Titel: Klassifikation der Dampfkessel mit Hilfe logischer Diagramme.
Autor: G. Hartig
Fundstelle: Band 319, Jahrgang 1904, S. 43
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Klassifikation der Dampfkessel mit Hilfe logischer Diagramme. Von G. Hartig, Zwickau S.-Schedewitz. (Schluss von S. 24 d. Bd.) Klassifikation der Dampfkessel mit Hilfe logischer Diagramme. Zum besseren Verständnis des eben gesagten betrachten wir die einzelnen Beispiele etwas genauer. Der Kreis K umschliesse die im Diagramm Fig. 24, S. 23 charakterisierten „Liegenden Kessel mit mehreren Siedern oder Siederöhren, ohne Heizröhren“. Ein solcher Kessel ohne Wasserkammern, dessen Dampfsammler Wasser enthält, ist z.B. der Stirlingkessel (Fig. 29), von der Stirling Co., Baberton, Ohio gebaut. Der Kessel besteht aus drei oberen oder Dampfzylindern und einem unteren oder Schlammzylinder, welche durch Röhren verbunden sind; die Dampfräume der drei oberen Zylinder stehen miteinander in Verbindung. Die Speisung erfolgt in den hinteren oberen Zylinder. Es findet eine starke Wasserzirkulation statt, indem das Wasser durch die hinteren Röhren hinunter, durch die vorderen heraufsteigt. Textabbildung Bd. 319, S. 43 Fig. 29. Stirlingkessel. Textabbildung Bd. 319, S. 43 Fig. 30. Bellevillekessel. Der Bellevillekessel (Fig. 30) ist ebenfalls ein Siederöhrenkessel ohne Wasserkammern, dessen Dampfsammler jedoch kein Wasser enthält, da derselbe überhaupt nur ein Rohr ist. Der Bellevillekessel besteht aus mehreren, meist 5 Elementen, jedes derselben aus im Zickzack angeordneten Röhren von 80 bis 100 mm l. W., welche durch gusseiserne Verbindungsstücke vereinigt sind. Das Speisewasser tritt unten ein in ein Rohr, welches alle Elemente miteinander verbindet, geht durch die untersten Röhren und bewegt sich als Dampf- und Wassergemischim Zickzack nach oben. Der Dampf sammelt sich im gemeinsamen Dampfrohr und wird nach Verlassen eines Wasserabscheiders abgeführt. Ein Kessel mit Wasserkammern, welche aus einem Stück, also nicht aus Abschnitten bestehen, und dessen Rohre beiderseitig offen sind, ist der Steinmüllerkessel. Die Rohre münden also beiderseitig in je eine Wasserkammer. Verschiedene Kesselfabrikanten haben nun die Wasserkammern zerlegt und so Abschnitte gebildet. Es entstehen hierdurch wieder Elemente aus Rohrreihen gebildet. Als Beispiel wollen wir den Rootkessel betrachten. Je zwei Rohre sind vorn und hinten in Kopfstücke eingewalzt, die durch Krümmer verbunden sind, jeder so entstandene Abschnitt ist mit einem wagerechten Sammler verbunden. An der hinteren Kesselwand liegt unten ein Verteilungsbehälter, der gleichzeitig als Schlammsammler dient, in halber Höhe befindet sich ein Speisewasservorwärmer, derselbe nimmt ausser dem Speisewasser auch das warme Rücklaufwasser aus jedem Abschnitt auf. Ein dem Rootkessel ähnlicher Wasserröhrenkessel ist der Zellkessel, welcher von der Campbell & Zell Co., Baltimore gebaut wird. Als Beispiel für Wasserrohrkessel mit nur einer Wasserkammer – Kessel, deren Siederöhren einseitig verschlossen sind – ist der Dürrkessel (Fig. 26, S. 24) zu nennen. In diesem Kessel, von der Düsseldorf-Ratinger Röhrenkesselfabrik gebaut, wird die Wasserzirkulation durch Fieldrohre hervorgebracht. Denken wir uns nun die vordere Wasserkammer des Rootkessels wieder in Abschnitte zerlegt, so entsteht der Niclaussekessel (Fig. 28, S. 24), der demnach in Feld 6 einzureihen ist. Auch hier findet die Wasserzirkulation wieder durch Field röhre statt, die Abschnitte stehen alle mit einem Wassersammler in Verbindung, die Kammern sind durch eingegossene Scheidewände in zwei Hälften geteilt, deren hintere für Wasser- und Dampfgemisch, deren vordere für den Rücklauf des unverdampften Wassers dient. Wir haben nunmehr gesehen, dass für jede Klasse, die wir gebildet haben, sich Beispiele aus der Praxis finden lassen. Ebenso muss es aber möglich sein, jedes der so zahlreichen Kesselsysteme in eines der Felder einzureihen. Verfasser hat diese Prüfung an etwa hundert Systemen durchgeführt und es soll dies an einigen Beispielen erläutert werden, um zu zeigen, wie einfach die Klassifikation mittels dieser logischen Diagramme Fig. 7, S. 13, Fig. 13 S. 14, u. Fig. 24 S. 23 sich gestaltet. Solignackessel, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form und einem Dampfraum, Feld C'. Liegender Kessel mit mehreren Siedern ohne Heizröhren Feld 2. Mit Wasserkammern, Rohre zweiseitig offen, Wasserkammer aus einem Stück, Feld γ. Babcock- und Wilcoxkessel, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form und einem Dampfraum, Feld C'. Liegender Kessel mit mehreren Siedern ohne Heizröhren, Feld 2. Mit Wasserkammern aus Sektionen bestehend, Rohre beiderseitig offen, Feld δ. Leinvebers Zweiflammrohr-Heizröhrenkessel, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form, jeder Kessel eigenen Dampfraum, Axen von zwei Einzelkesseln senkrecht zueinander, Feld B. Tom Möhlen- und Seebeckkessel, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form und einem Dampfraum, Feld C'. Stehender Kessel mit mehreren Siedern und Heizrohr, Innenfeuerung, Feld 5. Mac-Nicolkessel, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form und einem Dampfraum, Feld C'. Liegender Kessel mit mehreren Siedern ohne Heizrohre, Feld 2. Mit Wasserkammern aus einem Stück, Rohre zweiseitig offen, Feld γ. Guillaumekessel, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form und einem Dampfraum, Feld C'. Liegender Kessel mit mehreren Siedern ohne Heizrohre, Feld 2. Kessel mit Wasserkammern aus einem Stück, Rohre zweiseitig offen, Feld γ. Fairbairnkessel, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form und einem Dampfraum, Feld C'. Liegender Kessel mit nur einem Sieder mit Heizröhren, Innenfeuerung, Feld 12. Feuerspritzenkessel mit abnehmbarem Mantel, System Leinveber, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form und einem Dampfraum, Feld C'. Stehender Kessel mit mehreren Siedern, mit Heizröhren, Innenfeuerung, Feld 5. Quersiederröhrenkessel, System Leinveber, gehört aus denselben Gründen nach C' 5. Einflammrohrkessel mit sägezahnartigern Flammrohr, System Leinveber, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form, ein Dampfraum, Feld C'. Liegender Heizrohrkessel mit Innenfeuerung, ein Sieder, Feld 12. Büttnerkessel, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form, ein Dampfraum, Feld C'. Liegender Kessel ohne Heizröhren, mit mehreren Siederöhren, Feld 12. Wasserkammer aus einem Stück bestehend, Rohre zweiseitig offen, Feld γ. Roserkessel, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form, ein Dampfraum, Feld C'. Liegender Kessel mit Heizröhren, mit mehreren Siedern, Unterfeuerung, Feld 4. Prégardiens Röhrenzylinderkessel, deren Sieder durch viele senkrechte Siederöhren verbunden sind, Kessel mit Elementen von zylindr. Form, ein Dampfraum, Feld C'. Liegender Kessel ohne Heizröhren, mehrere Sieder, Feld 2. Ohne Wasserkammern, Dampfsammler mit Wasser, Feld a. Doppelkessel von Pregardien, oberer und unterer Kessel durch senkrechte Röhren verbunden. Kessel mit Elementen von zylindrischer Form, ein Dampfraum, Feld C'. Liegender Kessel mit Heizrohren, mehrere Sieder, Innenfeuerung Feld 6. Tenbrink Pregardien, Type II, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form, zwei Dampfräume, Achsen parallel, Feld A. Flammrohrröhrenkessel, Paucksch, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form, ein Dampfraum, Feld C'. Liegender Kessel mit Heizröhren, Innenfeuerung, ein Sieder, Feld 12. Tischbeinkessel, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form, ein Dampfraum, Feld C'. Liegender Kessel mit Heizröhren, mehrere Sieder, Innenfeuerung Feld 6. Nationalboiler, mit einem Dampfsammler, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form, ein Dampfraum, Feld C'. Liegender Kessel ohne Heizröhren, mehrere Sieder, Feld 2. Mit Wasserkammern aus Sektionen bestehend, Rohre zweiseitig offen, Feld δ. Zellboiler. Kessel mit Elementen von zylindrischer Form, ein Dampfraum, Feld C'. Liegender Kessel ohne Heizröhren, mehrere Sieder, Feld 2. Mit Wasserkammer anus Sektionen bestehend, Rohre zweiseitig offen, Feld δ. Heine-Safety-Boiler, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form, ein Dampfraum, Feld C'. Liegender Kessel ohne Heizröhren, mehrere Sieder, Feld 2. Mit Wasserkammern aus einem Stück bestehend, Rohre zweiseitig offen, Feld γ. Siederohrkessel, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form, ein Dampfraum, Feld C'. Ohne Heizrohre, mehrere Sieder, liegend, Feld 2. Ohne Wasserkammer, Dampfsammler mit Wasser, Feld α. Lokomotiv- und Lokomobilkessel, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form, ein Dampfraum, Feld C'. Mit Heizrohren, ein Sieder, liegend, Innenfeuerung, Feld 12. Batteriekessel, Kessel mit Elementen von zylindrischer Form, zwei Dampfräume, Achsen der Einzelkessel parallel, Feld A. Auf gleiche Weise ergibt sich: Tenbrinkkessel, s. Scholl, S. 171, Feld C' 6. Howardkessel, 172, Feld C' 1, Beissel & Co., 196, Feld C' 2 β. Schmidtkessel, 200, Feld C' 2 α. Röhrenschiffskessel, 207, Feld II D. Untersucht man ebenso die von Busley in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure beschriebenen Wasserrohrkessel der Dampfschiffe näher, so gehört der Bellevillekessel, Jahrg. 1896, S. 1038 nach Feld C' 2 β. Perkinskessel, 1084 C' 2 β. Herreshoffkessel, 1085 C' 2 β. Rootkessel, 1087 C' 2 γ. Albankessel, 1112 C' 2 γ. Heinekessel, 1113 C' 2 γ. Büttnerkessel, 1113 C' 2 γ. Oriollekessel, 1115 C' 2 γ. Lagrafel-d' Allestkessel, 1115 C' 2 γ. Steinmüllerkessel, 1118 C' 2 γ. Yarrowkessel, 1143 C' 2 γ. Seatonkessel, 1143 A. Holtzkessel, 1143 C' 2 γ. Penellekessel, 1144 C' 2 γ. Townekessel, 1145 C' 2 γ. Motherkessel, 1145 C' 2 δ. Babcock & Wilcoxkessel, 1146 C' 2 δ. Haythornkessel, 1149 C' 2 δ. Martinkessel, 1149 D. Schichaukessel, 1149 C' 2 α. Waltherkessel, 1169 C' 2 ε. Dürrkessel, 1170 C' 2 ε. Niclaussekessel, 1172 C' 2 ζ. Du Temple Kessel, 1174 C' 2 α. Du Temple-Normand-Kessel, 1175 C' 2 α. Normandkessel, 1176 C' 2 α. Normand- Sigandy-Kessel, 1177 C' 2 α. Thornyeroftkessel, Jahrg. 1896, S. 1198 nach Peld C' 2 α. Blechyndenkessel, 1202 C' 2 α. Reedkessel, 1203 C' 2 α. Aus diesen Erörterungen geht deutlich hervor, dass jeder Kessel, welcher Konstruktion er auch sein möge, sich in irgend eines der gegebenen Felder einreihen lassen muss. Wird aber durch irgend eine neue Erfindung ein neues wesentliches Merkmal geschaffen, so muss selbstverständlich auch das Diagramm dementsprechend abgeändert werden. Ausserdem steht es frei, jede Gruppe für sich näher zu betrachten und dieselbe nach wesentlichen Merkmalen2. resp. 3. oder 4. Grades in Unterabteilungen zu zerlegen. Es wird zugegeben werden müssen, dass die vielfach willkürlich verschieden gewählten Einteilungsgründe wegfallen und dass durch die logisch bestimmten Merkmale eine bestimmte Klassifikation gegeben ist. Dass in der bildlich schematischen Darstellung ein besonderer Vorteil besteht, wird jedermann erkennen. Ebenso wie für die Kessel lässt sich z.B. auch für die Dampfmotoren mittels logischer Diagramme eine übersichtliche Einteilung schaffen; Verfasser behält sich vor, hierauf später zurückzukommen.