Titel: Die elektrochemischen Industrien an den Niagara-Fällen, New York.
Fundstelle: Band 318, Jahrgang 1903, S. 507
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Die elektrochemischen Industrien an den Niagara-Fällen, New York. Die elektrochemischen Industrien an den Niagara-Fällen, New York. Von dem Präsidenten der American Electro-chemical Society, einer erst im Frühling vorigen Jahres gegründeten Gesellschaft, Dr. Joseph W. Richards, ist kürzlich in der zu Philadelphia erscheinenden Electrochemical Industry ein längerer, reich mit Abbildungen ausgestatteter Aufsatz über die elektrochemischen Anlagen an den Niagarafällen im Staate New York veröffentlicht worden, welchem die nachfolgenden Angaben entnommen sind. Die Niagarafälle dürfen sich mit Recht rühmen, die Heimat der amerikanischen elektrochemischen Industrie zu sein. Neben der gewaltigen Menge der hier zur Verfügung Gehenden Kraft, die sich halb so billig stellt, als die aus Kohle erzeugte, sogar wenn die Kohle selbst für nichts zu haben wäre, bieten die Fälle auch nach anderen Richtungen hin die günstigsten Bedingungen dar: die grossen Binnenseen, deren Küstenlinie 3600 (engl.) Meilen beträgt, bilden den billigsten Transportweg nach den grossen Handelsplätzen, von denen fast die halbe Bevölkerung Nordamerikas versorgt wird, wie auch für die Heranschaffung eines grossen Teiles der Rohstoffe; auf der Grenze zwischen zwei Ländern gelegen, von denen das eine Schutzzollpolitik, das andere der Hauptsache nach Freihandel treibt, hat der Fabrikant die freie Wahl, zu entscheiden, welche Politik für seinen besonderen Industriezweig mehr nutzbringend ist, ja, er mag es auch vorteilhaft finden, auf beiden Seiten der Grenze je eine Fabrik zu errichten, um beide Länder zu versorgen. Obwohl bereits im Jahre 1861 mit der industriellen Ausnutzung der Wasserkraft durch den Bau eines Kanals begonnen wurde, der im Jahre 1887 von der Niagara Falls Hydraulic Power & Manufacturing Co. angekauft wurde und von dem aus mehrere Werke gespeist wurden, so bedurfte es doch erst der in dem letzten Jahrzehnt erfolgten Entwicklung der elektrochemischen Industrie, um die Erweiterung der Kraftstationen zu veranlassen. In einem Umkreise von 2 (engl.) Meilen an den Fällen sind auf der amerikanischen Seite im Staate New York innerhalb des kurzen Zeitraums von 8 Jahren mehr denn ein Dutzend verschiedenartiger elektrochemischer Industrien begründet worden. Die hauptsächlichen Kraftgesellschaften auf der amerikanischen Seite sind die schon erwähnte Hydraulic Power & Mfg. Co. und die Niagara Falls Power Co. Die von der ersteren erzeugte Kraftmenge beträgt gegenwärtig 35000 PS; die Gesellschaft hat jedoch die Erlaubnis erhalten, ihren Kanal zu erweitern, Wodurch sich ihre Leistungsfähigkeit auf 100000 PS erhöhen Wird. Die letztere Gesellschaft erzeugt 60000 PS und von dieser ganzen Menge werden drei Vierteile, also 45000 PS, in elektrochemischen Werken verwertet. Der kanadische Zweig dieser Gesellschaft, die Canadian Niagara Falls Power Co. hat von der Canadian Park Commission das Recht erworben, gegen eine jährliche Abgabe von 25000 Dollars 250000 PS zu erzeugen; die gegenwärtig noch im Bau begriffene Station soll im Juli nächsten Jahres in Betrieb gesetzt werden. Der von der Hydraulic Power & Mfg. Co. für 1 PS f. d. Jahr berechnete Preis schwankt zwischen 8 Dollars für diesigen Werke, welche nur das Wasserrecht kaufen und ihre eigenen Maschinen aufstellen, und 20-25 Dollars für diejenigen, welche den Arbeitsstrom unmittelbar beziehen. Die Castner Electrolytic Alkali Co. Diese Gesellschaft, ursprünglich ein Zweig der Mathiesen Alkali Co. zu Providence in Rhode Island, ist gegenwärtig die amerikanische Vertreterin der Castner-Kellner Co. in England; ihr Präsident ist B. F. Thurston, ihr Betriebsleiter Max Mauran. Sie arbeitet nach den Patenten von H. Y. Castner (U. S. Patent 528322, 1804) und Mox Mauran (U. S. Patents 674927 und (674930-674934) betr. die Elektrolyse von Kochsalzlösung. Die ursprüngliche Castnersche Zelle besteht aus einem aus Schieferplatten hergestellten Kasten, 4 Fuss breit, 4 Fuss lang und 6 Zoll tief, dessen Kanten mit Gummizement auslegt sind. Durch zwei Längswandungen, dir bis auf 1/16 Zoll auf den Boden herabreichen, ist der Kasten in dreiAbteilungen von je 15 Zoll Breite und 4 Fuss Länge geteilt, die durch Quecksilber auf dem Boden gegeneinander abgeschlossen sind. Die beiden äusseren Abteilungen bilden die Anodenräume und enthalten je 12 aus graphitischer Kohle hergestellte, in die Seitenwände eingesetzte Elektroden von 1 Zoll Durchmesser und 15 Zoll Länge; sie sind mit dichtschliessenden Deckeln und Abzugsröhren aus Gummi versehen, welch letztere mit Bleiröhren verbunden sind und dem Chlor den Abzug gestatten. In der inneren Abteilung, dem Kathodenraume, sind 20 Eisenbleche aufgehängt; sie ist lose mit einem Eisenblechdeckel versehen, welcher den freiwerdenden Wasserstoff entweichen lässt. Die von Mauran an dieser Zelle angebrachten Verbesserungen bestehen darin dass die Eisenbleche in dem Kathodenraume durch einen eisernen Rost ersetzt sind, der aus 20 1 Zoll dicken und ½ Zoll von einander entfernten Eisenstreifen von der Länge der Zelle gebildet ist, die an den Enden mit einander und mit den Zellenwänden verbunden sind. Ferner sind an Stelle der in die Seitenwände eingesetzten graphitischen Kohlenstifte, welche wiederholt Entweichen der Gase verursachten und auch erheblichen Widerstand leisteten, Blöcke von der Form einer Eisenbahnschiene eingeführt worden, welche in die Deckel der Abteilungen eingekittet werden und deren breite untere, bis auf ½ Zoll zu dem Quecksilber hinabreichende Teile eine grosse Oberfläche darbieten; die oberen über den Deckel hinausragenden Enden sind durch zickzackige, stark paraffinierte Bleiverbindungen an einander angeschlossen. AufAnf diese Weise ist der für die Durchführung des Verfahrens erforderliche Strom um 20 v. H. erniedrigt worden. Die äusseren Räume enthalten die stetig umlaufende starke Lauge; das Rohmaterial wird aus den Steinsalzlagern zu Retsof im Staate New York bezogen, Reinigung der Lösung vor ihrem Gebrauche findet nicht statt. Der Kathodenraum enthält reines Wasser. Der elektrische Strom geht zunächst durch die Lauge, setzt an den Graphitanoden Chlor ab und ladet das Quecksilber mit Natrium, um darauf die Kathoden zu erreichen, unter Entwicklung von Wasserstoff und Bildung von Aetznatron. Da der Nutzungsgrad des Stromes in den äusseren Abteilungen nicht ganz 100 v. H., in den inneren dagegen 100 v. H. und mehr beträgt, so lässt man nur 90 v. H. des anfänglichen Stromes durch die Kathodenzelle gehen, um eine Oxydation des Quecksilbers, infolge von Mangel an vorhandenem Natrium, zu verhüten. Es ist dies eine der grössten Schwierigkeiten des ganzen Verfahrens, wie auch die Rentabilitätsfrage hier eine grosse Rolle spielt, da jede der Zellen etwa 100 Pfd. Quecksilber enthält, die mehr wert sind, als der ganze übrige Apparat. Die Aetznatronlösung wird in eisernen Pfannen von 10 Fuss Durchmesser und 6 Fuss Tiefe eingedampft. Die in der Lauge sich ansammelnden Schwefelsalze werden entfernt, indem man von Zeit zu Zeit einen Teil der Lösung ablässt und mit Bariumchlorid reinigt, um sie dann von neuem zirkulieren zu lassen. Da die Lösung während des Verfahrens stark mit Chlor geladen wird, so erfolgt das Pumpen mittels irdener Pumpen. Jede der Zellen erhält 630 Amp. und verbraucht 4,3 Volt. Da für die Zersetzung nur 2,3 Volt erforderlich sind, so werden also 53 v. H. der Stromstärke für die chemische Arbeit verwertet und 47 v. H. oder 1260 Watts in Wärme umgesetzt, wodurch die Temperatur in der Zelle nur uni einige Grade über die normale Temperatur erhöht wird. Bei sehr heissem Wetter kann dieselbe allerdings den kritischen Punkt, 40° C, erreichen und die Bildung von Chlorat zur Folge haben, indessen hat sich bisher noch kein Erfordernis künstlicher Abkühlung bei den angewendeten Stromdichten – 111 Amp. f. d. Quadratfuss bei dem Quecksilber und wahrscheinlich 150 Amp. bei den graphitischen Anoden herausgestellt. Die theoretische Berechnung der Materialmengen für die Zelle und PS für einen Arbeitstag von 24 Stunden, unter Annahme einer Effektivität von 90 v. H. stellt sich folgendermassen: f. d. Zelle f. d. PS Zersetztes Rohsalz   65,25 Pfd. 17,6 Pfd. Erzeugtes Aetznatron   44,62   „ 12,0   „       „        Chlorkalkenthaltend 36 v. H. Chlor 111,54   „ 30,1   „ Die im vergangenen Jahre erweiterten Anlagen besitzen eine Gesamtleistung von 6000 PS, der tägliche Verbrauch von Salz beläuft sich auf über 50 t und die Erzeugung auf 36 t Aetznatron und 90 t Chlorkalk. Die Analyse des Aetznatron zeigt einen Gehalt von 97-99 v. H. Aetznatron, 1-2 v. H. Carbonat (durch Berührung mit der Luft), 0,3 bis 0,8 v. H. Chlornatrium, 0,03-010 v. H. Natriumsulfat und 0,05-0,10 v. H. Natriumsilicat. Das Sulfat kommt zum grössten Teile aus dem zur Aufnahme des Aetznatrons gebrauchten Wasser, das Chlor durch Oeffnungen in den Laugenräumen und das Silicat ist eine Folge der Corrosion der Schieferwandungen. Die Acker Process Co. erzeugt Aetznatron und Chlorkalk durch Elektrolyse von Kochsalz. Das von Chas. E. Acker und A. E. Acker ausgearbeitete Verfahren ist durch U. S. Patente 649565 (vom 15. Mai 1900), 674691 (vom 21. Mai 1901) und 687709 (vom 3. Dezember 1901) geschützt. Eine ausführliche, von C. E. Acker abgefasste Beschreibung desselben findet sich gleichfalls in den Transactions of the American Electrochemical Society, vol. I, 1902. Das Verfahren besteht darin, dass geschmolzenes Kochsalz über geschmolzenem Blei elektrolysiert wird, wobei das Blei als Kathode dient. Während das freiwerdende Chlor durch Abzugsröhren entweicht, verbindet sich das Natrium mit dem Blei zu einer Blei-Natriumlegierung, die mittels Dampf in einer besonderen Abteilung des Apparates zersetzt wird, wobei sich flüssiges Aetznatron und freier Wasserstoff bildet; ersteres wird abgezogen, während letzterer alsbald verbrennt. Der Apparat besteht in einem schweren gusseisernen Gefässe von 5 Fuss Länge und 2 Fuss Breite mit einem inneren Hohlraume von 12 Zoll Tiefe. An einem Ende desselben ist durch eine Wandung, welche in das am Boden befindliche Blei hinabreicht, ein kleiner Raum abgeteilt. Ueber dem Blei befindet sich das Chlornatriumbad in einer Hohe von ungefähr 6 Zoll, als Rohmaterial dient ungereinigtes im Staate New York gefördertes Salz. Die Anoden bestehen in vier graphitischen Kohlenblöcken von 3 Zoll Dicke, deren untere Oberfläche 14 × 7 ½ Zoll beträgt, und die sich der Bleikathode bis auf ¾ Zoll nähern: sie werden von je zwei runden fünfzölligen graphitischen Kohlenstäben, welche oben in Chamotteziegeln befestigt sind, festgehalten. Durch ein am Boden des abgeteilten Raumes angebrachtes Rohr, welches unterhalb des Bleispiegels mündet, wird der Dampf zugeführt, welcher das Natrium zu Aetznatron oxydiert. Dabei sinkt das Blei zu Boden und das Aetznatron fliesst aus dem Ofen ab. während der frei werdende Wasserstoff durch ein Ventil entweicht, verbrennt und durch eine sechszöllige eiserne Röhre in einen Schornstein gelangt. Das sich entwickelnde Chlorgas wird mit Hilfe eines kräftigen Luftfächers von 15 Fuss Durchmesser, mittels in den Seiten-Wandungen angebrachter Abzugsröhren, durch 30 Hassenclever Absorptionsapparate geleitet und hier durch gelöschten Kalk zu Chlorkalk umgewandelt. In dem Ofenraum befinden sich im Ganzen 54 Oefen in 4 Reihen, von denen 40–45 jeweilig in Tätigkeit sind, während die anderen instandgesetzt werden. Die zur Verwendung kommende Kraft von 3000 PS erreicht die Fabrik in finem direkten Strom von 8200 Amp. mit einer Stärke von 275 Volt, so dass auf den einzelnen Ofen 6-7 Volt kommen. Die Stromausbeute wird auf 93 v. H. berechnet. Die Erzeugung von Aetznatron wird auf 25 Pfund f. d. Stunde und Ofen, die gesamte tägliche Erzeugung auf 23000 Pfund angegeben. Der Ertrag an Chlor stellt sich f. d. Tag auf 21000 Pfund, woraus durch Zugabe von 36000 Pfund Kalk 57000 Pfund Chlorkalk erzielt werden. Die Gestehungskosten für das Aetznatron werden auf etwa 30 Doll, für 1 t berechnet, wovon 4,50 Doll. auf das Rohmaterial (Salz, zum Preise von 3 Doll. für 1 t angenommen), 11 Doll. auf die Kraft (bei 15 Doll. f. d. PS und Jahr),0,50 Doll. auf Dampf und Neuschmelzen und 14 Doll. auf Arbeitslöhne und Reparaturen entfallen. Durch den aus dem Chlorkalk erzielten Nutzen verringern sich indessen die Kosten erheblich und zwar durch jeden aus dem Verkauf von Chlorkalk gewonnenen Dollar um 2,50 Doll, für 1 t. Die National Electrolytic Co. erzeugt Kaliumchlorat durch Elektrolyse von Chlorkalium nach dem Verfahren von W. T. Gibbs (U. S. Patente 665420 und 665427, 8. Januar 1901, betr. die Erzeugung von Chlorsalzen und U. S. Patent 665679, vom selben Datum, betr. einen elektrolytischen Apparat). Die Zellen bestehen aus rechtwinkligen hölzernen Rahmen von 18 × 26 Fuss lichter Weite, die mit Bleiplatten abwechseln und von einem gemeinsamen Rahmen ähnlich einer Filterpresse zusammengehalten werden. Zwischen Rahmen und Platten befinden sich ¼ zöllige Gummipackungen. Die Anoden bestehen in Platinfolie, die über den Platten angebracht ist. Als Kathoden benutzte man ursprünglich Drahtgaze, die mit Kupferoxyd überzogen war, in der Erwartung, dass der freigesetzte Wasserstoff diese Oxyde reduzieren, die Elektroden dadurch depolarisieren und der für die Zelle erforderliche Strom verringert werden würde. Da sich indessen in der praktischen Ausführung diese Kathoden nicht bewährten, sind sie durch blosses Kupfer ersetzt worden. Die beiden Elektroden sind nur 1/64 Zoll von einander entfernt und durch feine Isolierdrähte von einander getrennt. Der Zwischenraum zwischen je zwei Elektrodenpaaren beträgt 2 Zoll und reicht aus, um eine genügende Menge des Elektrolyten aufzunehmen. Die Chlorkaliumlösung, von der alle 30 Minuten ungefähr 1 Kubikfuss durch die Zelle geht, hat bei ihrem Eintritt in dieselbe eine Temperatur von 20° C.; unter Anwendung einer hohen Stromdichte und unter zweckmässiger Regulierung des ununterbrochenen zuströmenden Elektrolyten wird die Zelle beständig über 40° C, durchschnittlich auf 70° C. gehalten. Beim Austreten aus der Zelle enthält die Lösung reichliche Mengen von Chlorat, das beim Abkühlen- auskrystallisiert. Die Gesellschaft arbeitet mit 2000 PS. Die Stärke des nacheinander durch die Zellen gehenden Stromes betragt 1650 Amp., so dass sich die Stromdichte an der Anode auf 500 Amp. f. d. Quadratfuss stellt. Da die Umsetzung des Chlorids in Chlorat 1,4 V. erfordert, so wird ⅓ der Stromenergie für die chemische Arbeit verbraucht, während die anderen ⅔ sich in Wärme umsetzen, die theoretisch genügen würde, um die Temperatur in der Zelle um 5° C i. d. Minute zu erhöhen, würde sie nicht durch den beständig zuströmenden kühlen Elektrolyten niedergehalten. Nach einem von Kershaw in dem London Electrician veröffentlichten Bericht hat eine derartige Zelle, für welche Gibbs und Franchot im Jahre 1893 ein Patent erhalten haben, während eines im Jahre 1895 angeführten zweimonatlichen Versuches 4386 Pfd. Chlorat f. d. PS und Tag geliefert, was einem Nutzungsgrad von 67 v. H. entspricht. Die Erzeugung von Kaliumchlorat ist einer der ältesten elektrochemischen Industriezweige; das Werk der National Electrolytic Co. darf sich indessen rühmen, sowohl in bezug auf die Anlagen, wie auf den Betrieb von keinem gleichartigen übertroffen zu werden. Die Niagara Electrochemical Co. Die im Jahre 1895 mit einem Kapital von 100000 Dollars gegründete Gesellschaft erzeugt in ihrem Etablissement zu Niagara Falls metallisches Natrium und Natriumperoxyd, und in ihrer Fabrik zu Perth Amboy in New Jersey Natriumcyanid. Die Hauptaktionäre sind die Aluminum Co, Ltd. zu Oldbury, England, die Deutsche Gold- und Silber-Scheide-Anstalt vorm. Rössler zu Frankfurt a. M. und die Rössler Hasslacher Chemical Co., 100 William Street. New-York. Ihr Präsident ist Franz Rössler, ihr Sekretär und General-Betriebsleiter J. Hasslacher und ihr Chemiker und Betriebsleiter der Niagara-Fabrik Geo. F. Brindley. Die Gesellschaft arbeitet nach den Castnerschen Patenten betr. die Erzeugung von metallischem Natrium (U. S. P. 452030, 12. Mai 1891), von Natriumperoxyd (U. S. Patent 494757, 4. April 1893), von Cyaniden (U. S. Patents 541066, 18. Juni 1895; 543643, 30. Juli 1895 und 575837, 2. März 1897). Nur das durch das erstgenannte Patent geschützte Verfahren ist ein elektrochemisches und ist hier von Interesse. Die Hauptschwierigkeit, chemisch reines Natrium durch Elektrolyse von Aetznatron zu gewinnen, besteht darin, dass bei der hohen Schmelzhitze des letzteren (308° C. in reinem Zustande) die Gefahr vorliegt, dass sich das Natrium wiederum in diesem unter Bildung von Natriumoxyd löst. Nach dem Castnerschen Verfahren ist daher die Temperatur des Elektrolyten stets nur wenig über diesen Schmelzpunkt zu erhöhen. Hält man sie nur 5° darüber, so beträgt die Ausbeute 90 v. H., das beste in der Praxis zu erzielende Ergebnis. Ueber 325° darf die Temperatur nie steigen, soll das Bad nicht „tot“ liegen bleiben. Sobald der elektrische Strom den Elektrolyten passiert, wird zunächst das darin enthaltene Wasser zersetzt, bis jede Spur aus demselben verschwunden ist. Darauf erfolgt die Entwicklung von Natrium und Wasserstoff an der Kathode und von Sauerstoff an der Anode. Um nun zu verhüten, dass der Sauerstoff sich aufs Neue mit dem leicht oxydierbaren Natrium, sowie auch mit dem Wasserstoff verbindet, umgibt Castner die Kathode mit einem Gazeschirm, dessen Maschen zwar weit genug sind, um dem Elektrolyten den freien Umlauf zu gestatten, indessen zu klein sind, um die Natriumkügelchen oder die Sauerstoff- und Wasserstoffbläschen durchzulassen. Der Apparat besteht in einem nach unten konisch zurufenden eisernen Kessel, der 18 Zoll Durchmesser und 2 Fuss Tiefe hat und in Ziegelwerk eingesetzt ist. Am unteren Ende läuft der Kessel in eine 12 Zoll lange Röhre aus. In dieser ist die Kathode, ein Kohlestab, befestigt, die etwa bis in die Mitte des Kessels reicht und an dem oberen Ende einen Durchmesser von 4 Zoll hat. Der obere Teil der Kathode ist von einem 6 zölligen Eisen- oder besser Nickelzylinder der Anode umgeben, und zwischen dieser und der Kathode befindet sich ein 5 zölliger aus Nickelgaze hergestellter Zylinder, welcher die Fortsetzung eines festen 5 zölligen Nickelzylinders bildet. Letzterer reicht nicht vollständig bis zu der Oberfläche des Elektrolyten und ist oben mit einem eisernen Deckel versehen, in welchem kleine Oeffnungen dem Wasserstoff das Entweichen gestatten. Der Kessel enthält 250 Pfd. geschmolzenes Aetznatron. Der elektrische Strom hat eine Stärke von 1200 Amp. bezw. 5 V., die Stromdichte beträgt hiernach ungefähr 2000 Amp. für den Quadratfuss bei den Kathoden und 1500 Amp. bei den Anoden. Die ganze Fabrik hat 4 Reihen von je 30 Kesseln in Betrieb, sie gebraucht 1000 PS und erzeugt, unter Annahme einer Stromausbeute von 90 v. H., täglich 52 Pfd. metallisches Natrium f. d. Kessel oder im Ganzen 6250 Pfd. Das macht etwas weniger als 4 PS f. d. Stande für 1 Pfd. Natrium, die Kosten belaufen sich hierfür auf nur ½ Cent. Rechnen wir die Kosten für das verbrauchte Aetznatron zu 2 Cents für 1 Pfd. oder zu 4 Cents für 1 Pfd. daraus gewonnenen Natriums, für Arbeitslohn 3 Cents und für Abnutzung, Neuschmelzen und Verpacken 2 ½ Cents, so übersteigen die Erzeugungskosten nicht 10 Cents für 1 Pfd. Der Marktpreis für Natrium betrügt 35 Cents für 1 Pfund. Der grössere Teil des Erzeugnisses wird auf Natriumsuperoxyd verarbeitet, indem man bei einer bestimmten Temperatur in eisernen Röhren Luft durch das Natrium gehen lässt. Der so erhaltene Artikel enthält 95–97 v. H. Superoxyd und 3-5 v. H. Carbonat und Feuchtigkeit und wird in Tonnenlieferungen mit 35 Cents für 1 Pfd. bezahlt. Aus der Tatsache, dass die Niagara Electrochemical Co. im vergangenen Jahre ihre Leistung verdoppelt hat, scheint hervorzugehen, dass sie auch das Problem, einen Markt für ihr Produkt zu finden, gelöst hat. Die United Barium Co. hat, ebenfalls von der Ampère Electrochemical Co., das Verfahren erworben, Bariumsulfat mit Hilfe des elektrischen Stromes in andere Bariumsalze zu verwandeln. Präsident dieser Gesellschaft ist G. S. Ettla, Betriebsleiter T. L. Wells. Das von C. S. Bradley und C. B. Jacobs ausgearbeitete Erfahren (geschützt durch U. S. Patent 624041, 1899; rasches Patent 111867, 16. Dezember 1898) besteht darin, in einem elektrischen Lichtbogenofen (arc furnace) Bariumsulfat mit Kohle zu reduzieren; die verwandte Kohlemengeentspricht gewöhnlich nur 1/19 des Gewichtes von Bariumsulfat. Es ergeben sich dabei nachstehende Reaktionen: BaSO4 + 4C = BaS + 4CO 3 BaSO4 + BaS = 4 BaO + 4 SO2 ––––––––––––––––––––––––––––– BaSO4 + C = BaO + SO2 + CO Die Reaktion ist indessen nicht vollständig, in der Regel werden nur ungefähr ⅔ des Sulfates zu Oxyd, fast ⅓ bleibt als Sulfid zurück und 1 bis 3 v. H. bleibt unverändert. Der Ofen ist mit Kohleblöcken ausgelegt. Die geschmolzene Charge wird von Zeit zu Zeit abgestochen und der Ofen neu aufgefüllt. Durch eine geeignete Kühlvorrichtung ist der Arbeiter in den Stand gesetzt, seinen Platz in dichter Nähe des Ofens zu haben. Die Zugabe von neuer Charge muss jedoch allmählich geschehen, da die auch bei der Reaktion entwickelten Gasmengen sehr bedeutend sind und, falls das Schmelzen zu schnell erfolgt, heftiges Kochen verursachen. Gegenwärtig ist man mit Versuchen beschäftigt, um das sich entwickelnde Schwefeldioxydgas aufzufangen und Schwefelsäure daraus herzustellen: 1 t von verschmolzenem Sulfat liefert genügend Gas zur Erzeugung von ½ t 50 hundertteiliger Säure. Die abgestochene Schmelze lässt man zu Blöcken von 3 × 4 Fuss × 3 Zoll erkalten, die darauf aufgebrochen und mit heissem Wasser ausgelassen werden. Beim Abkühlen krystallisieren etwa 60 v. H. Bariumhydrat aus, Ba(OH)2 + 8 H2O, während in der Mutterlauge etwa 20 v. H. Bariumsulfid und 20 v. H. Bariumsulfidhydrat zurückbleiben. Die Krystalle werden mittels einer Centrifuge ausgeschieden, getrocknet und zum Preise von 3 Cents für 1 Pfd. verkauft. Versuche, das in der Mutterlauge zurückgebliebene Barium in Form von Carbonat, sowie auch den Schwefel zu verwerten, sind zurzeit noch nicht abgeschlossen. Das Rohmaterial, 90 hundertteiliges Baryt, wurde bisher aus Missouri bezogen, es kostet am Erzeugungsort 2 Doll. 50 Cts. für 1 t, doch erhöhen die Frachtgebühren den Preis loco Niagara Falls auf 6 Doll. für 1 t. Neuerdings hat die Gesellschaft an der nördlichen Küste des Lake Superior eine bedeutende Ablagerung von Baryt in der Nähe des Silver Island erworben. Die aus reinem weissen Baryt bestehende Ader hat eine Mächtigkeit von 77 Fuss, ist 600 Fuss weit am Lande verfolgt worden und 30 Fuss weit unter dem Wasser bemerkbar; die sichtbare Menge ist nach vorsichtiger Schätzung auf etwa 250000 t angegeben. Die Kosten werden sich natürlich fortan erheblich niedriger stellen, da das Mineral von der Mine bis an das Dock der Gesellschaft mit dem Schiff gebracht werden kann. Das Produkt findet in der Industrie mannigfaltige Verwendung. Das Bariumhydrat wird zur Herstellung von weisser Farbe, in der Zuckerfabrikation (unter Erzeugung von unlöslichem Bariumsaccharat) und zum Reinigen von Wasser für Dampfkessel verwertet. Die Mutterlauge dient zum Entfernen der Haare von Häuten (eine 2 ½ hundertteilige Lösung genügt, um innerhalb 3 ½ Stunden alle Haare zu entfernen, ohne dem Leder irgendwelchen Schaden zuzufügen); ferner zur Herstellung des neuen Farbstoffes Lithopone, einer Verbindung von Zinksulfat und Bariumsulfid; auch lässt sie sich in Bariumcarbonat umsetzen und als solches in der Cyanidindustrie und zur Herstellung von Ziegeln verwerten. In letzterer Hinsicht soll es insbesondere, in geringen Mengen mit Ton vermischt, angeblich rote Ziegel verhindern, weiss zu werden, und weisse Ziegel, grün zu i werden. Die gegenwärtige Erzeugung des Werkes stellt sich auf 12 t Bariumhydrat Ba(OH)2 + 8 H2O für den Tag, doch ist man gegenwärtig mit der Ausführung von Erweiterungen beschäftigt, welche die tägliche Leistung auf 60 t bringen werden. Zurzeit sind 3 Oefen von je 400 PS, 2500 Ampère bezw. 120 V. in Betrieb. Nehmen wir an, dass 60 v. H. des Sulfates zu Oxyd umgewandelt wird, so i betraut die Stromausnutzung 74 v. H. Die Oldbury Chemical Co., eine Zweiggesellschaft von Albright & Wilson in Oldbury, England, gebraucht 1000 PS zwecks Herstellung von gelbem Phosphor und Kaliumchlorat. Das Werk nimmt ein Areal von 3 ½ Acres ein und beschäftigt 60 Arbeiter; der Betriebsleiter ist Hugh H. Irvine die Vertreter in New York sind J. L. & D. S. Ricker, Cedar Street. Die monatliche Produktion wird auf 30000 Pfg. Kaliumchlorat und die gleiche Menge Phosphor angegeben. Zur Erzeugung von Phosphor wird nach dem Readman –Parkerschen Verfahren gearbeitet, indem natürliches Phosphat, innig mit Kohle und Sand vermischt, in einem retortenähnlichen Ofen durch den zwischen zwei Kohlepolen gehenden elektrischen Strom erhitzt wird, wobei der Phosphor ausdestilliert, um unter Wasser kondensiert zu werden, während Calciumsilicatschlacke von Zeit zu Zeit abgelassen wird. Nach einem in Mineral Industry, Bd. VII, veröffentlichten Aufsatze werden 80-90 v. H. des in dem Rohmaterial enthaltenenPhosphors erzielt, und zwar nur 150 Pfd. für den Tag und Ofen. Um die oben angegebene monatliche Produktion zu erreichen, würden hiernach 6 Oefen erforderlich sein von je 50 PS. Eine von Irvine erfundene Verbesserung (geschützt durch U. S.-Patent 681367) besteht darin, den elektrischen Strom in dem Ofen durch einen aus feiner Kohle gebildeten Kern zu leiten, um welch letzteren die Charge aufgehäuft wird. Sobald diese schmilzt, steigt die Kohle an die Oberfläche und der Strom geht nunmehr durch die Schlacke, die sodann zum Schmelzen frischer Charge dient. (Schluss folgt.)