Titel: Allgemeine Betrachtungen über Krane und einige dazu gehörige Konstruktionen.
Autor: H. Rieche
Fundstelle: Band 319, Jahrgang 1904, S. 757
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Allgemeine Betrachtungen über Krane und einige dazu gehörige Konstruktionen. Von H. Rieche, Cassel. (Fortsetzung von S. 744 d. Bd.) Allgemeine Betrachtungen über Krane und einige dazu gehörige Konstruktionen. Sehr oft ist mit Rücksicht auf die Umgebung möglichst geräuschloser Gang der Triebwerke erforderlich. Ausserdem wird namentlich bei angestrengt arbeitenden Kranen auch auf hohe Nutzleistung gesehen werden müssen. Bei Anwendung von in Oel laufenden Schnecken und Schneckenrädern (Fig. 7) wird das Geräusch fast vollständig aufgehoben. In den meisten Fällen genügen sorgfältig gelagerte gefräste Stirnräder. Das Motorvorgelege läuft entweder in einem verschlossenen Oelkasten oder das mit dem Motor in Verbindung stehende Ritzel wird aus Rohhaut (Fig. 8), Vulkanfiber oder einem weichen Metall hergestellt. Textabbildung Bd. 319, S. 757 Fig. 7. In Oel laufende Schnecken und Schneckenräder. Ueber die Nutzleistung des Stirnräder- oder Schneckenantriebes gehen die Meinungen vielfach auseinander. Durch richtige Wahl der Steigung und möglichst geringen Durchmesser der Schnecke bei grösstmöglichstem Durchmesser des Schneckenrades ist im Verein mit zweckmässigen Kugellagerungen zur Aufnahme der Achsialdrücke der Schnecke bezw. des Schneckenrades für das Schneckengetriebe eine Nutzleistung von 85–90 v. H. zu erreichen (siehe Versuche von Striebeck). Durch die Anwendung yon Schneckentrieben können in der Regel Rädervorgelege gespart werden, so dass die Nutzleistung des Gesamttriebwerks mit dem der durchweg durch Räder betätigten Triebwerke angenähert übereinstimmt. Der moderne Kranbauer steht auf dem Standpunkte,dass Ketten für das Heben der Last bei maschinellen Anlagen auf keinen Fall Verwendung finden dürfen. Die Gliederkette kann trotz aller bei der Herstellung beobachteten Vorsicht nicht als ein in allen Teilen gleichwertiges Tragmittel angesehen werden. Ausserdem hat der Bruch eines einzigen Gliedes sofortiges Abstürzen der Last zur Folge. Die Nachteile der kalibrierten Kette werden bei Anwendung Gallescher Kette wesentlich abgeschwächt, weil die einzelnen Glieder aus mehreren Lamellen bestehen. Bei maschinellem Betriebe nützen sich jedoch die Zapfen sehr schnell ab. Auch wird sich niemals bei Anwendung von Ketten vollständig stossfreier Gang erzielen lassen. Als ideales Tragmittel der Last gilt das Drahtseil. Seine Sicherheit kann als eine vielfache gegenüber der der Kette bezeichnet werden. Die Anwendung von Drahtseilen ist demnach, ganz abgesehen von dem Vorteil stossfreier, geräuschloser Arbeitweise, unbedingtes Erfordernis einer guten Anlage. Um dem Drahtseil möglichst grosse Haltbarkeit zu geben, ist dasselbe stets in demselben Biegungssinne aufzuwikkeln. Sehr oft werden durch unrichtige Anordnung der Rollen und Trommeln des Hubwerkes Reibungen und Klemmungen, sowie höhere Beanspruchungen der Lastseile verursacht. Diese ungünstigen Erscheinungen können nicht vorkommen, wenn sämtliche Rollen und Trommeln parallel laufen. Die anfänglich bedeutende Längung der Lastseile ist ebenfalls genügend zu beachten und es sind geeignete Vorkehrungen zu treffen, die die nötigen Verkürzungen der Seile auf bequeme Weise ermöglichen (Fig. 9). Der Kranführer darf durch die Steuerung der einzenen Bewegungen so wenig als möglich belastet werden. Sämtliche Steuerhebel müssen möglichst leicht bewegt werden können und sind zur Orientierung des Kranführers nach Möglichkeit so anzuordnen, dass die gewünschte Lastrichtung durch die Steuerung angezeigt wird. Der Führerstand ist so anzuordnen, dass dem Kranführer alle Steuerhebel bequem und leicht handlich zur Verfügung stehen. Ferner muss der Führer die Last von seinem Standorte aus in allen Punkten des Arbeitsfeldes gut sehen können. Häufig ist er gezwungen, seine ganze Aufmerksamkeit der Last zuzuwenden, ist also nicht immer in der Lage, die Triebwerke abzustellen, ehe der Lasthaken eine der äussersten Stellungen erreicht hat. In solchen Fällen können sehr leicht Betriebsstörungen durch Brüche von Maschinenteilen, Durchbrennen der Sicherungen usw. vorkommen, was namentlich beim Hubwerk verhängnisvoll werden kann. Es empfehlen sich folgedessen Sicherheitsvorrichtungen, die bei grösserer Ueberlastung ohne weiteres den Strom ausschalten, oder aber es werden in die Triebwerke Glieder eingeschaltet, die bei Ueberlastung selbsttätig nachgeben, während der Motor ruhig weiterläuft. Sollen derartige Kupplungen zuverlässig grösseren Ueberlastungen vorbeugen, so ist von allen Reibungskupplungen abzusehen, denn diese Kupplungen sind in ihren Höchstleistungen bei gleichbleibendem Anpressungsdruck sehr veränderlich, indem die Reibungskoeffizienten von guter Wartung, dem mehr oder weniger grossen Feuchtigkeitsgehalte der Luft, Staub usw. abhängig sind. Sie können also als zuverlässige Schutzvorrichtungen gegen Ueberlastung nicht angesehen werden. Da die Sicherheitskupplungen bei aufmerksamer Bedienung des Kranes nur selten in Tätigkeit treten, so werden Reibungskupplungen, wenn sie nachgeben sollen, nicht oder doch nur bei sehr grosser Ueberlastung richtig wirken, weil sich die Reibungsflächen in der Regel festsetzen. Sofern auf zuverlässige Arbeitsweise derartiger Kupplungen gerechnet wird, muss die Konstruktion derart sein, dass die Uebertragung der Kräfte durch Reibung nach Möglichkeit vermieden wird. Die beste Kupplung ist somit diejenige, die durch Reibung nur in denkbar geringstem Masse beeinflusst wird. Für Röhrengiessereien, Giessereien, Montagehallen und dergl. sind Krane mit genau senkrechtem Hakenwegeunbedingtes Erfordernis. Textabbildung Bd. 319, S. 758 Fig. 8. Ritzel und Rohhaut. Textabbildung Bd. 319, S. 758 Fig. 9. Laufkatze. Trotz der geringen Mehrkosten gegenüber Konstruktionen mit in wagerechter Richtung wanderndem Haken, sollte man auch in anderen Fällen genau senkrechten Anzug der Last vorziehen, denn es lässt sich kaum von vornherein bestimmen, ob nicht der Kran später auch für andere als die zunächst vorgesehenen Zwecke Verwendung findet. Ein Kran, welcher im Vergleich mit anderen Systemen bei gleichen Beschaffungskosten, gleichen Materialspannungen und gleichen Arbeitsgeschwindigkeiten die geringsten Eigengewichte hat, ist mit Rücksicht auf die hieraus sich ergebende höhere Gesamtnutzleistung zu bevorzugen. Das bisher Gesagte sei kurz zusammengefasst wie folgt: 1. Grösste Wege des Lasthakens in senkrechter und wagerechter Richtung ergeben beste Ausnützung des Fabrikraumes oder Lagerplatzes bezw. Verminderung der Gebäudeabmessungen. 2. Die gradlinige Hakenbewegung ergibt schnellste Förderung der Lasten. 3. Selbsttätiger Geschwindigkeitswechsel, proportional der angehängten Last ergibt denkbar einfachste Steuerung. 4. Die in mehreren Stufen regulierbare Geschwindigkeit ermöglicht die Einleitung der Bewegungen ohne bemerkbaren Stoss. 5. Durch schnelle Vernichtung des Motorankernachlaufs wird die Zurücklegung kleinster Wege und die Einstellbarkeit der Last auf beliebige Punkte des Arbeitsfeldes ohne zeitraubende Handhabungen möglich. 6. Je kleiner die Anzahl der Tragelemente, desto grösser die Betriebssicherheit und desto geringer die Unterhaltungskosten. 7. Je weniger Lagerstellen, desto einfacher und übersichtlicher die Bedienung. 8. Durch leichte Zugänglichkeit aller Teile und bequemen Auf- und Abbau werden die beim Ersatz von Triebwerkteilen entstehenden Betriebsstörungen auf ein Minimum reduziert. 9. Grösste Haltbarkeit der Lastseile wird durch Seilbiegung in einem Sinne erreicht. Klemmungen der Seile und höhere Beanspruchungen werden bei Anordnung aller Seilrollen parallel zur Trommel vermieden. 10. Zur Verhütung von Ueberlastungen sind Sicherheitsvorrichtungen einzuschalten. Reibungskupplungen sind dabei nach Möglichkeit zu vermeiden. 11. Durch Verringerung der Eigengewichte werden die ausser der Last zu bewegenden Massen vermindert und es ergeben sich höchste Nutzleistungen und Ersparnisse an der Tragkonstruktion der Gebäude. 12. Fast immer macht der Verwendungszweck eines Kranes senkrechte Hakenwege erforderlich. Auch muss darauf gesehen werden, dass sich der Lasthaken in keiner Höhenlage selbsttätig dreht. Während in dem Vorausgegangenen einige Gesichtspunkte niedergelegt sind, deren Beobachtung bei Beschaffung wirklich zweckmässiger, den jeweiligen Verhältnissen bestens entsprechender Krane dienlich sein dürften, soll nunmehr durch Erläuterung einiger Konstruktionseinzelheiten der Weg zur Beurteilung der wichtigsten Punkte, welche bei Prüfung der Einzelkonstruktionen in erster Linie zu berücksichtigen sind, gegeben werden. Fig. 10 stellt einen Laufkran mit nach oben gekrümmten Trägern und innen laufender Laufkatze dar. Diese Anordnung gilt wohl mit Recht als die Idealform eines Laufkranes. Mit Hilfe einiger weiter unten beschriebener Anhängevorrichtungen können die an den höchsten Punkten anzubringenden Arbeitsstücke bis dicht unter Unterkante Lasthaken gebracht werden. Soll der ganze Hakenhub ausgenützt werden und der Kran nach erfolgter Montage der Werkstücke ungehindert über dieselben hinwegfahren, so muss der Kranträger mit Unterkante Haken abschneiden, oder höher liegen. Bei einer Tragkraft von 30 t, Anwendung einer später beschriebenen Laufkatzenkonstruktion, günstigem Materialverbrauch für die Kranbrücke und einer bei Hebezeugen noch als zulässig geltenden Durchbiegung für diese, schneiden Oberkante und Unterkante Kranbrücke mit Oberkante Laufkatze bezw. Unterkante Haken bei etwa 18 m Spannweite ab. Textabbildung Bd. 319, S. 759 Fig. 10. Laufkran mit innen laufender Katze. Für grössere Tragkräften tritt dieser Idealzustand bei mehr als 18 m für kleinere Tragkräften bereits unter 18 m Spannweite ein. Soll die günstigste Ausnützung der Höhe eines Gebäudes auch bei entsprechend grösseren Spannweiten eintreten, so kann dieses nur durch wesentlich erhöhten Materialaufwand für die Kranbrücke erreicht werden. Die mit Rücksicht auf die Nietverbindungen und die Transmissionswelle des Kranfahrwerks zulässige Durchbiegung der Kranbrücke liegt zwischen 1/600-1–0-1/1000 der Spannweite. Soll dieselbe nicht überschritten werden, so ist die Trägerhöhe mit 1/101/12 der Spannweite einzusetzen. Bei kleineren Trägerhöhen ist, ganz abgesehen von dem grösseren Materialaufwand durch Last und Eigengewicht zwecks Vermeidung einer die zulässige übersteigenden Durchbiegung, ein bedeutender Zuschlag an Material erforderlich. In der Regel ist die Länge eines Gebäudes grösser als die Spannweite des Kranes. Im allgemeinen ist also darauf zu achten, dass die Horizontalwege der Last in Richtung der Katzefahrbahn möglichst gross sind. Es kommt also für die Laufkatze auf eine geringe Baulänge in Richtung ihrer Fahrbahn an. Die Baubreite spielt eine geringere Rolle, weil die Kranbrücke an sich grössere Abmessungen zeigt. Laufen zwei oder mehrere Krane auf ein und derselben Fahrbahn, so kommt die geringe Verbreiterung, welche die Kranbrücken evtl. durch möglichst kurze Baulänge der Katze erhalten, noch viel weniger in Frage. Sie kann infolgedessen fast immer ausser Acht gelassen werden. (Fortsetzung folgt.)