Titel: Das System der Telegraphie ohne Draht von Professor Dr. Ferdinand Braun in Strassburg.
Fundstelle: Band 316, Jahrgang 1901, S. 789
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Das System der Telegraphie ohne Draht von Professor Dr. Ferdinand Braun in Strassburg. Das System der Telegraphie ohne Draht von Professor Dr. Ferdinand Braun in Strassburg. Die Idee, Zeichen über grössere Entfernungen auf elektrischem Wege ohne Anwendung eines künstlichen Leiters zu vermitteln, ist eigentlich älter als die elektrische Telegraphie selbst, indem schon im Jahre 1795 von Seiten des spanischen Physikers Salva auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, ohne Vermittelung eines Leiters Nachrichten übertragen zu können. Nach seinen diesbezüglichen Erläuterungen sollte beispielsweise auf der Insel Mallorka eine bestimmt abgegrenzte Erdfläche mit, sagen wir, + und auf der Insel Alikante eine ähnliche Fläche mit – Elektrizität geladen werden. Von jeder dieser beiden mit Elektrizität geladenen Flächen wird ein Draht bis zum Seeufer geführt und dortselbst in das Wasser versenkt. Auf diese Weise würde nach seiner Ansicht, da die See ein vorzüglicher Leiter ist, die Verbindung zwischen den beiden geladenen Flächen eine vorzügliche sein, und müsste sich daher ein elektrischer Ausgleich vollziehen, der durch das Auftreten von Entladungsfunken zu erkennen sein wird, wodurch sich bei entsprechender Anordnung von Empfangsapparaten eine Zeichenvermittelung zwischen diesen beiden Punkten ermöglichen lassen müsse. Die ersten praktischen und von teilweisem Erfolge begleiteten Versuche zur Durchführung einer Art von drahtloser Telegraphie wurden von James Bowmann Lindsay bereits im Jahre 1831 durchgeführt, wobei er sich jedoch darauf beschränkte, die Leitungen durch den Tayfluss zu ersparen. Aehnliche Versuche hat auch der berühmte Erfinder des nach demselben benannten Schreibtelegraphen, Samuel Finsley Morse, im Jahre 1842 unternommen, welche sich gleichfalls auf die Ueberbrückung eines Flusslaufes beschränkten. Bei beiden Versuchen kam die sogen. Leitungsmethode zur Anwendung, bei welcher je zwei räumlich getrennte Erdplatten auf jeder Seite der beiden Flussufer in den Fluss versenkt und längs der Ufer durch eine Leitung, in welche eine Stromquelle, ein Sender und ein Empfänger eingeschaltet war, miteinander verbunden wurden. Ein von den Erdplatten des einen Ufers abgehender Zweigstrom musste die Erdplatten der am gegenüberliegenden Ufer liegenden Leitung treffen, daher durch diese Leitung hindurchgehen und die in dieselbe eingeschalteten Empfangsapparate zum Ansprechen bringen, wenn auf dem diesseitigen Ufer Zeichen entsendet wurden. Diese Art der Telegraphie ohne direkte leitende Verbindung der gebenden mit der empfangenden Station, welche allerdings für die Ueberbrückung grösserer Entfernungen ohne Anwendung grosser elektromotorischer Kräfte nicht geeignet war, sich jedoch für viele Sonderzwecke als vielversprechend und erfolgreich erwies, wurde seitens einer Reihe von Experimentatoren wiederholt aufgenommen und sind beispielsweise die von Prof. Erich Rathenau im Jahre 1894 auf dem Wannsee durchgeführten Versuche, welche die Möglichkeit ergaben, bis auf eine Entfernung von 5 km im Wasser zu sprechen, mit entsprechenden Modifikationen auf ähnlichen Grundzügen aufgebaut gewesen. Eines der letzten Patente, welches auf diese Art derdrahtlosen Telegraphie von Abbé L. Michél genommen wurde, datiert aus dem Jahre 1894, wobei derselbe sich die verschiedene Leitungsfähigkeit der Erdschichten für den elektrischen Strom zu nutze zu machen suchte und als Stromquelle eine Akkumulatorenbatterie, als Empfänger ein für alle Stromvariationen äusserst empfindliches Telephon verwendete. Viel bessere Erfolge als die Leitungsmethoden schienen die Induktionsmethoden zu versprechen. Die erste Anregung zur Verwertung der elektromagnetischen Induktion für die Zwecke der drahtlosen Telegraphie gab der englische Telegrapheningenieur J. H. Wilkins, welcher bereits im Jahre 1849 auf Grund vorhergehender von Erfolg begleiteten Versuche es für möglich hielt, eine telegraphische Verbindung zwischen Frankreich und England ohne Anwendung eines Drahtleiters durchzuführen. Von Interesse ist es, dass er hierbei für den Empfänger bereits eine Anordnung vorschlug, welche sich in ihren Grundprinzipien mit der Einrichtung des Depréz-d'Arsonval'schen Galvanometers vollkommen deckte und daher eine grosse Empfindlichkeit erwarten liess. Von der grossen Anzahl jener Physiker und Elektrotechniker, welche sich mit der Lösung der Frage der Telegraphie ohne Draht auf dem Wege der elektromagnetischen und statischen Induktion beschäftigten, seien nur Smith (1881), Phelps (1884), Dolbear (1886), Woods (1887), Ader (1888), Somzee (1888), Edison (1891), Stevenson (1892), Sennet (1892), Evershed (1892), Preece (1893), Rathenau (1893), Blake (1894) und Kitsee (1895) angeführt. Wiewohl sich die Anordnungen von Dolbear und Edison praktisch als durchführbar erwiesen und im Betriebe allen Anforderungen entsprachen, konnten sich dieselben aus dem Grunde keiner länger dauernden Anwendung erfreuen, weil ein Bedürfnis für dieselben thatsächlich nicht vorlag. Wirklichen Erfolg hatte nur Preece zu verzeichnen, dessen Einrichtungen für gewisse Zwecke vollkommen entsprachen und daher trotz der mittlerweile bekannt gewordenen Wellentelegraphie wegen der grossen Sicherheit der Zeichenvermittelung, welche dieselben gewähren, für kurze Entfernungen bis in die neueste Zeit Anwendung finden. Precce's Verdienst ist es auch, die Gesetze der Uebertragung elektrischer Impulse auf dem Wege der elektromagnetischen Induktion auf das genaueste festgelegt zu haben. Die berühmten Untersuchungen von Hertz, welcher in den Jahren 1888 und 1889 die Wellenbewegung der Elektrizität im freien Raume und so deren Fortpflanzungsfähigkeit in demselben experimentell nachwies, gaben neue Anhaltspunkte für die weiteren Forschungen auf dem Gebiete der drahtlosen Telegraphie. Nichtsdestoweniger blieben die durch Hertz gegebenen Anregungen durch lange Zeit unbeachtet, wie sich denn auch Hertz selbst über die Möglichkeit, mittels elektrischer Wellen telegraphieren zu können, sehr pessimistisch äusserte. Eine der Hauptschwierigkeiten schien es, einen hinreichend empfindlichen Dedektor für die elektrischen Wellen zu finden. Wenn nun auch Prof. Temistocle Calzechi-Onesti bereits im Jahre 1884 die Entdeckung gemacht hat, dass metallische Feilspäne unter der Einwirkung elektrischer Ströme gut leitend werden, so blieb diese Entdeckung unbeachtet, und gelang es erst Branly im Jahre 1890 die allgemeine Aufmerksamkeit auf diese hochwichtige Thatsache zu lenken. Doch erst Marconi war es vorbehalten, eine Anordnung zu schaffen, welche der Telegraphie im Raume unter Verwertung der Hertz'schen Wellen eine grosse Aussicht eröffnete. Es wäre aber verfehlt, Marconi als den eigentlichen Pfadfinder auf dem Gebiete der Wellentelegraphie zu bezeichnen, da bereits im Jahre 1877 Prof. Hughes auf Grund zufälliger Beobachtungen zu eingehenden Versuchen angeregt wurde, welche die Möglichkeit ergaben, Mitteilungen durch den Raum ohne Anwendung eines künstlichen Leiters zu verpflanzen. Die eigenartigen Erscheinungen, welche hierbei zu Tage traten, liessen Hughes, welcher ein sehr scharfer Beobachter war, schon damals der Vermutung Raum geben, dass hier die von Maxwell bereits vorgeahnten, bisher aber nicht experimentell nachgewiesenen elektrischen Wellen die vermittelnde Rolle spielen. Hervorragende englische Fachgelehrte, welchen er von den Ergebnissen seiner Experimente Mitteilung machte, waren jedoch der Ansicht, dass sich diese Erscheinungen ebensogut als Wirkungen der elektromagnetischen Induktion erklären lassen. Hierdurch entmutigt, unterliess er es, die einmal angebahnten Versuche weiter zu verfolgen. Nach der erst in der neuesten Zeit erfolgten Veröffentlichung des von Hughes beobachteten Vorgehens steht es jedoch ausser allem Zweifel, dass Hughes das Richtige vorgeahnt hat, und die von ihm konstatierte Uebertragung von Zeichen durch den Raum, welche sich auf eine Entfernung von über 500 m erstreckte, nur durch die von einer Funkenstrecke ausgehenden elektrischen Wellen sich erklären lässt. Wenn nun auch der russische Professor A. Popoff schon im Jahre 1895 eine mit der Marconi'schen sich vollkommen deckende Einrichtung geschaffen hat, welche dazu diente, elektrische Störungen in der Atmosphäre nachzuweisen, so ist es doch das unleugbare Verdienst Marconi's, welcher von den Arbeiten Hughes' und Popoff's keine Kenntnis hatte, nicht nur die erste Anregung zur Zeichenübertragung durch den Raum unter Verwertung elektrischer Wellen gegeben, sondern auch die erste brauchbare Einrichtung zu dieser Art der Nachrichtenvermittelung geschaffen zu haben und sich um die Verbesserung und Vervollkommnung derselben noch weiter zu bemühen. Dass nun die allgemeines Aufsehen erregenden Versuche Marconi's allseitiges Interesse weckten und Anregung zu weiterem Forschen gaben, ist bei der grossen Wichtigkeit des in Rede stehenden Gegenstandes um so begreiflicher, als ja Marconi selbst noch nichts Vollkommenes geschaffen hatte, und auch die Theorie dieser Erscheinungen noch viel zu wenig geklärt war, um ein klares Bild über die bei der drahtlosen Telegraphie sich abspielenden Vorgänge zu gewinnen. Ebenso wie die Experimente von Hertz, Righi, Branly und Lodge die Anregung für Marconi zu seinen epochemachenden Versuchen gaben, ebenso wirkten dieselben wieder befruchtend auf die weiteren Forschungen in dieser Richtung ein, und man darf wohl sagen, dass die vielseitigen Bemühungen der verschiedenen Gelehrten erst ein richtiges Bild über die sich bei der Wellenbewegung der Elektrizität im Raume abspielenden Vorgänge gewinnen liessen. Sollen hierbei Namen genannt werden, so darf des hervorragenden Anteiles, welchen Lodge, Blondel, Tissot, Slaby, Tomasina, Guarnerini und viele andere an der Entwickelung der Theorie und der praktischen Ausgestaltung der Einrichtungen für die drahtlose Telegraphie haben, nicht vergessen werden. In neuerer Zeit erregte die Anordnung des Professors Dr. Ferdinand Braun in Strassburg die allgemeine Aufmerksamkeit der an dieser wichtigen Frage interessierten Kreise, indem die zwischen den vier Feuerschiffen „Elbe IV“ bis „Elbe I“ und der Seezeichenstation Kugelbake mit diesem System der drahtlosen Telegraphie durchgeführtenVersuche, welche späterhin auf die 63 km lange Strecke Helgoland-Kugelbake ausgedehnt wurden, trotz vieler sich entgegenstemmenden Hindernisse ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis aufwiesen, und sich die Zeichenübertragung als vollkommen zuverlässlich erwies, während Vergleichsversuche nach dem Marconi-System trotz bedeutend höherer Auffangmaste auf die grösseren Entfernungen weniger zufriedenstellende Resultate ergeben haben sollen. Die Neuerung erstreckt sich hierbei hauptsächlich auf den Sender, welcher gegenüber dem von Marconi angewendeten Sender einige wesentliche Abweichungen zeigt. Um diesen Unterschied klarzulegen, sei der Marconi-Sender in seiner einfachsten, das Prinzip desselben in klarer Weise darstellenden Form zur Vorführung gebracht (Fig. 1). In derselben stellt i den Induktor, f eine Hertz'sche Funkenstrecke und a die das Charakteristikon der Marconi'schen Erfindung bildende Auffangstange dar, während e, die Ableitung der Funkenstrecke zur Erde, ebenfalls einen wichtigen Punkt dieser Erfindung bedeutet. Textabbildung Bd. 316, S. 790 Fig. 1. Die von einem derartigen Sender ausgehenden elektrischen Wellen verpflanzen sich, von der Funkenstrecke ausgehend, durch die senkrechte nach aufwärts strebende Stange in den Raum und werden auf um so grössere Entfernungen wirksam, je höher diese Stange ist. Man sollte nun glauben, dass sich die Fernwirkung der elektrischen Wellen vervielfachen könnte, wenn man nur die Kraft des Gebers entsprechend oder, was dasselbe besagen will, die Funkenlänge entsprechend vergrössert. Wie jedoch bereits Hertz nachgewiesen und schon früher Hughes ganz richtig beobachtet hat, soll der Funke, um eine gewisse Wirksamkeit zu erlangen, eine bestimmte Länge nicht überschreiten, da er sonst weniger aktiv wird, d.h. nicht mehr in gleich guter Weise elektrische Wellen erzeugt. Ueber die Ursache dieser Erscheinung lässt sich nur mutmassen, dass der Widerstand der Funkenstrecke die Schwingungen dämpft und sich die Energie auf der Funkenbahn in Wärme umsetzt. Dieser Umstand ist es, welcher der Marconi'schen Geberanordnung bestimmte Grenzen setzt, indem auch eine Vergrösserung der Oberfläche des Senders durch angehängte Metallflächen oder Drahtnetze wenig nutzt und nur eine Verlängerung der Senderhöhe die Zeichenvermittelung auf grössere Entfernungen ermöglicht. Doch auch hier ist man an bestimmte Grenzen gebunden, da sich der Erhöhung der Senderstange ganz bedeutende Schwierigkeiten entgegensetzen und eine Höhe von etwa 100 m als die Grenze des Erreichbaren anzusehen ist. Hierzu gesellen sich aber noch andere Uebelstände, indem die Ladungen des Gebers gefährlich werden können, und derselbe ausserdem eine ausserordentlich gute Isolation erfordert. Wird dieselbe einmal mangelhaft, wie dies durch Berührung der Senderstange mit einem nassen Gegenstande oder durch Nebel leicht eintreten kann, so entsteht überhaupt keine Ladung oder in so geringem Masse, dass der Geber seinen Dienst versagt. Als weiterer Nachteil dieses Senders ist der Umstand anzusehen, dass die Schwingungen sehr stark gedämpft werden, was teils durch den Funken selbst, teils durch den Widerstand des Oscillators, hauptsächlich aber dadurch bedingt wird, dass die Schwingungen ihre Energie in den umgebenden Raum abgeben. Nun ist aber gerade diese letztere Dämpfungsursache bei der gewählten Anordnung unvermeidlich, da dieselbe ja die Bedingung für die gewünschte Fernwirkung bildet. Durch diese Dämpfung wird aber die Zeitdauer der Schwingungen wesentlich abgekürzt und deren Aussenwirkung stark beeinträchtigt, ausserdem aber eignen sich derartige schnell vergehende Schwingungen nicht zur Abstimmung eines Empfängers auf einen Sender, indem sich hierfür die Bedingung ergibt, dass die erregende Schwingung durch längere Zeit mit nahezu gleicher Intensität anhält, weil nur dann die Steigerung der Amplitude durch die Resonanz im Empfänger zur Geltung gelangen kann. Einer weiteren Erklärung dieser Thatsache bedarf es wohl kaum, da dieselbe aus dem Gebiete der Akustik längst bekannt und sowohl theoretisch als experimentell nachgewiesen ist. Da man es nun bei der drahtlosen Telegraphie dieser Art erwiesenermassen mit elektrischen Wellen zu thun hat, und jede Wellenbewegung ohne Rücksicht auf die Wellenlänge und die Anzahl der Schwingungen bezogen auf die Zeiteinheit den gleichen Gesetzen folgt, so bedarf es kaum einer weiteren Begründung dieser Thatsache. Aus den akustischen Erscheinungen leitet sich nun der Erfahrungssatz ab, dass „schwach gedämpfte Senderschwingungen die Grundbedingung für eine gut ausgesprochene Empfängerabstimmung sind“. Die Erkenntnis dieser Thatsachen führte zu den in Rede stehenden Versuchen und Ausführungen. Die ersten Versuche hatten jedoch nicht die Verbesserung der Sendereinrichtungen zum Zwecke der Wellenübertragung durch den Raum zum Ziele, sondern strebten eine Uebertragung der elektrischen Wellen durch das Wasser oder eine sogen. Hydrotelegraphie an. Es wurde hierbei von folgender Erwägung ausgegangen: Leitet man in ein Wasser einen konstanten oder einen langsam wechselnden oder zerhackten Gleichstrom, so werden sich die Stromlinien wie bei den Versuchen von Bathenau und Strecker nach allen Richtungen der Wassermasse gleichmässig verbreiten. Anders gestalten sich jedoch die Verhältnisse, wenn statt konstanter oder langsam wechselnder Ströme sehr schnell wechselnde Ströme oder solche von hoher Frequenz, wie beispielsweise die Tesla-Ströme, verwendet werden, da bekanntlich bei solchen Strömen die Fortpflanzung der Elektrizität und zwar um so mehr an der Oberfläche des Leiters erfolgt, je grösser die Frequenz des in denselben eingeleiteten Stromes ist. Bei noch schnelleren Schwingungen, wie solche durch die Entladung von Leydener Flaschen entstehen, oder gar bei Anwendung von Hertzschen Wellen wird die Stromfortleitung nur in einer sehr dünnen Oberflächenschicht des betreffenden Leiters erfolgen, wobei diese Schicht um so dünner sein wird, je besser der als Leiter verwendete Stoff die Elektrizität leitet, in welchem Falle die Welle sozusagen nur über die Oberfläche desselben hinweggleitet. Als Ursache dieser Erscheinung wird die Induktionswirkung, welche die einzelnen Leiterteile aufeinander ausüben, bezeichnet. Textabbildung Bd. 316, S. 791 Fig. 2. Textabbildung Bd. 316, S. 791 Fig. 3. Bisher wurde diese Erscheinung nur für cylindrische Leiter experimentell nachgewiesen, doch war anzunehmen, dass die Stromverteilung und Verpflanzung sehr schneller Schwingungen auf flächenförmigen und körperlichen Leitern in ganz derselben Weise erfolgen wird, und daher anzunehmen ist, dass die ganze Strömung wesentlich an der Oberfläche bleibt und sich sohin im Gegensatze zum Verhalten von konstanten Strömen starke Stromlinien in weiten Bogen aus der direkten Verbindungslinie herausdrängen werden. Dies ist auch für verhältnismässig schlechte Leiter, wie Fluss- und Seewasser, vorauszusehen und dürften als praktisch in Betracht kommende Oberflächenschichten etwa 1 bis 2 m Tiefe in Betracht kommen. Sofern sich diese Vermutung bestätigt, so lässt sich nach der Ansicht Braun's eine drahtlose Telegraphie durch das Wasser hindurch aufbauen, wobei nur eine zusammenhängende Wassermasse Bedingung ist und Landzungen, Berge und bewachsenes Terrain kein Hindernis abgeben können. Die hierbei in erster Linie zu lösende Aufgabe war, schnelle elektrische Oscillationen dem Wasser zuzuführen.Hierfür wurde sich der in Fig. 2 bis 8 dargestellten Vorrichtungen bedient. Bei der in Fig. 2 dargestellten Anordnung, bei welcher i das Induktorium bezeichnet, tritt durch den überspringenden Funken eine plötzliche Ladung des Drahtes auf, wodurch sich die von der Kugel ausgehende Erregung durch den Draht bis zur Wasserfläche fortpflanzt und teilweise in die Wasserfläche übertritt. Dadurch jedoch, dass das Wasser eine grosse Dielektrizitätskonstante besitzt, wird diese Ladung auch teilweise reflektiert, wodurch sich sowohl in den Drähten als auch in der Wasserstrecke elektrische Schwingungen ausbilden. Bei den Anordnungen, wie solche in den Fig. 3 bis 8 dargestellt sind, gelangen überall Kondensatoren, mit c bezeichnet, zur Anwendung und werden auch teilweise Selbstinduktionsspulen s zwischengeschaltet. Als eine der wirksamsten Anordnungen wurde die in Fig. 7 dargestellte befunden. Als Kondensatoren kamen zwei Leydener Flaschen von je etwa 2900 cm Kapazität und als Induktionsspulen Spiralen von 10 bis 100 und mehr Windungen Kupferdraht zur Anwendung. Textabbildung Bd. 316, S. 791 Fig. 4. Textabbildung Bd. 316, S. 791 Fig. 5. Textabbildung Bd. 316, S. 791 Fig. 6. Textabbildung Bd. 316, S. 791 Fig. 7. Textabbildung Bd. 316, S. 791 Fig. 8. An der Auffangstelle wurden die in den Fig. 9 und 10 dargestellten Schaltungen verwendet, in welchen k den Kohärer, e ein Element, s den Stromanzeiger und c einen Kondensator bezeichnet. Textabbildung Bd. 316, S. 791 Fig. 9. Textabbildung Bd. 316, S. 791 Fig. 10. Mit diesen Anordnungen wurden vorerst Versuche in den alten mit Wasser gefüllten Festungsgräben der Stadt Strassburg, sodann längs des Rheines und späterhin auch bei Cuxhaven im Meere durchgeführt, und gelang es bei diesen Versuchen, trotzdem für dieselben nur ein Induktor von 10 cm Schlagweite zur Verfügung stand, nicht nur bis zu 3 km Entfernung zu überbrücken, sondern auch den positiven Nachweis zu liefern, dass die Wirkung nicht durch die Luft übertragen wurde, dass es ferner keine Uebertragung im Sinne der Induktionswirkung war, sohin die aus der anfänglichen Erwägung gezogenen Schlussfolgerungen sich wenigstens qualitativ als richtig erwiesen. Der Nachweis für die direkte Fortleitung der Wellenimpulse im Wasser wurde durch die Versuche in den bereits erwähnten Festungsgräben erbracht. Dieselben hatten annäherungsweise den in Fig. 11 dargestellten Verlauf und war der mit a1 bezeichnete Kaum mit hohen Gebäuden erfüllt, durch welche die Möglichkeit einer direkten Wirkung durch die Luft nahezu ausgeschlossen erschien. Textabbildung Bd. 316, S. 792 Fig. 11. Dadurch jedoch, dass die Versuche längs des ganzen Wassergrabens bis zur letzten Ecke gut gelangen, die Wirkung aber sofort beträchtlich abnahm, wenn die Auffangdrähte in das mit der Hauptwassermasse nur durch einen wenige Centimetertiefen meterbreiten Wassergraben in Verbindung stehende Bassin e verlegt wurden, ergibt sich mit Gewissheit, dass die Uebertragung nur durch das Wasser stattfand, weil sonst bei direkter Uebertragung durch die Luft die geringe Entfernungsdifferenz keinen Einfluss auszuüben vermocht hätte. Dass Induktionswirkungen im Sinne der Preece'schen Versuche ausgeschlossen sind, wird dadurch erwiesen, dass die gegenseitige Lage der in das Wasser versenkten Gebe- und Empfangsdrähte auf die Empfindlichkeit der Uebertragung keinen Einfluss ausübt, während dies bei einer rein induktiven Uebertragung, insbesondere dann, wenn die gegenseitige Lage der direkten Verbindungslinie der beiden Gebedrähte zur Verbindungslinie der Empfangsdrähte die Senkrechte wäre, nicht der Fall sein könnte, und bei der letzteren extremen Annahme eine Zeichenübertragung überhaupt unmöglich werden müsste. Wenn nun auch diese Versuche ein sowohl theoretisch als praktisch wertvolles Ergebnis brachten, wurden dieselben doch vorläufig nicht zum Abschluss gebracht, indem sich der Experimentator auf Grund der bereits erläuterten Unzulänglichkeiten des Marconi'schen Senders diesem vorläufig mehr Erfolg versprechenden Gegenstande zugewendet hat. (Schluss folgt.)