Titel: | Die Versuche mit dem Blocksignale „System Krizik“ auf der Strecke „Rothneusiedel–Oberlaa“ der k. k. österr. Staatsbahnen. |
Autor: | Adolf Prasch |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 203 |
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Die Versuche mit dem Blocksignale „System
Krizik“ auf der Strecke „Rothneusiedel–Oberlaa“ der k. k. österr.
Staatsbahnen.
Von Ingenieur Adolf Prasch.
(Fortsetzung von S. 190 d. Bd.)
Die Versuche mit dem Blocksignale „System Krizik“ auf der
Strecke „Rothneusiedel–Oberlaa“ usw.
Beschreibung der Apparate.
Der Blockapparat. Derselbe besteht (Fig. 2 schematische Darstellung) aus zwei senkrecht
und zwei wagerechtangeordneten Solenoiden mit den Spulen F, H, D, S. In die beiden senkrechten Spulen ist je ein
runder Eisenkern so eingesetzt, dass er in die vom Strom erregte Spule hineingezogen
werden kann. Diese Kerne K K' sind mit dem um eine
Achse drehbaren Doppel-Winkel-Hebel h durch eine Art von
Pleuelstange beweglich verkuppelt, wobei jedoch durch Zwischensetzung eines
geeigneten Isoliermateriales eine leitende Verbindung zwischen den beiden Kernen und
dem Winkelhebel ausgeschlossen ist. Die beiden Arme des letzteren sind nach oben
messerartig abgeschrägt und greift immer einer dieser Arme je nach der Lage des
Hebels h in den oberhalb gelegenen Federkontakt I. oder II ein.
Gleichzeitiges Schliessen beider Kontakte ist ausgeschlossen. Der Hebel h wirkt als Umschalter, wobei er immer von einer der
beiden Spulen F oder H
betätigt wird. Die Achse des Hebels ist durch die Stromzuführungsleitung unmittelbar
mit der Akkumulatorenbatterie B (Fig. 1 S. 190) verbunden. Die in Fig. 1 dargestellte Lage der Hebel h der beiden Blockapparate BL entspricht der Freilage des Apparates, bei welcher der bewegliche Kern
K' in das zugehörige Solenoid H hineingezogen ist und die Verbindung der Batterie mit
dem Kontakte I herstellt. Ein Verfolgen des Stromlaufes
zeigt, dass überhaupt kein Strom zirkulieren kann, weil sowohl die Verbindung bei
der Zustimmungstaste Z als auch bei dem
Schienenkontakte C unterbrochen ist. Ist jedoch die
Zustimmungstaste geschlossen und die Verbindung des Schienenkontaktes C mit der Fahrschiene gleichzeitig hergestellt, fährt
also gleichzeitig ein Zug über den Schienenkontakt, so kann der Strom die Leitung
durchlaufen und wird das Solenoid erregen, dieses den Kern K' nach abwärts ziehen und den Hebel h
umlegen. Hierdurch wird der Kontakt I geöffnet und der
Kontakt II geschlossen (s. Fig. 2). Sobald dies erfolgt, wird der Strom wie dies die spätere
Erklärung des Stromverlaufes zeigt, sofort wieder unterbrochen. Der Strom wirkt
daher auf jedes der beiden Solenoide, bei jeder Betätigung fast nur momentan,
ein.
Textabbildung Bd. 319, S. 204
Fig. 2.
Textabbildung Bd. 319, S. 204
Fig. 2a.
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Fig. 2b.
Textabbildung Bd. 319, S. 204
Fig. 2c.
Die beiden wagerecht angeordneten Solenoide SD (Fig. 2) dienen zur Regelung der Deblockierung des
Vorblockes. Die Deblockierung soll nur dann durchgeführt werden können, wenn der
eigene Block bereits durch einen Zug blockiert oder auf „Halt“ gestellt ist.
Sie darf jedoch, um jeden Missbrauch und jede Irrung hintanzuhalten, nur einmal
erfolgen können, was dadurch bewerkstelligt wird, dass die Blocktaste d' nur einmal niedergedrückt werden kann. Zu diesem
Zwecke reicht in jedes der beiden Solenoide ein Kern kk'. Diese beiden Kerne sind, wie aus den Einzeldarstellungen Fig. 2a (Vorderansicht mit abgenommener Spange)
undFig. 2b (Draufsicht mit dem Taster im
Schnitte) zu ersehen ist, durch zwei Metallspangen r'
und r'' starr verbunden, so zwar, dass zwischen
letzteren ein Schlitz frei bleibt, durch welchen die Stange V der Deblockierungstaste d' hindurch geht.
Zwischen diese beiden Metallspangen ist die Metallplatte p um die Achse z' drehbar so gelagert, dass
sie einem von unten ausgeübten Drucke folgen und sich von links nach rechts zu
drehen vermag. Nach Aufhören dieser Einwirkung sinkt die Platte infolge ihres
Uebergewichtes sofort wieder in die normale Lage zurück. Aus dieser normalen
wagerechten Lage vermag sie nicht nach abwärts gedreht zu werden, indem jeder Druck
in dieser Richtung durch das Massiv des rechten Ankerkernes einen nicht zu
überwindenden Widerstand findet. Werden daher die durch die Metallspangen zu einem
starren Ganzen vereinigten Kerne kk' nach links
verschoben, so legt sich die Platte p mit ihrer oberen
wagerechten Auflagefläche unter die an der Führungsstange des Deblockierungstasters
befestigte Nase o und ein Niederdrücken dieser Taste
ist unmöglich. Gleichzeitig mit der Haltstellung des eigenen Blockapparates geht der
Strom auch durch das Solenoid D und wird der gesamte
Kern nach rechts verschoben. Die Nase o der
Deblockierungstaste d' kann nun unbehindert durch den
Schlitz hindurch gehen, so dass der Deblockierung des Vorblockes kein Hindernis mehr
entgegensteht. Sobald jedoch in diesem Falle durch Niederdrücken der Taste d' die leitende Verbindung zwischen den beiden
Federkontakten 1 und 2
(Fig. 2) hergestellt ist, wird das linksseitige
Solenoid S mit erregt und der gesamte Kern nach links
verschoben. Hierdurch legt sich die Platte p über die
Nase o der Taste. Lässt nun der Wärter die Taste los,
so hebt die Nase o die Platte p in die Höhe, bis sie vorbeigegangen ist, worauf die Platte infolge ihres
Uebergewichtes wieder in die normale Lage zurückfällt, sich unter die Nase legt und
ein weiteres Niederdrücken der Taste d' so lange
verhindert, bis der eigene Block vorerst auf „Frei“ und sodann wieder auf
„Halt“ gestellt wird.
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Fig. 3.
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Fig. 4.
Um dem Wärter ein sichtbares Zeichen über die erfolgte Blockierung oder Deblockierung
zu geben, ist an die Kerne KK' (Fig. 2) je eine Platte x' bezw. y' festgeschraubt, welche den um a drehbaren Winkelhebel W'
je nach der Bewegung der Kerne verdrehten. Auf die Achse a ist ferner eine in acht Feldern abwechselnd weiss und rot gestrichene
Scheibe aufgesetzt, welche sich mit W bewegt. In den
den Blockapparat vollständig umschliessenden Eisenkasten E' (Fig. 2c) ist an der Vorderseite ein
korrespondierendes Fensterchen R' eingelassen, welches
vier rote und vier farblose, durchsichtige Felder aufweist. Bei Haltstellung des
Blockapparates legen sich die roten, bei der Freistellung die weissen Felder der
Scheibe vor die durchsichtigen Felder des Fensterchens und es erscheint daher dieses
Fensterchen
entweder ganz rot (Halt) oder halb weiss und halb rot (Frei).
Das Semaphorstellwerk. Die in dem Schaltungsschema (Fig. 1) mit ST
bezeichneten, in Fig. 3 schematisch dargestellten
Semaphorstellwerke beruhen in ganz ähnlicher Weise wie das Blockwerk auf
Solenoidwirkung, nur dass hier bloss ein Solenoid mit einem unbeweglichen m und einem beweglichem Magnetkern K'' angeordnet ist, und das ganze der erhöhten Leistung
entsprechend, viel kräftiger gehalten wird. Der bewegliche Kern K'' dieses Solenoides steht mit dem ungleicharmigen
Doppelhebel L in gelenkiger Verbindung. Mit dem
äussersten Ende des längeren Hebelarmes von L ist die
die Stellung des Semaphorarmes vermittelnde Zugstange z
verbunden. Ferner steht dieser Hebelarm mit einer zweiten Zugstange s in Verbindung, welche den Windungsschalter R des Solenoides D'
betätigt. Der zur Umstellung des Semaphorarmes von der „Halt“- in die
„Frei“-Stellung erforderliche Kraftaufwand ist zu Beginn der Bewegung am
grössten und nimmt um so mehr ab, je mehr sich der Semaphorarm der 45° nach aufwärts
geneigten Endstellung nähert. Es erscheint daher einesteils zur Ersparnis an Strom,
andernteils zur Vermeidung von allzu starken Erschütterungen des Armes bei
Erreichung der Endstellung von Vorteil, den Strom durch Einschalten von Widerständen
in den zugehörigen Solenoidstromkreis abzuschwächen. Hierbei ist es wieder von
Vorteil, um die Zugkraft des Solenoides nicht allzusehr zu verringern, diese
Abschwächung durch Einfügen von Windungen in das Solenoid selbst zu bewirken. Diesem
Zwecke dient nun der bereits erwähnte Windungsschalter R. Sobald der Zustimmungsschalter Z (Fig. 1) derart umgestellt ist dass der Kontaktklotz
y die beiden Kontaktlamellen c und d leitend
miteinander verbindet, zieht das Solenoid des Stellwerkes ST, unter der Voraussetzung, dass das Blockwerk gleichzeitig auf
„Frei“ steht, den beweglichen Kern K'' in
die Höhlung hinein, wobei anfänglich nur die Windungen bis zu dem Punkte I zur Wirkung gelangen. Durch diese Kernbewegung wird
jedoch nicht nur der Semaphorarm in die Freistellung gebracht, sondern es wird auch
der die Verbindung zwischen R und der Erdlamelle E (Fig. 3)
vermittelnde, aus federnden Metallblättern bestehende Kontakt P nach abwärts geschoben, wodurch er der Reihe nach die
Lamellen 2, 3, 4 mit der Erde verbindet und neue
Windungen II, III, IV dem Solenoide zuschaltet. Durch
den grossen Widerstand dieser Windungen wird der Gesamtwiderstand des Stromkreises
wesentlich erhöht, ohne jedoch die Zugkraft des Solenoides hierdurch so zu
schwächen, dass dessen anziehende Kraft nicht mehr ausreicht, den Kern weiter in
sich hineinzuziehen, weil in diesem Falle die neuen Windungen mit zur Wirksamkeit
gelangen und die Stromschwächung teilweise durch die Windungsvermehrung ausgeglichen
wird.
Um den Solenoidkern nach beendeter Umstellung des Semaphorarmes in der Endlage
festzuhalten, bedarf es nunmehr, teils infolge der eigenartigen Konstruktion des
unbeweglichen Solenoidkerns m, teils weil keine
Bewegung zu vollführen ist, eines sehr geringen Stromes, so dass derselbe noch
weiter geschwächt werden kann. Dies wird dadurch erreicht, dass der Schieber P bei seiner Abwärtsbewegung zum Schluss so weit
herabgezogen wird, dass er die Lamellen gänzlich verlässt. Der Strom ist hierdurch,
wie sich dies aus dem Schaltungsschema sofort ergibt, gezwungen, ausser den
Zusatzwindungen noch den Widerstand W zu durchlaufen,
und sich weiter abzuschwächen. In Rothneusiedel war anfänglicheine Glühlampe
als Widerstand eingeschaltet, sie wurde jedoch später durch einen passend gewundenen
Widerstand aus Neusilberdraht ersetzt. Für den Blockposten bei Wächterhaus 820
dienten die nach Oberlaa führenden Leitungen und die Windungen des Kontrollapparates
als Widerstand, so dass der Strom für die Betätigung dieses Apparates mit nutzbar
gemacht wurde.
In Fig. 4 ist eine andere Anordnung des
Semaphorstellwerkes dargestellt, bei welcher unter Aufrechthaltung des gleichen
Grundprinzips zwei durch den Verbindungshebel L
gekuppelte Solenoidkerne zur Anwendung kommen und sich gegenseitig unterstützen,
wobei der eine Kern nach aufwärts, der andere Kern nach abwärts in die zugehörige
Solenoidwindung hineingezogen wird. Der Windungsschalter ist mit dem sich nach
abwärts bewegenden Kern gekuppelt. Die Wirkungsweise dieser Anordnung bedarf nach
dem Vorhergehenden keiner weiteren Erklärung mehr,
Der Zustimmungsschalter. Mit demselben wird der
zweifache Zweck erreicht erstens, dass die Freistellung eines Semaphores nur unter
Mitwirkung des Blockwärters erfolgen kann, derselbe somit seine Zustimmung zur
Weiterfahrt eines Zuges ausdrücklich geben muss, und zweitens zu verhindern, dass
durch eine etwaige Ableitung am Schienenkontakte eine unnütze Stromvergeudung
stattfindet. Zu diesem Zwecke ist in der Ruhelage dieses Umschalters die Verbindung
der Batterie sowohl mit dem Stellwerke ST (Fig. 1) als auch mit dem Schienenkontakte C unterbrochen. Diese Verbindungen mit der
Energiequelle werden bei der Umstellung des Zustimmungsschalters in der Freilage
dann hergestellt, wenn auch gleichzeitig der zugehörige Blockapparat auf
„Frei“ gestellt wurde.
Der Umschalter (Fig. 1) besteht aus einer Scheibe Sch aus isolierendem Materiale, welche mittels der
Handhabe n um eine Achse drehbar ist. Auf diese Scheibe
sind zwei Kontaktklötze xy in bestimmten Abständen
voneinander festgeschraubt. Bei Umstellen der Scheibe durch Niederdrücken der
Handhabe n setzt der Kontaktklotz x die beiden Kontakte ab
und der Kontaktklotz y die beiden Kontakte cd in leitende Verbindung. Die Kontakte abcd sind in Wirklichkeit gefedert und wird hierdurch,
da die Kontaktklötze längs derselben schleifen, immer ein sicherer Kontaktschluss
erzielt. Der ganze Mechanismus dieses Umschalters ist mit Ausnahme des vorragenden
Hebelarmes durch ein metallisches Schutzgehäuse gegen äussere Einflüsse
geschützt.
Während in Rothneusiedel das Semaphorstellwerk, Blockwerk und der Umschalter auf
einer Säule montiert waren, wurden dieselben in W. H. 820 getrennt aufgestellt. Dies
war einesteils durch die örtlichen Verhältnisse bedingt, andererseits sollte damit
auch nachgewiesen werden, dass sich die Einrichtung den verschiedensten durch die
Oertlichkeit gegebenen Bedingungen anpassen lässt.
Die Akkumulatorenbatterie. Als Energiequelle zum
elektrischen Antriebe der Block-, Stell- und Kontrollapparate gelangte eine
Akkumulatorenbatterie von 60 Zellen mit einer Kapazität von annäherd 16
Ampèrestunden zur Verwendung. Die Akkumulatoren waren Paste-Akkumulatoren der
Faure-Type. Sie waren nicht mehr neu, sondern standen früher für den Betrieb einer
elektrischen Bahnlinie in Verwendung. Die Batterie war hei W. H. 820 in einer mit
Dachpappe gedeckten Holzhütte untergebracht und wurde von einer Ladedraisine
geladen.
(Fortsetzung folgt.)