Titel: Die Fortschritte im Eisenhüttenwesen in den letzten fünf Jahren.
Autor: Karl Brisker
Fundstelle: Band 317, Jahrgang 1902, S. 47
Download: XML
Die Fortschritte im Eisenhüttenwesen in den letzten fünf Jahren. Von Ingenieur Karl Brisker, Assistent an der k. k. Bergakademie in Leoben. (Fortsetzung von S. 11 d. Bd.) Die Fortschritte im Eisenhüttenwesen in den letzten fünf Jahren. 3. Fortschritte bei der Fortschaffung der Produkte des Hochofens. Nicht allein das Herbeischaffen der Mengen des Rohmateriales erfordert immer leistungsfähigere Anlagen, auch die Bewältigung der Produkte des Hochofens, deren Menge ja in gleicher Weise sich gesteigert hat, machte es erforderlich, auch hier mit mechanischen Hilfsmitteln der nicht mehr ausreichenden menschlichen Leistungsfähigkeit zu Hilfe zu kommen. Drei Produkte liefert der Lochofen: Roheisen, Schlacke und Gase. Vorteilhaft macht sich hier der beweglichere Aggregatzustand für den Transport geltend, da ja die ersteren Produkte flüssig, die letzteren gasförmig gewonnen werden. Das Abziehen der Gase, durch den Ueberdruck im Ofen bewirkt, wird hier nicht unsere Betrachtung verdienen. Was die beiden anderen Produkte betrifft, so vollziehen sie zuerst ihre Entfernung aus dem Ofen selbstthätig, dem Gesetze der Schwere folgend. Die gewaltigen Schlackenmengen werden durch Einrinnenlassen in Wasser in körnigem Zustande gewonnen. Die Hochofenanlage in Eisenerz lässt die Schlacke in zwei betonierte Gruben, die mit Wasser gefüllt sind, fliessen. Die Gruben werden von einem Kran mit Greif er Vorrichtung beherrscht, welche die granulierte Schlacke aus der Grube hebt und sie weiter schafft. Nachdem die Schlacke, wie wir später erfahren werden, nicht wertlos ist, wird sie verladen und an den Ort ihrer späteren Verwendung gebracht. In vielen Fällen ist es zweckmässig, die Schlacke in Stückform zu erhalten, z.B. wenn sie als Baumaterial oder Versatzmaterial für Gruben verwendet werden soll. Hier wird sie gewöhnlich in sogen. Schlackenwagen vergossen, die zumeist kegelstumpfförmige gusseiserne Schalen haben. Auf einem Werke, welches die Schlacke als Grubenversatzmaterial gleich vom Hüttenplatze weg in die Grube stürzt, und zu diesem Zwecke grosse Kühlbänke angelegt hat, trägt man sich mit dem Gedanken, um diese platzraubenden Anlagen zu vermeiden, die Schlacke in ähnlichen Vorrichtungen zu vergiessen, wie sie für Roheisen unter der Bezeichnung Giessmaschine in Verwendung stehen. Wir werden sogleich von diesen Vorrichtungen zu sprechen haben. Das Hauptaugenmerk erfordert selbstverständlich das Vergiessen des Roheisens. Wir sehen auch gerade auf diesem Gebiete Neuerungen von einschneidender Bedeutung in den letzten Jahren ausgeführt. Einfach gestaltet sich der Hochofenbetrieb, was diesen Punkt betrifft, wenn die Anlage mit einem Stahlwerke in Verbindung ist, das das noch flüssige Roheisen zur Weiterverarbeitung übernimmt. In diesem Falle wird das Roheisen in mit feuerfester Masse verkleideten Wagen, Roheisenpfannen genannt, zum Stahlwerk gefahren. Ist jedoch ein weiterer Transport notwendig, so muss dasselbe völlig erkalten gelassen werden, um es zur Verladung bringen zu können. Die früher allein übliche Methode, das Eisen in aus Sand geformte Masselbeete zu vergiessen, die für jeden Abstich neu hergerichtet werden mussten, zeigte sich mit zunehmender Produktion der Oefen als undurchführbar, ganz abgesehen davon, dass für gewisse Zwecke ein sandfreies Roheisen verlangt wird, das auf diesem Wege nicht herstellbar war. Die Arbeit des Aushebens der noch heissen Masseln aus den Sandformen ist eine aufreibende und erfordert teure und zahlreiche Menschenkräfte. Ferner muss in dem noch heissen Sande an der Wiederherstellung des durch das Ausheben der Masseln zerstörten Giessbeetes gearbeitet werden, soll die Giesshalle nicht zu grosse Dimensionen erhalten. Man musste daher bei der gesteigerten Erzeugung diese teure Menschenarbeit durch mechanische Vorrichtungen ersetzen. Ein Hilfsmittel bot sich übrigens auch in der Verwendung von Elektromagneten zum Ausheben der Masseln, wie dies thatsächlich auf der schon oft erwähnten Eisenerzer Anlage, die wohl eine der grossartigsten der Welt ist, angewendet wird. Allein es bleibt dann immer noch die Formarbeit in dem Sandbeete, wird auch dieses nicht durch eine beständige Einrichtung ersetzt, was natürlich auch die vorhin genannte Anlage gemacht hat. Als einfachste Lösung dieser Frage erscheint die Anwendung eines gusseisernen Masselbeetes. Das Roheisen wird in gusseiserne Schalenformen vergossen, die entweder fest gelagert sein können, wobei dann zweckmässig das Ausheben der erstarrten Masseln mittels Magneten erfolgt, oder aber die einzelnen Coquillenreihen sind drehbar eingerichtet, worauf nach dem Erstarren der Masseln eine ganze Reihe gewendet wird und das Roheisen in darunter gestelltedWagen fällt, die es fortschaffen. Bei diesen ziemlich zweckmässigen Einrichtungen liess man es jedoch nicht bewenden. Man ging weiter und erbaute Vorrichtungen, Giessmaschinen benannt, die das Roheisen schon während des Erstarrens fortschafften, so dass es heute thatsächlich möglich ist, 20 Minuten nach dem Giessen der Massel diese bereits in den Eisenbahnwaggon zu verladen! Textabbildung Bd. 317, S. 47 Coquille zur Uehling'schen Maschine. eine ganze Menge von Vorschlägen, deren jeder die eine oder die andere Verbesserung ausführen mochte, sind in kurzer Zeit gemacht worden. Nur zwei sind bisher jedoch ausgeführt worden: die Uehling'sche und die Davies'sche Giessmaschine. Vor allem hat die zuerst genannte Konstruktion zahlreiche Anwendung gefunden. Im Prinzip sind übrigens alle Maschinen gleich, immer handelt es sich um ein Vergiessen in gusseiserne Schalen, die sich unter der Füllstelle langsam weiter bewegen. In Fig. 15 sind die bei der Uehling-Maschine gebräuchlichen Schalen abgebildet und Fig. 16 zeigt das Uebergreifen der einzelnen Schalen, um ein Verschütten des Eisens bei der Weiterbewegung derselben möglichst hintanzuhalten. Textabbildung Bd. 317, S. 48 Fig. 17. Uehling'sche Giessmaschine. Die Uehling-Giessmaschine ist in Fig. 17 skizziert. Diese hat die Schalen zur Aufnahme des Roheisens in der Form einer Kette ohne Ende aneinander gereiht. Diese Kette von Schalen bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von 5 m in der Minute und nimmt das mittels einer Roheisenpfanne vergossene Eisen auf und führt es etwa 40 m langsam steigend weiter. Bei der Stelle A angelangt, sind die Masseln bereits so weit gekühlt, dass sie beim Umkippen der Schalen aus diesen herausfallen. Sie gleiten dann auf ein Transportband, welches sich mit der halben Geschwindigkeit bewegt und sie zunächst durch einen mit Wasser gefüllten Trog führt, aus dem sie völlig abgekühlt herauskommen, so dass sie, beim Verladegerüst angelangt, bereits in Eisenbahnwagen verladen werden können. Das Verweilen unter Wasser dauert etwa 5 bis 6 Minuten. Nachdem eine Coquille ungefähr 60 bis 70 kg Eisen aufnimmt, so können bei normalem Giessen durchschnittlich 1000 kg Eisen in der Minute vergossen werden. Das Vergiessen eines Abstiches von 20 t kann mit einer Maschine in 25 Minuten vorgenommen werden. Es sind jedoch auch Giessmaschinen im Betrieb, die zwei Giessbänder haben, es bewegt sich dann das Transportband ebenso schnell und man kann auf diese Weise eine Maximalleistung von 1600 t pro 24 Stunden erreichen. Textabbildung Bd. 317, S. 48 Fig. 18. Spritzkasten der Uehling'schen Giessmaschine. Um die gusseisernen Schalen, die durchschnittlich eine Lebensdauer von 4000 Füllungen aushalten (werden sie aus Stahlguss hergestellt, so erhöht sich diese auf das 3- bis 4fache), werden sie vor ihrer neuerlichen Füllung mit einer Feuerschutzmasse ausgespritzt, gewöhnlich Kalkmilch oder auch Lehm oder Thon. Dieses Auskleiden der Coquillen erfolgt auf einfache Weise (Fig. 18) mittels Dampf- oder Luftstrahles, welcher die Auskleidemasse durch zweckentsprechende Rohre hebt und in zerstäubter Form gegen die noch heisse Innenseite der Schale schleudert. Die Wärme derselben trocknet die Masse vollständig. Textabbildung Bd. 317, S. 48 Giessmaschine von Davies. Die zweite in Verwendung genommene Giessmaschine ist die von Davies (Fig. 19). Diese ist für geringere Produktionen berechnet und recht gut verwendbar. Sie ist auf einer Drehscheibe von 12 bis 15 m Durchmesser angeordnet, der Platzbedarf ist also ein ganz geringer. Die in Fig. 20 skizzierte Schale ist doppelt ausgebildet, von dem Gedanken geleitet, die Abnutzung derselben herabzusetzen. Doch ist gerade diese Schalenform wegen der ungleichen Ausdehnungen infolge ungleicher Erwärmung der heikle Punkt dieser Maschine. Auch bei dieser finden wir das fallweise Auskleiden der Form mit einer Wärmeschutzmasse, allein es geschieht dies hier nicht durch Ausspritzen, sondern einfach durch Füllen der heissen Coquille mit der betreffenden Masse. Der Ueberschuss wird beim Kippen der Schale, da ja zunächst die untere Seite zur Füllung kommt, abgegossen. Die abgekühlten Masseln fallen auf ein darunterliegendes, gleichfalls im Kreise bewegtes Transportband, das die Masseln durch Wasser führt und nach dem vollständigen Erkalten in Wagen abstürzt. Grosse Aehnlichkeit mit der eben beschriebenen Maschine hat der Entwurf von Ramsay (Fig. 21 bis 23). Diese Maschine ist grösser gedacht und hat einen Durchmesser von 35 m, was eine zu grosse Platzverdrängung ist. Neu ist der zum Giessen verwendete Trichterapparat. Die Formen werden gefüllt, im Kreise weiterbewegt, unter einem Spritzrohr abgekühlt und bei der Stelle A entleert, dadurch dass die Schalen gekippt werden. Um das Ausfallen der Masseln sicher zu bewirken, ist hier eine Klopfvorrichtung vorgesehen. Von den übrigen im Projekt bisher gebliebenen Giessmaschinen sei die Orth'sche erwähnt, die das früher besprochene feste gusseiserne Masselbeet in ein bewegliches umgestaltet und so ein leichteres Vergiessen erstlich erreicht. Es ist aber auch durch diese horizontale Verschiebbarkeit eine einfachere Verladung möglich. Eine ausführliche Beschreibung dieser Einrichtung ist in Stahl und Eisen, 1900 Nr. 20, enthalten. Textabbildung Bd. 317, S. 48 Giessmaschine von Ramsay. Zum Schlusse wollen wir noch kurz des ungemein sinnreichen Vorschlages von Belani Erwähnung thun, dessen Giessrad den Zweck verfolgt, die Giessvorrichtung möglichst wenig platzraubend zu gestalten. Fig. 24 skizziert dieselbe. Als Vorteile sind hier anzuführen die durch die Luft allein bewirkte Kühlung des Eisens und demgemäss auch des ganzen Apparates. Textabbildung Bd. 317, S. 49 Fig. 24. Giessrad von Belani. Derselbe wird also nicht wie bei den früheren Konstruktionen unmittelbar nacheinander grossen Temperaturschwankungen ausgesetzt, sondern nach dem Vergiessen eines Abstiches kann das Eisen so lange in der Maschine verweilen, bis es völlig gekühlt ist. – Wir wollen nun noch einige Blicke auf die Wirtschaftlichkeit dieser Einrichtungen werfen, denn nicht allein die rasche Arbeit ist ja massgebend für die Brauchbarkeit solcher immerhin komplizierter Apparate, sondern in viel höherem Grade noch die Billigkeit derselben. Und da sehen wir durchaus günstige Resultate. Die Erhaltungskosten der Schalen, die wohl zuerst den kritischen Blicken sich aussetzen, betragen nur 0,65 Pfg. pro 1 t vergossenen Eisens, sind also minimale. Eine einfache Uehling-Maschine erfordert zwei fünfpferdige Motoren zur Bewegung der Bänder und im ganzen vier Mann Bedienung. Die Unterhaltungs- und Betriebskosten einer Uehling-Maschine stellen sich auf 0,40 M. pro 1 t, während das Vergiessen im Masselbeet nicht unter 0,60 M. pro 1 t zu machen ist. Der Anschaffungspreis beträgt etwa 80000 M., ist also auch nicht hoch. Die Anwendung von Giessmaschinen ist daher von grösstem Interesse für billige Erzeugung bei grosser Produktion und teueren Arbeitskräften. Allerdings soll ihre Verwendbarkeit bei höherem Mangangehalte des Roheisens wegen des starken Verspritzens in Frage stehen. Die durch die rasche Abkühlung hervorgerufene Strukturänderung des Eisens hat nicht, wie man befürchtet hat, eine Qualitätsschädigung zur Folge. (Fortsetzung folgt.)