Titel: | Die Neuanlage des Königlichen Materialprüfungsamtes in Gross-Lichterfelde, West. |
Autor: | K. Memmler |
Fundstelle: | Band 319, Jahrgang 1904, S. 537 |
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Die Neuanlage des Königlichen
Materialprüfungsamtes in Gross-Lichterfelde, West.
Von K. Memmler, ständiger Mitarbeiter des
Kgl. Materialprüfungsamtes.
(Fortsetzung von S. 508 d. Bd.)
Die Neuanlage des Königlichen Materialprüfungsamtes in
Gross-Lichterfelde, West.
Textabbildung Bd. 319, S. 537
Fig. 4. Maschinenbaus. C (Fig. 2).
Der für den Betrieb der Kraftzentrale und für Heizzwecke erforderliche Dampf von 8½
atm Spannung wird in drei Doppelkesseln von je 70 qm Heizfläche erzeugt. Die Kessel
haben im Unterkessel zwei Flammrohre mit je 3 Gallowayröhren. Hinter den Oberkesseln
sind Heringsche Ueberhitzer von je 20 qm Heizfläche
eingebaut, die den Dampf um etwa 100° C überhitzen. Die Speisung erfolgt entweder
mittels zweier Schwade scher Automatpumpen aus dem
Sammelkasten für Kondenswasser der Heizleitungen oder durch Injektor aus der
Wasserleitung. In beiden Fällen wird die Menge des Speisewassers durch einen Siemens-Wassermesser gemessen. Die gemeinsame
Sammelleitung (100 mm l. W.) speist drei Zweigleitungen, nämlich die
Dampfmaschinenleitung (100 mm l. W.), die Heizleitung (94 mm l. W.) und die
Arbeitsdampfleitung (70 mm l. W.) für die Laboratorien usw. Sämtliche Dampfleitungen
sind durch eine 35 mm starke Kieselguhrschicht mit Nesselleinwandummantelung
isoliert.
Die Anlage soll später auch Versuchszwecken nutzbar gemacht werden, weswegen die
Dampfzylinder der Maschinen sowohl aus der 100 mm als auch aus der 70 mm
Dampfleitung gespeist werden können.
Eine Reihe von Messvorrichtungen wie Dezimalwagen zur Messung des Kohlenverbrauchs,
Rauchschieberskalen, Zugmesser, Thermometer sowie ein Ados-Apparat
(Rauchgasanalysator) ermöglichen eine ständige Betriebskontrolle im Kesselhaus. Das
Maschinenhaus (Fig. 4) enthält
zweiDampfmaschinen, die elektrische Licht- und Kraftzentrale sowie zwei
Presspumpen und Akkumulatoren für den hydraulischen Betrieb.
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Fig. 5. Steuerung der Werder- und Martens-Maschinen.
Die Dampfmaschinen, Tandemmaschinen mit zweistufiger Expansion und Kondensation von
der Maschinenfabrik Wilhelmshütte in Eulau, leisten im
Maximum 90 PS, bei 0,11 Gesamtfüllung und normal 65 PS bei 0,8 Füllung. Die
Kondensation ist an eine Rückkühlung nach Balcke
angeschlossen. Die Kondensate der Dampfmaschinen sowie das verbrauchte
Einspritzwasser werden über Koksfilter in ein Sammelbassin geleitet, von wo sie
teils zur Kesselspeisung verwendet, teils durch die Schwade-Pumpen im Maschinenhaus auf den Rückkühlturm gefördert werden. Das
durch den Kühlturm auf etwa 25° abgekühlte Wasser wird von der Pumpe der
Maschinen-Kondensatoren angesaugt und wiederum zur Einspritzung benutzt. Für die
beiden Schwadepumpen ist besondere
Oberflächenkondensation vorgesehen, mit deren Hilfe der Dampfverbrauch der Pumpen
festgestellt werden kann. Die beiden Dampfmaschinen betreiben durch Riemenzug
je eine Siemenssche
Gleichstromnebenschlussdynamomaschine von 60 KW Leistung, die den Strom für den
Betrieb von Elektromotoren, von elektrischen Schmelz- und Glühöfen sowie für die
Beleuchtung in das Leitungsnetz mit 220 Volt Spannung abgeben und unter Zuhilfenahme
einer kleinen Zusatzdynamo, die im Akkumulatorengebäude untergebrachte
Pufferbatterie von 120 Elementen aufladen. Letztere hat eine Kapazität von 567
Ampèrestunden, liefert bei 220 Volt Spannung drei Stunden lang im Maximum 189 Amp.
und dient zur Speisung des Stromnetzes während der Betriebspausen, insbesondere zur
Hergabe von Strom für Beleuchtungszwecke von 6 Uhr abends bis 7 Uhr morgens.
Die Erzeugung des für den Betrieb der Prüfungsmaschinen gebrauchten Presswassers
geschieht durch zwei getrennt von einander arbeitende Pumpwerke die als stehende
Dreikolbenpresspumpen jede den zugehörigen Akkumulator speisen und von hier aus das
Druckwasser ingetrennten Rohrleitungen mit 200 bezw. 400 Atm. Betriebsdruck nach den
Gebrauchsstellen leiten. Auf die Hydraulikanlage der neuen Anstalt, deren
Konstruktionseinzelheiten für den Anstaltsbetrieb von weitgehendster Bedeutung ist,
sei im folgenden etwas näher eingegangen.
Die gesamte Anlage ist von der Nürnberger
Maschinenbaugesellschaft geliefert.
Die über getrennte aber kuppelbare Vorgelege von zwei 6 PS-Elektromotoren
angetriebenen Presspumpen für 200 und 400 atm Druck liefern 10 bezw. 5 l Wasser i.
d. Minute. Sie speisen zwei Dampfakkumulatoren, die in die Druckleitungen
eingeschaltet sind, um bei dem ausserordentlich schwankenden Verbrauch an
Druckwasser, die für den Betrieb der Festigkeitsmaschinen störenden
Druckschwankungen möglichst zu vermeiden.
Der untere Teil der Akkumulatoren, der Dampfzylinder, ragt in den Kellerraum hinein
und ist mit Dampfmantel versehen, der durch Wärmeschutzumhüllung gut isoliert ist,
Auf den Dampfkolben wirkt der Kesseldruck von 8½ atm. Die Kolbenstange, aus
geschmiedetem Deltametall hergestellt, bildet den Kolben für den Presszylinder.
Letzterer fasst beim 200 atm-Akkumulator 40 l, beim 400 atm-Akkumulator 20 l. Die
Presspumpen werden mittels Kippschalter, die in die Stromleitung zu den Motoren
eingeschaltet sind, von den zugehörigen Akkumulatoren selbsttätig ein- und
ausgeschaltet, je nach dem der Presszylinder leer oder mit Druckwasser gefüllt ist.
Bei plötzlicher starker Entnahme von Presswasser (etwaigen Rohrbrüchen) wird das
Anschlagen des Dampfkolbens an den oberen Zylinderdeckel dadurch verhindert, dass
der Presskolbenim oberen Teil als hydraulisch wirkende Bremse ausgebildet ist.
Der Raum über dem Dampfkolben ist mit den Kondensatoren der Dampfmaschinen in
Verbindung gebracht. Die Entwässerung geschieht durch Automaten, die an die
Kondenswasserleitungen angeschlossen sind. Die von den Akkumulatoren abzweigenden
Hochdruckrohrleitungen sind sämtlich in den geräumigen und bequem zugänglichen
Rohrkanälen verlegt. Sie haben 26 mm l. W. für die 200 atm und 16 mm l. W. für die
400 atm Leitung. Das Rohrnetz ist stellenweise als Ringleitung ausgebildet.
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Fig. 6. Normalien für die Steuerungen.
201, 221, 241, 207, 227, 213, 232,
252, 213, 218, Muttern und Schrauben aus Bronze mit Normalgewinde; 203, 223,
Zeigerscheiben. – 204, 224, 244 Manschettenscheiben. – 206, 220,
Manschettenringe. – 207, 227, Einsetzhülsen. – 219, Verschlusskegel. – 220,
Ventilkugel; 215, 235, 216, 236, 217, 237, Manschettenpressen und Locher aus
Eisen mit Stahleinsätzen. – 202 bis 202 b, 222 bis 222 b 242, 214, 134,
Ventilstifte und Schrauben aus harter Bronze. – 228, 209, 229, 210, 230, 211,
231, Schraubenschlüssel aus Eisen. – 205, 225, Ledermanschetten. – 242a,
Ventilstift harter Stahl. – 245, Kupfermanschetten.
Ein Verbindungsstrang unter dem Maschinenhaus lässt die
Möglichkeit zu, gelegentlich auch mit beiden Pumpwerken in die 200 atm Leitung zu
speisen. In die Leitung sind an mehreren Stellen Schlammfänger mit herausnehmbaren
Siebböden sowie Entlüftungs- und Entwässerungsverschraubungen eingebaut. Die
einzelnen Ring- und Zweigleitungen sind durch entlastete Ventile abzusperren, so
dass die einzelnen Abteilungen bei Betriebsstörungen unabhängig von einander
arbeiten können. In den Kellern oder Kanälen unterhalb der Prüfungshallen sind in
die Leitung Verteilungsstücke eingebaut, die gewöhnlich den Anschluss von sechs
Nebenleitungen gestatten. Diese Nebenleitungen sind durchweg aus gezogenen
Kupferrohren mit engen Rohrquerschnitten hergestellt. Zur Ueberwindung grosser
Kolbenwege ohne Belastung, sind die Prüfungsmaschinen mit Kupferrohren von grösserem
Innendurchmesser an die städtische Wasserleitung angeschlossen. Alle kupfernen Zu-
und Abflussleitungen der Maschinen münden in einem für jede Maschine besonders
aufgestellten Steuerkörper, die im allgemeinen nach Fig.
5 ausgeführt sind. Der Ventilkörper selbst besteht aus geschmiedetem
Deltametall, für die Ventilspindeln ist besonders harte Phosphorbronze zur
Verwendung gekommen. Die Rohranschluss- und Verbindungsteile, die Zubehörteile zu
den Steuerkörpern, die Manometeranschlüsse und Rückschlagventile sowie die
Manschetten, Manschettenringe und -Pressen sind sämtlich einheitlich nach einem
besonderen Normalienplan hergestellt. Seine Hauptteile, deren Nummern auch in Fig. 5 eingetragen sind, sind in Fig. 6 mit den erforderlichen Erläuterungen
wiedergegeben, weil anzunehmen ist, dass Einzelheitenderselben für den einen
oder anderen unserer Leser gelegentlich von Interesse sein dürften.
Das der Fig. 5 beigegebene Bohrungsschema
veranschaulicht die innere Konstruktion der Steuerkörper. Um die Rohre der
Wasserleitung, die wie schon erwähnt, zur Leistung der Leergangsarbeiten und somit
zur Ersparnis von Presswasser an alle Maschinenzylinder herangeführt ist, bei
fehlerhafter Bedienung der Ventile vor etwaiger Ueberlastung durch Presswasser zu
schützen, ist in jeden Leitungsstrang ein Sicherheitsventil eingeschaltet, welches
bei 5 atm abbläst.
(Fortsetzung folgt.)