Titel: | Beitrag zur Theorie und Berechnung der hydraulischen Regulatoren für Wasserkraftmaschinen. |
Autor: | Adolf Schmoll von Eisenwerth |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 326 |
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Beitrag zur Theorie und Berechnung der
hydraulischen Regulatoren für Wasserkraftmaschinen.
Von Dipl.-Ing. Adolf Schmoll von Eisenwerth,
Darmstadt.
(Fortsetzung von S. 309 d. Bd.)
Beitrag zur Theorie und Berechnung der hydraulischen Regulatoren
für Wasserkraftmaschinen.
Verwendung der Kolbenwegdiagramme zur Untersuchung des
Reguliervorganges.
Wir benützen in diesem Abschnitte die Voraussetzungen und Ergebnisse des obigen
Zahlenbeispieles.
Ist hier, wie gewöhnlich, die gezwungene Bewegung der Tachometerhülse unmittelbar von
der Kolbenbewegung abgeleitet, derart, dass die Hülsenwege den Kolbenwegen
proportional sind, so stellen die Kolbenwegdiagramme gleichzeitig die
Tachometerbahnen dar (ganzer Kolbenhub = Hülsenhub gesetzt).
Dagegen kann im vorliegenden Falle der Verlauf der Füllungen nicht ohne weiteres aus
den Kolbenwegdiagrammen entnommen werden, denn es ist ein veränderliches
Uebersetzungsverhältnis zwischen Kolben- und Schaufelbewegung vorausgesetzt. Im
allgemeinen haben Aenderungen dieses Uebersetzungsverhältnisses auch (meist
annähernd proportionale) Aenderungen des Verhältnisses zwischen Kolbenweg und
Schaufelöffnung zur Folge. Zwischen Schaufelöffnung und Füllung (arbeitender
Wassermenge) der Turbine bestehe im vorliegenden Falle Proportionalität, wie dies im
allgemeinen auch der Fall ist. Doch kann auch jedem anderen Zusammenhange zwischen
Schaufelöffnung und Füllung in entsprechender Weise Rechnung getragen werden, sofern
dieser Zusammenhang (etwa aus Bremsergebnissen des betreffenden Turbinensystemes)
bekannt ist.
Textabbildung Bd. 319, S. 326
Fig. 13.
Es sei also für verschiedene Kolbenstellungen die Grösse der Schaufelöffnung bezw.
der Füllung ermittelt und im Diagramme Fig. 13
dargestellt. Als Abszissen sind die Kolbenwege (1 cm = 0,05 m Kolbenweg)
aufgetragen,als Ordinaten die Füllungen (1 cm = 0,1 Füllung). Mit Hilfe dieses
Diagrammes ist aus dem Kolbenwegdiagramme für „Schliessen“ die Füllungskurve
(Fig. 14 unten) konstruiert, unter der
Voraussetzung, dass die Füllungsänderung von 0,75 Füllung aus erfolge.
Maasstab der Abszissen (Zeit): 1 cm = 0,1 sek.,
Maasstab der Ordinaten: 1 cm = 0,1 Füllung.
Textabbildung Bd. 319, S. 326
Fig. 14.
Zum Vergleiche ist auch die ideelle Füllungskurve entsprechend der ideellen
Schlusszeit von Si =
1,13 sek. (für „Schliessen“) eingetragen, sowie die Kurve, welche der
Asymptote des Kolbenwegdiagrammes entspricht.
Unter Voraussetzung des proportionalen Verlaufes von Turbinenfüllung und -Drehmoment
(s. Einleitung S. 257 links) stellt 1 cm Ordinate = 0,1 Füllung im Füllungsdiagramm (Fig. 14 unten) ein Turbinendrehmoment von 0,1. T1 mkg dar, wenn T1 das Drehmoment bei
Füllung 1 und normaler Umdrehungszahl ist.
Wir wollen annehmen, dass der Servomotor von den vorausgesetzten Abmessungen in
Verbindung mit einem gegebenen Tachometer eine Turbine von
T1 =
573 mkg,
n1 =
250 Umdr./min.
regulieren soll, und dass die erforderlichen Schwungmassen zu
berechnen seien. Als Regulierbedingung sei vorgeschrieben:
Eine plötzliche Belastungsänderung um 20 v. H. der vollen Leistung in dem Gebiete
zwischen 0,5 und 1,0 Füllung darf höchstens eine Aenderung der Umdrehungszahlen von
2 v. H. hervorrufen.
Das Tachometer sei derart gewählt, dass der höchsten Muffenstellung eine
Umdrehungszahl no = 260, der untersten eine Umdrehungszahl n1 = 250 entspreche. Also
\begin{array}{rcl} \mbox{Ungleichförmigkeitsgrad }\delta &=& \frac{260-252}{255}\\ &=&0,0392\\ \mbox{(oder }\ \ \ \ \ \beta
&=&\frac{260-250}{250}\\ &=&0,04\end{array}
nach A. Pfarr).
Wir wollen eine plötzliche Entlastung von 0,75 auf 0,55
der vollen Leistung annehmen, da hierbei die erste Füllungsänderung mit kleinerer
Reguliergeschwindigkeit, also ungünstiger, verläuft als bei einer entsprechenden
Belastungszunahme. (Für „Schliessen“
vi = 0,266 m/sek., für
„Oeffnen“
vi = 0,324 m/sek., vergl. S.
307 u. 309.)
Die Stellung der Tachometermuffe bei 0,75 Füllung ergibt sich aus der zugehörigen
Kolbenstellung. Nach Fig. 13 steht der Kolben 5 cm
von seinem Hubende entfernt, also um 5/30 = 0,1667
seines Hubes. Dementsprechend ist auch die Tachometermuffe um 0,1667 ihres Hubes von
der untersten Stellung entfernt. Daraus folgt die zugehörige Umdrehungszahl
na =
250 + (260 – 250) . 0,1667 = 251,67.
Bei der angenommenen Entlastung darf nun höchstens eine Aenderung um
251,67 . 0,02 = 5,03 Umdr./min.
eintreten.
Die Eigenreibung des Tachometers und die Reibung des vom Tachometer zu bewegenden
Steuerorganes erfordere zur Bewegung der Muffe eine Aenderung von n um 0,5 v. H., d.h. um 1,25 Umdr./min. (gutes
Tachometer und entlastetes Steuerorgan vorausgesetzt). Die Massenwirkung des
Tachometers und des Steuerorganes seien zu vernachlässigen (Federregulator, leichte
Steuerteile bei Anwendung von Vorsteuerung).
Wir behalten zunächst noch die Voraussetzung bei, dass sogleich nach Ueberwindung der
Unempfindlichkeit des Tachometers die Steuerkanäle als voll eröffnet befrachtet
werden können (s. S. 257 rechts). Nach Berechnung der Schwungmassen wird diese
Voraussetzung auf ihre Zulässigkeit zu prüfen sein. Zur Sicherheit und zur Deckung
etwaiger Spielräume in den Gelenken wollen wir aber noch eine weitere Steigerung der
Umdrehungszahlen um 0,25 nach Ueberwindung der Unempfindlichkeit annehmen, bis das
Regulierventil auf „Schliessen“gesteuert ist, so dass also die
Umdrehungszahl im Augenblicke der Einwirkung des Servomotors beträgt:
ns= na + 1,25 + 0,25 =
na + 1,50.
Von diesem Augenblicke an bleibt also noch eine Steigerung um 5 – 1,5 = 3,5 Umdr./min.
zulässig.
Unter Einfluss der Schliessbewegung ändert sich nunmehr die Umdrehungszahl nach der
Beziehung
\begin{array}{rcl} n&=& \frac{30}{\pi\,J}\,\int\,M\,dt+C\mbox{ (s. Einleitung S. 257),}\\ &=&\frac{30}{\pi\,J}\,\int_0^1\,M\,dt+n_s,
\end{array}
wobei:
J = Trägheitsmoment der
Schwungmassen,
M = beschleunigendes Moment,
t = Zeit vom Beginn der Einwirkung des
Servomotors auf die Füllung.
Die Momente M ergeben sich aus dem Füllungs- bezw.
Momentendiagramm Fig. 14, wenn wir noch das
konstante widerstehende Moment der Belastung 0,55 . T1 als Gerade parallel der Zeitachse im
Abstande 5,5 cm von der Füllung 0 aus eintragen. Die Ordinatenstücke zwischen der
Geraden und der Füllungs- bezw. Momentenkurve stellen dann die beschleunigenden
Momente M dar im Maasstabe:
1 cm = 0,1 . 573 = 57,3 mkg.
Die Flächenstücke zwischen der Geraden und der Kurve stellen somit die Grössen ∫M dt dar im Maassstabe
1 qcm = 0,1 . 57,3 = 5,73 mkg × sek.
Nach der Beziehung
n=\frac{30}{\pi\,J}\,\int\,M\,dt+C
erhalten wir einen Zuwachs um 1 Umdr./min. für
\int\,M\,dt=\frac{\pi\,J}{30}\,\mbox{mkg}\,\times\,\mbox{sek.,},
also entspricht 1 qcm Fläche des Momentendiagrammes eine
Aenderung der Umdrehungszahlen von 5,73\,:\,\left(\frac{\pi\,J}{30}\right)
Umdr./min.
In Fig. 14 oben sind für die verschiedenen t die zugehörigen Flächenstücke \int_0^t\,M\,dt als
Ordinaten aufgetragen im Maasstabe
1\mbox{ cm }=1\mbox{ qcm }=\frac{5,73}{\left(\frac{\pi\,J}{30}\right)} Umdr./min.
Die Kurve stellt also den Verlauf der Umdrehungszahlen während
der Schliessbewegung des Regulators dar; n wird ein
Maximum für den Zeitpunkt, wo M = 0 ist (Schnittpunkt
der Geraden des widerstehenden Momentes mit der Momentenkurve). Handelt es sich nur
um Bestimmung der maximalen Aenderung von n, so braucht
man nur die Fläche bis zu diesem Punkte auszumitteln. Es ergibt sich
\frakfamily{F}=4,1 qcm, also wächst die Umdrehungszahl unter
Einwirkung des Servomotors noch um
\frac{4,1\,\cdot\,5,73}{\left(\frac{\pi\,J}{30}\right)}.
Es soll nun im vorliegenden Falle diese Steigerung der Umdrehungszahl ≦ 3,5 sein
(s. o.), also
\frac{4,1\,\cdot\,5,73}{\left(\frac{\pi\,J}{30}\right)}\,\leq\,3,5,
mithin ist erforderlich eine Schwungmasse mit
Trägheitsmoment
J\,\geq\,\frac{4,1\,\cdot\,5,73\,\cdot\,30}{\pi\,\cdot\,3,5}=\,\sim\,64,2,
was einem Schwungkranzgewicht von ∾ 630 kg bei 1 m
Schwerpunktsradius entspricht.
Die Umkehrung der Aufgabe, nämlich bei gegebener Schwungmasse (J) die höchste Umdrehungszahländerung zu bestimmen, oder überhaupt den
zeitlichen Verlauf der Umdrehungszahlen, ist leicht in entsprechender Weise
durchzuführen.
Zum Vergleiche ist in Fig. 14 ausser der schon
ermittelten n-Kurve noch eine „ideelle“
n-Kurve punktiert eingetragen. Sie entspricht der
ideellen Füllungskurve, stellt also den Vorgang unter Vernachlässigung der Massen
des Servomotors dar. Die grösste Aenderung der Umdrehungszahlen während der
Schliessbewegung ist hier etwa das 0,42-fache der vorher ermittelten; es hätte sich daher bei Zugrundelegung eines masselosen
Servomotors eine Schwungmasse ergeben, die noch nicht die Hälfte der richtigen
ausgemacht hätte.
Der Punkt x in Fig. 14
entspricht der maximalen Umdrehungszahl unter der Annahme, dass die Füllungsänderung
nach der um ts
verschobenen ideellen Füllungskurve erfolge (entstanden aus der Asymptote des
Kolbenwegdiagrammes). Es ist also angenommen, dass die Turbine noch während einer
weiteren Zeit ts nach
erfolgter Steuerbewegung regulatorlos sei. Die hiernach gefundene grösste Aenderung
der Umdrehungszahl nach Eingriff der Steuerung ist ∾ 1,2-mal so gross als die oben
genauer ermittelte; es würde sich hiermit ein nur wenig zu grosser Wert der
erforderlichen Schwungmasse (J) ergeben. Aus Fig. 14 ist ersichtlich, dass für die betrachtete
Füllungsänderung auch ohne weiteres die geringfügige Krümmung der ideellen
Füllungskurve hätte vernachlässigt werden können. Man hätte also eine proportionale
Aenderung der Füllungen mit den Kolbenwegen annehmen dürfen gemäss der für eine
mittlere Füllung zwischen 0,75 und 0,55 geltenden Beziehung zwischen Kolbenweg- und
Füllungsänderung.
Es ist jetzt zu untersuchen, ob sich infolge der endlichen
Geschwindigkeit der Steuerbewegung (allmähliche Oeffnung der Steuerkanäle)
im Gegensatz zu der bisher gemachten Annahme der plötzlichen Oeffnung eine merkliche
Abweichung des Vorganges von dem soeben ermittelten ergibt.
Die Zeit, während der das Steuerventil geöffnet wird, bestimmen wir aus der vorläufig
als richtig angenommenen n-Kurve, Fig. 14 oben. Es sei der Ventilhub 12 mm, der
entsprechende Tachometerhub bei Hebelübersetzung 1 : 2 daher gleich 6 mm. Der
gesamte mögliche Tachometerhub für die Aenderung der Umdrehungszahlen von no = 260 bis
n1 = 250 sei 60 mm.
Dann ist für den vollen Ventilhub eine Aenderung der Umdrehungszahlen von (260-250)\,\cdot\,\frac{6}{60}=1 Umdr./min. erforderlich.
In der ermittelten /z-Kurve stellt nun 1 cm dar: \frac{5,73}{\left(\frac{\pi\,J}{30}\right)}
Umdr./min.; mit
J = ∾ 65 ist daher
1\mbox{ cm }=\frac{5,73\,\cdot\,30}{\pi\,\cdot\,65}=0,84 Umdr./min.
Einer Umdrehung pro Minute entsprechen also \frac{1}{0,84}=1,19\mbox{ cm}. Die zugehörige Abszisse der
n-Kurve beträgt ∾ 0,55 cm = 0,055 sek. Also wird
das Ventil in ∾ 0,055 sek. voll eröffnet, vorausgesetzt, dass die von der
Kolbenbewegung abgeleitete „Rückführung“ auf die Ventilbewegung noch ohne
merklichen Einfluss ist. Dies trifft hier genau genug zu, da während 0,055 sek. der
Kolben des Servomotors (nach Kolbenwegdiagramm Fig.
5, S. 274) erst um ca. 2 mm vorgerückt ist.
Die Steuerbewegung erfolgt annähernd mit konstanter Geschwindigkeit, da die n-Kurve in der Zeit der Steuerbewegung fast geradlinig
verläuft.
Um nun den Bewegungsvorgang entsprechend der Veränderlichkeit der Steuerquerschnitte
während des Ventilhubes annähernd richtig verfolgen zu können, nehmen wir zur
Vereinfachung an, dass die Steuerbewegung stufenweise unstetig erfolge, derart, dass
das Ventil eine kleine Strecke plötzlich bewegt wird, eine Zeit lang in dieser
Stellung bleibt, dann wieder plötzlich um eine weitere Strecke bewegt wird usw. Es
ist dann nur noch erforderlich, die Durchflusswiderstände für die betreffenden
Ventilstellungen zu kennen, um die Untersuchung nach der bisher angewandten Methode
durchführen zu können. Es erscheint nicht zweckmässig, eine strenge Lösung der
Aufgabe dadurch anzustreben, dass man die Durchflusswiderstände als Funktion der
Zeit in die Differentialgleichung der Kolbenbewegung einführt. Denn einmal sind
genaue Werte für die Durchflusswiderstände der verschiedenen Ventilstellungen schwer
zu erlangen und dann würde die Lösung der Differentialgleichung sehr verwickelt, wo
nicht undurchführbar.
Die Durchflusswiderstände sind in der Differentialgleichung in den Koeffizienten a und b enthalten (bezw.
in a' für die vereinfachte, angenäherte Form, vergl. S.
276). Für unser Beispiel war:
a' = 16,45.
Der Anteil des Steuerventils an a' war dabei nach S.
293
a'_s=\frac{w_s}{10\,v^2}\,\cdot\,\frac{1}{\frakfamily{M}}=5,16
(für volle Oeffnung).
Bei geschlossenem Ventil ist nun
a's und somit auch a' = ∞.
Für die Annäherungsrechnung wollen wir annehmen, dass a's bezw. a'
sich in drei Stufen plötzlich ändere und zwar sei für die Zeit (gerechnet von Anfang
des Steuerhubes an):
t = 0 bis t = 0,025 sek.,
a' = 100; (also a's für etwa ein drittel offenes Ventil = 88,7),
t = 0,025 bis t = 0,055
sek., a' = 40; (also a's für etwa zwei drittel offenes Ventil = 28,7),
nach t = 0,055 sek., a' =
16,45; (also a's für
offenes Ventil = 5,16).
Die Zahlen für a' sind in Ermanglung von Versuchswerten
geschätzt, dürften aber eher zu hoch als zu niedrig gegriffen sein.
Für den ersten angenommenen Abschnitt der Steuerbewegung (von t = 0 bis t = 0,025 sek.) kann in der S. 276
angegebenen Weise der Kolbenweg s als Funktion von t berechnet werden. Also:
s=\frac{1}{a'}\,\left(ln\,\frac{e^{2\,\sqrt{a'\,e_0}\,\cdot\,t}+1}{2}-t\,\sqrt{a'\,c_0}\right).
Dabei ist a' = 100 und
co wie
bisher = 1,16 zu setzen.
Textabbildung Bd. 319, S. 329
Fig. 15.
Beim Uebergang zum nächsten Abschnitte entsteht zufolge der plötzlichen Aenderung der
Widerstände (Aenderung von a' = 100 auf a' = 40) ein Sprung in der Grösse der
Kolbenbeschleunigung. Dagegen muss die Geschwindigkeit für das Ende des ersten und
den Anfang des zweiten Abschnittes denselben Wert haben; nur entwickeln sich die
Geschwindigkeiten im zweiten Abschnitte nach einem anderen Gesetze, entsprechend der
neuen Grösse von a'. D.h. im zeitlichen Verlaufe der
Geschwindigkeiten entsteht an der Uebergangsstelle zum neuen a' ein Knick. Die Wege s sind zu Ende des
ersten und zu Anfang des zweiten Abschnittes ebenfalls gleich gross; da auch die
Geschwindigkeiten in diesem Zeitpunkte übereinstimmen, so schliesst die Wegkurve des
neuen Abschnittes an der Uebergangsstelle mit gleichbleibender Tangente an die des
vorhergehenden Abschnittes an.
Entsprechend vollzieht sich der Uebergang zu den weiteren Bewegungsabschnitten.
Fig. 15.
Auf Grund dieser Ueberlegung lassen sich die in jedem Abschnitte zurückgelegten Wege
leicht berechnen, indem man zur Bestimmung der jeweiligen Anschlusspunkte der
Wegkurven die Endgeschwindigkeit des vorhergehenden Abschnittes berechnet und diese
als Anfangsgeschwindigkeit des neuen Abschnittes einführt. Dabei sind die Formeln
für v, t und s (S. 276) zu
benützen.
Die auf solche Weise berechneten Werte für das Kolbenwegdiagramm mit Berücksichtigung
der endlichen Geschwindigkeit der Steuerbewegung sind im folgenden den
entsprechenden Werten für unendliche Steuergeschwindigkeit (plötzliche Eröffnung)
gegenübergestellt:
Steuerbewegungmit endl. Geschw.
Steuerbewegung mitunendl. Geschw.
t =
0
sek.
s =
0
m
s =
0
m
0,025
„
0,00036
„
0,00036
„
0,055
„
0,00170
„
0,00176
„
0,300
„
0,03895
„
0,04180
„
Die Unterschiede in der Kolbenbewegung sind hiernach ganz unbedeutend. Die
Voraussetzung der plötzlichen Eröffnung war somit im vorliegenden Falle hinlänglich
genau.
Auch bei noch bedeutend kleineren Steuergeschwindigkeiten würde das Kolbenwegdiagramm
nur sehr wenig von dem ursprünglich angenommenen abweichen, wenn sich dabei nicht
auch der Einfluss der Rückführung auf die Steuerbewegung stärker geltend machen
würde. Bei der Bewegung des Kolbens während der Steuerbewegung wirkt nämlich die von
der Kolbenbewegung abgeleitete Rückführung der vom Tachometer ausgehenden
Steuerbewegung entgegen. Daher kann bei langsamer Tachometerhülsenbewegung das
Steuerventil unter Umständen schon geschlossen werden, ehe noch die volle Oeffnung
der Kanäle hergestellt war. Die grösste mögliche Kolbengeschwindigkeit ist daher in
diesem Falle auch von der Hubgeschwindigkeit des Tachometers abhängig, also in
letzter Linie auch von der Belastungsänderung und den Schwungmassen der Turbine.
Diese Vorgänge, die hauptsächlich bei sehr kleinen Belastungsänderungen in Frage
kommen, lassen sich zwar schrittweise verfolgen, aber eine Vorausberechnung dürfte
kaum noch Anspruch auf Genauigkeit machen, weil hier die Unsicherheit in der Annahme
der Reibungs- und Durchflusskoeffizienten allzusehr die Rechnungsresultate
beeinflussen würde.
Für die mittleren Belastungsänderungen, bei denen im allgemeinen die Voraussetzung
plötzlicher Eröffnung zulässig ist, dürfte dagegen das im Beispiele angewandte
Verfahren genügend genau sein.
Uebersicht über das vereinfachte Verfahren für praktische
Rechnungen.
Für die Praxis ist die Lösung der folgenden Aufgaben besonders wichtig:
Bei vorgeschriebenen Regulierbedingungen und angenommenen Konstruktionsdaten für den
Servomotor sind die erforderlichen Schwungmassen zu ermitteln:
oder:
Bei gegebenen Schwungmassen und angenommenen Konstruktionsdaten für den Servomotor
sind die zu erwartenden grössten Aenderungen der Umdrehungszahlen für bestimmte
Belastungsänderungen zu berechnen.
Für diese Zwecke genügt im allgemeinen ein vereinfachtes Verfahren, das im
Vorstehenden bereits mehrfach berührt worden ist und nun übersichtlich wiedergegeben
werden soll.
Die Rechnung sei vorzunehmen für eine plötzliche Aenderung des
Belastungsdrehmomentes der Turbine von der anfänglichen Grösse Ta auf Tb (mkg). Das
Drehmoment der Turbine bei Füllung 1 und der normalen Umdrehungszahl n1 sei T1. Der Regulator soll
demnach die anfangs vorhandene Füllung f_a=\frac{T_a}{T_1} auf f_b=\frac{T_b}{T_1} ändern.
1. Berechnung der treibenden und widerstehenden statischen Drücke für die Oeffnungs-
bezw. Schliessbewegung des Servomotors. Der Ueberdruck ist Co
kg/qcm (vergl. S.
262).
2. Berechnung der Durchflusswiderstände in kg/qcm bezogen auf das Quadrat der
Kolbengeschwindigkeit v. Der Koeffizient von v2 ist A'=A+\frac{B}{\sqrt{v}}
(vergl. S. 262 und 276).
3. Berechnung der ideellen Kolbengeschwindigkeit vi aus der Gleichung:
{v_i}^2+v_i^{\frac{3}{2}}\,B=C_0 (vergl. S. 274).
4. Berechnung der ideellen Schlusszeit
S_i=\frac{\mbox{Kolbenhub}}{v_i},
bezw. bei veränderlichem Verhältnis zwischen Kolbenweg- und
Füllungsänderung:
S_i=\frac{\mbox{Kolbenweg entsprechend }(f_a-f_b)}{v_i\,\cdot\,(f_a-f_b)},
5. Berechnung der Umdrehungszahländerung infolge Unempfindlichkeit des Tachometers
und etwa vorhandener Spielräume in den Steuerungsteilen. Die Umdrehungszahl ändert
sich bis zum Eingreifen des Servomotors von na auf ns (vergl. S. 327).
Bis hierher ist das Verfahren genau so wie ohne Berücksichtigung der Massenwirkung
des Servomotors. Die Berechnungen 1. bis 5. sind daher auf jeden Fall vorzunehmen.
Ist Massenwirkung zu berücksichtigen (namentlich bei verhältnismässig langen
Rohrleitungen und dabei verhältnismässig kleiner Betriebspressung, vergl. S. 275, so
folgt:
6. Berechnung der Beschleunigungsdrucke (in kg/qcm) herrührend von den Massen der
Betriebsflüssigkeit und den Massen der Getriebeteile des Servomotors,
bezogen auf die Kolbenbeschleunigung i=\frac{dv}{dt}. Verhältnismässig langsam sich
bewegende Getriebeteile können dabei unberücksichtigt bleiben, sofern ihre Massen
nicht ungewöhnlich gross sind (vergl. S. 305). Der Koeffizient von \frac{dv}{dt}, die
reduzierte Masse, ist \frakfamily{M}.
7. Berechnung der Zeit ts (Spielraumzeit infolge Massenbeschleunigung) aus der Beziehung:
t_s=0,693145\,\frac{\frakfamily{M}}{C_0}\,\cdot\,v_i (vergl. S. 276).
8. Berechnung der Fläche \frakfamily{F} des Füllungsdiagrammes (s.
Fig. 14), angenähert, mit Benützung der
Asymptote der Kolbenweglinie:
\frakfamily{F}=(f_a-f_b)\,t_s+\frac{(f_a-f_b)^2}{2}\,\cdot\,S_i;
daraus folgt:
9. Grösste Umdrehungszahl des ersten Regulierabschnittes:
n_{\mbox{max}}\,\sim\,=n_s+\frac{30\,T_1\,\cdot\,\frakfamily{F}}{\pi\,J},
oder, wenn grösste zulässige Aenderung der Umdrehungszahl
vorgeschrieben ist, folgt die erforderliche Schwungmasse aus:
J=\frac{30\,T_1\,\cdot\,\frakfamily{F}}{\pi\,(n_{\mbox{max}}-n_3)}.
Die Fläche \frakfamily{F} ist bei der angenäherten Rechnung etwas
zu gross; daher liefert das Verfahren die nmax oder die J etwas zu
gross und zwar um so mehr, je grösser ts im Verhältnis zu Si und je kleiner die Füllungsänderung fa – fb (absolut) ist. Darin
liegt eine gewisse Sicherheit, die gegenüber der etwas zu günstigen Annahme der
plötzlichen Eröffnung der Steuerkanäle zu j statten kommt.
(Schluss folgt.)