Titel: | Das Bauwesen und die Feuerungsanlagen auf der Deutschen Städte-Ausstellung in Dresden. |
Autor: | Gustav Rauter |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 38 |
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Das Bauwesen und die Feuerungsanlagen auf der
Deutschen Städte-Ausstellung in Dresden.
Von Dr. Gustav Rauter.
Das Bauwesen und die Feuerungsanlagen auf der Deutschen
Städte-Ausstellung zu Dresden.
Die Deutsche Städte-Ausstellung zu Dresden gehört entschieden zu denjenigen
Unternehmungen ihrer Art, die mit Geschick und Erfolg unternommen und durchgeführt
worden sind, und reiht sich in dieser Beziehung der im Jahre 1902 stattgefundenen
Rheinisch - westfälischen Ausstellung zu Düsseldorf ebenbürtig an. Freilich sind die
Gebiete beider Ausstellungen durchaus verschieden, so dass auch trotz der glänzenden
Schaustellung der deutschen Industrie im Jahre 1902 dennoch in Dresden sehr viel
Neues und Belehrendes geboten werden konnte. Der Zweck der Ausstellung war der, den
Stand des deutschen Städtewesens im gegenwärtigen Zeitpunkte vorzuführen,
insbesondere die Entwicklung der grösseren Gemeinden Deutschlands und die
Fortschritte auf den verschiedenen Gebieten der Gemeindeverwaltung anschaulich zu
machen, die in den letzten Jahrzehnten erzielt worden sind. Ferner sollten auch die
Erzeugnisse deutscher Gewerbetreibenden insoweit vorgeführt werden, als sie für den
Bedarf der Gemeindeverwaltungen und des Städtebaues von Interesse waren.
Für die Leser von Dinglers polytechn. Journal werden wir aus dem reichen in Dresden
vertretenen Stoff immerhin zum Zwecke der Berichterstattung eine gewisse Auswahl
treffenmüssen, so interessant es auch wäre, nicht nur das rein technischen
Gebiet, sondern auch alle die anderen Verwaltungszweige zu besprechen, die auf der
Ausstellung in Zeichnungen, Tabellen, Schriftwerken und Modellen vorgeführt wurden.
Es sei nur kurz erwähnt, dass die Ausstellung folgende Gebiete umfasste: Verkehr,
Beleuchtung, Strassenbau und Entwässerung, Brücken und Häfen, einschliesslich des
gesamten Tiefbau- und Vermessungswesens, der Strassenbahnen usw.,
Stadterweiterungen, Baupolizei und Wohnungswesen, öffentliche Kunst (Architektur,
Malerei, Bildnerei usw.), allgemeine Gesundheit und Wohlfahrt, Polizeiwesen,
Schulwesen, Volksbildung, Armenwesen, Krankenpflege, Wohltätigkeitsanstalten und
Stiftungen, Kassen-, Finanz- und Steuerverwaltung, städtische Gewerbebetriebe,
Grundbesitz, Sparkassen- und Leihwesen, Registratur- und Bureau-Einrichtungen,
Beamtenschaft, Statistik und Literatur. Ausserdem umfasst der gewerbliche Teil der
Ausstellung noch: Maschinenwesen und Technik, Bauwesen, allgemeine Industrie, sowie
eine Ausstellung von Rauch und Russ verhütenden Feuerungsanlagen.
Was zunächst den Strassenbau anbetrifft, so fiel dem Besucher der Ausstellung
namentlich die Vorführung zweier hoch gelegener, je 18 m langer Strassenstrecken auf, an denen
zahlreiche Oberflächenbefestigungsarten städtischer Strassen vorgeführt wurden. An
diese Strassenflächen schlössen sich dann Strassenquerschnitte an, in denen die
mannigfaltigsten hier in Betracht kommenden Konstruktionen, namentlich von
Entwässerungskanälen in natürlicher Grösse angebracht waren. Die Stadt Dresden zeigte die bei ihr übliche Normalquerteilung
einer 20 m breiten Strasse in Form einer 12 m breiten Fahrbahn und zweier je 4 m
breiter Gangbahnen. Die Befestigung der Fahrbahn besteht teils aus Asphaltbelag,
teils aus Holzpflaster, teils aus Pflasterungen mittels Grünstein oder anderer
natürlicher Steine. Die Gangbahnen sind entsprechend den Dresdener Verhältnissen in
der Mitte aus Granitplatten hergestellt, während sich entlang den Bordschwellen ein
Streifen Kleinpflaster befindet. Letzteres besteht entweder ebenfalls aus
Granitstein, oder aber aus kleinen Tonklinkern, die eigens zu diesem Zwecke gebrannt
worden sind und vielfach Anwendung finden.
Die in Dresden übliche Ueberhöhung des Fahrbahnbelages beträgt bei der Befestigung
mit Schotter 1/60,
bei derjenigen mit Stein-, Schlacken- oder Klinkerpflaster Vso, bei Asphalt- oder
Holzpflaster 1/120
der Strassenbreite.
Im Innern der Städte sucht man immer mehr die hier so notwendige Geräuschlosigkeit
durch die Verwendung von Holz- oder Asphaltpflaster zu erzielen. Man hat in
Deutschland bei der Wahl zwischen diesen beiden Materialien weit überwiegend dem
Asphaltpflaster den Vorzug gegeben, während im Auslande sich das Holzpflaster
grösserer Beliebtheit erfreuen soll. Beide Pflasterarten sind von verschiedenen
Ausstellern in zahlreichen Ausführungsformen vorgeführt worden.
Ein eigentümliches Pflastermaterial stellte die Mansfelder
Kupferschiefer bauende Gewerkschaft zu Eisleben aus, nämlich
Schlackenpflastersteine, hergestellt auf der Hütte durch Temperguss aus flüssiger
Hochofenkupferschlacke. Es werden daraus Würfel mit gebrochenen Kanten oder ohne
solche, sowie Bordsteine und gerippte Platten hergestellt, welch letztere für den
Belag der Gangbahnen bestimmt sind.
Die Stadt Frankfurt a. Main hatte eine interessante
Schrift über das städtische Strassenbauwesen dortselbst ausgelegt, in der zunächst
der Zustand des Strassenbauwesens in früheren Jahrhunderten kurz geschildert wird.
Es folgte dann eine Reihe von Skizzen nebst Beschreibungen, in denen die gegenwärtig
für die Anlage und Unterhaltung von Frankfurter Strassen geltenden Grundsätze
dargelegt werden.
Die Ueberhöhung der Fahrstrassen beträgt dortselbst bei Chaussierung 1/40 der Breite +
3 cm (in der Rinne), bei gewöhnlichem rauhen Pflaster ohne Fugenguss 1/50 + 3 cm, bei
Pflaster erster Klasse mit Fugenausguss 1/60 + 2 cm, bei Holzpflaster 1/80 + 2 cm, bei
Asphalt 1/100 + 2
cm. Uebrigens wird das Chaussieren der städtischen Strassen jetzt in Frankfurt
grundsätzlich verlassen und durch Pflaster dritter Klasse oder Kleinpflaster
ersetzt, welche neuen Pflasterarten sich sehr gut bewährt haben. Hat sich eine im
Wohngebiet befindliche chaussierte Strasse abgenutzt, so wird an Stelle von
Neubeschotterung auf ihr Kleinpflaster von 8 bis 9 cm Stärke aus Hartbasalt auf
einer 3 bis 5 cm starken Sandschicht aufgebracht, nachdem zuvor der Untergrund in
die regelmässige vorgeschriebene Gestalt und in ordnungsmässigen Zustand versetzt
worden ist. Ausserdem wird bei der erstmaligen Herstellung neuer Strassen mit
vorläufiger Deckung die Chaussierung, wenn irgend möglich, vermieden, und durch
rauhes Pflaster dritter Klasse aus Säulenbasalt ersetzt. Wo aber dennoch
Chaussierung gemacht werden soll, und deren spätere Deckung durch Kleinpflaster in
Aussicht genommen werden kann, wirddie Chaussierung gleich um 5 bis 6 cm tiefer
gesetzt, um später beim Aufbringen des Kleinpflasters weniger Arbeit zu haben.
Das Kleinpflaster hat sich nach den dortigen Erfahrungen für Strassen mit schwachem
und mittlerem Verkehr sehr gut bewährt; es ist leicht und billig zu unterhalten und
zu reinigen, erfordert nicht die sorgfältige Bedienung wie das Asphalt- und
Holzpflaster und ist, wenn es auf genügendem Sandpolster aufgebracht wird,
wesentlich geräuschloser als das Reihenpflaster.
Das bei Ausführung neuer Strassen an Stelle der Chaussierung tretende Pflaster
dritter Sorte wird aus harten, auf Pflasterdicke abgelängten, sonst nicht
bearbeiteten Stücken Säulenbasalt hergestellt, die polygonal aneinander gereiht
werden. Es stellt sich in der Ausführung, unter Berücksichtigung des Wertes des beim
Umlegen gewonnenen und mehrmals zu verwendenden Materials, billiger als die
Chaussierung und erfordert ausserdem bedeutend weniger Unterhaltungskosten.
Bei den endgültigen Pflasterungen schwankt neuerdings das Verhältnis in der
Ausdehnung der einzelnen Arten; bislang überwog das gewöhnliche einhäuptige
Pflaster, sog. Pflaster zweiter Sorte, gegenüber allen anderen Arten. Es ist das
gewöhnlich unter dem Namen „Reihenpflaster“ bekannte Pflaster mit sauber
gearbeitetem etwas unterhauenen Steinen auf Sandbettung.
Das vierhäuptige Pflaster (hier Pflaster erster Sorte genannt) kommt jetzt nur noch
ganz ausnahmsweise zur Ausführung, indem es sich in der Anlage als sehr kostspielig
erwiesen hat und die von der Würfelform der Steine erhofften Vorteile der mehrfachen
Ausnutzung durch Umdrehen sich nicht in dem erwarteten Masse erfüllt haben.
Hinsichtlich des hier zur Verwendung kommenden Steinmaterials hat sich ergeben, dass
die früher hauptsächlich gebräuchlichen Materialien, Anamesit und Pfälzer Melaphyr,
für den gesteigerten Verkehr der Hauptstrassen zu weich waren und sich sehr
ungleichmässig abnutzten. Man ging daher schon in der Mitte der achtziger Jahre mehr
zu Hartbasalt und Granit über.
Der Hartbasalt zeigt neben seiner anerkannt grossen Festigkeit allerdings vielfach
den Uebelstand, dass er spröde ist, leicht abspringt und unter dem Verkehr glatt
wird. Eine besondere Abart, der Plattenbasalt, hat sich in der Fahrbahn insofern
nicht bewährt, als ein grosser Teil der Pflastersteine nach mehrjährigem Liegen sich
spaltet und dadurch bald Schlaglöcher sowie häufigere Ausbesserungen veranlasst. Man
ist daher in letzter Zeit von der Verwendung des Plattenbasalts für die Fahrbahn
ganz abgekommen und verwendet hierfür – hauptsächlich der Billigkeit wegen – den
Säulenbasalt, der in einigen Brüchen Oberhessens, des Westerwaldes und des
Siebengebirges in vorzüglicher Güte vorkommt und verhältnismässig leicht zu
bearbeiten ist.
In einzelnen Strassen mit lebhafterem Verkehr kam ausserdem Granit aus Bayern und dem
Odenwald zur Verwendung, der sich fast durchweg gut bewährt hat. Eine Musterstrecke
solchen Granitpflasters (Vilshofener Material) auf Gestückunterlage wurde im Jahre
1881 hergestellt, bedurfte inzwischen fast gar keiner Ausbesserung und befindet sich
heute, nach fast 22 jähriger Dauer, noch in tadellosem Zustande.
Ein interessanter Versuch mit verschiedenen Materialien wurde im Jahre 1882 auf der
Untermainbrücke gemacht, und zwar mit Granitsteinen aus Vilshofen und Blauberg in
Bayern, Anamesit von Klein-Steinheim, Diorit und Melaphyr aus der Pfalz. Dieses
Versuchspflaster musste schon im Jahre 1892 wieder abgetragen werden, weil die dabei
zur Verwendung gelangten Melaphyr-, Diorit- und Anamesit-Pflastersteine sehr stark
und ungleichmässig abgenutzt waren. Dagegen hat der aus Blauberg bezogene Granit sich wesentlich
besser, und der aus Vilshofen stammende Granit am allerbesten bewährt. Während die
erstgenannten beiden Steinsorten und der Anamesit, bei einer ursprünglichen Höhe von
12 cm, nach 10 Jahren eine stärkste Abnutzung von je 4 bis 5 und 7 cm zeigten, war
das Blauberger Material nur um etwa 2,2 cm und das Vilshofener sogar nur um 1 cm
abgenutzt.
In bezug auf die viel umstrittene Frage der zweckmässigsten Fugenrichtung des
Pflasters, d.h. ob die Fugen senkrecht oder unter einem Winkel von 45° zur
Fahrrichtung angelegt werden sollen, verfolgt man in Frankfurt den Grundsatz, in
Strassen mit Strassenbahn- geleisen und in engen, einspurigen und stark ansteigenden
Strassen senkrechte, in allen übrigen Strassenzügen aber schräge Fugen zu wählen. Es
hat diese Anordnung den Vorzug, dass man in engen Strassen, bei Bahngeleisen usw.,
die das Pflaster nicht unwesentlich verteuernden Formsteine, sog. Bischofsmützen,
spart, während man in den übrigen breiten und ziemlich ebenen Strassen bei schräger
Fugenrichtung deren Vorzüge ausnützt.
Asphaltpflaster hat sich sehr gut bewährt, so dass in den letzten 3 Jahren etwa ⅓ der
jährlich ausgeführten gesamten Pflasterflächen in Asphalt hergestellt wurde. Dagegen
war man mit Holzpflaster bedeutend weniger zufrieden. Man wendet es nur noch in
solchen Strassen an, die stärkere Steigung als 1 : 60 haben, sieht von der
Verwendung des Buchenholzes und des deutschen Kiefernholzes ganz ab und bedient sich
ausschliesslich schwedischen Kiefernholzes oder amerikanischen Hartholzes.
Die Ausstellung der Stadt Breslau zeigte als
Gang-bahnbefestigungsmittel ausser Granitplatten noch Mosaikpflaster aus natürlichen
Steinen, sowie zwei Sorten künstlicher Belagplatten, die sich als Zementfabrikate
darstellen. Auch die dicht daneben vorgeführten Erzeugnisse des Diabas-Kunststeinwerkes Koschenberg bei Senftenberg in
der Niederlausitz sind als Zementkunststein zu bezeichnen und bestehen aus einer Art
Beton, der als Steinschlag Diabas enthält. Die Firma stellt auch
Diabas-Zement-Makadam her und erzielt damit eine, dem Asphaltpflaster sehr ähnliche
fugenlose und glatte Strassenfläche. Uebrigens hat nach dem bereits erwähnten
Berichte der Stadt Frankfurt auch dort der Zement-Makadam Anwendung gefunden, wenn
auch bis jetzt erst versuchsweise bei der Herstellung einiger Probestrecken. Er
erfordert nach den hier gemachten Angaben eine überaus sorgfältige Herstellung und
namentlich einen durchaus unnachgiebigen Untergrund. Erfahrungen über seine
Abnutzung und Instandhaltung liegen noch nicht vor; jedoch befürchtet man, dass
Ausbesserungen nicht leicht zu bewerkstelligen sein werden.
Einen besonders wichtigen Punkt im Strassenbauwesen bildet die Frage des Anschlusses
der Strassenbahnschienen an das Pflaster, die sich namentlich bei der Verwendung von
Asphaltpflaster oft recht unangenehm bemerkbar macht. Wie der Frankfurter Bericht
hierüber sagt, hat man es hier nicht an Versuchen mannigfaltiger Art fehlen lassen.
Zuerst legte man Bordsteine entlang den Schienen, erreichte hiermit aber eher einen
Schutz der Schienen als des Pflasteranschlusses. Die am letzteren entstehenden
Vertiefungen verschoben sich nur etwas seitwärts. Hierauf verwandte man
Granitschwellen mit wenig besserem Erfolge; endlich auch Asphaltplatten in der
Meinung, es werde hiermit der schroffe Uebergang beseitigt und eine Verbindung des
Stampfasphalts mit den Asphaltplatten durch die überfahrenden Fuhrwerke
herbeigeführt. Auch dieser Versuch misslang, wozu allerdings die mangelhafte
Beschaffenheit der Asphaltplatten wesentlich beigetragen haben mag. Hierauf legte
man die Schienen in Asphaltumhüllung, führte den Stampfasphaltbis an die
Schienen durch und goss die Stossfugen mit Gussasphalt aus. Eine Zeit lang schien
sich dieser Anschluss zu halten; allein die fortwährenden starken Stösse, das
Eindringen von Wasser und die Einwirkung des Frostes, hauptsächlich aber das im
Winter zur Freihaltung der Gleise von Schnee und Eis gestreute Salz zerstörten
innerhalb kurzer Zeit selbst den best hergestellten Anschluss. Die letzt erwähnte
Anschlussart hat unter anderem auch noch den Nachteil, dass man sie im Winter gar
nicht oder nur schlecht ausbessern kann. Am besten von allen Versuchen hat sich bis
jetzt noch die Einfassung mit einigen Reihen von Holzklötzen bewährt; hierzu eignet
sich namentlich das australische Hartholz. Bei sorgsamer und sachgemässer Ausführung
scheint zunächst dieses Mittel das zweckmässigste von allen zu sein.
Neuerdings belegt man an den stark befahrenen Weichen und Kreuzungen die ganzen
Flächen zwischen den Schienen mit Hartholz, nachdem sich bislang auch an diesen
Stellen Asphalt nicht als haltbar erwiesen hatte.
Derartige Einfassungen von Strassenbahngleisen in Holzpflaster werden dann auch von
anderer Seite empfohlen und waren in verschiedenen Ausführungsformen in natürlicher
Grösse ausgestellt.
Interessant ist auch das von der Bismarckhütte in
Oberschlesien vorgeführte ∪-förmige Fuhrwerksgeleise zum
Einbau in Landwege, Chausseen oder gepflastete Strassen.
Eine Strassenaufreiss-Maschine von Gebrüder Bobe in
Dresden-Plauen besitzt den Vorzug, dass sie selbsttätig wirkt, indem die
Aufreisstähle durch eine selbsttätig arbeitende Vorrichtung ein- und ausgerückt
werden. Abreissen dieser Reisstähle ist ausgeschlossen, da sie bis auf die Spitze
von starken Trägern unterstützt werden.
Für Strassenbaumaterial, wie auch für viele andere Verwendungszwecke wird auch der
Tirpersdorfer und Theumaer Fruchtschiefer empfohlen, der seitens zweier Steinbrüche
ausgestellt war, nämlich von Max Härtel in Tirpersdorf
und von den Theumaer Plattenbrüchen A.-G. zu Theuma und
der in der Nähe der Bahnstation Lottengrün im sächsischen Voigtlande gewonnen wird.
Es ist ein Andalusitschiefer von besonderer Härte und Widerstandsfähigkeit, der bis
1860 kg/qcm
Druckfestigkeit besitzt und ausser für Strassen besonders auch für Zaunsäulen,
Grenzsteine, Wandplatten usw. empfohlen wird, da sich sehr grosse Stücke daraus
herstellen lassen. Auch wird ihm nachgerühmt, dass er säurebeständig sei und dass er
sich demgemäss vorzüglich zur Anwendung in chemischen Fabriken eigne.
Mit dem Strassenbauwesen eng zusammen hängt die Entwässerung und alles, was sich
dieser anschliesst, wie denn auch in der bereits erwähnten Schrift der Stadt
Frankfurt auch auf die Lage der Entwässerungskanäle, Gas- und Wasserleitungen,
Lichtkabel, Post- und Feuertelegraphenleitungen usw. eingehend Rücksicht genommen
ist. Auch die Stadt Köln war mit einer Schrift vertreten, die deren
Kanalisationswesen behandelt. Aus dieser Schrift sind namentlich die Stellen
interessant, die über die Schwierigkeiten der Kanalisation gerade in Köln handeln,
wo die Strassen im allgemeinen sehr schmal sind und wo ferner der Boden der Altstadt
äusserst ungleichmässig und gänzlich mit Schutt und Mauerwerk durchsetzt ist. Im
Innern der Stadt wird überhaupt nur noch in wenigen Strassenzügen und auch hier erst
in grösserer Tiefe der natürliche Boden angetroffen. Dies ist um so unangenehmer,
als die Fundamente der alten Häuser meistens wenig tief sind und somit oft die
Absteifung ganzer Strassenzüge notwendig wurde, wenn nicht die Häuser durch die
Arbeiten zur Herstellung der Kanäle zum Einstürze gebracht werden sollten.
Von allgemeinerem Interesse waren die Strassenquerschnitte, die in Verbindung
mit den bereits erwähnten Strassenbaustrecken in den natürlichen Verhältnissen in
der Aussellung vorgeführt wurden. Ein solcher, von der Firma Windschild & Langelott in Cossebaude bei Dresden hergestellt, zeigt in
der Hauptsache die getrennte Ableitung der Regen- und Wirtschaftswässer, und zwar
unter Verwendung von Doppel-Betonröhren, die in einem Stück von äusserlich
eiförmigem Querschnitt oben ein kreisförmiges Profil für Regenwasser, unten ein
verkehrthaubenförmiges für Schmutzwasser enthalten (Fig.
1). Derartige Profile sind in Bromberg und Insterburg ausschliesslich zur
Anwendung gelangt und haben sich hier, wie auch anderwärts gut bewährt. Namentlich
wird hervorgehoben, dass Nachteile im Betriebe gegenüber getrennten Kanälen für
Schmutz- und Regenwasser sich nicht ergeben, während die Kosten infolge der
Möglichkeit, nur ein einziges Kanalprofil zu verlegen, sich bedeutend geringer
stellen. Es ist an jedem beliebigen Punkt der Leitung möglich, die
Schmutzwasserleitung von der Regenleitung in jeder gewünschten Richtung sich
abzweigen zu lassen, wenn z.B. das Schmutzwasser einer Kläranlage zugeführt werden
soll, während das Regenwasser ohne weiteres in einen Flusslauf einfliessen kann. Der
Einsteigeschacht unterscheidet sich bis zur Sohle der Regenleitung in nichts von
einem gewöhnlichen Einsteigeschacht. Um das Schmutzwasserprofil zugänglich zu
machen, ist in die Schachtsohle ein eiserner Rahmen eingesetzt, dessen Lichtöffnung
mittels Bajonettverschluss durch einen eisernen Deckel gewöhnlich verschlossen
gehalten wird. Der Deckel wird in seiner Führung gut in Fett gehalten und lässt sich
nach den vorliegenden mehrjährigen Erfahrungen stets leicht und bequem lösen.
Textabbildung Bd. 319, S. 40
Fig. 1. Strassenquerschnitt hergestellt von Windschild & Langelott.
Ferner ist auf diesem Strassenquerschnitt ein Sinkkasten nach System Mairich mit dargestellt, der einen herausziehbaren
Eimer besitzt (Fig. 2). Grobe Beimengungender
Kanalwässer (Geschiebe, Sinkstoffe, Fett) sollen den Strassen- und Hauskanälen
möglichst fern gehalten werden, da durch die ersteren ein mechanisches Abschleifen
der Kanalsohle stattfindet, während das Fett verhärtet und mit den Geschieben und
groben Schlammteilen Ansätze bildet, die zu erheblichen Verengungen des
Kanalquerschnitts führen, die Leistungsfähigkeit der Kanäle herabmindern, die
Reinigung erschweren und grosse Räumungskosten verursachen. Man hat deshalb seit
Jahren sowohl auf den Strassen wie innerhalb der Grundstücke Schlammfänger
(Sinkkasten, Gullies) angeordnet. Die meisten der bisher zur Anwendung kommenden
Schlammfänger leiden an dem grossen Uebelstande, dass sie entweder keinen zur
Aufnahme des Schlammes dienenden Eimer besitzen, oder dass der günstigstenfalls
vorgesehene Eimer den unteren Raum des Sinkkastens nicht ausfüllt oder nicht
genügend abschliesst. Die Ablagerung von Schlamm neben dem Eimer ist sonach
unvermeidlich, so dass eine Herausnahme bei Reinigungsarbeiten sehr erschwert,
häufig unmöglich gemacht und immer noch eine nachträgliche Ausbaggerung des
Schlammfängers nötig wird.
Um diese Uebelstande zu vermeiden, wird der Eimer bei dem System Mairich im unteren Teile des Schlammfängers durch
Führungsrippen in gleichmässigem Abstande von der Wand gehalten. Der Abschluss
geschieht durch den schräg abstehenden, biegsamen Rand, so dass alle von oben
einfallenden oder seitlich zugeführten Sinkstoffe unbedingt in ihn gelangen. Der
biegsame Rand besteht aus Gummi, das gegen fettige Wässer widerstandsfähig und
dessen Abnützung oder Beschädigung bei normalem Betriebe ausgeschlossen ist. Diese
Schlammfänger haben sich bereits in vielen Städten gut bewährt.
Ferner war in diesem Strassenquerschnitt eine selbstätige Spülanlage nach Mairich zu sehen, die ihre Inbetriebsetzung noch sicher
mit einer Wassermenge von nur 1 Liter in der Minute gestattet, und zwar unabhängig
davon, ob die
zugehörigen Wasserbehälter einen kleineren oder grösseren Fassungsraum besitzen.
Selbst in Zeiten von Wasserarmut ist man deshalb imstande – ohne die Spülanlage
täglich bedienen zu müssen – mit geringen Wassermengen für die Entwässerungsanlage
eine selbsttätig eintretende, energisch wirkende Spülung zu erhalten.
Textabbildung Bd. 319, S. 41
Fig. 2. Sinkkasten, System Mairich, von Windschild & Langelott.
Die Anlage (Fig. 3) besteht aus einem Schacht, an den
sich ein beliebig langer, aus Röhren gebildeter, wagerecht verlegter Behälter
anschliesst. In dem Schachtsteht ein Glockenheber, dessen inneres Heberrohr mit
seiner Ueberlaufkante etwas über den Scheitel des wagerechten Behälters hinausragt.
Das untere Ende des Heberrohres führt durch den Boden des Schachtes nach einem
darunter angebrachten Behälter und taucht in das in letzterem stehende Wasser etwas
ein, so dass ein Wasserverschluss gebildet wird. Der unter dem Schacht befindliche
Behälter kann mit der Spülanlage durch einen in der Regel verschlossenen Spund (Fig. 3 Querschnitt) behufs Entleerung in Verbindung
gebracht werden. Die als Wasserverschluss wirkende zylindrische Glocke über dem Heberrohr ist nach
allen Seiten drehbar, so dass der Anschluss an die Entwässerungsanlage nach jeder
gerade gewünschten Richtung erfolgen kann.
Ueber dem Wasserspiegel des gefüllten Behälters ist ein kleiner Wasserbehälter
angebracht, der ebenfalls einen kleinen Glockenheber besitzt, dessen Heberrohr bei
unten offener Ausmündung so lang ist, dass der Wasserspiegel nach Füllung des
grossen Behälters die Oeffnung des Heberrohres als Wasserverschluss gerade
verschliesst. Die Speisung erfolgt gewöhnlich durch Anschluss an die Wasserleitung,
an einen Wasserlauf oder an einen Laufbrunnenüberlauf, nötigenfalls auch durch einen
Pumpenbrunnen. Es ist nur erforderlich, am Steigrohr, unterhalb des Auslaufes eine
Abzweigung anzulegen, durch die bei jedesmaliger Benutzung des Brunnens der Anlage
Wasser zugeführt wird.
Textabbildung Bd. 319, S. 42
Fig. 3. Selbsttätige Spülanlage nach Mairich von Windschild &
Langelott.
Die Wirkungsweise der Spülanlage ist folgende: Die mittels eines Regulierhahnes in
schwachem Strahl zufliessende Wassermenge wird in den kleinen Behälter geleitet und
fliesst nach dessen Füllung bis zur Ueberlaufkante des inneren Heberrohres ständig
nach dem grossen Behälter ab. Sobald letzterer gefüllt ist, wird das untere Ende des
Heberrohres im kleinen Behälter durch den Wasserspiegel verschlossen. Jedoch fliesst
das zugeleitete Wasser noch eine Zeit lang nach dem unteren Behälter ab. Hierbei
wird die Luft in dem kleinen Heberrohr und innerhalb der Glocke nach und nach etwas
gepresst, bis der erzeugte Druck den Flüssigkeitsspiegel zwischen Glocke und
Heberrohr herunterdrückt und kein Ueberlaufen in letzteres mehr stattfindet. Nun
steigt vermögedes verengten Querschnittes des Heberbehälters (s. Fig. 3 Querschnitt) in letzterem der Wasserspiegel
schnell über die Ueberlaufkante des kleinen Heberrohres an bis zu einer Höhe, in der
der hierdurch erzeugte Wasserdruck das Uebergewicht über die in dem Heberrohr und
Glockenheber von unten her erzeugte Luftpressung erlangt. Hierauf ergiesst sich das
in dem verengten Teile des Heberbehälters über die Ueberlaufkante des Heberrohres
angesammelte Wasser plötzlich in das kleine Heberrohr und es bildet sich in diesem
infolge der verengten Einströmöffnung ein geschlossener Wasserstrahl, der in der
Mitte frei herabfällt und binnen kurzer Zeit eine solche Luftverdünnung in der
Glocke erzeugt, dass er den Heber in volle Tätigkeit versetzt.
Nunmehr entleert sich der kleine Behälter rasch in den darunter befindlichen. Sobald
der wagerecht abgezweigte Behälter gefüllt ist, hebt sich der Wasserspiegel infolge
des sich nur auf den Schacht beschränkenden Querschnittes und infolge der aus dem
kleinen Spülbehälter sehr stark zufliessenden Wassermenge (über 1 l in der Sekunde)
ebenfalls schnell und bringt hierdurch den grossen Glockenheber in Tätigkeit und den
ganzen Inhalt des Spülbehälters zum Erguss. Sobald der Wasserspiegel unter den
Scheitel des wagerechten Behälters gesunken ist, und nachdem sich der kleine
Behälter vollständig entleert hat, tritt Luft in das obere Heberrohr von unten ein,
die Wassersäule fällt herab und die in dem Glockenheber entstandene Luftleere wird
zerstört. Der kleine Behälter füllt sich wieder und das Wasser läuft aus ihm wieder
beständig durch das Heberrohr ab.
Damit nun der grosse Glockenheber bei einem bestimmten niedrigsten Wasserstande im
Schacht ebenfalls ausser Tätigkeit kommt, ist ein besonderes kleines Rohr (s. Fig. 3 Querschnitt) neben der Glocke und oben in
diese einmündend angebracht. Sein unteres Ende ist erweitert und ausserdem ist die
Unterkante der Erweiterung noch mit Einbuchtungen versehen, damit sich nicht etwa
eine Blase bilden und das Rohr verschlossen halten kann. Sobald nun etwas Luft durch
das Nebenrohr unter den Glockenheber gelangt ist, fällt die darin befindliche
Wassersäule herab und das Spiel der Füllung und Entleerung der Spülbehälter beginnt
von neuem. Die Häufigkeit der Spülung ist durch Regelung des Zulaufes zu bestimmen.
Jährlich einmal ist der Boden der Anlage vom Schlamm zu reinigen. Im übrigen
erfordert sie keinerlei Bedienung.
(Fortsetzung folgt.)