Titel: Zentrifugal-Dampfüberhitzer System Göhrig.
Autor: Vogdt
Fundstelle: Band 319, Jahrgang 1904, S. 378
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Zentrifugal-Dampfüberhitzer System Göhrig.D. R. P. 96679, 107536, ausgeführt von Johann Weber, Dampfüberhitzerbau, Darmstadt. Von Regierungsbaumeister Vogdt. Zentrifugal-Dampfüberhitzer System Göhrig. Seitdem es gelungen ist, die Schwierigkeiten, die sich der Anwendung des Heissdampfes im Dampfmaschinenbetriebe entgegengestellt haben, durch konstruktive Anordnung der Maschinen, Verwendung geeigneter Materialien für Zylinder und Stopfbüchsenpackung, sowie durch Anwendung geeigneter Schmieröle zu beseitigen, ist die Zahl der im Betriebe befindlichen Dampfüberhitzer beständig gewachsen. Da einerseits die Kenntnis der Eigenschaften des überhitzten Dampfes noch eine lückenhafte, andererseits aber das Bedürfnis nach Dampfüberhitzern ein ausserordentlich lebhaftes ist und die zu erfüllenden Bedingungen sehr vielseitige sind, so ist die Zahl der verschiedenen Bauarten gleichfalls eine grosse. Unter Erfüllung der unerlässlichen praktischen Forderungen wie Betriebssicherheit, Regulierbarkeit, Zugänglichkeit, leichte Reinigung von Ablagerungen usw. bleibt selbstverständlich die Aufgabe jedes Ueberhitzers die, den vom Kessel erzeugten Nassdampf mit dem geringsten Maass von Ueberhitzerheizfläche bei wirtschaftlicher Wärmeausnützung in Heissdampf zu verwandeln. Es ist nun aber eine bekannte Tatsache, dass überhitzter Dampf ein schlechter Wärmeleiter ist und dass demnach die Verbreitung der Wärme innerhalb des Dampfes, der z.B. ein gerades glattes Rohr durchströmt, nur langsam vor sich geht. Aus diesem Grunde ist bei vielen Ueberhitzern eine Teilung des Dampfstrahles durch Anordnung von Bündeln vieler enger Rohre vorgenommen. Sofern diese Rohre aber gerade sind, ist zur Durchheizung des dieselben durchströmenden Dampfes eine verhältnismässig grosse Heizfläche erforderlich, da ja nur der äussere Dampfmantel unmittelbar mit der Heizfläche des Ueberhitzers in Berührungkommt und im übrigen die Wärmeübertragung auf den Dampfkern durch den schlecht leitenden Dampf vermittelt werden muss. Zur Behebung dieses Uebelstandes ist von den Oberschlesischen Kesselwerken B. Meyer in Gleiwitz der sog. „Stern-Ueberhitzer“ konstruiert worden, bei dem in den Ueberhitzerrohren eine eingewalzte Sternrippe liegt.S. D. p. J. 1903, 318, 154. Die Rippen dieses Sternes verlaufen in steilen Schraubenlinien und bezwecken dem an ihnen entlang fliessenden Dampf eine drehende Bewegung zu geben. Dadurch sollen die schwereren und kälteren Dampfteilchen an die äussere heisse Rohrfläche geschleudert und dort überhitzt werden. Die eingewalzte Rippe macht die Herstellung der Ueberhitzerrohre schwierig und daher teuer und ergibt ein grosses Gewicht. Die nachteiligen Folgen der grösseren Reibungsfläche müssen dabei mit in den Kauf genommen werden, auch erschwert das hohe Gewicht den Einbau eines solchen Ueberhitzers in vielen Fällen nicht unerheblich, was besonders auch bei Schiffskesseln der Fall sein dürfte. Versuche ergaben, dass die durch die innere Rippe erzielte Vermehrung des Wärmedurchganges, auf 1 qm Aussenheizfläche bezogen, 40–50 v. H. beträgt, dagegen auf 1 kg Rohrgewicht bezogen nicht sehr gross ist und 10–15 v. H. gegenüber glatten geraden Rohren kaum überschreiten dürfte.Z. d. V. D. J. 1903, S. 1587. Wesentlich einfacher und wirksamer ist der Zentrifugalüberhitzer, System Göhrig. Hier ist ohne die genannten Nachteile die Absicht erreicht, durch drehende Bewegung des Dampfes beständig die kälteren und schwereren Dampfteile mittels ihrer Zentrifugalkraft mit der heissen Innenwand des Ueberhitzerrohres in Verbindung zu bringen. Hieraus ergibt sich ein hohes Temperaturgefälle zwischen den äusseren Heizgasen und den die Rohrwandung innen berührenden Dampfteilchen, so dass auf diese Weise eine gute Wärmeausnützung gewährleistet wird. Gleichzeitig werden die Rohre durch die Berührung mit den kälterten Dampfteilchen andauernd gut gekühlt und es wird hierdurch ein günstiger Einfluss auf die Lebensdauer der Rohre ausgeübt. Textabbildung Bd. 319, S. 379 Fig. 1. Textabbildung Bd. 319, S. 379 Fig. 2. Jedes Element des Zentrifugalüberhitzers besteht aus einem aussen und innen glatten, nahtlosen Stahlrohre von 30–40 mm lichtem Durchmesser und 5 mm Wandstärke. Das Rohr ist aber nicht wie bei den meisten anderen Ueberhitzern ⋃-förmig gebogen, sondern schraubenförmig gewickelt (Fig. 1). Das eine Ende jedes Rohrelementes ist an ein Verteilungsrohr angeschlossen, welches den vom Dampfkessel kommenden Rohdampf aufnimmt, das andere Rohrende führt den erzeugten Heissdampf in ein allen Elementen gemeinsames Sammelrohr (Fig. 2). Die Strömungsrichtung des Dampfes ist durch Pfeile angedeutet. Die Dampfgeschwindigkeit in den Rohrspiralen beträgt 10–15 m/sek. und wird nur in Ausnahmefällen gesteigert. Sämtliche Rohrverbindungen sind dem Feuer entzogen. Material und Wandstärke der Ueberhitzerelemente machen diese für Erzielung starker Ueberhitzungen bei Anwendung hoher Dampfdrücke geeignet. Durch die Expansionsfähigkeit der Rohrspiralen nehmen letztere die eintretenden Ausdehnungen in sich auf, ein Grund, weshalb die Rohrspiralen bei senkrechter Anordnung eine feste Auflagerung erhalten können. Für den Fall, dass eins der Elemente schadhaft wird, ist es möglich, jedes einzelne Element für sich auszuschalten, In zwei bis drei Stunden ist eine Ersatzspirale einschliesslich der Maurerarbeiten einzusetzen. Die Ausschaltbarkeit einzelner Elemente gewährt ausserdem einen Vorteil für den Sonderfall, dass mit dem Ueberhitzer Versuche bei Anwendung verschieden grosser Ueberhitzerheizflächen gemacht werden sollen, also z.B. in den Maschinenlaboratorien technischer Lehranstalten. Textabbildung Bd. 319, S. 379 Fig. 3. Mit Luftkühlung versehene Chamotteklappen gestatten Regulierung sowie völlige Ausschaltung des ganzen Ueberhitzers. Für den letzteren Fall ist eine Umgangsleitung vorgesehen, durch welche der Maschine Rohdampf oder gemischter Dampf zugeführt werden kann. An dem Ueberhitzer sind angebracht: ein Sicherheitsventil und ein Thermometer sowie eine Vorrichtung zum Einsetzen eines Kontrollthermometers,ferner ein Ventil zum Ablassen des Niederschlagwassers, sowie das Absperrventil für den Heissdampf-Russbläser. Textabbildung Bd. 319, S. 379 Fig. 4. Bei wagerechter Achse der Ueberhitzer-Elemente bieten die Rohrspiralen dem Russ nur sehr wenig Fläche zum Ablagern. Der angesetzte Russ kann unschwer durch einen Dampfstrahl abgeblasen werden. Fig. 3 zeigt die Anordnung des Russabblaseapparates für die senkrechte Lage der Ueberhitzerelemente. Jede einzelne Rohrspirale des Ueberhitzers ist durch eine Düse a für die Einführung des Russabbläsers zugänglich gemacht. Diese gusseisernen und mit Verschlüssen versehenen Düsen sitzen zentrisch zu den Rohrspiralen. Der Russabbläser selbst besteht aus dem Strahlrohr b, welches an seinem unteren Ende kleine Oeffnungen für den Dampfaustritt trägt. Das Strahlrohr ist durch den Schlauch c mit dem an der Heissdampfleitung sitzenden Ventile d verbunden. Die Reinigung der Rohrspirale von Russ erfolgt in der einfachsten Weise dadurch, dass bei geöffnetem Ventile d und Düse a das Strahlrohr b senkrecht auf und ab bewegt wird. Textabbildung Bd. 319, S. 379 Fig. 5. Diese Russabblasevorrichtung, die jederzeit eine Reinigung der Ueberhitzerrohre gestattet, bildet einen Hauptvorzug des Zentrifugalüberhitzers, Die nachteilige Wirkung der Russablagerung auf Ueberhitzerrohren ist u.a. auch durch die im Auftrage des V. D. J. angestellten Versuche erwiesen worden. Unter besonders ungünstigen Verhältnissen hat man beobachten können, dass infolge von Ueberdecken der Heizfläche mit Flugasche in drei Tagen die Dampftemperatur um 40° C sank.“Z. d. V. D. J. 1903, S. 1586. Die Ueberhitzer-Elemente werden je nach dem Kesselsystem mit wagerechter oder senkrechter Achse eingebaut. Bei Wasserrohrkesseln liegt der Ueberhitzer zumeist unter dem Oberkessel. Die Führung der Heizgase ist aus den in der Fig. 4 angegebenen Pfeilen ersichtlich, ebenso die Regulierklappe und die Leitungen für Entnahme des Rohdampfes und des Heissdampfes. Die schmiedeeisernen Verteilungs- bezw. Sammelrohrefür den Rohdampf und für den Heissdampf liegen seitlich ausserhalb der Einmauerung. Bei Flammrohrkesseln wird der Zentrifugal-Ueberhitzer zweckmässig hinter den Kessel senkrecht eingebaut. Günstig ist hierbei der Umstand, dass die Einmauerung des Ueberhitzers nur geringe Abkühlungsflächen am Mauerwerk darbietet. In Fig. 5 ist die Anwendung des Zentrifugalüberhitzers als Zentralüberhitzer dargestellt. Die unteren, dem Feuer zunächst liegenden Elemente erhalten den frischen, also nassesten und infolgedessen am stärksten kühlenden Kesseldampf, der von da getrocknet und schwach überhitzt den Ueberhitzer passiert, um schliesslich an der von den abgekühlteren Heizgasen bestrichenen Röhrenpartie vollkommen überhitzt entnommen zu werden. Die Wirkung der Zentrifugalkraft kommt hier der Haltbarkeit der Ueberhitzerrohre durch die andauernde Kühlung letzterer in besonders hohem Maasse zugute.