Titel: | Das System der Telegraphie ohne Draht von Professor Dr. Ferdinand Braun in Strassburg. |
Fundstelle: | Band 316, Jahrgang 1901, S. 789 |
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Das System der Telegraphie ohne Draht von
Professor Dr. Ferdinand Braun in Strassburg.
Das System der Telegraphie ohne Draht von Professor Dr. Ferdinand
Braun in Strassburg.
Die Idee, Zeichen über grössere Entfernungen auf elektrischem Wege ohne
Anwendung eines künstlichen Leiters zu vermitteln, ist eigentlich älter als die
elektrische Telegraphie selbst, indem schon im Jahre 1795 von Seiten des spanischen
Physikers Salva auf die Möglichkeit hingewiesen wurde,
ohne Vermittelung eines Leiters Nachrichten übertragen zu können. Nach seinen
diesbezüglichen Erläuterungen sollte beispielsweise auf der Insel Mallorka eine
bestimmt abgegrenzte Erdfläche mit, sagen wir, + und auf der Insel Alikante eine
ähnliche Fläche mit – Elektrizität geladen werden. Von jeder dieser beiden mit
Elektrizität geladenen Flächen wird ein Draht bis zum Seeufer geführt und dortselbst
in das Wasser versenkt. Auf diese Weise würde nach seiner Ansicht, da die See ein
vorzüglicher Leiter ist, die Verbindung zwischen den beiden geladenen Flächen eine
vorzügliche sein, und müsste sich daher ein elektrischer Ausgleich vollziehen, der
durch das Auftreten von Entladungsfunken zu erkennen sein wird, wodurch sich bei
entsprechender Anordnung von Empfangsapparaten eine Zeichenvermittelung zwischen
diesen beiden Punkten ermöglichen lassen müsse.
Die ersten praktischen und von teilweisem Erfolge begleiteten Versuche zur
Durchführung einer Art von drahtloser Telegraphie wurden von James Bowmann Lindsay bereits im Jahre 1831 durchgeführt, wobei er sich
jedoch darauf beschränkte, die Leitungen durch den Tayfluss zu ersparen. Aehnliche
Versuche hat auch der berühmte Erfinder des nach demselben benannten
Schreibtelegraphen, Samuel Finsley Morse, im Jahre 1842
unternommen, welche sich gleichfalls auf die Ueberbrückung eines Flusslaufes
beschränkten.
Bei beiden Versuchen kam die sogen. Leitungsmethode zur Anwendung, bei welcher je
zwei räumlich getrennte Erdplatten auf jeder Seite der beiden Flussufer in den Fluss
versenkt und längs der Ufer durch eine Leitung, in welche eine Stromquelle, ein
Sender und ein Empfänger eingeschaltet war, miteinander verbunden wurden. Ein von
den Erdplatten des einen Ufers abgehender Zweigstrom musste die Erdplatten der am
gegenüberliegenden Ufer liegenden Leitung treffen, daher durch diese Leitung
hindurchgehen und die in dieselbe eingeschalteten Empfangsapparate zum Ansprechen
bringen, wenn auf dem diesseitigen Ufer Zeichen entsendet wurden. Diese Art der
Telegraphie ohne direkte leitende Verbindung der gebenden mit der empfangenden
Station, welche allerdings für die Ueberbrückung grösserer Entfernungen ohne
Anwendung grosser elektromotorischer Kräfte nicht geeignet war, sich jedoch für
viele Sonderzwecke als vielversprechend und erfolgreich erwies, wurde seitens einer
Reihe von Experimentatoren wiederholt aufgenommen und sind beispielsweise die von
Prof. Erich Rathenau im Jahre 1894 auf dem Wannsee
durchgeführten Versuche, welche die Möglichkeit ergaben, bis auf eine Entfernung von
5 km im Wasser zu sprechen, mit entsprechenden Modifikationen auf ähnlichen
Grundzügen aufgebaut gewesen.
Eines der letzten Patente, welches auf diese Art derdrahtlosen Telegraphie von
Abbé L. Michél genommen wurde, datiert aus dem Jahre
1894, wobei derselbe sich die verschiedene Leitungsfähigkeit der Erdschichten für
den elektrischen Strom zu nutze zu machen suchte und als Stromquelle eine
Akkumulatorenbatterie, als Empfänger ein für alle Stromvariationen äusserst
empfindliches Telephon verwendete.
Viel bessere Erfolge als die Leitungsmethoden schienen die Induktionsmethoden zu
versprechen. Die erste Anregung zur Verwertung der elektromagnetischen Induktion für
die Zwecke der drahtlosen Telegraphie gab der englische Telegrapheningenieur J. H. Wilkins, welcher bereits im Jahre 1849 auf Grund
vorhergehender von Erfolg begleiteten Versuche es für möglich hielt, eine
telegraphische Verbindung zwischen Frankreich und England ohne Anwendung eines
Drahtleiters durchzuführen. Von Interesse ist es, dass er hierbei für den Empfänger
bereits eine Anordnung vorschlug, welche sich in ihren Grundprinzipien mit der
Einrichtung des Depréz-d'Arsonval'schen Galvanometers
vollkommen deckte und daher eine grosse Empfindlichkeit erwarten liess.
Von der grossen Anzahl jener Physiker und Elektrotechniker, welche sich mit der
Lösung der Frage der Telegraphie ohne Draht auf dem Wege der elektromagnetischen und
statischen Induktion beschäftigten, seien nur Smith
(1881), Phelps (1884), Dolbear (1886), Woods (1887), Ader (1888), Somzee
(1888), Edison (1891), Stevenson (1892), Sennet (1892), Evershed (1892), Preece
(1893), Rathenau (1893), Blake (1894) und Kitsee (1895) angeführt.
Wiewohl sich die Anordnungen von Dolbear und Edison praktisch als durchführbar erwiesen und im
Betriebe allen Anforderungen entsprachen, konnten sich dieselben aus dem Grunde
keiner länger dauernden Anwendung erfreuen, weil ein Bedürfnis für dieselben
thatsächlich nicht vorlag.
Wirklichen Erfolg hatte nur Preece zu verzeichnen,
dessen Einrichtungen für gewisse Zwecke vollkommen entsprachen und daher trotz der
mittlerweile bekannt gewordenen Wellentelegraphie wegen der grossen Sicherheit der
Zeichenvermittelung, welche dieselben gewähren, für kurze Entfernungen bis in die
neueste Zeit Anwendung finden.
Precce's Verdienst ist es auch, die Gesetze der
Uebertragung elektrischer Impulse auf dem Wege der elektromagnetischen Induktion auf
das genaueste festgelegt zu haben.
Die berühmten Untersuchungen von Hertz, welcher in den
Jahren 1888 und 1889 die Wellenbewegung der Elektrizität im freien Raume und so
deren Fortpflanzungsfähigkeit in demselben experimentell nachwies, gaben neue
Anhaltspunkte für die weiteren Forschungen auf dem Gebiete der drahtlosen
Telegraphie. Nichtsdestoweniger blieben die durch Hertz
gegebenen Anregungen durch lange Zeit unbeachtet, wie sich denn auch Hertz selbst über die Möglichkeit, mittels elektrischer
Wellen telegraphieren zu können, sehr pessimistisch äusserte. Eine der
Hauptschwierigkeiten schien es, einen hinreichend empfindlichen Dedektor für die elektrischen
Wellen zu finden. Wenn nun auch Prof. Temistocle
Calzechi-Onesti bereits im Jahre 1884 die Entdeckung gemacht hat, dass
metallische Feilspäne unter der Einwirkung elektrischer Ströme gut leitend werden,
so blieb diese Entdeckung unbeachtet, und gelang es erst Branly im Jahre 1890 die allgemeine Aufmerksamkeit auf diese hochwichtige
Thatsache zu lenken. Doch erst Marconi war es
vorbehalten, eine Anordnung zu schaffen, welche der Telegraphie im Raume unter
Verwertung der Hertz'schen Wellen eine grosse Aussicht
eröffnete. Es wäre aber verfehlt, Marconi als den
eigentlichen Pfadfinder auf dem Gebiete der Wellentelegraphie zu bezeichnen, da
bereits im Jahre 1877 Prof. Hughes auf Grund zufälliger
Beobachtungen zu eingehenden Versuchen angeregt wurde, welche die Möglichkeit
ergaben, Mitteilungen durch den Raum ohne Anwendung eines künstlichen Leiters zu
verpflanzen. Die eigenartigen Erscheinungen, welche hierbei zu Tage traten, liessen
Hughes, welcher ein sehr scharfer Beobachter war,
schon damals der Vermutung Raum geben, dass hier die von Maxwell bereits vorgeahnten, bisher aber nicht experimentell
nachgewiesenen elektrischen Wellen die vermittelnde Rolle spielen. Hervorragende
englische Fachgelehrte, welchen er von den Ergebnissen seiner Experimente Mitteilung
machte, waren jedoch der Ansicht, dass sich diese Erscheinungen ebensogut als
Wirkungen der elektromagnetischen Induktion erklären lassen. Hierdurch entmutigt,
unterliess er es, die einmal angebahnten Versuche weiter zu verfolgen. Nach der erst
in der neuesten Zeit erfolgten Veröffentlichung des von Hughes beobachteten Vorgehens steht es jedoch ausser allem Zweifel, dass
Hughes das Richtige vorgeahnt hat, und die von ihm
konstatierte Uebertragung von Zeichen durch den Raum, welche sich auf eine
Entfernung von über 500 m erstreckte, nur durch die von einer Funkenstrecke
ausgehenden elektrischen Wellen sich erklären lässt.
Wenn nun auch der russische Professor A. Popoff schon im
Jahre 1895 eine mit der Marconi'schen sich vollkommen
deckende Einrichtung geschaffen hat, welche dazu diente, elektrische Störungen in
der Atmosphäre nachzuweisen, so ist es doch das unleugbare Verdienst Marconi's, welcher von den Arbeiten Hughes' und Popoff's keine
Kenntnis hatte, nicht nur die erste Anregung zur Zeichenübertragung durch den Raum
unter Verwertung elektrischer Wellen gegeben, sondern auch die erste brauchbare
Einrichtung zu dieser Art der Nachrichtenvermittelung geschaffen zu haben und sich
um die Verbesserung und Vervollkommnung derselben noch weiter zu bemühen.
Dass nun die allgemeines Aufsehen erregenden Versuche Marconi's allseitiges Interesse weckten und Anregung zu weiterem Forschen
gaben, ist bei der grossen Wichtigkeit des in Rede stehenden Gegenstandes um so
begreiflicher, als ja Marconi selbst noch nichts
Vollkommenes geschaffen hatte, und auch die Theorie dieser Erscheinungen noch viel
zu wenig geklärt war, um ein klares Bild über die bei der drahtlosen Telegraphie
sich abspielenden Vorgänge zu gewinnen.
Ebenso wie die Experimente von Hertz, Righi, Branly und
Lodge die Anregung für Marconi zu seinen epochemachenden Versuchen gaben, ebenso wirkten
dieselben wieder befruchtend auf die weiteren Forschungen in dieser Richtung ein,
und man darf wohl sagen, dass die vielseitigen Bemühungen der verschiedenen
Gelehrten erst ein richtiges Bild über die sich bei der Wellenbewegung der
Elektrizität im Raume abspielenden Vorgänge gewinnen liessen.
Sollen hierbei Namen genannt werden, so darf des hervorragenden Anteiles, welchen Lodge, Blondel, Tissot, Slaby, Tomasina, Guarnerini und
viele andere an der Entwickelung der Theorie und der praktischen Ausgestaltung der
Einrichtungen für die drahtlose Telegraphie haben, nicht vergessen werden.
In neuerer Zeit erregte die Anordnung des Professors Dr. Ferdinand Braun in Strassburg die allgemeine Aufmerksamkeit der an dieser
wichtigen Frage interessierten Kreise, indem die zwischen den vier Feuerschiffen
„Elbe IV“ bis „Elbe I“ und der Seezeichenstation Kugelbake mit
diesem System der drahtlosen Telegraphie durchgeführtenVersuche, welche
späterhin auf die 63 km lange Strecke Helgoland-Kugelbake ausgedehnt wurden, trotz
vieler sich entgegenstemmenden Hindernisse ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis
aufwiesen, und sich die Zeichenübertragung als vollkommen zuverlässlich erwies,
während Vergleichsversuche nach dem Marconi-System trotz bedeutend höherer
Auffangmaste auf die grösseren Entfernungen weniger zufriedenstellende Resultate
ergeben haben sollen.
Die Neuerung erstreckt sich hierbei hauptsächlich auf den Sender, welcher gegenüber
dem von Marconi angewendeten Sender einige wesentliche
Abweichungen zeigt.
Um diesen Unterschied klarzulegen, sei der Marconi-Sender in seiner einfachsten, das
Prinzip desselben in klarer Weise darstellenden Form zur Vorführung gebracht (Fig. 1). In derselben stellt i den Induktor, f eine Hertz'sche Funkenstrecke und a die das Charakteristikon der Marconi'schen
Erfindung bildende Auffangstange dar, während e, die
Ableitung der Funkenstrecke zur Erde, ebenfalls einen wichtigen Punkt dieser
Erfindung bedeutet.
Textabbildung Bd. 316, S. 790
Fig. 1.
Die von einem derartigen Sender ausgehenden elektrischen Wellen verpflanzen sich, von
der Funkenstrecke ausgehend, durch die senkrechte nach aufwärts strebende Stange in
den Raum und werden auf um so grössere Entfernungen wirksam, je höher diese Stange
ist. Man sollte nun glauben, dass sich die Fernwirkung der elektrischen Wellen
vervielfachen könnte, wenn man nur die Kraft des Gebers entsprechend oder, was
dasselbe besagen will, die Funkenlänge entsprechend vergrössert. Wie jedoch bereits
Hertz nachgewiesen und schon früher Hughes ganz richtig beobachtet hat, soll der Funke, um
eine gewisse Wirksamkeit zu erlangen, eine bestimmte Länge nicht überschreiten, da
er sonst weniger aktiv wird, d.h. nicht mehr in gleich guter Weise elektrische
Wellen erzeugt.
Ueber die Ursache dieser Erscheinung lässt sich nur mutmassen, dass der Widerstand
der Funkenstrecke die Schwingungen dämpft und sich die Energie auf der Funkenbahn in
Wärme umsetzt.
Dieser Umstand ist es, welcher der Marconi'schen
Geberanordnung bestimmte Grenzen setzt, indem auch eine Vergrösserung der Oberfläche
des Senders durch angehängte Metallflächen oder Drahtnetze wenig nutzt und nur eine
Verlängerung der Senderhöhe die Zeichenvermittelung auf grössere Entfernungen
ermöglicht.
Doch auch hier ist man an bestimmte Grenzen gebunden, da sich der Erhöhung der
Senderstange ganz bedeutende Schwierigkeiten entgegensetzen und eine Höhe von etwa
100 m als die Grenze des Erreichbaren anzusehen ist. Hierzu gesellen sich aber noch
andere Uebelstände, indem die Ladungen des Gebers gefährlich werden können, und
derselbe ausserdem eine ausserordentlich gute Isolation erfordert. Wird dieselbe
einmal mangelhaft, wie dies durch Berührung der Senderstange mit einem nassen
Gegenstande oder durch Nebel leicht eintreten kann, so entsteht überhaupt keine
Ladung oder in so geringem Masse, dass der Geber seinen Dienst versagt. Als weiterer
Nachteil dieses Senders ist der Umstand anzusehen, dass die Schwingungen sehr stark
gedämpft werden, was teils durch den Funken selbst, teils durch den Widerstand des
Oscillators, hauptsächlich aber dadurch bedingt wird, dass die Schwingungen ihre
Energie in den umgebenden Raum abgeben. Nun ist aber gerade diese letztere
Dämpfungsursache bei der gewählten Anordnung unvermeidlich, da dieselbe ja die
Bedingung für die gewünschte Fernwirkung bildet.
Durch diese Dämpfung wird aber die Zeitdauer der Schwingungen wesentlich abgekürzt
und deren Aussenwirkung stark beeinträchtigt, ausserdem aber eignen sich derartige
schnell vergehende Schwingungen nicht zur Abstimmung eines Empfängers auf einen
Sender, indem sich hierfür die Bedingung ergibt, dass die erregende Schwingung durch
längere Zeit mit nahezu gleicher Intensität anhält, weil nur dann die Steigerung der
Amplitude durch die Resonanz im Empfänger zur Geltung gelangen kann.
Einer weiteren Erklärung dieser Thatsache bedarf es wohl kaum, da dieselbe aus
dem Gebiete der Akustik längst bekannt und sowohl theoretisch als experimentell
nachgewiesen ist. Da man es nun bei der drahtlosen Telegraphie dieser Art
erwiesenermassen mit elektrischen Wellen zu thun hat, und jede Wellenbewegung ohne
Rücksicht auf die Wellenlänge und die Anzahl der Schwingungen bezogen auf die
Zeiteinheit den gleichen Gesetzen folgt, so bedarf es kaum einer weiteren Begründung
dieser Thatsache.
Aus den akustischen Erscheinungen leitet sich nun der Erfahrungssatz ab, dass „schwach gedämpfte Senderschwingungen die Grundbedingung
für eine gut ausgesprochene Empfängerabstimmung sind“.
Die Erkenntnis dieser Thatsachen führte zu den in Rede stehenden Versuchen und
Ausführungen.
Die ersten Versuche hatten jedoch nicht die Verbesserung der Sendereinrichtungen zum
Zwecke der Wellenübertragung durch den Raum zum Ziele, sondern strebten eine
Uebertragung der elektrischen Wellen durch das Wasser oder eine sogen.
Hydrotelegraphie an.
Es wurde hierbei von folgender Erwägung ausgegangen: Leitet man in ein Wasser einen
konstanten oder einen langsam wechselnden oder zerhackten Gleichstrom, so werden
sich die Stromlinien wie bei den Versuchen von Bathenau
und Strecker nach allen Richtungen der Wassermasse
gleichmässig verbreiten.
Anders gestalten sich jedoch die Verhältnisse, wenn statt konstanter oder langsam
wechselnder Ströme sehr schnell wechselnde Ströme oder solche von hoher Frequenz,
wie beispielsweise die Tesla-Ströme, verwendet werden, da bekanntlich bei solchen
Strömen die Fortpflanzung der Elektrizität und zwar um so mehr an der Oberfläche des
Leiters erfolgt, je grösser die Frequenz des in denselben eingeleiteten Stromes ist.
Bei noch schnelleren Schwingungen, wie solche durch die Entladung von Leydener
Flaschen entstehen, oder gar bei Anwendung von Hertzschen Wellen wird die Stromfortleitung nur in einer sehr dünnen
Oberflächenschicht des betreffenden Leiters erfolgen, wobei diese Schicht um so
dünner sein wird, je besser der als Leiter verwendete Stoff die Elektrizität leitet,
in welchem Falle die Welle sozusagen nur über die Oberfläche desselben
hinweggleitet.
Als Ursache dieser Erscheinung wird die Induktionswirkung, welche die einzelnen
Leiterteile aufeinander ausüben, bezeichnet.
Textabbildung Bd. 316, S. 791
Fig. 2.
Textabbildung Bd. 316, S. 791
Fig. 3.
Bisher wurde diese Erscheinung nur für cylindrische Leiter experimentell
nachgewiesen, doch war anzunehmen, dass die Stromverteilung und Verpflanzung sehr
schneller Schwingungen auf flächenförmigen und körperlichen Leitern in ganz
derselben Weise erfolgen wird, und daher anzunehmen ist, dass die ganze Strömung
wesentlich an der Oberfläche bleibt und sich sohin im Gegensatze zum Verhalten von
konstanten Strömen starke Stromlinien in weiten Bogen aus der direkten
Verbindungslinie herausdrängen werden. Dies ist auch für verhältnismässig schlechte
Leiter, wie Fluss- und Seewasser, vorauszusehen und dürften als praktisch in
Betracht kommende Oberflächenschichten etwa 1 bis 2 m Tiefe in Betracht kommen.
Sofern sich diese Vermutung bestätigt, so lässt sich nach der Ansicht Braun's eine drahtlose Telegraphie durch das Wasser
hindurch aufbauen, wobei nur eine zusammenhängende Wassermasse Bedingung ist und
Landzungen, Berge und bewachsenes Terrain kein Hindernis abgeben können. Die hierbei
in erster Linie zu lösende Aufgabe war, schnelle elektrische Oscillationen dem
Wasser zuzuführen.Hierfür wurde sich der in Fig.
2 bis 8 dargestellten Vorrichtungen
bedient. Bei der in Fig. 2 dargestellten Anordnung,
bei welcher i das Induktorium bezeichnet, tritt durch
den überspringenden Funken eine plötzliche Ladung des Drahtes auf, wodurch sich die
von der Kugel ausgehende Erregung durch den Draht bis zur Wasserfläche fortpflanzt
und teilweise in die Wasserfläche übertritt. Dadurch jedoch, dass das Wasser eine
grosse Dielektrizitätskonstante besitzt, wird diese Ladung auch teilweise
reflektiert, wodurch sich sowohl in den Drähten als auch in der Wasserstrecke
elektrische Schwingungen ausbilden. Bei den Anordnungen, wie solche in den Fig. 3 bis 8
dargestellt sind, gelangen überall Kondensatoren, mit c
bezeichnet, zur Anwendung und werden auch teilweise Selbstinduktionsspulen s zwischengeschaltet. Als eine der wirksamsten
Anordnungen wurde die in Fig. 7 dargestellte
befunden. Als Kondensatoren kamen zwei Leydener Flaschen von je etwa 2900 cm
Kapazität und als Induktionsspulen Spiralen von 10 bis 100 und mehr Windungen
Kupferdraht zur Anwendung.
Textabbildung Bd. 316, S. 791
Fig. 4.
Textabbildung Bd. 316, S. 791
Fig. 5.
Textabbildung Bd. 316, S. 791
Fig. 6.
Textabbildung Bd. 316, S. 791
Fig. 7.
Textabbildung Bd. 316, S. 791
Fig. 8.
An der Auffangstelle wurden die in den Fig. 9 und 10 dargestellten Schaltungen verwendet, in welchen k den Kohärer, e ein
Element, s den Stromanzeiger und c einen Kondensator bezeichnet.
Textabbildung Bd. 316, S. 791
Fig. 9.
Textabbildung Bd. 316, S. 791
Fig. 10.
Mit diesen Anordnungen wurden vorerst Versuche in den alten mit Wasser gefüllten
Festungsgräben der Stadt Strassburg, sodann längs des Rheines und späterhin auch bei
Cuxhaven im Meere durchgeführt, und gelang es bei diesen Versuchen, trotzdem für
dieselben nur ein Induktor von 10 cm Schlagweite zur Verfügung stand, nicht nur bis
zu 3 km Entfernung zu überbrücken, sondern auch den positiven Nachweis zu liefern,
dass die Wirkung nicht durch die Luft übertragen wurde, dass es ferner keine
Uebertragung im Sinne der Induktionswirkung war, sohin die aus der anfänglichen
Erwägung gezogenen Schlussfolgerungen sich wenigstens qualitativ als richtig
erwiesen.
Der Nachweis für die direkte Fortleitung der Wellenimpulse im Wasser wurde durch die
Versuche in den bereits erwähnten Festungsgräben erbracht. Dieselben hatten annäherungsweise
den in Fig. 11 dargestellten Verlauf und war der mit
a1 bezeichnete Kaum
mit hohen Gebäuden erfüllt, durch welche die Möglichkeit einer direkten Wirkung
durch die Luft nahezu ausgeschlossen erschien.
Textabbildung Bd. 316, S. 792
Fig. 11.
Dadurch jedoch, dass die Versuche längs des ganzen
Wassergrabens bis zur letzten Ecke gut gelangen, die Wirkung aber sofort
beträchtlich abnahm, wenn die Auffangdrähte in das mit der Hauptwassermasse nur
durch einen wenige Centimetertiefen meterbreiten Wassergraben in Verbindung
stehende Bassin e verlegt wurden, ergibt sich mit
Gewissheit, dass die Uebertragung nur durch das Wasser stattfand, weil sonst bei
direkter Uebertragung durch die Luft die geringe Entfernungsdifferenz keinen
Einfluss auszuüben vermocht hätte.
Dass Induktionswirkungen im Sinne der Preece'schen
Versuche ausgeschlossen sind, wird dadurch erwiesen, dass die gegenseitige Lage der
in das Wasser versenkten Gebe- und Empfangsdrähte auf die Empfindlichkeit der
Uebertragung keinen Einfluss ausübt, während dies bei einer rein induktiven
Uebertragung, insbesondere dann, wenn die gegenseitige Lage der direkten
Verbindungslinie der beiden Gebedrähte zur Verbindungslinie der Empfangsdrähte die
Senkrechte wäre, nicht der Fall sein könnte, und bei der letzteren extremen Annahme
eine Zeichenübertragung überhaupt unmöglich werden müsste.
Wenn nun auch diese Versuche ein sowohl theoretisch als praktisch wertvolles Ergebnis
brachten, wurden dieselben doch vorläufig nicht zum Abschluss gebracht, indem sich
der Experimentator auf Grund der bereits erläuterten Unzulänglichkeiten des Marconi'schen Senders diesem vorläufig mehr Erfolg
versprechenden Gegenstande zugewendet hat.
(Schluss folgt.)