Titel: Krananlagen in Häfen.
Autor: S. H.
Fundstelle: Band 317, Jahrgang 1902, S. 290
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Krananlagen in Häfen. Krananlagen in Häfen. Seit einigen Jahren ist man bemüht, bereits in Hafenanlagen vorhandene Krane elektrisch anzutreiben, und bei der Projektierung von Neuanlagen meistens den elektromotorischen Antrieb einzuführen. Bis dahin wurden die Hafenkrane durch Druckwasser, Pressluft oder Dampf angetrieben, so dass das genannte Bestreben leicht erklärlich ist, wenn man die grossen Verluste, Welche lange Rohrleitungen durch ungenaue Dichtung hervorrufen, berücksichtigt. Ausserdem erfordern die Elektromotore fast gar keine Bedienung und beschränkt sich die Instandhaltung derselben auf das zeitweise Nachfüllen der Oelbehälter, während dagegen Dampfmaschinen und Druckwasser- oder Pressluftmotoren die aufmerksamste Bedienung beanspruchen. Dann ist nicht zu vergessen, dass Elektromotore vollkommen unempfindlich gegen Kälte sind und ein Wärmeverlust oder Zufrieren von Rohrleitungen nicht auftreten kann. Im allgemeinen kann man deshalb wohl mit Recht behaupten, dass es für Hafenkrane keinen besseren und geeigneteren Antriebsmotor gibt als den Elektromotor, denn schon die Thatsache, dass derselbe zu jedem beliebigen Zeitpunkt in Betrieb gesetzt werden kann, ergibt für denselben einen Vorzug, welchen weder unsere best konstruierten Dampfmaschinen noch sonstige Motore aufzuweisen im stände sind. Bei der Projektierung derartiger elektrischer Anlagen in grösseren oder mittleren Häfen treten nun verschiedene Gesichtspunkte auf, welche an dieser Stelle einer eingehenden Besprechung unterworfen werden sollen. Im allgemeinen kann man annehmen, dass die Zentrale selten in unmittelbarer Nähe der Krananlagen projektiert werden kann, und wollen wir deshalb nur diesen Fall berücksichtigen. Bezeichnet v die Geschwindigkeit in Meter pro Sekunde, mit welcher die Last Q gehoben werden soll, so ist die theoretische Leistung des Elektromotors N=\frac{Q\,\cdot\,v}{75}\mbox{ PS} . . . . . . 1) Zur Bestimmung des Kraftaufwandes für die Primäranlage in der Zentrale müssen die Wirkungsgrade des Motors und die Hebevorrichtung bekannt sein, welches ja fast immer der Fall ist. Bezeichnet man nun den Wirkungsgrad des Elektromotors mit ηm und denjenigen der Hebevorrichtung mit ηh, so ist der für die Primäranlage zu berücksichtigende Wirkungsgrad ηp = ηm · ηh . . . . . . 2) und somit ist die für jeden Kran nutzbar abzugebende Arbeit der Primäranlage N_p=\frac{N}{\eta_p}=\frac{N}{\eta_m\,\cdot\,\eta_h} . . . . . . 3) Ist ηf der Wirkungsgrad der Fernleitung und ηd der Wirkungsgrad der Primärmaschinen, so ist der zur Berechnung der erforderlichen primären effektiven Leistung in Betracht kommende Wirkungsgrad ηe = ηf · ηd . . . . . . . 4) so dass alsdann die Grösse der primären effektiven aufzuwendenden Arbeit N_{p_e}=\frac{N_p}{\eta_f\,\cdot\,\eta_d}=\frac{N}{\eta_m\,\cdot\,\eta_h\,\cdot\,\eta_f\,\cdot\,\eta_d} . . . 5) Für mehrere Hebezüge in derselben Anlage wird, wenn n die Anzahl derselben bezeichnet, N_{p_e}=\frac{n\,\cdot\,N_p}{\eta_f\,\cdot\,\eta_d}=\frac{n\,\cdot\,N}{\eta_m\,\cdot\,\eta_h\,\cdot\,\eta_f\,\cdot\,\eta_d} . . . 5) Die grösste Kraftentnahme von der Zentrale findet nur während des Hubes statt, und zwar in der Zeit t=\frac{h}{v} Sekunden . . . . . . 7) wenn hierin h die Hubhöhe in Meter bezeichnet. Folgen die Hübe einander nun nach t1, Sekunden, so beträgt die durchschnittliche Energieentnahme von der Zentrale \frac{t_1}{t}=x, somit N_e=\frac{N_{k_e}}{x}\mbox{ PS} . . . . . 8) Wird die Leitung der Primärmaschinen nun zu \frac{N_{p_e}}{x} gewählt, so arbeiten dieselben während der Dauer des Betriebes, wo die Hebezeuge mit voller Belastung betrieben werden, mit dem grössten Wirkungsgrad. Zur Aufspeicherung der Maschinenleistung während der Zeit t1 – t ist eine Akkumulatorenbatterie vorzusehen, welche dieselbe wieder in der Zeit t abgibt. Die Leistung der Batterie muss demnach betragen: N_B=\left(N_{p_e}-\frac{N_{p_e}}{x}\right)\,736 Watt . . . . 9) Bezeichnet e die Spannung der Batterie, so ergibt sich der grösste Entladestrom zu i_e=\frac{N_B}{e}=\frac{736\,\left(N_{p_e}-\frac{N_{p_e}}{x}\right)}{e} Ampère . . 10) Setzt man für Npe den Wert desselben von Gl. 6) ein, so erhält man i_e=\frac{736\,\cdot\,N\,\cdot\,n}{e\,\cdot\,\eta_m\,\cdot\,\eta_f\,\cdot\,\eta_h\,\cdot\,\eta_d}\,\left(1-\frac{1}{x}\right) Ampère . . 11) Der grösste Ladestrom würde höchstens, da derselbe von der Maschinenleistung abhängig ist, betragen können i_e=\frac{N_{p_e}\,\cdot\,736}{x\,\cdot\,e} Ampère . . . . . . 12) Die Batterie kann nun entweder primär oder sekundär aufgestellt werden, und kann hiervon die Rentabilität der Anlage abhängen, da die Leitungsanlage so getroffen werden muss, dass die Mindestkosten entstehen. Dieselbe ist jedoch von der Disposition der ganzen Anlage abhängig, so dass es gut sein wird, wenn wir vorher die Querschnitte der Leitungen für beide Aufstellungsarten berechnen. Bei primärer Schaltung der Batterie beträgt der Leiterstrom: ip = ie + im Ampère . . . . . . 13) wenn hierin im die Stromstärke der Primärdynamo bezeichnet. Bei sekundärer Aufstellung beträgt der Leiterstrom: is = im Ampère . . . . . . . 14) Vergleicht man die Werte von ie und im, so ergibt sich, dass ie = (x – 1) . im . . . . . . 15) und es wird demnach: ip = (x – 1) im + im = im . x . . . . 16) Bekanntlich verhalten sich die Querschnitte wie die Stromstärken, so dass sich bei primärer Aufstellung der Batterie die Kosten der Leitungsanlage um \frac{i_m\,x}{i_m}=x\mbox{ mal} . . . . . . . 17) höher stellen. Ein Beispiel möge den Rechnungsgang erläutern.IIn einem Hafen befinden sich 12 Portalkrane, welche je zum Heben einer Maximallast von 2500 kg mit einer Geschwindigkeit von 0,5 m pro Sekunde konstruiert sind. Die Hubhöhe beträgt 12 m und werden durchschnittlich 18 Hübe pro Minute gemacht. Die theoretische Leistung eines Elektromotors ist nach Gl. 1) N=\frac{2500\,\cdot\,0,5}{75}\,\sim\,17\mbox{ PS.} Nimmt man den Wirkungsgrad des Elektromotors zu 0,9 und denjenigen des Windwerkes zu 0,6 an, so wird nach Gl. 2) ηp = 0,9 . 0,6 = 0,54 und alsdann N_p=\frac{17}{0 54}\,\sim\,32\mbox{ PS.} Der Wirkungsgrad der Fernleitung sei 0,9 und derjenige der Primärdynamo gleich 0,92, so dass nach Gl. 4) ηe = 0,9 . 0,92 ∾ 0,83 und somit N_{p_e}=\frac{32}{0,83}\,\sim\,39\mbox{ PS.} Sind sämtliche Krane gleichzeitig in Betrieb, so wird von der Primärstation eine Maximalleistung beansprucht, welche dieselbe im stände sein muss, herzugeben. Es ist also nach Gl. 6) Npemax = 39 . 12 = 468 PS. Die Kraftentnahme findet statt in der Zeit t=\frac{h}{v}=\frac{12}{0,5}=24 Sekunden. Die durchschnittliche Hubzahl betrug 18 Hübe pro Minute, so dass dieselben einander in \frac{60}{18}\,\cdot\,60=200 Sekunden folgen. Die mittlere Energieentnahme von der Kraftstation beträgt alsdann nach Gl. 8) x=\frac{200}{24}\,\sim\,8,33 und dann N_e=\frac{468}{8,33}\,\sim\,56\mbox{ PS.} Die Primärmaschinenanlage müsste demnach für ∾ 60 PS bemessen sein. Die Leistung der Batterie beträgt nach Gl. 9) N_B=\left(468-\frac{468}{8,33}\right)\,736=303232 Watt. Die Betriebsspannung soll 500 Volt betragen. Es wird also nach Gl. 10) der grösste Entladestrom i_e=\frac{303232}{500}\,\sim\,606 Ampère, Die Zellenzahl der Batterie beträgt \frac{500}{1,8}\,\sim\,280, indem angenommen, dass die Spannung jeder Zelle bei der Entladung etwa 1,8 Volt beträgt, Zur Ladung müsste, da die Spannung durchschnittlich auf 2,5 Volt pro Zelle steigt, die Maschinenspannung auf 280 . 2,5 = 700 Volt erhöht werden können. Der höchste Ladestrom beträgt nach Gl. 12) i_e=\frac{468\,\cdot\,736}{8,33\,\cdot\,500}\,\sim\,83 Ampère. Die Batterie nimmt also die Maschinenleistung auf in 200 – 24 = 176 Sekunden und muss sie wieder abgeben \frac{176}{24}\,\sim\,7,3\mbox{ mal} so schnell. Die Batterie wirkt also als Bufferbatterie und ist die Spannung zur Ladung derselben mittels Nebenschlussregulierwiderstandes zu erhöhen. Der Stromverbrauch jedes Krans beträgt E=\frac{N_{p_e}\,\cdot\,736\,\cdot\,t\,\cdot\,n}{3,6\,\cdot\,10^6}=\frac{39\,\cdot\,736\,\cdot\,24\,\cdot\,18}{3,6\,\cdot\,10^6}\,\sim\,3,45 Kilo-Watt 18) Nachdem der Motor die Last gehoben hat, verwandelt dieselbe durch ihre Kraftabgabe den Motor in eine Dynamo, und zwar wird die erzeugte Spannung eine höhere sein als die am Motor angelangte, da das Senken der Last mit einer grösseren Geschwindigkeit wie das Heben stattfindet, so dass eine gewisse Menge Energie in die Zentrale wieder zurückgeführt wird. Der Rückstrom ist beim Laden von Schiffen u.s.w. sehr gross und beträgt 70 bis 80 % bei vollem Betriebe. Beim Löschen ist der Rückstrom nicht mehr so erheblich, da der Förderkorb die Hubhöhe in kürzerem Zeitraum durchläuft. Die hierdurch wohl stark verminderte Energierückgabe beträgt immerhin noch 5 bis 8 %. Die angegebenen Werte sind natürlich nur für einzelne Krane massgebend, denn bei grösseren Anlagen, wo immer eine grössere Anzahl Krane in Betrieb sind, und das Laden und Löschen ziemlich gleichmässig stattfindet, beträgt die zurückgeführte Energie nur noch durchschnittlich etwa 25 % des gelieferten oder vielmehr zugeführten Stromes. Demzufolge kann man als feststehend annehmen, dass der durchschnittliche stündliche Energieverbrauch der im Beispiel durchgerechneten Hafenkrananlage sich auf 3,45-\frac{3,45\,\cdot\,25}{100}\,\sim\,2,6 Kilo-Watt beläuft. Wählt man eine Batterie für einstündliche Entladung, so erhöht sich die Leistung derselben von 303232 Watt-Stunden auf etwa 450000 Watt-Stunden bei einer zehnstündigen Entladung. – Hieraus folgt, dass die Akkumulatorenbatterie hierdurch eine Reserve euf etwa \frac{450}{12\,\cdot\,2,6}\,\sim\,14,4 Stunden bildet. Es folgt damit, dass ein zweiter Maschinensatz überflüssig sein dürfte, und es vollständig genügt, wenn Reserveanker für die Dynamo in der Zentrale vorgesehen werden. Wie ich oben annahm, gehen etwa 10 % der erzeugten Energie in der Zuleitung verloren, so dass in diesem Falle die Spannung der Primärdynamo ∾ 550 Volt betragen muss. Die Anordnung der Elektromotore auf Hafenkrane ist ganz verschieden, jedoch ist dieselbe meistens so getroffen, dass der Elektromotor beim Heben der Last zugleich den Drehmechanismus antreibt, und wird nur in wenigen Fällen hierzu ein besonderer Motor gewählt. S. H.