Titel: Neue Diagramme zur Turbinentheorie.
Autor: Camerer
Fundstelle: Band 317, Jahrgang 1902, S. 693
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Neue Diagramme zur Turbinentheorie. Von Dr. Camerer, Gotha. (Schluss von S. 677 d. Bd.) Neue Diagramme zur Turbinentheorie. F. Anwendung der Diagramme. Der eigentliche Wert der Diagramme liegt nun aber nicht in ihrer Anwendung auf solche vereinfachte Aufgaben, die ihre Lösung ja eben so leicht auf rechnerischem Wege finden, sondern er zeigt sich da, wo die vereinfachten Annahmen nicht ausreichen. Das gilt einmal bei Anpassung von Turbinen an aussergewöhnliche Bedingungen, dann für Turbinen mit verschiedenen Umfangsgeschwindigkeiten, und besonders auch zur Prüfung der Reguliervorrichtungen. Hierzu mögen nun einige Beispiele Durchführung und Besprechung finden. 1. Bestimmung der Wassergeschwindigkeiten und Schaufelwinkel für eine aussen beaufschlagte Radialturbine bei gegebenem Gefälle und vorgeschriebenen Umfangsgeschwindigkeiten u1 und u2. Das Gefälle H soll 3,88 m, die Umfangsgeschwindigkeiten sollen u1 = 7 und u2 = 5 m/Sek. betragen. Als ersten Punkt schätzen wir, entsprechend den früheren Erörterungen die Reibungsverluste ρ = ρ0 + ρ 1 + ρ2 zu 16 %, dann ergiebt sich \sqrt{2\,g\,H\,(1-\varrho)} =\sqrt{2\,g\,\cdot\,3,88\,\cdot\,0,84}=8 m/Sek. Diese Grösse betrachten wir zunächst als konstante, mit dem Vorbehalt, wenn besonders ungünstige konstruktive Verhältnisse sich aus den Diagrammen ergeben sollten, die Reibungsverluste zu nochmaliger Rechnung mit erhöhtem Betrage einsetzen zu wollen. Damit ist das erste ausgezogene Dreieckspaar aUfda (Fig. 11, wobei \overline{a\,d}=u_1,\ \overline{d\,f}=u_2) bereits festgelegt. (Vgl. auch Fig. 8.) Es bleiben noch zu bestimmen die Grössen r2 v1 w1 δ1 β1 w2 und δ2, deren gegenseitige Beziehungen durch das zweite Dreieckspaar und die Geschwindigkeitsdreiecke dargestellt sind, und der Rest der Aufgabe besteht nun darin, durch versuchsweise Annahme der einen oder anderen dieser Grössen auf dem Wege des Probierens zu sehen, ob und wie am besten die noch ansehenden Beziehungen erfüllt werden können. Von welchen Grössen man dabei ausgeht, ist theoretisch gleichgültig. Es empfiehlt sich, diejenigen zuerst anzunehmen, die aus praktischen Gründen in den geringsten Grenzen veränderlich sind. So wurde in der vorliegenden Durchführung die Grösse von v2, die ja mit Rücksicht auf den durch w2 bestimmten Austrittsverlust nicht allzu verschieden von u2 werden darf, als erste Grösse angenommen. Um den Einfluss ihrer Variation auf die übrigen Grössen darzulegen, wurden 3 Annahmen von v2 und zwar zu 4, 5 und 6 m/Sek. gemacht. (Im Diagramm Fig. 11 durch I, II und III unterschieden) und durch \overline{d\,g_I}\ \overline{d\,g_{II}}\ \overline{d\,g_{III}} dargestellt. Da allgemein \overline{g\,V}=\overline{f\,U}, ist nun bereits Punkt V als VI, VII und VIII festgelegt. Jetzt wird durch die beliebige Lage von \overline{V\,b} eine neue Annahme nötig. Wir wählen v1 in 3 verschiedenen Grössen zu 4, 3 und 2 m/Sek., dargestellt durch \overline{d\,b}',\ \overline{d\,b}'' und \overline{d\,b}'''. Damit ergeben sich in \overline{V\,b}=w_1 9 verschiedene Grössen von w1. Durch Konstruktion des Geschwindigkeitsdreiecks finden Eintritt durch Schlagen der Kreise zusammengehöriger v1 und w1 um d und a ergeben sich die Winkel δ1 und β1. Textabbildung Bd. 317, S. 693 Fig. 11. Es zeigt sich, dass einzelne Kombinationen unbrauchbare, andere imaginäre Winkel ergeben würden. Dazu bemerken wir, dass die Kombination b' mit v1, wo v1 = v2, mit Rücksicht auf unsere früher aufgestellte Bedingung r2 > r1, und auf den veränderlichen Austrittsquerschnitt (vergl. die folgende Aufgabe) besser nicht ausgeführt wird, trotz günstigem ∢β1. So entschliessen wir uns hier, gegebenenfalls wären ja leicht noch Zwischenkombinationen zu machen, für die durch Punkt S gekennzeichnete Kombination VI b''. Damit ergiebt sich nun auch leicht der nötige Eintrittsquerschnitt in das Laufrad aus der Ueberlegung, dass man der verlangten Wassermenge einen senkrechten Durchfluss mit w1 . sin δ1 (Fig. 11) gestatten muss, Zur Bestimmung des Austrittsquerschnittes wählen wir einen Austrittsverlust von 3,7 %; \frac{w_2^2}{2\,g\,h}=0,037. Dem entspricht w2 = 1,68 m. Durch Schlagen eines Kreises um f mit dieser Grösse, eines zweiten um d mit d\,g_I ergiebt sich nun das Austrittsdreieck und die senkrechte Komponente der Austrittsgeschwindigkeit w2 . sin δ2 = 1,2 m/Sek., die der Berechnung des Austrittsquerschnitts zu Grunde gelegt wird. Im vorliegenden Beispiel war angenommen, dass u1 und u2 aus konstruktiven Gründen gegeben seien. Wäre statt dessen nur die Umdrehungszahl vorgeschrieben gewesen, so hätte man sich natürlich auch durch unmittelbare Annahme grösseren Austrittsverlustes und dadurch erfolgende Verkleinerung der Durchmesser helfen können. 2. Bestimmung der Austrittsgrössen zu dem vorigen Beispiel für die einzelnen, mit verschiedener Umfangsgeschwindigkeit u2 behafteten Punkte des Austritts. Da die Eintrittsgrössen (vergl. Fig. 1) konstant sind, ist Punkt V Fig. 12 fest und natürlich gleich Vl aus Fig. 11. Unter der Annahme, dass u2 infolge der Form der Schaufel am Austritt wechsle zwischen u2 = 4,5, 5 und 5,5 m/Sek. und unter Berücksichtigung, dass \overline{U\,f}=\overline{V\,g} folgen in einfachster Weise von dem V aus die Geschwindigkeiten v2 in \overline{d\,g}',\ \overline{d\,g}'',\ \overline{d\,g}'''. Textabbildung Bd. 317, S. 694 Fig. 12. Soll nun auch hier die Vertikalkomponente der Austrittsgeschwindigkeit w2 . sin δ2 konstant gleich 1,2 m sein, so folgen aus den Schnittpunkten s', s'', und s''' unmittelbar die Winkel β2 und die Austrittsgeschwindigkeiten w2, die den angenommenen Austrittsverlust \frac{w^2_2}{2\,g\,H} um ein geringes ändern dürften. 3. Diskussion der Fink'schen Regulierung an Hand der Diagramme. Die Konstruktion dieser Regulierung sei als bekannt vorausgesetzt, und in Fig. 13 durch den ausgezogenen Linienzug a U V f g d b a das Diagramm für normale Wassermenge in bekannter Weise aufgezeichnet. Man erkennt aus dem Zusammenfallen von f mit g und V mit U, dass dabei u2 = v2 angenommen, ferner dass ∢ β1 < 90° gewählt wurde, Annahmen, die für die weitere Untersuchung ohne Belang sind. Man erkennt ferner die Grössen von r1, und r2 im Masstab der Zeichnung zu 22,5 bezw. 45 mm, Wird nun auf irgend eine Weise der Wasserverbrauch geändert, z.B. von 0,45 auf 0,35 bezw. 0,55 cbm/Sek., so ist notwendig, dass die Geschwindigkeiten v1 und v2 sich genau proportional ändern, da die Querschnitte des Laufrades bei der Fink'schen Regulierung konstant bleiben. Dementsprechend wurden v1' und v1'' in \overline{ds}'=17,5 mm und \overline{ds}''=27,5, und v2' mit v2'' in \overline{dg}'=35 mm und \overline{dg}''=55 mm in Fig. 13 abgetragen. u1, u2 und H sollen konstant sein, ebenso ist vorläufig ρ als konstant angenommen, sodass Punkt U erhalten bleibt. Die Punkte V' und V'' ergeben sich durch Abtragen der Strecke \overline{f\,V} von g' bezw. g'' aus. Textabbildung Bd. 317, S. 694 Fig. 13. Danach folgt unmittelbar in \overline{V'\,b'} das w1' und in \overline{V''\,b''} das w1 ''. Tragen wir nun diese Grössen im Geschwindigkeitsdreieck von a nach s' bezw. s'' ab, so zeigt sich, dass dasselbe nicht erfüllt wird. Wie lösst sich dieser Widerspruch? Die nächstliegende Annahme ist wohl die, dass die Differenzen durch Wasserstoss ausgeglichen werden müssen. Das ist aber nicht richtig, wie folgende Betrachtung zeigt. Es wird viel vom „stossfreien“ und „nicht stossfreien“ Eintritt des Wassers in das Laufrad gesprochen. Diese Begriffe sind von den Freistrahl-Turbinen übernommen, wo sie auch Berechtigung haben. Verfasser ist der Ansicht, dass dagegen bei Reaktionsturbinen – um solche handelt es sich bei der Fink'schen Regulierung – ein wirklicher Stoss nie auftreten kann, so wenig als in irgend einer Rohrleitung, die mit Wasser ganz ausgefüllt ist. Man wird bei dem sogenannten „nicht stossfreien“ Eintritt einfach dieselben Erscheinungen haben wie bei einer Röhre mit plötzlichem Knick. An der Stelle des Knicks tritt infolge der Trägheit des Wassers starke Kontraktion und damit Geschwindigkeitsvermehrung ein, die dann bei der nachfolgenden gleichmässigen Geschwindigkeitsverteilung und Verlangsamung nicht wieder in Druckhöhe umgesetzt, sondern in wirbelnder Reibung verzehrt wird. Dieser Fall tritt z.B. ein, wenn zwar die Querschnitts- und Geschwindigkeitsverhältnisse dem Diagramm bezw. der Arbeitsgleichung genügen, aber w0 mit δ0 falsch eingestellt waren. Dann würde einfach ein mehr oder weniger starker Richtungs- und Geschwindigkeitswechsel des Wassers im Schaufelspalt eintreten, wie es in Fig. 14 zu erkennen ist. Das Wasser würde eben hierbei durch den zu grossen ∢δ0 gezwungen sein, die Geschwindigkeit w0 so anzunehmen, dass der vorhandene Querschnitt ausgefüllt wird. Man erkennt hieraus leicht einen besonderen Wert des schon von Kankelwitz empfohlenen und ausgeführten und von Pfarr zur Geltung gebrachten „grossen Schaufelspaltes“. Wenn wir demnach zur Ueberzeugung gelangt sind, dass ein eigentlicher Wasserstoss in Reaktionsturbinen mitgrossem Schaufelspalt nicht auftritt, so bleibt noch umsomehr das Dilemma bestehen, wenn, wie im vorliegenden Fall, die vorgeschriebenen und aus den Querschnitten berechneten Geschwindigkeiten das Diagramm, d.h. die Hauptgleichung nicht befriedigen. Zur Beantwortung dieser Frage sei zunächst festgehalten, dass, wie auch das Wasser in die Laufradschaufel gekommen sein mag, es am Eintritt eine gewisse Geschwindigkeit besitzt, die wir v1 genannt haben und deren Richtung bei sehr vielen und sehr dünnen Schaufeln auch mit β1 zusammenfallen muss. Dazu besitzt es durch die gegebene Umdrehungszahl der Turbine die Geschwindigkeit u1 und somit auf alle Fälle ein w1, welches mathematisch genau dem Geschwindigkeitsdreieck entspricht. (Dieses w1 ist natürlich nicht zu verwechseln mit der Austrittsgeschwindigkeit w0, die ja aus der Arbeitsgleichung ganz hinausgefallen ist.) Textabbildung Bd. 317, S. 695 Fig. 14. Aus diesem v1 und w 1 lässt sich in jedem Falle aus dem Diagramm leicht das zugehörige v2 konstruieren. Dieses r2 stimmt nun nicht mit dem aus dem Laufradquerschnitt berechneten überein. Daraus folgt, dass die theoretische Richtigstellung der Fink'schen Regulierung einen veränderlichen Austrittsquerschnitt des Laufrades verlangt. (Es ist z.B. aus den Diagrammen leicht zu erkennen, dass für β1 = 90° v2 bei wechselnder Wassermenge konstant gehalten werden müsste, damit die Arbeitsgleichungen befriedigt werden.) Textabbildung Bd. 317, S. 695 Fig. 15. Ist dies nicht der Fall, so giebt es nach Ansicht des Verfassers nur eine Möglichkeit zur Befriedigung der Hauptgleichung und diese liegt in einer Variation der Reibungsverluste, d.h. des ρ, im Diagramm in der Länge \overline{a\,U}=\sqrt{2\,g\,H\,(1-\varrho)} In Fig. 15 ist die Grösse \sqrt{2\,g\,H\,(1-\varrho)} für die bei wechselnder Wassermenge verlangten Geschwindigkeiten in \overline{a\,U'} bezw. \overline{a\,U}'' konstruiert. Dabei waren gegeben die Punkte s' s'', b' b'', g' g''. Durch Antragen von w1 von b aus ergaben sich V' bezw. V''. Dann ergab V' g' von f abgetragen Punkt U' und in \overline{a\,U'} die jeweils gesuchte Grösse von \sqrt{2\,g\,H\,(1-\varrho)}. Der Zeichenmassstab ist so gewählt, dass für die normale Wassermenge von 0,45 cbm \overline{a\,U}=0,9 dem ist. Setzen wir 2gH = 1, so wird 1 – ρ = 0,92 = 0,81 und ρ = 0,19; eine normale Grösse. Entsprechend würde sich bei der Wassermenge von 0,35 cbm ρ = 0,29 und bei 0,55 cbm ρ = 0,08 einstellen müssen. Bei der geringeren Wassermenge ist das leicht zu erklären. Der Leitapparat macht einfach solang zu, bis Drosselung und Richtungswechsel von δ0 nach δ1 die Reibung δ1 . H entsprechend vergrössert haben. Die Bedingung für Verarbeitung einer grösseren Wassermenge ist dagegen, wenn ρ = 0,19 schon den normalen Betrag der Reibung darstellt, also nicht verkleinert werden kann, nicht zu erfüllen. Daraus folgt: Die Fmnk'sche Regulierung muss für die grösste Wassermenge konstruiert werden. Steigerungen der Wassermenge sind, unendlich viele Laufradschaufeln vorausgesetzt, nicht mehr möglich, wie weit man auch den Leitapparat öffnet. Textabbildung Bd. 317, S. 695 Fig. 16. In Wirklichkeit ist die Sache nicht ganz so schlimm, weil die Eintrittsrichtung ins Laufrad, besonders bei wenig Schaufeln, nicht unbedeutende Variationen erfahren kann. Der Einfluss hiervon ist in Fig. 16 zur Darstellung gebracht. Unter der Annahme einer möglichen Aenderung der Eintrittsrichtung, d.h. von β1 um + oder – 10° ergeben sich die notwendigen Reibungskoeffizienten ρ zu 0,135 für 0,55 cbm/Sek. und ρ = 0,25 bei 0,35 cbm/Sek. 4. Untersuchung einer Regulierung des Laufradaustritts. In Fig. 17 ist das Diagramm entworfen für eine innere Radialturbine ohne Leitapparat mit grossem ∢β1 und veränderlichem Austrittsquerschnitt aus dem Laufrad. Die Geschwindigkeiten sind aufgezeichnet für 1,0 0,8 0,6 0,4 und 0,2 Füllung und mit den entsprechenden Ziffern bezeichnet. Der Regulierapparat, z.B. eine Ringschütze am Laufradaustritt, muss v2 in der konstruierten Grösse einstellen. Wenn dann w1 sich auch von selbst in der gezeichneten Richtung einstellen würde, wäre diese Regulierung theoretisch vollkommen richtig. 5. Anwendung der Diagramme auf die Untersuchung ausgeführter und geprüfter Turbinen. In dem Diagramm Fig. 6 war Bedenkt man nun, dass für die Einheit der Wassermenge \frac{{w_4}^2}{2\,g} den Austrittsverlust, ρ . H den gesamten Reibungsverlust bedeutet, so zeigt sich der Nutzeffekt η . H als das, was nach Abzug dieser beiden Verluste vom Gesamtarbeitsvermögen H übrig bleibt, d.h. Textabbildung Bd. 317, S. 696 Fig. 17. Textabbildung Bd. 317, S. 696 Fig. 18. Durch Einsetzen ergiebt sich somit \overline{W\,d}=\sqrt{2\,g\,H\,\cdot\,\eta} Nach dieser Ueberlegung ist man befähigt, ohne irgend welche Schätzung von Reibungs- oder Austritts Verlust und ohne jede Vernachlässigung auf Grund von ausschliesslich beobachteten Grössen, das vollständige Diagramm zu zeichnen. Der Gang des Verfahrens ist dann folgender (Fig. 18): 1. Berechnen von \sqrt{2\,g\,H\,\cdot\,\eta} nach dem gemessenen Gefälle H und dem gebremsten Wirkungsgrad η und Antragen als \overline{W\,d}. 2. Antragen der beobachteten Umfangsgeschwindigkeit u 2 als \overline{d\,f}. 3. Antragen der aus der Wassermenge und dem Austrittsquerschnitt berechneten Relativ-Geschwindigkeit v2 in Richtung von β2. 4. Der Schluss des Dreiecks nach f liefert die absolute Austrittsgeschwindigkeit w2. 5. Antragen von w2 als \overline{d\,e}, wodurch \overline{W\,e} gewonnen wird. 6. Antragen der beobachteten Umfangsgeschwindigkeit u1 als ad. 7. Man macht \overline{a\,U}=\overline{W\,e}, wodurch Punkt U festgelegt ist. 8. Nunmehr in bekannter Weise \overline{g\,V}=\overline{U\,f} wobei \overline{d\,g}=v_2 gemacht wurde. 9. Um nun das Eintrittsdreieck zu zeichnen, zieht man zunächst von V in beliebiger Richtung \overline{V\,b'}, dem ein w'_1=\overline{V\,b'} und v'_1=\overline{d\,b'} entsprechen würden. Die wahren w1 und v1 werden bestimmt, indem man zunächst die rechtwinklige Eintrittsgeschwindigkeit wr ins Laufrad berechnet als w_r=\frac{\mbox{Wassermenge}}{2\,\cdot\,r_1\,\cdot\,\pi\,\cdot\,b_1} wobei r1 und b1 Laufradradius bezw. Laufradbreite bedeuten. Textabbildung Bd. 317, S. 696 Fig. 19. Da nun die Spitzen sämtlicher Eintrittsdreiecke, die aus demselben Punkt V gezeichnet sind, auf einer Vertikalen liegen, so ist offenbar die Spitze des gesuchten Dreiecks der Schnittpunkt der Horizontalen durch wr mit der Vertikalen durch die provisorische Spitze von w1' und v1'. Dieses somit aus lauter beobachteten Werten bestimmte Eintrittsdreieck wird nun im allgemeinen eine Grösse der absoluten Eintrittsgeschwindigkeit w1 aufweisen, die von der Austrittsgeschwindigkeit wo, wie sie sich aus dem beobachteten Leitradaustrittsquerschnitt und der Wassermenge berechnet, verschieden ist. Ebenso wird auch ∢β1 meist anders ausfallen, als die Schaufelausführung zeigt. Zur Begründung dieser nicht leicht zu untersuchenden Thatsache sei nur das folgende bemerkt. Die Beschleunigung oder Verzögerung von w0 auf w1 wird vor allem beeinflusst durch die Stärke und Form der Leitradschaufeln, die Grösse des Schaufelspaltes und den Reaktionsgrad. Eine Vergrösserung des wahren β1 wird hervorgerufen durch eine Eigenschaft der Laufradschaufeln, die ich „Schaufelrückwirkung“ nennen möchte, und die darin besteht, dass eine starke und kurz abgebogene Schaufelkrümmung – bei Francis-Turbinen schon eine schwächere Schaufelkrümmung – die relative Eintrittsrichtung des Wassers in ihrem Sinne verschiebt. Dies und noch mancherlei anderes wird die Bildung des wahren Eintrittsdreiecks beeinflussen. Eine vollständige Erklärung des obwaltenden Vorgangs, bei dem ja streng genommen jedem einzelnen Wasserfaden sein eigenes Eintrittsdreieck zukommt, dürfte wohl nicht möglich sein, solange wir auf Grund der Arbeitsgleichungen nur befähigt sind, mit Summenwirkungen zu rechnen. G. Schlussbemerkung. Zum Schlusse sei noch auf eine grosse Vielseitigkeit der Diagramme hingewiesen. Schreibt man die vereinfachte Hauptgleichung in der Form \sqrt{2\,g\,H\,(1-\varrho)^2}+v_1^2+u_2^2=u_1^2+w_1^2+v_2^2 so erkennt man aus dem Umstand, dass 1. die beiden Seiten der Gleichung mathematisch völlig gleichwertig sind, dass 2. auch auf jeder Seite die einzelnen Glieder sich beliebig vertauschen lassen, folgendes Ergebnis für die Zeichnung der Diagramme: Jede Diagrammseite kann jedes Glied der Gleichung darstellen, so zwar, dass jeweils drei bestimmte Diagrammseiten der einen, die drei andern dann der anderen Seite der Gleichung entsprechen.Bei der nicht vereinfachten Hauptgleichung sind je 4 Glieder gleichwertig. Aus dieser Fülle der Möglichkeiten glaubt Verfasser in vorstehendem die praktischste Kombination herausgegriffen zu haben. Doch mögen für besondere Aufgaben andere Kombinationen vorzuziehen sein. Wenn z.B. u_1\,>\,\sqrt{2\,g\,H\,(1-\varrho)}, was ja im allgemeinen nicht vorkommen wird, versagt die vorstehende Kombination. Dann dürfte vielleicht die in Eig. 19 angegebene zu empfehlen sein, in der einfach v1 mit u2 und v2 mit u1 gegenüber dem früheren Diagramm vertauscht sind. Auch hier ist einzige Bedingung für die mathematische Richtigkeit des Diagramms, dass die Dreiecke rechtwinklig und dass Seite \overline{V\,g}=\overline{U\,f} sei.