Titel: Die Hebezeuge auf der Düsseldorfer Ausstellung.
Autor: Georg v. Hanffstengel
Fundstelle: Band 317, Jahrgang 1902, S. 479
Download: XML
Die Hebezeuge auf der Düsseldorfer Ausstellung. Von Georg v. Hanffstengel, Ingenieur in Stuttgart. (Fortsetzung von S. 463 d. Bd.) Die Hebezeuge auf der Düsseldorfer Ausstellung. Modell eines Werftdrehkrans für 150 t Tragkraft von der Benrather Maschinenfabrik in Benrath bei Düsseldorf. Aus der sehr reichhaltigen Ausstellung der Benrather Maschinenfabrik sei zunächst das vorliegende Stück herausgegriffen. Das im Massstab 1 : 25 angefertigte Modell ist in dem eigenen Pavillon der Firma ausgestellt, der ausserdem noch mehrere Motorlaufwinden in betriebsfertigem Zustande und eine Reihe von Zeichnungen ausgeführter Krananlagen enthält, während im Freien vor dem Pavillon eine Anzahl Krane, Chargiermaschinen, Spills und Lokomotiven, sämtlich betriebsfertig, die verschiedenen Fabrikationszweige der Firma zur Darstellung bringen. In der Maschinenhalle sind nur Laufkrane ausgestellt. Das in Rede stehende Modell (Fig. 57 und 58) entspricht einem Kran von 1501 Tragkraft und 42,5 m grösster Ausladung, der für die Werft von William Beardmore und Co. Ltd. in Glasgow zur Zeit in Arbeit ist. Für Krane sehr grosser Abmessungen wurde die vorliegende Bauart mit festem, pyramidenförmigen Stützgerüst von quadratischem Grundriss und mit hammerförmigem Fachwerkausleger von der Benrather Maschinenfabrik zuerst in Bremerhaven ausgeführt und nachher bei einer Reihe anderer Krane angewandt. Eine etwas abgeänderte Ausführung nach dem gleichen Prinzip von der Duisburger Maschinenbau-Aktiengesellschaft wurde schon auf S. 417 besprochen. Textabbildung Bd. 317, S. 480 Werftdrehkran für 150 t Tragkraft von der Benrather Maschinenfabrik. Neu ist an dem Kranmodell die Anordnung von zwei getrennten Laufkatzen, von denen die für grosse Tragkraft auf dem kurzen, die andere auf dem langen Auslegerarm fährt. Dadurch wird die Gegengewichtsfrage sehr einfach erledigt, indem der längere Arm und die aussenstehende kleine Laufkatze ein natürliches Gegengewicht für die grosse Last bilden, während die schwere Laufkatze umgekehrt leichten Lasten das Gleichgewicht hält. Die Winde für schwere Lasten ist ebenso ausgeführt wie die des Bremerhavener Krans, der in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1899 S. 1481, ausführlich beschrieben ist. Da bei der grossen Flaschenzugübersetzung und der beträchtlichen Hubhöhe das Seil zu lang wurde, um es bequem auf den Trommeln der Katze aufzuwickeln, sind zwei Spilltrommeln eingebaut, auf deren eine das Seil aufläuft, um nach mehrfacher Umschlingung von der anderen Trommel aus nach einem Flaschenzug geführt zu werden, der im Inneren der Kransäule angeordnet ist. Durch ein an der unteren Flasche hängendes Gewicht wird in dem Seil eine Spannung erzeugt, die mit vielfacher Sicherheit genügt, um ein Gleiten auf den Spilltrommeln zu verhüten. Der Verkürzung des Seiles beim Heben entspricht Sinken des Belastungsgewichtes. Die kleine Laufkatze besitzt zwei hintereinander liegende Trommeln, auf denen sich die beiden Seilenden aufwickeln. Einen Horizontalverband kann der Ausleger, so weit als die Laufbahnen der Katze reichen, nicht erhalten. Daher sind die unteren Gurtungen, die der Gefahr seitlichen Ausbiegens vorzugsweise ausgesetzt sind, sehr breit gehalten, wie aus der Seitenansicht ersichtlich ist, während der Obergurt durch Bedienungsstege Steifigkeit erhält. Das Drehwerk ist am Fuss der Kransäule angebracht und besteht aus einem Motor, der unter Vermittelung eines Schneckengetriebes und mehrerer Zahnrädervorgelege auf einen Triebstockkranz arbeitet. Die Triebstöcke sind in die obere Druckplatte des Rollenlagers eingesetzt, das den Vertikaldruck überträgt, und dessen kegelförmige Rollen in Oel laufen. Gleichmässige Druckverteilung auf die Rollen wird dadurch gesichert, dass die Fachwerksäule sich mittels eines Zapfengelenks auf die Druckplatte abstützt. Der Horizontaldruck wird oben durch einen Rollenring, der die Säule umschliesst, und unten durch einen Halszapfen aufgenommen. Das Gerüst ist so ausgebildet, dass zwei Geleise zwischen den Stützen hindurchgeführt werden können. Um ein anschauliches Bild von den Grössenverhältnissen derartiger Krane zu geben, ist in Fig. 59 die Abbildung eines Krans ähnlicher Abmessungen beigefügt, der für die Howaldts-Werke in Kiel geliefert wurde und den grössten Kran der Welt darstellen soll. Die Anordnung ist hier etwas anders getroffen, indem sich das Haupthubwerk nicht auf der Katze, sondern am Ende des kurzen Auslegerarmes befindet und so zugleich als Gegengewicht wirkt. Verfahren wird die Katze von derselben Stelle aus durch ein endloses Seil. Da beim Einfahren die Last infolge Verlängerung der Seile der Hubflasche sich senken würde, ist die Winde so eingerichtet, dass beim Einrücken der Fahrtrommel zugleich die Hubtrommeln, die auch hier nach Art eines Spills wirken, in Thätigkeit treten und das Hubseil soviel verkürzen, dass die Last sich horizontal bewegt. Textabbildung Bd. 317, S. 481 Fig. 59. Werftdrehkran für 150 t Tragkraft von der Benrather Maschinenfabrik. Die Frage, welche Ausführungsart die zweckmässigste sei, hat zu Auseinandersetzungen zwischen der Benrather Maschinenfabrik und der Duisburger Maschinenbau-Aktiengesellschaft in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure Veranlassung gegeben. Die Duisburger Firma nimmt für die dreibeinige Ausbildung des Stützgerüstes (vgl. S. 417) als Vorteil gegenüber der vierseitigen Pyramide in Anspruch, dass bei gleicher Entfernung des Drehmittelpunktes von der Quaikante die Grundfläche grösser, also die Zugkräfte in den Auslegerstreben kleiner und die Fundamente leichter werden. Demgegenüber führt die Benrather Maschinenfabrik an, dass bei ihrer Konstruktion die Verankerung aller Füsse in einem einzigen Mauerblock ermöglicht und damit die Gründungsarbeit vereinfacht wird, sowie dass die Herstellung des vierseitigen Gerüstes einfacher und billiger ist. Eine allgemeine Entscheidung dürfte wohl kaum zu treffen sein, da die örtlichen Verhältnisse, die Geleiseführung, die Art des Baugrundes u.s.w. in jedem einzelnen Fall den Ausschlag geben müssen. Einen weiteren Streitpunkt bildet die Anordnung des Drehwerks, das beim Benrather Kran unten, bei dem anderen in Höhe des oberen Rollenkranzes angreift. Infolge der Beschleunigungskräfte und des Winddrucks tritt das weitaus grössere Drehmoment am oberen Lager auf und wird bei der Benrather Ausführung durch die Fachwerksäule nach unten geleitet, während es im anderen Falle oben abgefangen und durch das Stützgerüst auf die Fundamente übertragen wird, das nach Ansicht der Duisburger Firma hierzu besser geeignet ist, als die verhältnismässig schmale Säule. Die Benrather Maschinenfabrik macht dagegen geltend, dass der gewaltige Horizontaldruck von etwa 100 t eine erhebliche Formänderung des oberen Stützrings und damit ungenauen Zahneingriff herbeiführen werde, und dass bei ihrer eigenen Konstruktion die Einstellung des Auslegers in die Windrichtung leicht von unten bewerkstelligt werden kann, während im anderen Falle das Besteigen des Krans zu diesem Zweck bei Sturm schwierig oder unmöglich sei. Eine Entscheidung über diesen Punkt kann wohl nur durch Betriebserfahrungen gefällt werden, indessen scheint es von vornherein keineswegs unmöglich, durch geeignete Versteifung die Durchbiegung des Ringes auf ein genügend kleines Mass zu beschränken. Fahrbarer Portaldrehkran für 10 t Tragkraft von der Benrather Maschinenfabrik in Benrath bei Düsseldorf. Die Quaikrane, welche gewöhnlich an den Häfen zum Ausladen von Schiffen benutzt werden, haben 1500 bis 3000 kg Tragkraft bei 8 bis 12 m Ausladung. Der ausgestellte Kran, der 101 in 15 m Abstand vom Drehmittelpunkt hebt, hat demnach ungewöhnlich grosse Abmessungen, und es ist besonders anzuerkennen, dass der Aufbau trotzdem einen sehr eleganten und leichten Eindruck macht. Die Gesamtanordnung des in Fig. 60 bis 62 dargestellten Krans ist die bei Portaldrehkranen übliche. Wegen der hohen Belastung sind jedoch hier die Portalfüsse auf zusammen acht Räder gestützt, die zu zweien in einem Balancier mit Bolzenschneide gelagert sind und sich auf festen Zapfen drehen. Die Fahrbewegung wird von einem auf der Galerie des Portals stehenden 26pferdigen Motor aus durch stehende Wellen mit Kegelräderantrieb auf ein Laufräderpaar auf jeder Seite übertragen, und zwar mit Hilfe eines auf den Lagerbolzen des Balanciers gesetzten Zwischenrades, das in die beiden Zahnkränze der zugehörigen Laufräder eingreift. Auf diese Weise wird eine Aenderung der Mittelentfernung der Zahnräder beim Schwanken des Lagerbalkens vermieden. Die Fahrgeschwindigkeit beträgt 25 m pro Minute. Jeder Portalfuss besteht aus einem mit Winkeleisen eingefassten Blech. Untereinander sind die beiden Joche durch Kreuzstreben aus Profileisen und oben durch volle genietete Träger verbunden, die den Laufkranz unterstützen und die Säule aufnehmen. Der drehbare Teil des Krans ruht auf acht Stahlgusslaufrollen, die ebenso wie die Portalräder gelagert und nach der Ebene des Auslegers eng zusammengerückt sind, damit die Stützweite möglichst gross wird. Die in das Portalgerüst eingelassene Säule, welche den Kran zentriert, soll keinen Vertikaldruck, sondern nur einen Teil des Kippmomentes übertragen. Zu diesem Zwecke ist sie mit ihrem oberen Halszapfen in einer Stahlgusstraverse gelagert, welche an die oberen Gelenkpunkte des Auslegers angeschlossen ist und von diesen den Horizontaldruck empfängt. Ein schweres Gegengewicht, das an dem hinteren Ende des Windenhauses angebracht ist und aus einem Blechkasten mit geeigneter Füllung besteht, gleicht zum Teil das Kippmoment der Last aus. Um unter allen Umständen Ueberkippen des Auslegers zu verhindern, ist an der Grundplatte des Hauses ein Sicherungsring angeschraubt, der sich gegen einen Bund der Säule legt. Der Ausleger ist mit Gelenkzapfen an die Grundplatte angeschlossen, eine Anordnung, die zur Erleichterung der Montage dient. Das Haus zeigt die bekannte Benrather Form mit nach hinten abgeschrägtem Dach, welche eine Durchführung von Ausleger und Seil durch die Vorderwand ermöglicht, ohne dass die durchschnittliche Höhe übermässig gross würde. Auf diese Weise bleibt dem Kran gefälliges Aussehen gewahrt, das sonst leicht durch die plumpe Form des Führerhauses zerstört wird. Textabbildung Bd. 317, S. 482 Fahrbarer Portaldrehkran für 10 t Tragkraft von der Benrather Maschinenfabrik. Die Last hängt, genau wie bei dem früher beschriebenen Laufkran der Benrather Maschinenfabrik, an vier Strängen, von denen zwei auf die mit Rechts- und Linksgewinde versehene Trommel geführt sind, und wird durch einen Motor von 35 PS und 340 Umdrehungen mit 12,0 m pro Minute gehoben. Die Uebersetzung wird durch zwei Rädervorgelege erreicht, von denen das erste mit dem Motor zusammengebaut ist. Beim Senken muss der Motor mitlaufen, wird also nicht, wie bei den Konstruktionen einiger anderen Firmen, von der Winde losgekuppelt, und erfordert dementsprechend einen Stromstoss, wenn die Last nicht ausreicht, den Anker genügend zu beschleunigen. Zum Festhalten der Last und zum Senken dient eine mit Holz gefütterte Bandbremse auf der Vorgelegewelle, die durch einen Handhebel in Verbindung mit einem Elektromagneten gesteuert wird. Der Bremsmagnet liegt im Motorstromkreis, eine Anordnung, die von der Benrather Maschinenfabrik durchweg dem Nebenschlussmagneten vorgezogen wird. Stromloses Senken ist dabei ausgeschlossen, wenn nicht, wie es hier geschieht, der Bremshebel von Hand gelüftet wird. Daher rüstet die Firma ihre Laufkrane stets mit Lamellenbremsen aus, die beim Senken Strom verbrauchen. Dass der Hauptstrommagnet nicht sofort beim ersten Stromstoss anhebt, sondern erst dann, wenn der Motor genügend Strom entnimmt, bezeichnet die Firma als besonderen Vorteil, weil dadurch der Gefahr begegnet wird, dass die Last im ersten Augenblick zurücksinkt, indem hier die Bremse erst bei genügend erregtem Motor das Triebwerk freigibt. Dadurch wird beim Anheben schwebender schwerer Lasten jedenfalls eine Verkürzung der Anlaufperiode und Verminderung des Stromverbrauchs erreicht werden, für das Heben des leeren Hakens oder das Senken mit Lamellenbremse dürfte die Anordnung indessen nicht die gleichen Vorteile bieten. Im vorliegenden Falle ist die eigentliche Bedienung der Bremse einem Handhebel übertragen, der neben den Kontrollern liegt und vom Führer mit der linken Hand gesteuert wird, während die rechte die Universalsteuerung der Kontroller für Heben und Drehen bedient. Der Bremsmagnet hat in erster Linie dem Führer die Bedienung zu erleichtern und ausserdem einen gewissen Schutz bei unvorsichtiger Handhabung zu bieten. Der Handhebel ist zwangläufig mit dem Bremsgestänge gekuppelt, während das Bremsgewicht, das unmittelbar an den Magneten angeschlossen ist, nur auf einen Hebel des Gestänges drückt und so in der Ruhelage die Bremse schliesst, ohne in gehobener Stellung ihre Bethätigung seitens des Führers irgendwie zu beeinflussen. Dieser hat beim Anlassen des Hubmotors zunächst mit dem Handhebel das Gewicht zu lüften, das darauf durch den Magneten gehalten wird, und kann nun frei mit der Bremse arbeiten. Lässt der Führer den Handhebel los, so wird dieser durch ein leichtes Gegengewicht in der Lüftstellung gehalten, bis der Strom unterbrochen wird und das Bremsgewicht einfällt. Zum Senken löst der Führer mit dem Hebel die Bremse, wobei er für den Fall, dass Strom erforderlich ist, durch den Magneten unterstützt wird. Die beschriebene Anordnung gewährt grosse Betriebssicherheit, macht aber einen Handgriff mehr erforderlich, als bei Anwendung eines Nebenschlussmagneten, so dass sie ohne gemeinsame Steuerung des Hub- und Drehkontrollers kaum ausführbar wäre. Geschwenkt wird der Kran durch einen 12pferdigen Motor mit 60 m Geschwindigkeit pro Minute, gemessen am Haken. Der Motor arbeitet auf ein Schneckengetriebe mit senkrechter Welle, das mit Hilfe eines Zahnradvorgeleges, das Ritzel antreibt, welches in den festgelagerten Zahnkranz eingreift. Eine Fusstrittbremse, die auf die Schnecken welle wirkt, hemmt die Drehbewegung. Die Schleifringe für die Zuführung des Stromes zum drehbaren Teil sind oben auf die Säule gesetzt, die zwecks Durchführung der Leitungen durchbohrt ist. Dem Wunsche der Firma entsprechend sei darauf aufmerksam gemacht, dass auf dem Rheinquai in Düsseldorf, in unmittelbarer Nähe der Ausstellung, vier fahrbare Vollportalkrane von 3000 kg Tragkraft und 11 m Ausladung, und auf dem Werke in Benrath ein fahrbarer Halbportalkran ähnlicher Grösse im Betriebe besichtigt werden können, sowie dass 83 Krane desselben Modells zur Zeit für den Hamburger Hafen in Ausführung begriffen sind. Ein 10 t-Kran von gleicher Bauart wie der vorher beschriebene ist auf der Werft des Bremer Vulkan in Vegesack in Betrieb. (Fortsetzung folgt.)