Titel: Neuerungen auf dem brautechnischen Gebiete in der Ausstellung für Spiritusverwertung und Gärungsgewerbe in Wien.
Fundstelle: Band 319, Jahrgang 1904, S. 684
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Neuerungen auf dem brautechnischen Gebiete in der Ausstellung für Spiritusverwertung und Gärungsgewerbe in Wien. Neuerungen auf dem brautechnischen Gebiete in der Ausstellung für Spiritusverwertung usw. Die Ausstellung für Spiritusverwertung und Gärungsgewerbe wies insbesondere auf dem Gebiete der Brauereimaschinen sehr ansehnliche und bemerkenswerte Gegenstände, darunter zahlreiche neue Konstruktionen, auf. Die wichtigsten unter ihnen sollen in nachstehenden Ausführungen besprochen werden, wobei zu bemerken ist, dass solche Neuheiten vorwiegend von deutschen Firmen zur Ausstellung gebracht wurden und sich bei den zahlreichen Besuchern aus Fachkreisen ungeteilter Aufmerksamkeit und Anerkennung zu erfreuen hatten. Beim Eintreten in die Rotunde fiel den Besuchern der Riesenbau einer vollständigen Sudanlage für 100 hl Guss zunächst ins Auge, welche den bedeutendsten Gegenstand der ganzen Ausstellung bildete. Dieses Sudwerk war von der Firma J. Göggl & Sohn in München mit grossen Opfern und bedeutenden Kosten zur Aufstellung gebracht. Die grosse Anlage ruhte auf einem starken, aus eisernen Säulen und Trägern konstruierten Gerüst. Das Sudwerk war für 6000 kg Malzschüttung und derartig eingerichtet, dass ein Maischbottich von 5,2 m Durchmesser, sowie zwei Läuterbottiche von je 4 m Durchmesser aufgestellt wurden. Die Teilung wurde vorgenommen, damit ein allzu grosser Durchmesser des Läuterbottichs vermieden werde. Die Maischpfanne fasste 285 hl, während die gleichfalls aus getriebenem Kupferblech hergestellte Würzepfanne 560 hl Inhalt besass. Diese musste bekanntlich auf einem Floss über den Wasserweg, die Donau, nach Wien gebracht werden, da die Abmessungen für den Bahntransport zu gross waren. Die Dampfkochung der Pfanne erfolgte durch einen Doppelmantel, während der Antrieb des Rührwerkes von unten durch einen Elektromotor bewerkstelligt wurde. Für die Abdichtung war durch geeignete Stopfbüchsenanordnung gesorgt. Der Maischbottich besass lediglich einen Propellerflügel, der für zweierlei Umdrehungszahl gepaart war. Zur rationelleren Durchmaischung war ein „rundes Gelenk“ vorgesehen. Die beiden Aufhackmaschinen wurden auf hydraulischem Wege aus den Trebern gehoben und gesenkt, ebenso die Bottichdeckel, wodurch die Reinigung sehr erleichtert ist. Der Antrieb sämtlicher bewegten Teile erfolgte durch einzeln angebrachte Elektromotoren, sodass keinerlei Riemenübertragungen im Sudhause vorkamen. Zwei Zentrifugalpumpen für 150 und 100 mm Rohrweite dienten zur Beförderung von Maische und Würze; die hydraulische Kraft wurde durch eine doppelt wirkende Kolbenpumpe im Kellergeschoss geliefert. Die beiden Läuterbatterien waren mit nicht saugenden Hähnen versehen, um zu verhindern, dass Luft eingesogen wurde. Die Anordnung der Ausstellung ist dadurch interessant, dass die Rohrleitungen möglichst verdeckt und dennoch leicht zugänglich angeordnet wurden. Die Ventile sind unmittelbar an den Maischkästen angebracht und die verschiedenen Manometer und Zuführungsventile in sehr übersichtlicher Weise vereinigt. Ein zweites von der Maschinenfabrik A. Steinecker in Freysing in der Rotunde aufgestelltes Sudwerk ist für1200 kg Malzschüttung gebaut. Die Pfanne besitzt Dampfkochung durch Doppelboden und wird durch den Abdampf der Betriebsmaschine geheizt, was durch die eigenartige Form des Bodens ermöglicht wird. Letzterer besitzt nämlich in der Mitte eine trichterförmige Erhöhung, wodurch infolge der grösseren Heizfläche eine besonders kräftige Durchkochung der Würze erzielt wird. Die Umkleidung der Pfanne besteht aus 3 mm starkem Stahlblech mit Metallbesatz. Die Pfanne selbst fasst im ganzen 90 hl. Der Bottich, Maisch- und Läuterbottich gemeinsam, ist mit einem neuen System einer Maischmaschine versehen, welche gleichzeitig das Aufhacken und Austrebern besorgt. Die Maschine besteht aus einem Grundflügel und aus zwei an den Bottichwänden angebrachten verstellbaren Flügeln. Zum Auftrebern und Aufhacken wird der Grundflügel hydraulisch gehoben und gesenkt. Der Metalläuterboden besitzt gefräste, 45 mm lange Schlitze. Die Bottichbekleidung besteht aus Holz. Die Läuterbatterie besitzt sechs Hähne mit Schwenkausläufen für trübe und klare Würze. Beide Bottiche sind mit Hauben gedeckt, welche in getriebenem Kupfer ausgeführt sind. Die Beförderung der Maische und Würze geschieht durch eine Zentrifugalpumpe eigener Bauart. Pfanne und Bottich besitzen als Gerüst Zylinder aus 7 mm starkem Kesselblech, in welchen die von einem Elektromotor ausgehenden Antriebe geschützt und betriebssicher untergebracht sind. In der Abteilung für Brauerei waren auch die für die österreichische Brauindustrie wegen der Biersteuerkontrolle besonders wichtigen Bierwürze-, Mess- und Kontrollapparate in zwei verschiedenen Systemen vertreten, und zwar zunächst das ältere System Ehrhard-Schau, welches nach den Verordnungen des österreichischen Finanzministeriums bisher ausschliesslich zur amtlichen Erhebung der Brauwürzemengen in Brauereien mit über 20000 hl Jahreserzeugung zugelassen wurde. Die Wirkungsweise dieses Apperates beruht auf dem Prinzipe der kommunizierenden Gefässe, indem ein Standrohr des Messapparates durch Rohre mit der Braupfanne in Verbindung steht. Mit Hilfe dieses Standrohres erfolgt die Probeentnahme und Messung. Daneben war ein zweites neues System von der Firma Skodawerke A.-G. in Pilsen ausgestellt, welches von der Finanzbehörde gleichfalls mit sehr zufriedenstellendem Erfolge geprüft wurde. Die Wirkungsweise dieses Systems ist folgende: Der Apparat wird im Sudhause in der Nähe der Würzepfanne aufgestellt und entnimmt der Pfanne zwei Würzeproben, deren Gewicht proportional der Würzemenge in der Pfanne ist. Durch einfache Multiplikation des Gewichtes der entnommenen Probe mit einem bei Aufstellung des Apparates ermittelten Koeffizienten wird das Gewicht der zu versteuernden Würze bestimmt. Aus dem absoluten Gewichte und der bei vorgeschriebener Temperatur ermittelten Sachometeranzeige lassen sich die Hektolitergrade genau berechnen. Die eine Probe, welche der Messapparat entnimmt, gelangt in ein Gefäss innerhalb des Apparates, welcher vom amtierenden Finanzbeamten durch eine Tür entnommen werden kann; die zweite Probe jedoch in einen Behälter, welcher nur der Superkontrolle zugänglich ist. Da der Superkontrolleur nicht bei jedem Gebräu anwesend sein kann, so werden acht solche Proben im Apparate aufbewahrt. Um die Gärung dieser Proben zu verhindern, werden dieselben durch eine Paraffinplatte luftdicht abgeschlossen. Textabbildung Bd. 319, S. 684 Fig. 1. Der Apparat besteht aus einem mehrteiligen Gehäuse, in dessen mittlerem Teile sich ein selbsttätig bewegter Hahn befindet, welcher durch ein Rohr mit der Braupfanne verbunden ist. Ueber dem Hahnwirbel ist das Standrohr befestigt. Vermittels dieses Hahnes wird das Standrohr mit Bierwürze gefüllt und dann der Inhalt in ein im unteren Teile befindliches Probegefäss entleert. Die selbsttätige Bewegung des Hahnes und der Gefässe erfolgt durch eine ausserhalb des Gehäuses angebrachte Handkurbel, die ein Schneckengetriebe mit Nutenring betätigt. Auf der linken Seite befindet sich eine Hemmvorrichtung, welche zur selbsttätigen Festhaltung der Hähne für Würzezulauf in deren Schlusslagen dient. Die Hemmung geschieht im Gegensatze zum ersterwähnten System, wo dieselbe mittels mit Glyzerin gefüllten Membranen erfolgt, durch Sperrschlösser, welche durch ein undehnbares Metallband vom Apparate aus betätigt werden. Durch diese Sperrung kann das Pfannenablassventil nicht früher geöffnet werden, bevor nicht mit dem Apparate die Erhebung gemacht wurde. Ein angebrachtes Zählwerk zeigt die Anzahl der vorgenommenen Erhebungen an. Zur Reinigung der Rohrleitungen dient eine eigene Wasserzuleitung für kaltes und warmes Wasser. Die Leitung kann jedoch nur bei der Nullstellung des Apparates durch einen Hahn geöffnet werden. Sämtliche beweglichen Teile sind in sicheren, geschlossenen eisernen Gehäusen untergebracht, wodurch eine grössere Betriebssicherheit gewährleistet wird. Dieser Apparat dürfte neben den bisher vom Finanzministerium eingeführten Systemen jedenfalls auch in Verwendung kommen. Die Maschinenfabrik Ferdin. Emil Jagenberg in Düsseldorf hat als besondere Neuheit eine Flaschen-Etikettiermaschine (Fig. 1) im Betriebe vorgeführt, welche vollkommen selbsttätig arbeitet. Die Etikette gelangt von dem Behälter auf die sechseckige Klebstofftrommel, empfängt hier einen gleichmässigen Klebstoffauftrag, wird von der Trommel durch selbstwirkende Greifer abgezogen, über die Flasche gelegt und durch die darüber angeordnete Vorrichtung an die Flasche angedrückt. Textabbildung Bd. 319, S. 684 Fig. 2. Die Flasche wird durch eine Transportvorrichtung selbsttätig weitergerückt und gelangt unter einen elastisch pressend wirkenden Gurt, welcher die Etikette nochmals fest um die Flasche drückt. Es können auch gleichzeitig zwei Etiketten aufgeklebt werden.Wie die Firma uns mitteilt, soll eine derartige Maschine auch auf der anlässlich des Brauertages in Berlin vom 8. bis 16. Oktober stattfindenden Ausstellung von Brauereimaschinen gezeigt werden. Erwähnt möge an dieser Stelle auch die vielverbreitete vereinfachte Etiketten-Gummiermaschine von Jagenberg sein, die durch Fig. 2 veranschaulicht und besonders von kleineren Betrieben dazu bestimmt ist, entweder eine geringere Anzahl Flaschen gleicher Form oder Flaschen von verschiedenen Formen zu etikettieren. Ihre Vorzüge sollen neben sparsamen Verbrauchs an Gummi sein, dass sie die Verwendung ungummierter Etiketts gestattet, die etwa ⅓ billiger sind als gummierte, und dass die frisch gummierten Etiketts sofort aufgeklebt werden, wodurch das Anfeuchten überflüssig wird. Textabbildung Bd. 319, S. 685 Fig. 3. Textabbildung Bd. 319, S. 685 Fig. 4. Textabbildung Bd. 319, S. 685 Fig. 5. Die Firma Mälzerei-Anlagen „System Bernhard Fischer“ in Heidelberg hatte bei der Firma L. A. Riedinger eine Braumalz-Dampfdarre ausgestellt (Fig. 35). Sie ist mit einer muldenförmig ausgeklappten Plandarre zu vergleichen, mit einer oberen und einer unteren Horde, in welchen sich je zwei Wenderelemente befinden, von denendas eine nach rechts, das andere nach links schiebt und welche einen Kreislauf des ganzen Inhaltes bewirken, während eine unter der unteren Horde befindliche Dampfheizung warme Luft erzeugt, die vermittelst natürlichen oder künstlichen Zuges abgesaugt wird. Die Wenderelemente werden zeitweise in Bewegung gesetzt; sie machen etwa eine halbe Umdrehung i. d. Minute. Die oberen Wender sind nach einem patentierten System ausgeführt, während die unteren aus Rohren bestehen, welche durch direkten Dampf während des Abdarrens geheizt werden. Die Böden der Horden sind zum Aufklappen eingerichtet, sodass die Entleerung der oberen nach der unteren Horde oder der letzteren in einer Minute erfolgt. Da nun das Beladen, Wenden und Entleeren der Horden ganz mechanisch erfolgt, so ist zur Bedienung mehrerer Darren nur ein Mann erforderlich. Die von Carl Hauschild, Stralau-Berlin, ausgestellte pneumatische Getreide- und Malzbeförderung besteht aus einem Rezipienten, dem Abnehmer, einer Luftpumpe und der zugehörigen Rohrleitung. Der Rezipient wird über dem Räume angebracht, wohin das Getreide befördert werden soll. Dicht darunter befindet sich der Abnehmer in Form einer Kugel, welche durch Stirnräder-Uebertragung in eine langsam drehende Bewegung gebracht wird. In diesem Abnehmer sammelt sich das Getreide, welches durch Ansaugen vorher in den Rezipienten gelangte, an; da dieser Abnehmer in Kammern geteilt ist und rotiert, so entleert sich immer die senkrecht nach unten geöffnete Kammer in die verschiedenen Abzweigungen, wohin der Transport geleitet werden soll. Bis in den Rezipienten geschieht die Beförderung mit verdünnter Luft, also Saugluft, von dem Abnehmer durch die eigene Schwere des Getreides oder Malzes. (Fortsetzung folgt.)