Titel: Aluminothermie.
Autor: Hans Goldschmidt
Fundstelle: Band 318, Jahrgang 1903, S. 738
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Aluminothermie. Von Dr. Hans Goldschmidt, Essen-Ruhr. Aluminothermie. Vor mehr als drei Jahren erschien in dieser Zeitschrift ein Aufsatz über das Goldschmidtsche aluminothermische Verfahren, das kurz zuvor begonnen hatte sich einen Weg in die Praxis zu bahnen. Eine grosse Reihe industrieller Werke aller Art hat sich seitdem diesem Verfahren zugewandt und bedient sich seiner regelmässig mit anerkannt gutem Erfolge. Nicht zum wenigsten durch den ständig noch zunehmenden praktischen Gebrauch ist es gelungen die schon früher erwähnten Arbeitsmethoden weiter zu vereinfachen und zu verbessern, ausserdem ist aber eine beträchtliche Zahl neuer Anwendungsarten dem Verfahren hinzugekommen. Ueber Neuerungen und den derzeitigen Stand der Aluminothermie sei nachstehend ausführlich berichtet. Ursprünglich war die aluminothermische Reaktion nur das Mittel zur Darstellung reiner, schwer schmelzbarer Metalle, das Verfahren für Abscheidung von Chrom. Mangan, Ferrotitan, Ferrobor usw. Den Fernerstehenden mag es vielleicht befremden, dass eine so einfache Reaktion, wie die aluminothermische noch eine besondere praktische und sogar langwierige Durcharbeitung erfordert hat! Ein so einfach zusammengesetztes Gemisch, das an einer Stelle entzündet, von selbst weiter brennt, kann, so sollte man auf den ersten Blick meinen, unmöglich schwierig herzustellen sein! Und doch erfordert die gleichmässige mit hohen Ausbeuten verbundene Reindarstellung eines jeden Metalles mit Hilfe der Aluminothermie stets eine nicht zu unterschätzende Arbeit, die bei näherer Ueberlegung der bei dieser Reaktion sich abspielenden Vorgänge allerdings leicht Erklärung findet. In diesem Hinblick bereitete es dem Verfasser eine besondere Genugtuung von Herrn Professor Moissan, der vor einigen Jahren Gelegenheit hatte die Darstellung von kohlefreiem Chrom und Mangan in etwas grösserem Masstabe zu sehen, als erstes die Frage vorgelegt zu erhalten, wie viel Jahre Arbeit nötig gewesen seien, um die Reaktion zu einer so einfachen und glatten auszugestalten. Alle Thermitmischungen bestehen bekanntlich aus etwa äquivalenten Gemengen eines Metalloxydes mit Aluminium, und das kurz als „Thermit“ bezeichnete Gemisch ist in der Hauptsache ein Eisenoxyd-Aluminium-Gemenge, wovon sich jeder, dem daran liegt, es selbst herzustellen, durch Nachprüfung leicht überzeugen kann. Vergleiche mit anderen reagierenden Präparaten, die ebenfalls exothermische Reaktionen zeigen, wenn auch von ganz anderem Effekt, liegen hier nahe. Schiesspulver und Dynamit sind beispielsweise auch sehr einfach zusammengesetzt und in gewisser Hinsicht einfach herzustellen. Wie manches nihilistische Verbrechen gründet sich gerade auf die leichte Selbstdarstellung von Dynamit. Aber solche von Laien dargestellte Präparate explodieren wohl, doch einen regelmassigen sicheren Effekt, wie man ihn von der Technik verlangt, gewährleisten sie bekanntlich nicht! Denn gerade die technische Bereitung des Dynamits ist eine sehr subtile! Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse beim Schiesspulver.Als Knabe hat man wohl versucht „Pulver zu fabrizieren“ als man die Bestandteile Salpeter, Schwefel und Kohle zusammenfügte und tatsächlich ein brennbares Gemisch erhielt. Aber einen den modernen Anforderungen entsprechenden explosiven Wert besitzt solches Pulver natürlich keineswegs. Bei allen diesen Gemengen kommt es bekanntlich vorwiegend auf die physikalische Natur und Verteilung der Stoffe an und dementsprechend können selbst bei gleicher oder fast gleicher chemischer Zusammensetzung durchaus verschiedene Effekte hervorgerufen werden. Es mag hierbei nur an die verschiedenen Körnungen des Schiesspulvers erinnert werden. Das Haupterfordernis, das gestellt werden muss, ist die Gleichmässigkeit des Produktes, und so hat denn auch die Herstellung eines technisch verwendbaren Thermits mancherlei Arbeit gekostet. Besonders waren es physikalische Einzelheiten, die zu studieren waren und in der Fabrikation ständig beobachtet werden wollten, und naturgemäss auch mancherlei Spezialmaschinen sowie besondere Einrichtungen erforderlich machten. Solche Einzelheiten lassen sich zumeist weder in Form von Rezepten noch kurzen Beschreibungen wiedergeben, auch können sie ein allgemeines Interesse nicht beanspruchen, da es sich stets um Fabrikationseinzelheiten handelt. Ausser den bisher dargestellten Reinmetallen und Legierungen ist es neuerdings gelungen, auch reines, geschmolzenes Molybdän abzuscheiden; dies ist ein stahlgraues Metall mit dichtem Gefüge; als Hauptverunreinigung enthält es etwa 1-2 v. H. Eisen, neben sehr geringen Mengen von Silicium, es hat also einen Reingehalt von 98-99 v. H. Das Molybdän wurde bisher als solches nur. pulverförmig durch Reduktion der Säure mit Kohle (ebenso wie Wolfram) gewonnen und hat für die Herstellung einiger Spezialstähle Verwendung gefunden. Der Verfasser stellt jetzt auch eine hochprozentige Wolframlegierung dar, vom spez. Gewicht 14,5, die sich ziemlich leicht bearbeiten lässt und sehr fest ist. Da neuerdings metallisches, geschmolzenes Silicium mit einem Reingehalt von 98 v. H. billig angeboten wird, so lag es nahe, das Aluminium etwa ganz oder teilweise durch Silicium zu ersetzen. Sowohl die hohe Verbrennungswärme des Siliciums als auch die Möglichkeit bei gleichzeitiger Verwendung von Silicium und Aluminium leichter flüssige Silikatschlacken zu erhalten, musste zu diesem Versuche ermutigen; das Ergebnis war wider Erwarten ein negatives. So sind beispielsweise äquivalente Gemische von Eisenoxyd mit Silicium oder Nickeloxyd mit Silicium nicht wie das Thermit zur Entzündung zu bringen. Noch eigenartiger aber verhalten sich Gemische von Silicium und Aluminium mit Eisenoxyd. Schon 10 v. H. Zusatz einer äquivalenten Silicium-Eisenoxyd-Mischung zu gewöhnlichem Thermit wirken so verzögernd auf dessen Reaktionsverlauf, dass dieses Thermit für Schweisszwecke unbrauchbar wird. Die durch die Verbrennungswärme des Aluminiums mit dem Sauerstoff erzeugte Temperatur bringt zwar auch das Silicium zur Reaktion: Die Geschwindigkeit aber, mit der das Silicium sich, mit dem in dem Gemisch vorhandenen Sauerstoff verbindet, ist erheblich geringer als die Bildung von Al2 O3. Die Schlacke ist zwar eine etwas leichter flüssige, aber durch die verlangsamte Reaktion und den damit Hand in Hand gehenden Wärmeverlust ist mehr verloren als gewonnen. Will man durch höhere Zusätze von Silicium die Bildung von Si O2 begünstigen, so verläuft der Vorgang ähnlich; bei etwa 50 v. H. Zusatz versagt die Reaktion sogar ganz, bezw. es entsteht dann eine Art Sinterkörper. Durch Erwärmung von aussen kann, wenn auch nur unwesentlich, etwas nachgeholfen werden; ein praktischer Erfolg ist aber damit nicht verknüpft. Textabbildung Bd. 318, S. 738 Fig. 1a.Schienenschweissung auf der Strecke in Dresden. Textabbildung Bd. 318, S. 738 Fig. 1b.Schienenschweissung auf der Strecke in Graz. Dass eine Erwärmung von aussen bei den glatt verlaufenden aluminothermischen Reaktionen ein Unding ist, erhellt ohne weiteres, weil eine nennenswerte äussere Wärmezufuhr bei der in den wenigen Sekunden selbst entstehenden Wärmemenge auch mit Hilfe elektrischer Energie kaum möglich ist. Es mag auch hier auf die Berechnung über die Energiedichte des Thermits hingewiesen werden, (vergl. Zeitschrift für angewandte Chemie, 1902, Heft 28), welche die Nutzlosigkeit äusserer Wärmezufuhr zahlenmässig dartut. Auch ein besonderes Vorwärmen des zur Reaktion zu bringenden Gemisches, an das man wohl denken könnte, hat keinen Zweck, da dem in Reaktion befindlichen Gemisch stets neue Gemengteile zugegeben werden können, sodass die Glut bedeckt ist. Schon dadurch wird erforderlichen Falles nicht nur eine völlige Trocknung, sondern auch eine starke Vorwärmung des Gemenges erzielt werden, bevores zur Reaktion kommt, ohne dass ein beschleunigter Reaktionsverlauf des so vorgewärmten Gemenges zu konstatieren wäre. Das grosse Gebiet der Schweissverfahren mit Hilfe von Thermit, das derzeitig bedeutsamste der ganzen Aluminothermie, hat sich in bezug auf Ausarbeitung und Anwendung der Methoden in letzter Zeit sehr bedeutend erweitert. Ganz besonders hat die Verschweissung von Trambahnschienen zugenommen und bei den vielen Untersuchungen, die besonders englischerseits sehr eingehend vorgenommen worden sind, ist das System wiederholt als derzeitig bestes und billigstes anerkannt und eingeführt worden. So hat die Stadt Leeds vor Jahresfrist in England eine eigene Kommission zur Prüfung eingesetzt und ist zu dem erwähnten Ergebnis gekommen. Dieselbe hat nicht nur durch Festigkeitsproben die Güte der Schweissung, sondern auch durch Besichtigung mehrerer Strecken, die in Deutschland etwa drei Jahre lagen (Dresden, Berlin, Braunschweig) festgestellt, dass die Schweissungen, von der Schiene selbst nicht zu unterscheiden waren (Fig. 1a u. 1b). Es sind in Leeds jetzt mehrere englische Meilen bereits verschweisst; eine grosse Reihe anderer Städte wie Glasgow, Nottingham usw. sind gefolgt. Musste bislang das Schienenschweissverfahren durch Anwendung auf kleineren Probestrecken erst seine Brauchbarkeit dartun, so ist nach fast vierjähriger Prüfung jetzt seine allgemeine Verwendbarkeit erwiesen, sodass manche Verwaltungen sich seiner als ausschliesslichen Schienenverbindungsmittels bedienen. So werden seitens einer grossen englischen Gesellschaft Trambahn strecken in Singapore in einer Länge von etwa 40 Kilometern zur Zeit aluminothermisch verschweisst. Textabbildung Bd. 318, S. 738 Fig. 2. Komplete Apparatur für Schienenschweissungen. Die einfache Ausführung, das Fehlen jeder grösseren Apparatur, die hier nur in einem Schienenklemmapparat, einem Tiegel mit 15-20 Pfund Thermit besteht und schliesslich einer kleinen Form, die um die Stosstelle herumgelegt wird, ist das Charakteristische des ganzen Verfahrens (Fig. 2). Erfahrungsgemäss geht das Ver-schweissen schneller von statten als das Anlegen von Laschen mit Kupferverbinder, der bei der Verschweissung natürlich fortfällt. Um sich ein genaues Bild machen zu können von der Art dieser Schienenschweissungen, sei hier eine Beschreibung eingefügt: Für jedes Schienenprofil wird ein besonderes Modell angefertigt, das zur Herstellung der Form dient, die um den zu verschweissenden Schienenstoss anzulegen ist. Durch eine sehr grosse Zahl von Experimenten ist festgestellt worden, wie weit die kleinen Kanäle in der Form sein müssen, deren eine Wand die Schiene selbst, deren andere die Formmasse bildet; die Dimensionen dieser Kanäle schwanken je nach der Stärke des Profils, je nachdem das feuerflüssige Thermit den schmalen Fuss und Steg oder den stärkeren Kopf der Schiene umspült, schliesslich je nachdem Thermiteisen oder Schlacke (der Corund) die Form füllt, etwa zwischen 10-30 mm Dicke und 30-100 mm Länge (Fig. 3). Fuss und Steg der Schienenenden werden von dem den Tiegel zuerst verlassenden Thermiteisen umspült und verschmelzen mit diesem; dies geschieht zweckmässig in engeren Kanälen, während die feuerflüssige Schlacke den Schienenkopf umfliesst und diesen auf Schweisstemperatur erwärmt. Das ganze Schienenprofil wird dadurch gleichmässig auf Schweisshitze erwärmt, sodass ein Verbiegen der Schienenenden nicht eintreten kann. Werden schliesslich wenige Minuten nach erfolgtem Einlauf der Reaktionsmasse in die Form mit Hilfe der Schraubenspindeln des Klemmapparates die Schienenenden um etwa 10 mm angezogen, so tritt eine völlig gleichmässige Verschweissung ein. Die Schweisstelle ist sogar durch die angeschweisste Fusslasche aus schmiedbarem Thermiteisen gegen die Schiene selbst verstärkt (Fig. 4). Die kleine Stauchung, die sich am Kopf der Schiene zeigt, ist mit der Hand abzufeilen, oder mit einem Schmirgelapparat zu entfernen, um so die Schweissstelle unsichtbar und beim Hinüberrollen des Wagens dauernd völlig unmerkbar zu machen. Textabbildung Bd. 318, S. 739 Fig. 3. Modell, Formkasten und fertige Form für die Goldschmidtsche Schienenschweissung a) Modell (L) für die Leitschienenseite mit aufgelegtem Formkasten b) Hilfsverschlussblech für die Form, während des Ausstampfens mit Klebsand, c) Modell (F) für die Fahrschienenseite, d) Fertige Formhälfte für die Leitschienenseite, e) Formkastenhälfte (F) für die Fahrschienenseite. f) Fertige Formhälfte für die Fahrschienenseite. Die Form ist mit Hilfe des Modells, das zumeist, damit es handlich ist, in Aluminium abgegossen wird, nach jedem Former bekannten Handgriffen herzustellen. Da in vorliegendem Falle es auf einen „Kunstguss“ gar nicht ankommt, so kann das Abformen von jugendlichen Arbeitern gemacht werden. Als Formmasse ist jede zu benutzen, die für Stahlguss verwendet wird: es eignet sich dazu also ein Gemisch von 80 Teilen Sand mit 20 Teilen weissem Ton (china clay), auch Lehm mit Sand zu etwa gleichen Teilen. Das Trocknen dieser Formmasse ist in etwa 4 Stunden bewirkt und zwar bei einer Temperatur von etwa 3-400° C. Zweckmässig wird diese Formmasse in einen Blechkasten eingestampft, welcher um das Aluminiummodell gesetzt wird. Dieser Kasten dient für eine sehr grosse Anzahl von Schweissungen; die Form, die nach Anlegen an die Schienenenden mit Lehm oder dergl. abgedichtet wird, kostet nur etwa 50 Pfg. Der Schienenstoss ist vor der Schweissung mit einer Lötlampe, einer Hand voll Holz oder dergl. handwarm zu machen, am Schmutz und Rost leichter entfernen zu können, was mit Hilfe einer Drahtbürste bewerkstelligt wird. Ein Abblasen mit Sand findet nicht statt, da es sich als unnötig herausgestellt hat. Nur ein Blankfeilen der aneinanderstossenden Profile selbst hat stattzufinden. Man ersieht daraus, dass also auch alie Vorarbeiten gering sind und wenig Zeit erfordern. Die Verschweissungen werden stets von den betreffenden Gesellschaften selbst ausgeführt, die auch das Verlegen der Schienen besorgen, da das Verschweissen von jedem Streckenarbeiter durch Vornahme einiger Schweissungen erlernt Werden kann. Der wesentlichste Punkt bei dem Schweissverfahren ist das genaue vorherige Ausrichten der Schienen, damit keine Fehler eingeschweisst werden. Es hat dieser Punkt natürlich nichts mit dem Schweissen selbst zu tun. Dass eine gewisse Sorgfalt bei der Eigenart des ganzen Vefahrens zu beobachten ist, dürfte als selbstverständlich gelten. Dass diese aber leicht einzuhalten, beweist der Umstand,dass eine ganze Reihe von Verwaltungen sich schnell mit dem Verfahren vertraut gemacht hat. Die zur Ausführung des Verfahrens verwendeten Tiegel bestehen aus einem Blechmantel, der mit Magnesia ausgekleidet ist. Durch Einsetzen eines gusseisernen Konus in den Blechmantel entsteht ein Raum, der mit angewärmtem Thermagnesit auszustampfen ist. Die Tiegel werden mit dem Konus etwa zwei Stunden in einen Ofen gesetzt, zum Schluss geglüht und sind zum Gebrauch fertig. Die grossen Bahnverwaltungen fertigen sich auch die Tiegel selbst an, die etwa 25 Grüsse aushalten, sodass für den Stoss die Kosten für Tiegelverschleiss kaum in Betracht kommen. Im Boden des Tiegels befindet sich ein durchbohrter konischer Magnesiastein, in dem ein zweiter gleichfalls durchbohrter als Ausflusstopfen sitzt, dieser ist nach einer Reihe von Güssen leicht auszuwechseln. Die Dichtung beider Stopfen geschieht lediglich durch eine faltenlose Lage von Zeitungspapier. Durch diesen Stopfen ist es erreicht worden, dass das Ausflussloch auf eine annähernd konstante Weite von 10-18 mm zu halten ist, was für das gleichmässige Ausfliessen des Feuerflusses nötig ist. Jedes Profil verlangt nach seiner Schwere und der Eigenart seiner Abmessungen eine ganz bestimmte Quantität Thermit, welche ausserdem in der Zusammensetzung noch nach empirischen Regeln etwas variiert wird, um in allen Fällen eine gleichmässige Verschweissung zu erhalten. Die für je eine Schienenschweissung benötigte Thermitmenge wird in einem plombierten Sack, der mit der betreffenden Nummer des Schienenprofils versehen ist, unter der Bezeichnung „Schweissportion“ (welding portion) an die Bahnverwaltungen geliefert. Da sich letztere die Formen und zumeist auch die Tiegel wie erwähnt, selbst herstellen, so bilden die Schweissportionen neben einigen Klemmapparaten das einzige, was zur Verschweissung anzuschaffen ist. Textabbildung Bd. 318, S. 739 Fig. 4. Zwei Schienenenden mit Thermit stumpf geschweisst und gleichzeitig durch eine angeschweisste Fusslasche aus Thermiteisen verstärkt. In gewissen Fällen ist aber auch der Klemmapparat zu entbehren. Handelt es sich darum, alte bereits eingepflasterte Schienen nach Fortnahme der locker gewordenen Laschen zu verschweissen, so ist nur eine entsprechende Form an den Schienenstoss zu legen und in diese aus dem Tiegel die Reaktionsmasse einfliessen zu lassen. In dem Falle tritt zwar keine oder nur eine teilweise Verschweissung des Kopfes ein, aber eine völlige Verschweissung bezw. Verschmelzung des Schienenfusses und Halses bis fast unter den Kopf der Schiene; ausserdem wird aber, wie bereits hervorgehoben, die so verschweisste Stelle durch eine ununterbrochene Lasche von schmiedbarem Thermiteisen wesentlich verstärkt. Diese Verbindungsart gewährt also auch eine völlig zuverlässige Stossverbindung; da das Anlegen des Klemmapparates und Abfeilen der Stauchung fortfällt, so geht diese Ausführungsart noch schneller vor sich (Fig. 5). Ein Erhitzen der Schienenköpfe durch die Schlacke auf Schweisstemperatur muss auch hier eintreten, um ein Aufbiegen der Schienen zu vermeiden. Eine vorhandene Lücke am Stoss ist bei solchen bereits verlegten Geleisen vor der Schweissung mit kleinen Blechstückchen oder aus Schienen gesägten Passtücken ganz auszufüllen. Werden diese Passtücke fest eingeklemmt, event. derartig, dass die Schienenenden am Stoss mit einer Winde etwas angehoben werden, um die Lücke am Kopf etwas zu erweitern, so gelingt es, vielfach auch eine Kopfverschweissung zu erzielen, die schon deswegen stets vorzuziehen ist, weil dadurch erst sich das Thermitverfahren als besonders elegantes erweist, indem nach eingetretener Schweissung im Kopf die genaue Stelle der Schweissung selbst nicht mehr auffindbar ist. Deshalb bemüht man sich auch, bei alten, der Ausbesserung bedürftigen Strecken (natürlich nur bei solchen, bei denen der Verschleiss am Stoss noch nicht zu weit vorgeschritten ist) eine Stumpfschweissung des Kopfes mit zu erzielen und verfährt dabei folgendermassen. Der Klemmapparat wird angesetzt und nun durch Rückwärtsdrehen der Spindelschrauben die Lücke im Stoss um 8-10 mm vergrössert. Die Stärke des Passtückes wird nun um 8-10 mm grösser gewählt als dem vorher vorhandenen Temperaturspalt entsprach. Die Schienen werden sodann, wie gewöhnlich, nach erfolgtem Einlaufen des abgebrannten Thermits zusammengestaucht, wobei streng darauf zu achten ist, dass keine Verkürzung des eingebetteten Geleises eintritt. Bei eingepflastertem Geleise muss hierbei das Pflaster vor und hinter dem zu verschweissenden Stoss genügend gelockert werden, bei sehr fest eingebetteten Schienen ist allerdings eine derartige Auseinanderzerrung nicht möglich und ist man gezwungen, auf die Kopfschweissung zu verzichten. Die Verschweissung alter Geleise ist natürlich stets von Fall zu Fall zu erwägen. Sie ist sowohl mit wie ohne Stumpfschweissung mit bestem Erfolge ausgeführt z.B. ohne Klemmapparat in Braunschweig, mehrfach in Frankreich, Rouen, Hâvre usw.; mit Klemmapparat in Italien z.B. in Genua, sogar bei ziemlich festliegendem Geleise. Textabbildung Bd. 318, S. 740 Fig. 5. Schienenschwetssung ohne Anwendung eines Klemmapparates für bereits verlegte Schienen. Eine grosse Anzahl von Proben sind sowohl vom Schreiber dieser Zeilen als auch von Bahn Verwaltungen angestellt worden, um die Festigkeit der Schweisstelle zu prüfen, als auch um zu sehen, in welcher Weise die durch das Thermit erhitzte Stelle beeinflusst wird. Die Festigkeit,die im Kopf der Schiene durch die Stumpfschweissung erzielt wird, ist etwa 80 v. H. der Festigkeit des Schienenmaterials auch bei sehr hartem Material. Eine Probe, die kürzlich seitens einer Firma genommen wurde, ergab eine Festigkeit von 87,2 v. H. des ursprünglichen Materials. Ferner sind Zerreissproben aus Schienenstücken geschnitten worden, die mit einem Thermiteisenumguss versehen waren in gleicher Weise wie wenn eine Schweissung vorgenommen werden sollte, um dem Stück genau dieselbe Wärme zu erteilen, die bei einer Schweissung den Schienen enden gegeben wird. Da die ganze Schweisszone nur etwa 150 mm lang ist, der Zerreisstab aber 200 mm, so lag in diesem die ganze erhitzte Stelle. Die Zahlen nun die aus einer nicht erhitzten Stelle der Schiene herrühren, und diejenigen, die aus der mit Thermit auf Schweisshitze gebrachten resultieren, stimmen fast ganz genau überein, ein Beweis dafür, dass ein irgendwie nennenswertes Weicher- oder Härter werden des Schienenmaterials durch die Schweissung mit Thermit nicht eintritt, wie dies die Praxis auch hinlänglich bewiesen hat. Aus 6 Parallel-Versuchen wurden folgende Zahlen erhalten: Die Festigkeiten an sechs Rillenschienen schwankten zwischen 68,9 und 84,7 kg/qmm, während die Dehnung sich zwischen 8 und 16,5 v. H. hielt; bei den 6 mit Thermit umgossenen Stücken wurden Festigkeiten zwischen 66,2 und 80,8 Kilo festgestellt, während die Dehnung zwischen 9,5 und 12,5 v. H. blieb. Der Durchschnitt stellte sich fast gleich. Eine grössere Anzahl Zerreissproben sind aus Kopf, Fuss und Hals profilgeschweisster Schienen entnommen. Die Festigkeiten schwankten hier zwischen 55,6 und 67,8 Kilo, der Durchschnitt beträgt über 62 Kilo. Daraus ergibt sich, dass nur die ganz kurze Schweisstelle selbst (ein Stück von etwa 1 bis 2 mm Länge) eine geringe Einbusse an Festigkeit durch die Schweissung erfahren hat. Das Schienenmaterial erleidet also neben der Schweisstelle keine Veränderung! Durch den gleichzeitig erfolgten angeschweissten Umguss wird aber schliesslich die Schweisstelle stärker als die Schiene selbst! Werden die stumpfgeschweissten Schienen zerdrückt oder zerschlagen, so erfolgt der Bruch stets ausserhalb der Schweisstelle, zumeist sogar ganz ausserhalb der Schweisszone. Eine Erklärung für die gute Schweissung, die mit dem Thermit-Verfahren erzielt wird, ist darin zu suchen, dass die Schweissung unter völligem Luftabschluss stattfindet und dass ferner eine stets gleichmässige Wärmemenge unabhängig vom ausführenden Arbeiter der Schweissstelle durch die abgewogene „Schweissportion“ zuerteilt wird. (Schluss folgt.)