.
Nun ist das Moment M für den Punkt C einerseits E\,\cdot\,J\,\cdot\,\frac{d\,\gamma}{d\,s} und andererseits nach der
Formel 7
\frac{P\,p}{b+e}\,\cdot\,(y-e).
Wir erhalten deswegen weiter:
d\,\sigma_1=v\,\cdot\,\frac{b+y}{b}\,\cdot\,\frac{P\,p}{E\,J}\,\cdot\,\frac{y-e}{b+e}\,\cdot\,d\,s
und
d\,\sigma_2=\frac{P\,p}{b+e}\,\cdot\,\frac{1}{E\,\cdot\,J}\,\cdot\,\left(x\,[y-e]\,d\,s-u\,\cdot\,\frac{[b+y]\,[y-e]}{b}\,\cdot\,d\,s\right).
So können wir dσ1 und
dσ2 für alle
Punkte, jedoch nur zwischen K und A1 bilden und
einerseits sämtliche dσ1 und andererseits sämtliche dσ2 addieren. Nennen wir σ1 und σ2 die Summen, so erhalten wir endlich:
\sigma_1=\frac{P\,p}{E\,\cdot\,J}\,\cdot\,\frac{v}{b\,(e+b)}\,\int\limits_K^{A_1}\,(y-e)\,(b+y)\,\cdot\,d\,s . 12)
und
\sigma_2=\frac{P\,p}{E\,\cdot\,J\,(b+e)}\,\cdot\,\left(\int\limits_K^{A_1}\,x\,[y-e]\,d\,s-\frac{u}{b}\,\int_K^{A_1}\,[b+y]\,[y-e]\,d\,s\right) 13)
Hieraus lässt sich, wenn die Form der Federkurve bekannt ist, σ1 und σ2 berechnen und
konstruieren. Nachdem letzteres geschehen ist, kann man endlich die Lage finden,
wohin K nach erfolgter Biegung gelangt ist.
Nunmehr wollen wir noch den Winkel ermitteln, welchen die Berührungsgeraden in K in der Anfangs- und Endlage miteinander bilden. Wir
hatten aber folgende Gleichung benutzt:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,\frac{d\,\gamma}{d\,s}=\frac{P\,p}{b+e}\,\cdot\,(y-e).
Hieraus folgt:
d\,\gamma=\frac{P\,p}{(b+e)\,E\,\cdot\,J}\,\cdot\,(y-e)\,\cdot\,d\,s.
Wir müssen jetzt dγ für alle Punkte zwischen K und A1 der Feder kurve bilden und addieren. Es ist dann
\int\limits_K^{A_1}\,d\,\gamma der verlangte Winkel, den wir γ nennen
wollen. Dieser Winkel berechnet sich aus der Gleichung:
\gamma=\frac{P\,p}{(b+e)\,\cdot\,E\,J}\,\int\limits_K^{A_1}\,(y-e)\,\cdot\,d\,s . . . 14)
III.
Man entferne das Moment M0 in B und bringe statt dessen eine Kraft X an, welch HG zur
Kraftlinie hat. Es wird sich nun fragen, wie gross diese Kraft sein muss, damit der
Punkt B der Feder fest liegen bleibt. Die von X in einer unendlich kleinen Zeit zu leistende Arbeit
ist: X\,\cdot\,\overline{\frakfamily{P}\,B}\,\cdot\,d\,\tau, weil ja X im Punkte B des Federteiles CB
angreift, und letzterer sich um \frakfamily{P} dreht.
Gleichzeitig leistet P die Arbeit Pp . dα. Ist M das
Biegungsmoment im Punkte C, so haben wir folgende
Beziehung:
P\,p\,\cdot\,d\,\alpha-X\,\cdot\,\overline{\frakfamily{P}\,B}\,\cdot\,d\,\tau=M\,d\,\gamma.
Nun ist \overline{\frakfamily{P}\,B}\,\cdot\,d\,\tau=x\,\cdot\,d\,\gamma, wie wir bereits vorher schon gefunden haben. Es entsteht
daher:
Pp . dα – Xx . dγ = M . dγ.
Mit Rücksicht auf die Gleichung 2 entsteht hieraus:
M=P\,p\,\cdot\,\frac{y}{b}-X\,\cdot\,x.
Es ist jedoch auch M=E\,\cdot\,J\,\cdot\,\frac{d\,\gamma}{d\,s}. Daher ergibt sich weiter:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,\frac{d\,\gamma}{d\,s}=P\,p\,\cdot\,\frac{y}{b}-X\,\cdot\,x . . . 15)
oder auch:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,d\,\gamma=\frac{P\,p}{b}\,\cdot\,y\,d\,s-X\,\cdot\,x\,\cdot\,d\,s.
Nennen wir wiederum dσ den von B zurückgelegten Weg, so ist dσ = x . dγ.
Also ergibt sich:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,d\,\sigma=\frac{P\,p}{b}\,\cdot\,y\,\cdot\,x\,\cdot\,d\,s-X\,\cdot\,x^2\,\cdot\,d\,s.
Diese Gleichung muss man für alle Punkte zwischen A1 und B bilden und alle
Gleichungen addieren. Es entsteht dann:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,\int\limits_B^{A_1}\,d\,\sigma=\frac{P\,p}{b}\,\int\limits_B^{A_1}\,x\,y\,\cdot\,d\,s-X\,\int\limits_B^{A_1}\,x^2\,d\,s.
Hierin ist \int\limits_B^{A_1}\,x\,y\,d\,s das Zentrifugalmoment in Bezug auf die Achsen BD und HG; wir nennen es
Z1 und \int\limits_B^{A_1}\,x^2\,d\,s
ist das Trägheitsmoment in Bezug auf HG als Achse;
nennen wir noch T1 das
letztere, so erhalten wir:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,\int\limits_B^{A_1}\,d\,\sigma=\frac{P\,p}{B}\,\cdot\,Z_1-X\,\cdot\,T_1.
Nun soll der Punkt B fest sein, daher ist \int\limits_B^A\,d\,\sigma=0 und wir
erhalten dann sofort:
X=\frac{P\,p\,\cdot\,Z_1}{b\,\cdot\,T_1} . . . . . . 16)
Hiermit ist die verlangte Kraft X bestimmt.
Jetzt ergibt sich:
M=P\,p\,\cdot\,\frac{y}{b}-\frac{P\,p\,\cdot\,Z_1}{b\,\cdot\,T_1}\,\cdot\,x
oder auch:
M=\frac{P\,p}{b}\,\left(y-\frac{Z_1\,\cdot\,x}{T_1}\right) . . . . 17)
d.h.
E\,J\,\cdot\,\frac{d\,\gamma}{d\,s}=\frac{P\,p}{b}\,\left(y-\frac{Z_1}{T_1}\,\cdot\,x\right) . . . . 17a)
Man erkennt, dass für den Punkt B das Moment gleich Null
ist. An einer anderen Stelle ist es auch gleich Null, nämlich dort, wo:
\frac{y}{x}=\frac{Z_1}{T_1}
ist. Für den Punkt A1 ist es im besonderen:
\frac{P\,p}{b}\,\left(f+e-\frac{Z_1}{T_1}\,\cdot\,r\right),
wenn noch r die Entfernung des
Punktes A1 von GH ist. Aus der Gleichung 17a folgt:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,d\,\gamma=\frac{P\,p}{b}\,\cdot\,\left(y\,\cdot\,d\,s-\frac{Z_1}{T_1}\,\cdot\,x\,\cdot\,d\,s\right).
Integrieren wir diese Gleichung von B bis A1, so entsteht:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,\int\limits_B^{A_1}\,d\,\gamma=\frac{P\,p}{b}\,\cdot\,\left(\int\limits_B^{A_1}\,y\,\cdot\,d\,s-\frac{Z_1}{T_1}\,\cdot\,\int\limits_B^{A_1}\,x\,\cdot\,d\,s\right).
Hierin ist:
\int\limits_B^{A_1}\,y\,\cdot\,d\,s=c\,\cdot\,s und \int\limits_B^{A_1}\,x\,\cdot\,d\,s=g\,\cdot\,s
und endlich ist \int\limits_B^A\,d\,\gamma der Winkel, welchen die
Berührungsgeraden im Punkte B der Federkurve vor und
nach der Durchbiegung miteinander bilden. Nennen wir γ1 diesen Winkel, so ist:
E\,\cdot\,J\,\cdot\,\gamma_1=\frac{P\,p}{b}\,\cdot\,s\,\left(e-g\,\cdot\,\frac{Z_1}{T_1}\right) . . . 18)
und lässt sich aus dieser Gleichung jederzeit berechnen.
In dem Punkte B wirkt ausser der aus der Gleichung 16 zu
berechnenden Kraft noch die Kraft \frac{P\,p}{b}, welche BD
zur Kraftlinie hat. Die resultierende Kraft ist daher:
R=\frac{P\,p}{b\,\cdot\,T_1}\,\cdot\,\sqrt{{T_1}^2+{Z_1}^2} . . . . 19)
Bildet sie mit HG den Winkel ψ, so findet man diesen Winkel mittels der Gleichung:
tg\,\psi=\frac{T_1}{Z_1} . . . . . . 20)
wie man leicht ableiten kann.
Wie wir sehen, ist dieser Winkel nur von der Form der Feder, also nicht von der
Belastung abhängig.
Auf ähnliche Weise, wie vorhin, kann man die Lage irgend eines Punktes der
Federkurve, sowie den Winkel, welchen die Berührungsgeraden in demselben vor und
nach erfolgter Durchbiegung miteinander bilden, entwickeln.