Titel: Dettmars Oelprüfungsapparat.
Fundstelle: Band 317, Jahrgang 1902, S. 662
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Dettmars Oelprüfungsapparat. Dettmars Oelprüfungsapparat. Der Oelprüfungsapparat von Dettmar, der von der Elektrizitäts A.-G. vorm. W. Lahmeyer & Co. Frankfurt a. M., gebaut wird und auf der Düsseldorfer Ausstellung im Betriebe vorgeführt wurde, ist bestimmt, Maschinenöle auf ihre Schmierfähigkeit zu untersuchen, Lagermetalle zu prüfen und wissenschaftliche Untersuchungen über die Gesetze der Reibung anzustellen. Zur Messung der Reibung wird die sogenannte „Auslaufmethode“ verwendet, indem einer mit Schwungmassen versehenen Welle eine messbare Umdrehungsgeschwindigkeit erteilt und dann nach Abstellung des Antriebes die Abnahme der Geschwindigkeit in bestimmten Zeitabschnitten oder die Zeit bis zum Stillstand der Welle ermittelt wird. Bezeichnen: J das Trägheitsmoment eines rotierenden Körpers W1 und W2 seine Winkelgeschwindigkeiten zu Beginn und nach t Zeiteinheiten Betriebsdauer, so berechnen sich die den Grössen W1 und W2 entsprechenden Arbeitsvermögen zu A_1-\frac{J}{2}\,W^2_1 und A_2=\frac{J}{2}\,W_2^2 und demnach das in der Zeit t in Reibung umgesetzte Arbeitsvermögen A zu A=A_1-A_2=\frac{J}{2}\,(W^2_1-W^2_2). Führt man die Tourenzahlen n1 und n2 ein und fasst man alle konstanten Werte unter c zusammen, so erhält man die Gleichung A=c\,(n_1^2-n_2^2) und aus ihr die mittlere Reibungsarbeit pro Sekunde zu R=\frac{c}{l}\,(n_1^2-n_2^2) . . . . . . . . . I Wird der Unterschied t so gering bemessen, dass die Abnahme der Geschwindigkeit der Zeit proportional gesetzt werden kann, so lassen sich aus den zu messenden Geschwindigkeitsabnahmen und aus den bekannten Konstanten des Apparates nach der Gleichung I die Reibungsverluste bei verschiedenen Umfangsgeschwindigkeiten berechnen und die Reibungskoeffizienten darstellen. Fig. 1 zeigt die Ansicht des nach dieser Theorie gebauten Apparates. Er besteht aus einer in der Mitte in einem kräftigen Lager ruhenden Welle, die zu beiden Seiten des Lagers eine Schwungscheibe trägt und entweder elektrisch oder von der Transmission aus oder von Hand angetrieben werden kann. Die Anfangsgeschwindigkeit beim Beginn des Auslaufenlassens soll etwa. 1750–2000 Umdrehungen in der Minute betragen. Nachdem bei dieser Geschwindigkeit gleichbleibender Wärmezustand erreicht ist, wird der Antrieb zur Bestimmung der Reibung ausgeschaltet. Hierzu dient eine Stiftentkupplung, die auf der Antriebswelle sitzt, etwa 2–3 mm tief, in die eine Schwungscheibe eingreift und durch Verschieben der Antriebswelle um 4–5 mm nach rechts zu lösen ist. Das Verschieben der Welle geschieht selbstthätig, sobald ein an dem Endlager befindlicher Vorstecker herausgezogen wird, und zwar bei dem Antriebe vom Vorgelege aus und beim Handbetriebe durch eine auf der Welle sitzende Rückzugsfeder, bei dem elektrischen Antriebe dadurch, dass der Anker nach dem Oelprüfer zu einseitig im magnetischen Felde angeordnet ist und in Folge dessen sich von dem Oelprüfer wegbewegt, sobald der Vorstecker entfernt ist. Textabbildung Bd. 317, S. 661 Fig. 1. Die Zufuhr des Oeles zu den Gleitflächen erfolgt aus einem unter der Lagerfläche angeordneten Oelsack durch Ringschmierung bei stets gleicher Oelauffüllung, die an einem Standglase abzulesen ist. Diese Anordnung ist gewählt, um bei allen Versuchen hinreichende und gleichmässige Oelzufuhr zu erzielen. Die gewonnenen Versuchsergebnisse gelten natürlich auch für andere Schmierungsweisen, vorausgesetzt, dass sie dem Lager genügend Oel zuführen. Die Belastung der Lagerflächen ist gegeben durch das Gewicht der Welle und der Schwungscheiben. Es ist in der Regel so gewählt, dass der Druck 3 kg/qcm beträgt. Um indessen auch Versuche bei verschiedenen Drucken ausführen zu können, werden auf Wunsch Zusatzringe geliefert. Die Lagerschale ist in der Regel als geschlossener Ring ausgebildet. Zur Untersuchung der Vorgänge im geteilten Lager wird ferner eine halbe Lagerschale mitgeliefert. Der normale Wellendurchmesser beträgt 30 mm, die grösste Umfangsgeschwindigkeit demnach bei 2000 Umdrehungen in der Minute 3,14 m/Sek. Textabbildung Bd. 317, S. 662 Fig. 2. Von wesentlichem Einfluss auf das Ergebnis ist der Wärmezustand des Lagers und der Oelschicht. Das Ausrücken des Antriebes hat daher erst dann zu erfolgen, wenn der Apparat gleichmässigen Wärmezustand angenommen hat. Wie die in Fig. 2 dargestellten Beobachtungen zeigen, erfolgt dies ohne besondere Wärmezufuhr erst nach etwa einstündigem Betriebe. Um diese „Einlaufzeit“ bis auf etwa 10 Minuten abzukürzen, wird das Schmieröl ständig erwärmt und zwar entweder durch warmes Wasser mittels einer am Boden des Oelsackes angeordneten Rohrschlange oder durch eine elektrische Heizvorrichtung mit einem fein abgestuften Regulator. Textabbildung Bd. 317, S. 662 Fig. 3. Abgelesen wird die Temperatur an einem Thermometer, welches durch den Lager-Deckel in den Oelbehälter hineinreicht. In der Erwägung, dass die obere Oelschicht die wärmste ist, dass aber das Oel, bis es durch den Ring in das Lager gebracht ist, sich etwas abkühlt, soll das Thermometer bis zur halben Höhe des Oelstandes eingeführt werden. Genaue Wärmemessungen sind von diesem Verfahren selbstverständlich nicht zu erwarten, immerhin dürften sie für vergleichende Versuche vollauf hinreichen. Bemerkt sei, dass die Erhitzung bis auf 175° C gesteigert werden kann, wodurch der Apparat auch zur Untersuchung von Cylinderölen verwendbar sein soll. Im nachstehenden mögen nun die Ergebnisse einiger von Dettmar selbst ausgeführten Untersuchungen wiedergegeben sein. Fig. 3 zeigt die beobachtete Auslaufkurve eines Oeles und Fig. 4 den Verlauf der Reibungskoeffizienten mit wachsender Geschwindigkeit bei gleichem Druck und gleicher Temperatur (40° C). Aus Fig. 4 ersieht man, dass der Reibungskoeffizient mit wachsender Geschwindigkeit zunächst schnell abnimmt und dann stetig zunimmt. Versuche mit mehreren Oelen (s. Fig. 5) ergaben, dass der Wendepunkt zwischen den Umfangsgeschwindigkeiten der Welle von 0,1–0,2 m/Sek. liegt und dass der Reibungskoeffizient bei mehr als 0,4 m/Sek. Umfangsgeschwindigkeit mit der Wurzel aus der letzteren sich änderte. Textabbildung Bd. 317, S. 662 Fig. 4. Bei den gewählten Versuchsbedingungen gilt demnach die Gleichung μ = r1w = r1 w½, wenn μ den Reibungskoeffizienten bei 1 kg/qcm Lagerdruck, r1 eine Constante und w die Umfangsgeschwindigkeit in m/Sek. bedeuten. Weitere Untersuchungen haben nun ergeben, dass der Exponent von w mit der Temperatur sich ändert, sodass die Gleichung lauten muss μ = r1 wx. Hierbei wurden für x folgende Werte festgestellt: x = 0,55 bei 28° C x = 0,485 „  40° C x = 0,387 „  70° C Textabbildung Bd. 317, S. 662 Fig. 5. Auf Grund dieser Ergebnisse empfiehlt Dettmar, alle Versuche zum Vergleich von Schmierölen unter einander bei 40° C auszuführen, da bei dieser Temperatur das Gesetz der Proportionalität zwischen Reibungskoeffizient und Wurzel aus der Umfangsgeschwindigkeit mit hinreichender Genauigkeit bestehe und die Reibungswerte demnach aus den bei 40° C beobachteten Geschwindigkeiten und den den Apparaten beigegebenen Konstanten in einfachster Weise berechnet werden könnten. Ferner entsprächen 40° C den im Betriebe herrschenden mittleren Lagertemperaturen. Fig. 6 und 7 stellen die mit Hilfe von Zusatzschwungringen bei je 2 verschiedenen Lager drucken aufgenommenen und auf 1 kg/qcm Druck reduzierten Reibungskoeffizienten eines und desselben Oeles dar, und zwar gilt Fig. 6 für ein volles, ringförmiges Lager, Fig. 7 dagegen für Versuche mit einer halben Schale. In Fig. 6 fallen beide Linien fast vollständig zusammen, während sie in Fig. 7 weit auseinander liegen. Hieraus folgt, dass der Reibungskoeffizient bei dem vollen Lager von der Belastung unabhängig war, dagegen bei dem offenen Lager mit der Belastung sich änderte. Versuche mit zwei Wellen gleichen Materials, aber um 0,12 mm verschiedenen Durchmessers ergaben, dass der Reibungskoeffizient annähernd umgekehrt proportional der mittleren Dicke der Schmierschicht (Unterschied zwischen Wellen- und Lagerdurchmesser) war. Textabbildung Bd. 317, S. 663 Fig. 6. Hiernach erklärt Dettmar den besprochenen Einfluss der Belastung wie folgt. Bei dem geschlossenen Lager, in dem der Raum zwischen Welle und Lager ringsum von Oel ausfüllt ist, hängt die Reibung ab von der Summe der Dicken der beiden diametral gegenüber liegenden Schmierschichten. Diese Summe bleibt aber, da die Schichtendicke auf der einen Seite um ebensoviel zunimmt, wie sie auf der anderen abnimmt, stets die gleiche, und daher ist die Belastung solange ohne Einfluss, als sie nicht hinreicht, das Schmiermittel an der Welle geringster Schichtendicke völlig herauszupressen, sodass die beiden Gleitflächen unmittelbar aufeinander liegen. Bei dem offenen Lager kommt nur die Abnahme der Schmierschichtendicke unter dem gesteigerten Druck in Frage. Der Reibungskoeffizient nimmt in Folge dessen mit wachsendem Druck zu. Textabbildung Bd. 317, S. 663 Fig. 7. Hieraus folgt nun weiter, dass man zur Untersuchung verschiedener Lagermetalle geteilte Lagerschalen zu verenden hat, damit der Einfluss der Belastung voll zur Geltung kommt. Im übrigen möge erwähnt sein, dass die Untersuchungen Dettmars bei Umfangsgeschwindigkeiten von mehr als 1 m/Sek. keinen erheblichen Einfluss des Lagermetalls auf die Reibung ergaben. Dettmar sagt, wichtig für ein Lagermetall sei, dass es sich in dauerndem Betriebe gut hält, und dass es eine gute Wärmeleitungsfähigkeit besitzt, je höher dieselbe sei, desto weiter könne man mit der zulässigen Umfangsgeschwindigkeit gehen, da dann die erzeugte Reibungswärme schneller abgeleitet würde. Den Einfluss der Wärme zeigen die Schaulinien Fig. 8, die erhalten sind, indem der Apparat mit Hilfe der elektrischen Vorrichtung auf verschiedene Temperaturen gebracht und diese während der Dauer der Versuche sehr genau konstant gehalten wurden. Aus dem Verlauf der Linien folgt in Uebereinstimmung mit den Ergebnissen anderer Untersuchungen, dass der Reibungskoeffizient umgekehrt proportional der Temperatur ist, Selbstverständlich gilt dies nur für die in den Lagern üblichen Temperaturen und nicht für die Temperatur Null, da der Reibungskoeffizient sonst einen unbestimmten Wert erhalten würde. Auch nach oben ist dies Gesetz dadurch begrenzt, dass das Oel mit wachsender Erhitzung schliesslich so dünnflüssig wird, dass es herausgepresst wird und die Lagerflächen nun unter plötzlicher Steigerung der Reibung unmittelbar in Berührung kommen. Textabbildung Bd. 317, S. 663 Fig. 8. Die nachstehende Tabelle zeigt die bei verschiedenen Temperaturen und verschiedenen Geschwindigkeiten ermittelten Reibungskoeffizienten. Anzahl derUmdrehungenpro Minute Reibungs-koeffizientn Lagerwärmet° n . t 1300 0.1440.1070.062 203050 0.2880.3210.310 900 0.1250.0880.047 203050 0.2500.2640.235 500 0.0830.0580.032 203050 0.1660.1740.160 Die beigefügten Produkte n . t sind für jede der drei Umfangsgeschwindigkeiten annähernd konstant, wodurch bestätigt wird, dass der Reibungskoeffizient der Temperatur umgekehrt proportional ist. Für die Benutzung des Apparates in der Praxis, d.h. zum Vergleich mehrerer Oele unter einander empfiehlt Dettmar folgendes Verfahren. Der mit dem zu prüfenden Oel gefüllte Apparat wird unter Erwärmen mittels der Heiz Vorrichtung solange bei etwa 1800–2000 Touren einlaufen gelassen, bis die gleichbleibende Temperatur von 40° C erreicht ist. Dann wird die wirkliche Tourenzahl mit dem Zählwerk festgestellt, der Antrieb abgekuppelt und die Auslauf-Zeit beobachtet, die bis zum Stillstande des Apparates verstreicht. Bezeichnen nun T1 und T2 die für 2 Oele unter genau den gleichen Versuchs-Bedingungen ermittelten Auslaufzeiten und r1 und r2 ihre Reibungskonstanten, so verhalten sich \frac{r_1}{r_2}=\frac{T_2}{T_1} d.h. die bei Verwendung der Oele im Betriebe auftretenden Reibungsverluste sind um so geringer, je grösser die Auslaufzeiten sich ergaben. Dass sie den letzteren umgekehrt proportional sind, lässt sich rein theoretisch nicht nachweisen; Dettmar bringt aber den Nachweis durch folgende Untersuchung. Für 6 Oele wurde mit Hilfe des Zählwerkes der ganze Verlauf der Auslaufkurven aufgenommen und daraus wurden die Reibungskoeffizienten für alle Geschwindigkeiten bestimmt (s. Fig. 5) und aus ihnen ferner die Reibungskonstanten n berechnet. Die erzielten Ergebnisse sind nachstehend zusammengestellt. Wie die Werte Spalte 5 zeigen, stimmen die Produkte aus Auslaufzeit und Reibungskonstante für alle Oele befriedigend überein, ein Beweis, dass die Reibungskonstanten den Auslaufzeiten thatsächlich umgekehrt proportional sind. Oel-Sorte Tempe-ratur AuslaufzeitT in Sek.von 1400Touren an Reibungs-Konstanter1 T . r1 Preispro kgin Pf. r1 × Preis   I     33 560     0.05 2.80 32     1.6 II     40.8 385     0.068 2.62 63     4.28 III     40 339     0.081 2.82 65     5.26 IV     39.2 294     0.088 2.70 42     3.70 V     40.5 289     0.091 2.63 32     2.21 VI     42,0 274     0.095 2.60 48     4.45 Für den relativen Wert der Oele unter einander ist neben der Reibungskonstante der Preis massgebend. Dettmar meint nun das zweckmässigste Oel sei dasjenige, für welches das Produkt aus Preis und Reibungskonstante am geringsten sei. Für die untersuchten sechs Oele sind diese Vergleichsweise in vorstehender Tabelle mit angegeben. Sie zeigen die grössten Unterschiede zwischen Oel I mit 1.6 und Oel III mit 5.26. Das Verhältnis dieser Grenzwerte beträgt 1 : 3,3; es stellt sich für Oel I noch günstiger, wenn man beachtet, dass dieses Oel bei 33° C, Oel III dagegen bei 40° C. untersucht wurde. Selbstverständlich ist der Apparat vor dem Einbringen jeder neuen Oelprobe zu reinigen. Es soll dies auf einfache Weise dadurch geschehen können, dass man zweimal Benzin durchlaufen lässt und den Oelsack mit Luft ausbläst.