Titel: Ueber Schaufelung von Francis-Turbinen.
Autor: Julius Adam
Fundstelle: Band 318, Jahrgang 1903, S. 449
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Ueber Schaufelung von Francis-Turbinen. Von Dipl.-Ing. Julius Adam in Erfurt. [Ueber Schaufelung von Francis-Turbinen.] Die bedeutende Ausbildung des Baues von Francisturbinen lässt es gerechtfertigt erscheinen, über eine Möglichkeit der Laufradschaufelkonstruktion zu berichten, wie dieselbe unter gewissen Annahmen über den Verlauf des Wassers eben diesem Verlauf entsprechend ohne zu viel Zeitaufwand mathematisch exakt derart durchgeführt werden kann, dass die Austrittskante im Aufriss beliebig angenommen wird, ohne im Grundriss die für die Ausführung unbrauchbare Form anzunehmen, auf welche in dem Aufsatz des Ingenieurs Herrn Wagenbach in No. 2, Jahrgang 1902, der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, unter Berücksichtigung des geometrischen Zusammenhangs zwischen Aufriss und Grundriss, bereits hingewiesen ist. Die eine Annahme ist die, dass sich die senkrechte Durchflusskomponente im Laufrad in bestimmten, sogenannten Niveauflächen zwischen dem Laufradeintritt und dem Saugrohrquerschnitt als konstant einstellt, wie sie durch die Abhandlung über Francisturbinenschaufelung von Baarhus in No. 45, Jahrgang 1901, der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure bekannt geworden ist. Dieser Annahme stimme ich bei, jedoch nur unter der weiteren Annahme, dass sich diese Niveauflächen einstellen würden, wenn die Schaufelstärke im Laufrad gleich 0 wäre, und dass durch den Einfluss der Schaufelstärke sich die Wassergeschwindigkeiten in der Weise ändern, dass an den Stellen, wo der Einfluss der Schaufelstärke grösser ist, wo also der freie Querschnitt mehr eingeengt wird, die Wassergeschwindigkeit sich entsprechend diesem Einfluss mehr erhöht, als an den Stellen, wo der Einfluss der Schaufelstärke stärker ist. Ich denke mir nun die Vorarbeiten zur Schaufelkonstruktion in der in genanntem Aufsatz dargestellten Weise soweit durchgeführt, dass der Laufradquerschnitt und die Austrittskante im Aufriss angenommen sind, und dass für diejenigen Punkte der Austrittskante, für welche ich die Austrittsevolventen konstruieren will, die Niveauflächen und die senkrechten Geschwindigkeitskomponenten für diejenige Wassermenge bestimmt sind, bei welcher mit Rücksicht auf die gegebenen Wasserverhältnisse eben die senkrechte absolute Austrittsgeschwindigkeit erwünscht erscheinen muss. Selbstverständlich wird man bei kleineren Laufrädern, um Arbeit zu sparen, die Austrittskante-direkt in eine solche Niveaufläche legen; es gibt das bei geeigneter Durchführung der Schaufelkonstruktion sehr schöne, allmählich verlaufende Schaufelflächen. Im Grundriss soll die Austrittskante, als welche man Wohl am besten die Verbindungslinie der Mitten der Austrittsweiten wählt, eine radiale Gerade werden. Bei denjenigen Schaufeln, bei denen die Austrittskante im Aufriss in eine Niveaufläche gelegt ist, schneiden dann die Kegel, auf denen die Wasserlinien und damit die Austrittsevolventen verlaufen, die Schaufelfläche senkrecht; bei der Bestimmung der absoluten Austrittsgeschwindigkeit kommt also als Querschnittsverengung die direkte Schaufelstärke in Betracht. Wenn nun w3 die senkrechte Austrittsgeschwindigkeit im freien Querschnitt, w2 diejenige innerhalb der Schaufeln ist, welche ja für die Bestimmung des Austrittswinkels und damit der Austrittsevolvente massgebend ist, wenn ferner s2 die Austritts eite und s2 die Schaufelstärke bedeutet, dann muss sein w_2=w_3\cdot \frac{a_2+s_2}{a_2} ferner ist \frac{w_2}{\sqrt{{v_2}^2+{w_2}^2}}=\frac{a_2+s_2}{t_2} wenn v2 die Umfangsgeschwindigkeit und t2 die Teilung am Austritt bedeutet (Fig. 1) In diesen beiden Gleichungen ist nun bis auf w2 und a2 alles bekannt, sie können also gelöst werden. Doch gibt ihre Lösung eine gemischt quadratische Gleichung, es ist daher die geometrische Lösung, die sich sehr einfach gestaltet, vorzuziehen (Fig. 2). In dieser Figur ist direkt w2 : w3 = (a2 + s2); a2 oder w_2=w_3\cdot \frac{a_2+s_2}{a_2} Für die Schaufeln, deren Austrittskante in eine Niveaufläche fällt, ist damit alles bekannt (die Figur kann mit den bekannten Grössen v2, w3, s2 und t2 gezeichnet werden); es muss nur für jeden Punkt der Austrittsfläche, für welchen die Austrittsevolvente konstruiert werden soll, obige einfache Konstruktion wiederholt werden. Anders wird die Sache, wenn aus konstruktiven Gründen, z.B. zur Vermeidung zu grosser Schaufeln, die Austrittskante im Aufriss beliebig angenommen wird, sodass sie die Niveau flächen schneidet, wie dies in Fig. 3 angenommen ist. Auch hier soll die Austrittskante im Grundriss als radiale Linie angenommen werden, da dies zweifellos die einfachste Durchführung der Konstruktion ergibt; hier schneiden nun die Kegelflächen der Austrittsevolventen die Schaufelfläche nicht mehr senkrecht, sondern unter einem noch unbekannten Winkel, man hat es also mit einer Verengung des freien Querschnittes zu tun, deren relative und absolute Grösse noch unbekannt ist; die für die Verengung in Betracht kommende Schaufelstärke möge s2 heissen, während die wirkliche Schaufelstärke, die Blechstärke, mit s'2 bezeichnet werden möge. Zur Bestimmung von s2 ist folgende Ueberlegung zu machen. Die wirkliche Schaufelstärke s'2 tritt auf als Schnitt derjenigen Kegelfläche mit der Schaufel, deren Mantellinie A' – A' (Fig. 4) im Aufriss senkrecht steht zu der Austrittskante B – B, da die Kegelfläche A' – A' die Schaufelfläche senkrecht durchschneidet unter der oben gemachten Voraussetzung, dass die Austrittskante im Grundriss als radiale Linie gewählt ist. Wenn wir daher die in der Kegelfläche A' – A' fallende Komponente w'3 der durch die Grösse der Niveaufläche bestimmten Durchflussgeschwindigkeit w3 bestimmen und für diese das Austrittsdiagramm in der oben durchgeführten Weise aufzeichnen (v2, w'3, s'2 und damit w'2 sind bekannt), so können wir wieder rückwärts die absolute Austrittsgeschwindigkeit aus den Schaufeln in der Richtung der Wasserlinien, sowie die Schaufelstärke s2 auf den Kegeln bestimmen, deren Mantellinie mit der Richtung der Wasserlinie im Aufriss zusammenfällt. Textabbildung Bd. 318, S. 450 Fig. 1. Textabbildung Bd. 318, S. 450 Fig. 2. Textabbildung Bd. 318, S. 450 Fig. 3. Textabbildung Bd. 318, S. 450 Fig. 4. Die ganze Durchführung dieser Aufgabe ist am besten graphisch zu machen, und ist an Hand der Rechnung demnach der Beweis der Richtigkeit zu erbringen. Dabei mögen die mit bezeichneten Buchstaben für diejenigen Grössen und Diagramme Geltung haben, welche auf der Kegelfläche A' – A' liegen. Es muss zunächst die Konstruktion des Austrittsdiagramms für diese Kegelfläche durchgeführt werden, dieselbe ist aus Fig. 5 ersichtlich und ganz analog der Konstruktion in Fig. 2. Hierauf werden mit Hilfe der in Fig. 5 gefundenen Grösse w'2 (absolute Austrittsgeschwindigkeitskomponente innerhalb der Schaufeln in der Richtung (A – A)) die gesuchten Grössen w2, a2 und s2 geometrisch konstruiert, wie dies Fig. 6 zeigt. Textabbildung Bd. 318, S. 450 Fig. 5. Textabbildung Bd. 318, S. 450 Fig. 6. Textabbildung Bd. 318, S. 450 Fig. 7. Bezeichnen wir nun die relative Austrittsgeschwindigkeit innerhalb der Schaufeln mit u2 bezw. auf Kegel A' – A' mit u'2, so muss sein \frac{w_3}{w'_3}=\frac{a_2\cdot u_2}{a'_2\cdot u'_2} Nach Fig. 5 ist \frac{w'_2}{w'_3}=\frac{a'_2+s'_2}{a'_2} Nach Fig. 6 ist \frac{w_2}{w_3}=\frac{a_2+s_2}{a_2}=\frac{w'_2}{w'_3} also \frac{a_2+s_2}{a_2}=\frac{a'_2+s'_2}{a'_2} oder a_2+s_2=\frac{a'_2+s'_2}{a'_2}\cdot a_2 Ferner ist \frac{w_2}{u_2}=\frac{a_2+s_2}{t_2} und \frac{w'_2}{u'_2}=\frac{a'_2+s'_2}{t_2} \frac{a_2+s_2}{t_2}=\frac{a'_2+s'_2}{t_2}\cdot \frac{a_2}{a'_2}=\frac{w'_2}{u'_2}\cdot \frac{a_2}{a'_2}=\frac{w_2}{u_2} oder \frac{u'_2}{w'_2}=\frac{a_2\cdot u_2}{a'_2\cdot u'_2}=\frac{w_3}{w'_3} Fig. 5 und 6 können natürlich, wie Fig. 7 zeigt, in eine Figur vereinigt werden, ausserdem sind in Fig. 7 in den –·–·–·– punktierten Linien die Austrittsdreiecke mit den Schaufelstärken noch einmal ersichtlich. Es würde auch genügen, wenn man nur die Diagramme für die Kegelfläche A' – A' bestimmen würde und für die in dieselbe fallende Austrittskomponente die Austrittsevolvente konstruieren würde, doch ist es jedenfalls instruktiver, wenn man die Konstruktion für die Kegelfläche A – A, in welche die Wasserlinien fallen, durchführt, auch ist die Mehrarbeit, wenn man die Sache einmal durchgeführt hat, sehr gering. Die auf diese Weise von mir durchgeführten Schaufelklötze ergeben einen sehr schönen regelmässigen Verlauf.